Frage an Erzieherinnen - Personalnotstand

Hallo,

zunächst Entschuldigung dafür, dass ich die Frage in diesem Forum stelle, aber ich möchte nicht mit meinem Namen erscheinen, um keine Rückschlüsse auf mich und meinen Arbeitgeber zu ermöglichen.

Mein Problem ist Folgendes: In meiner Einrichtung sind wir personell chronisch unterbesetzt. Nicht nur, dass es seit Monaten 4 vakante Stellen gibt, hinzu kommen die üblichen Urlaube, Fortbildungen, Krankheiten und Dauerkranke Kollegen.
Ich fühle mich im Moment unglaublich überlastet. So macht das Arbeiten keinen Spaß, weil wie ihr euch denken könnt, alles nur noch Mangelverwaltung ist. Ausflüge fallen aus, Pädagogische Angebote? Davon träumt man nur noch. Es ist nur noch Betreuung (um nicht zu sagen Verwahrung) der Kinder und das ist nicht das was ich möchte und auch nicht das, was die Eltern und die Kinder möchten.
Es kam in der Vergangenheit bereits zu Notgruppen, weil zu viele Kollegen krank waren, während andere im Urlaub waren. Der verbliebene Rest der Kolleginnen konnte den Betrieb nur noch teilweise aufrecht erhalten.

Und ich weiß, dass es einen Betreuungsschlüssel gibt, den man zwar nicht jeden Tag genau einhalten muss, aber wenn über MONATE hinweg, jeden einzelnen Tag zu wenige Erzieherinnen auf zu viele Kinder kommen, dann muss doch seitens des Trägers mal ein Einsehen kommen! Das kann doch so nicht weitergehen! Was, wenn einem Kind etwas passiert und es keiner gesehen hat, weil einfach keiner mehr da war? Wenn ich ein Kind umziehen muss und in der Gruppe fällt einer auf den Kopf oder so. Ich kann nicht zwei Räumlichkeiten gleichzeitig überwachen, weil ich nicht durch Wände gucken kann. Und ich kann auch niemand bitten, kurz zu übernehmen, weil die anderen Kolleginnen ja dann die anderen Kinder im anderen Raum alleine lassen müsste.
Es fehlt einfach richtig an Personal. Und deswegen ist jeder einzelne Tag furchtbar schlauchend und anstrengend. Man hat einfach das Gefühl, den Bedürfnissen des einzelnen Kindes so nicht gerecht werden zu können. Es ist Monate her, dass ich Zeit hatte, ein Spiel mit den Kindern zu Spielen, eine Runde UNO zum Beispiel. Nein geht nicht, weil ständig nebenbei Kinder gebracht werden, das Telefon bedient werden muss, Kinder getröstet werden müssen, die Brotzeit begleitet werden muss, ein Kind Hilfe beim Umziehen braucht, Streit um Spielzeug geschlichtet werden muss usw. und niemand ist da, der helfen könnte.

Entschuldigung, es ist lang geworden, ich musste das einfach einmal loswerden. Und ich bitte auch um Rat und moralische Unterstützung. Ist es bei euch auch so, kommt jemandem das bekannt vor?
Wie motiviert ihr euch weiterzumachen, wo tankt ihr Kraft?
Und was kann ich als Einzelperson ganz konkret tun um die Situation für Kinder, Erzieher und Eltern zu verbessern?

Dankeschön

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Bin im Gesundheitswesen... glaubst du da isses anders?

Danke, dass du das schreibst. Vielleicht kapiert dann die eine oder andere Mama, dass dich Selbstzucht kümmern Ggf besser ist als bei völlig überforderten fremden Betreuern.
(Kenn das aus unserem KiGa seit 5 Jahren als Dauerzustand!)

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Was fuer ein Rat. Ich arbeite selbst in einem Bereich, in dem Fachkräfte Mängel herrscht. Und in unserer Gruppe sind auch Kids von Eltern aus dem Gesundheitswesen. Toll bleiben die halt daheim.

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Um was für einen Träger handelt es sich denn? Frei, kirchlich oder städtisch?
Wenn in unserer Einrichtung ein solcher Notstand herrschen würde, könnte ein Wink an die Politik hilfreich sein - jedoch kam das bisher nicht in dem Ausmaß vor.

Dürft ihr streiken?
Gibt es eine Gewerkschaft?

Was sagen denn die Eltern? Bekommen die das mit?
Wenn alle Stricke reißen und in Eurer Einrichtung die Möglichkeit besteht:
Macht eine Gruppe temporär dicht, sodass Kinder zuhause bleiben müssen und die Eltern auf die Barrikaden gehen (müssen).
Sehr drastisch, sehr grausam, aber eventuell wirkungsvoll.
Sehr schade für die Kinder, aber über kurz oder lang geht ihr kaputt und damit wäre den Kindern am allerwenigsten geholfen :(

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Es ist ein städtischer Träger.
Und streiken dürfen wir generell schon, aber nur, wenn es in der Urabstimmung zum Streik kommt. Man darf nicht einfach so streiken.
Was genau die Eltern wissen, weiß ich nicht, aber jeder, der nicht auf beiden Augen blind ist, sieht, dass keine Leute da sind.
Sie sehen auch, dass man manchmal früh und spät da ist, weil so große Personalnot herrscht.
Und die allermeisten Eltern sind auch dankbar dafür, dass wir diese Überstunden schieben, weil sie die Betreuung wirklich brauchen. Und deswegen können auch nicht alle ihre Kinder zu Hause lassen. Und sollen eigentlich auch nicht, denn dann hätte der Träger ja wieder recht zu sagen „passt doch so“. Aber es passt einfach gar nichts.
Ich wünschte mir auch manchmal einfach strikt nach Schlüssel zu arbeiten und beim „zuvielten“ Kind einfach zu sagen, geht heute nicht mehr, komm morgen wieder. Aber das geht natürlich nicht und es würde in jedem Fall immer den Falschen treffen.
Aber es macht mich fertig.

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Bei der Stadt oder Gemeinde müsste es Aufsichtsbehörden geben, die man auch anonym über konkrete Umstände informieren kann.

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Ich kann dich verstehen. Ich bin betroffene Mutter. Habe mit der Stadt tel. Das mal.die Politik tätig werden muss. Das bei uns in der Stadt einige Erzieherinnen nicht arbeiten. Da es sich nicht lohnt und und und. Dass Erzieherinnen von ihren eigentlichen Aufgaben abgehalten werden, Reinigung von Räumen etc. Erledigen. Fuer so was gehören fuer mich Putzkolonnen her. Gebracht hat es leider nix. Leider. Wenn mal eine Petition dieabzgl. Aufkommt, ich bin dabei.

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Hallo,
Ich bin keine Erzieherin aber betroffen von dieser ganzen Situation. Mein großes Kind kommt im Sommer zur Schule und kommt aus der Ganztagsbetreuung und wir haben hier keine Ganztagsschule, der Supergau sind die nichtvorhandenen Hortplätze. Es ist nun tatsächlich so, dass in diesem Jahr aufgrund des Mangels an Personal keine Plätze vergeben werden. Mein zweites Kind sollte ab Sommer in die Krippe gehen, auch da haben wir keinen Platz bekommen und sind beide berufstätig. Tja und nun... wird eine spannende und enge Kiste.
Bei uns im Bundesland gibt es vom Kultusministerium zwei Arbeitsgruppen zu dem Thema. Anstatt da mal pragmatisch ranzugehen wird also getagt und darauf beharrt, dass das pädagogische Konzept aber vorsieht. Die Realität ist eine andere und das es auch für die Erzieher unzumutbar ist unter solchen Bedingungen zu arbeiten anstatt für schnelle Lösungen zu sorgen interessiert offensichtlich niemanden. Da müssen jetzt also ganz viele Leute mal wachgerüttelt werden und endlich handeln.

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Was unternimmt die Leitung denn dagegen? Gibt sie dem Träger keine Rückmeldung darüber, dass bei euch so viele Fachkräfte fehlen? Es gibt einen gesetzlich vorgeschriebenen Stellenschlüssel. Wenn dieser über Monate unterschritten ist, kannst Du eine Überlastungsanzeige schreiben und diesen beim Träger und der Sozial- und Jugendbehörde einreichen.

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Hallo ,

wenn das eine städtische Einrichtung ist müsstet ihr eigentlich eine Mitarbeitervertretung haben.

Ihr könnt bzw. ihr müsst an jedem Tag an dem ihr unterbesetzt sein eine Überlastungsanzeige schreiben . Vordrucke findest du im Internet.


Diese geht an den Arbeitgeber und an die Mitarbeitervertretung/ Betriebsrat .

Damit sichert ihr Euch ein Stück weit ab und der Arbeitgeber ist in der Pflicht den vorhandenen Missständen entgegen zu wirken.

Solange ihr weiter schuftet und stillhaltet wird nichts passieren . Und natürlich kann der Arbeitgeber auch nicht zaubern , aber es muss etwas passieren ( bevor etwas passiert )

Wenn ihr einen Betriebsrat habt muss der tätig werden .
Dauerkranke ,die aus der Lohnfortzahlung rausfallen , können mit Aushilfskräften oder Leiharbeitern besetzt werden.

Falls ihr keinen Betriebsrat habt würde ich die Überlastungsanzeigen weiter nach oben reichen . An den zuständigen für Soziales , Bürgermeister etc.

Einfach an die Öffentlichkeit dürft ihr nicht . Das könnte bösen Ärger geben von wegen Schweigepflicht..

Ich kenne diese Situation zu genüge aus der Altenpflege.
Viel Kraft und habt keine Angst wegen den Überlastungsanzeigen . Ihr tut es für Euren Kinder , Eltern und vor allem auch für Euch.

LG
Tina

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Es gibt nicht genug Erzieher (bzw. Sozialassistenten, Kinderpfleger usw).
Ich fürchte, dass das auch daran liegt, dass es sich um eine überwiegend schulische Ausbildung handelt, in der nichts verdient wird,

Und Quereinsteiger, wie z.B. eine normale Mutter werden nicht eingestellt, weil keine pädagogische Ausbildung. Das wollen die Eltern auch nicht.

Es handelt sich hier durchaus um eine schöne Tätigkeit, die aber auch anstrengend ist und den einen oder anderen ins burn out bringen kann.
Das System müsste durchlässiger sein, sonst sind irgendwann alle krank. Und die Ausbildung müsste vergütet werden, ggfs. Gehaltserhöhungen usw. usf.

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In einer Nachbargemeinde wurde aktuell eine Initiative gestartet, dass fachfremdespersonal eingesetzt wird. Die müssen alle 4 Wochen die Einrichtung wechseln und dürfen nicht allein am Kind sein. Sie dürfen zusammen mit einer Erzieherin alles machen und auch den kompletten hauswirtschaftlichen Bereich. Die ersten haben jetzt angefangen. Ansonsten ist es vielerorts einfach nicht möglich genug Personal einzustellen. Habe aber auch das Gefühl dass es sehr Einrichtungsabhäbgig ist bzw an der Leitung liegt wie gut sie ihre stellen nach besetzt bekommt. Wir haben den Luxus in einem Kindergarten zu sein, der bisher immer personell gut besetzt war. Ich hoffe das bleibt 2 weitere Jahre so.