Kontaktabbruch von der anderen Seite

Liebe Gemeinde,

seit geraumer Zeit lese ich bei Urbia vieles mit und besonders das "Schwieger"-Thema bringt mich dazu, hier mal eine andere Geschichte zu erzählen. Meine.

Mit meinem Partner bin ich seit 30 Jahren zusammen, geheiratet haben wir erst vor ein paar Jahren. Ich wurde zu Beginn unserer Beziehung relativ schnell schwanger, wir freuten uns aber beide und ich lernte dann auch seine Mutter und seine Großmutter kennen. Zu meinen eigenen Eltern war meine Beziehung natürlich näher, aber ich mochte die neue Familie auch. Unser erstes Kind kam mit einem Herzfehler zur Welt und verstarb nach 6 Monaten. Das war eine schwere Zeit. Meine Mutter vor allem stand mir bei, trauerte mit mir. Sehr irritierend für mich war damals schon der Spruch der Schwiegermutter: "Sei froh, das wäre eh behindert." Aber ich war selbst durcheinander und schon wieder schwanger. Uns wurden drei gesunde Töchter geschenkt. Meine Eltern waren die beständigen Großeltern, von unseren Kindern innig geliebt, immer da. Die Schwiegermutter war die "bunte Oma", unsere Töchter liebten sie und ihre wilden Aktionen, ihre selbst gemachten Nudeln und die Verkleidungsorgien in ihrem Kleiderschrank. Immer mal wieder kam es, dass sie ihre Versprechen "wir fahren zusammen in Urlaub" oder sowas nicht einhielt, "das versteht ihr doch, ihr seid ja schon groß und wir machen das später mal". Dann kam unser Nachzügler, die Großen waren 13, 11 und 8 Jahre alt. Was für ein Glück! Ich war sehr engagiert in meinem Job (Verein, einzige Angestellte) und wollte genre nebenher alles am Laufen halten, das ging auch ganz gut. Schwiegermutter war frisch in Rente und wollte unterstützen. Nur lief das dann doch nicht gut. Sie versetzte mich immer mal wieder, wenn wir Betreuungszeit ausgemacht hatten, kam später oder gar nicht und ich sprach mal ein offenes Wort. Weil es so unverbindlich für mich nicht ging und ich Zuverlässigkeit brauchte. Wenn z.B. ausgemacht war, Schwigermutter kommt um 9 Uhr und übernimmt den Kleinen, hab ich für 10 Uhr einen beruflichen Termin gemacht. Kam sie dann erst anderthalb Stunden später nach dem Motto "jetzt bin ich ja da", war ich schon angesäuert. Meine Kritik hat jedenfalls sofortige Funkstille zur Folge gehabt. Die Termine, die wir für die nächsten Wochen eigentlich schon ausgemacht hatten gingen vorbei, ohne dass Schwiegermutter sich meldete. Wochen später kam ein Anruf, sie wollte sich mit den Mädchen für den nächsten Tag verabreden, aber die hatten tatsächlich schon was anderes vor. Ich machte wohl den Fehler meines Lebens indem ich fragte: "Na, hast du ausgedickscht?" ("dickschen" ist ein sächsischer Ausdruck für bockig oder beleidigt sein)
Ich habe seither nie wieder mit meiner Schwiegermutter gesprochen, auch mein Mann nicht - obwohl er ihr einziges Kind ist. Wir haben immer mal wieder "an der Tür gekratz", Karten geschrieben, keine Reaktion. Einige Male hatten wir noch Kontakt zur Großmutter, der war das aber sehr unangenehm. Leztes Jahr habe ich mich noch mal aufgerafft und der Schwigermutter einen langen Brief geschrieben. Da sie inzwischen umgezogen ist und ich auch keine aktuelle Adresse habe, versuchte ich es über ein kleines Theater, in dem sie sich auf ihre alten Tage verwirklicht. Offenbar kam der Brief an. Ich erhielt per Post, ohne Absender einen Schuhkarton voller Fotos und Basteleien meiner Kinder, obenauf ein Zettel mit den Worten "es ist zu spät".
Wir haben in Erfahrung gebracht, dass die Großmutter meines Mannes schon vor drei Jahren verstorben ist. Traurig, das wir davon nichts erfahren haben.
Meine Töchter trauern irgendwie auch um ihre "bunte Oma", schon lange. Eine meiner Töchter hat sie mal in der Stadt gesehen, da hat sie die Straßenseite gewechselt um einer Begegnung aus dem Weg zu gehen. Auch unser Jüngster würde seine andere Großmutter gerne kennen lernen, aber was soll ich machen? Meine jüngste Tochter sagte in ihrer einmalig unverblümten Art: "Wenn sie unbedingt allein sterben will, dann laß sie doch."
Schwer.

Danke für's Lesen.

1

Meine jüngste Tochter sagte in ihrer einmalig unverblümten Art: "Wenn sie unbedingt allein sterben will, dann laß sie doch."


Recht hat sie.

2

Hi,

Kindermund tut Wahrheit kund, wie man so schön sagt.

Es ist ihre Entscheidung, wenn sie es so möchte, ihr habt es versucht, mehr geht nicht.

3

Hallo
Schade wenn ein Satz von dir gleich so große Folgen für die Kinder hat! Aber was soll man machen, dauerhaft kann man keinem nach laufen und wenn sie sich auch jetzt für die Kinder nicht aufraffen kann... Ich kenne einige Fälle in denen der Kontakt sich auf die Kinder beschränkt und das läuft seit Jahren gut.
Meine jüngeren Kinder werden die einen Großeltern bzw. fast die komplette Familie auf der Seite wohl auch nie kennen lernen. Der komplette Kontaktabbruch kam da zwar von uns, sie haben ihn aber mehr als genug provoziert. Schade ist es.

LG

4

Hallo momsche,

zuerst möchte ich dir sagen, dass mir der Verlust deines Sohnes sehr leid tut ...

Auch wenn sie es warscheinlich nicht verdient hat, ich würde den Schuhkarton nehmen, schöne aktuelle Fotos eurer Kinder hineinlegen mit den Worten „es ist nie zu spät“

Und damit würde ich es dann belassen, entweder sie meldet sich oder eben nicht...

5

Hi,

was mache ich mit Freunden, die immer zu spät kommen und die niemals verlässlich sind?
Ich werde mich garantiert nicht verabreden, wenn es um etwas wichtiges geht.
Ich kann dich da echt nicht verstehen. Wenn du weisst, wie die Schwiegermutter tickt, warum nimmst du sie für die Kinderbetreuung? Sorry, da kann ich nur mit dem Kopf schütteln.
Auch wenn sie es angeboten hat, weisst du doch, dass sie nie pünktlich ist.

Und warum ist sie "bunt" nur weil sie verkleiden spielt und Nudeln selber macht.
Wie langweilig müssen bitte die andere Oma sein oder das eigene Leben.

Sorry, ich kann hier nicht die alleinigen Fehler auf der anderen Seite sehen.

lg
lisa

6

Mit "bunt" und den Nudeln wollte die TE uns wohl nur ein kleines Bild ihrer SM verschaffen. Ich habe das "bunt" und die selbstgemachten Nudeln überhaupt nicht als "schlecht" aufgefasst und auch nicht in Zusammenhang mit der anderen Oma gebracht #kratz.

Es sind immer 2 Seiten beteiligt, das stimmt.
Den Vorschlag einer anderen Posterin mit dem Karton und dem "Es ist nie zu spät" finde ich toll und von Herzen kommend.
VG

7

Hallo,

ich stimme Dir zu, ich würde auch niemanden als Kinderbetreuung fest einplanen, wenn ich um die Unzuverlässigkeit weiß. Sicherlich gab's da Fehler auf beiden Seiten, aber deswegen Kontaktabbruch zum einzigen Kind (Mann der TE) und den Enkeln, und auch nach Jahren kein Eingehen auf Versöhnungsangebote? Das finde ich schon arg überzogen...

Viele Grüße
H.

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