ADHS in der Pubertät - Medikamente

Hallo,

unser Sohn wird 16 und bekommt seit 5 Jahren Medikinet. Es wurde immer wieder Menge des Medikaments geändert. Er ist mittlerweile bei 40 retard morgens und mittags nochmal 10mg.

Der Nachmittag und Abend ist grenzig für die ganze Familie, aber es ist irgendwie machbar. Jetzt hat er sein erstes Praktikum und muss dort von 9-17 uhr arbeiten. Das klappt nie im Leben. Wir haben zuhause schon ab Mittag Stress. Er kann sich nicht konzentrieren und kommt mit nix klar, was nicht so läuft wie er es will. Ohne große Aufgaben und Lernen geht es. Doch in einer Firma sich konzentrieren? Es geht auch um Sicherheit, da er dann so impulsiv ist, das es schon öfters gefährlich wurde. Aber kann man noch mehr Medikamente geben? Er hatte es die letzten Jahre so schwer und ist so stolz auf seinen Praktikumsplatz in seinem Traumberuf. Da möchte ich ihm die bestmoglichen Bedingungen bieten.

Wie handelt man da beim Start ins Berufsleben?

Liebe Grüße

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Hallo yannicsun,

Ihre Frage hat zwei Aspekte: zum einen die Medikation, zum anderen den generellen Umgang mit der ADHS im Kontext von Schule und später auch Berufsausbildung. Zur Medikation will ich nur so viel anmerken, dass Sie diese Frage mit dem Ihren Sohn behandelnden Arzt besprechen sollten.

Früher ging man von einem festen Verhältnis zwischen Körpergewicht und Dosis aus, welche im Laufe eines Tages nicht überschritten werden sollte. Heute weiß man, dass individuelle Dispositionen und Veränderungen im Hirnstoffwechsel eine generelle Aussage über die Medikationshöhe sowie die Höchstdosis pro Tag nicht sinnvoll erscheinen lassen. Tendenziell ist im späten Jugend- und Erwachsenenalter eine niedrigere Dosierung der zur Behandlung der ADHS gängigen Substanz Methylphenidat (MPH) vergleichbar effektiv wie eine im späten Kindes- und frühen Jugendalter höherer Dosierung. Dies hängt mit der i.d.R. schnelleren Verstoffwechselung von Substanzen im Kindesalter zusammen.

Da Sie mit morgens 40 mg MPH bereits bei einer relativ hohen Einmaldosis angelangt sind, macht es u.U. mehr Sinn, die Umstellung auf ein Präparat zu erwägen, dass eine für die Gesamtdauer des Praktikumstags hinreichende Wirksamkeit gewährleistet. Der Ihren Sohn behandelnde Facharzt kann dazu auf eine andere Ausschüttungsform des MPH oder aber einen anderen Wirkstoff aus der Gruppe der Stimulanzien, hier z.B. das seit einem Jahr zugelassene des Lisdexamphetamin, ausweichen. Wie immer gilt für diesen Hinweis meinerseits, dass Fragen der medikamentösen Behandlung der ADHS stets mit den dafür qualifizierten Fachärzten besprochen werden müssen.

Im Hinblick auf das anstehende Praktikum sowie die ggf. später damit verbundene Lehrstelle empfehle ich Ihnen, diesen Schritten zunächst einmal mit positiver Erwartung gegenüberzustehen. Tätigkeiten, die im Interesse von ADHS-Betroffenen sind, führen häufig zu einer besseren Aufmerksamkeit für den reizvollen Gegenstand bzw. die gewünschte Tätigkeit. Dabei kommen mehrere Faktoren zum Tragen:

Zum einen bedarf Ihr Sohn keines psychischen Aufwands, anders als bisweilen im Fall des Schulunterrichts, sich zur Auseinandersetzung mit den für ihn nun interessanten Inhalten zu motivieren. Vielmehr ist das Praktikum von ihm selbst gewählt, stellt eine Alternative zum Schulunterricht dar und bietet die Aussicht auf eine berufliche, später auch mit Entlohnung verbundene Tätigkeit, die als Perspektive eine größere Motivation freisetzen kann als die erzwungene Gemeinschaft im Schulunterricht.

Zum anderen stellt das Praktikumsumfeld i.d.R. eine vom Schulalltag abweichende Situation dar. Das neue und ungewohnte Arbeitsumfeld ist spannend, die Kollegen bieten die Möglichkeit einer neuen, von den Erfahrungen im Klassenverband abweichenden Gemeinschaft, in welcher sich der Jugendliche nun ohne gemeinsame Geschichte und Vorurteile präsentieren kann. Hinzu kommt, dass ein professionelles Arbeitsumfeld wie das in einem Unternehmen insbesondere beim Erlernen neuer Fertigkeiten häufig individuell zugewandter, unterstützender und befriedigender ist als die meist theoretische Lernsituation in der Schule, welche häufig nur pauschale Leistungsnachweise über Proben und Noten erlaubt. Viele von der ADHS betroffene Jugendliche fühlen sich daher im Rahmen von Praktika sowie einer ihren Interessen und Fähigkeiten entgegenkommenden Ausbildung wohler als im Klassenverband.

In der Verbindung von ggf. angepasster Medikation, welche eine bessere Abdeckung des Nachmittags erlaubt, sowie den hoffentlich günstigeren Rahmenbedingungen eines Praktikumsplatzes im Vergleich zur standardisierten Unterrichtssituation dürfen sie aus meiner Sicht durchaus erwarten, dass sich Ihr Sohn im Praktikum bewährt. Selbst das frühe Aufstehen sowie die anstrengende Tätigkeit über den ganzen Tag werden von vielen ADHS-Betroffenen als weniger belastend erlebt als die häufig negativ besetzte, dröge Unterrichtssituation.

Meiner Erfahrung nach beginnen die Schwierigkeiten von ADHS-betroffenen Jugendlichen eher im Rahmen der Ausbildung selbst, wenn in dieser Zeit über die Monate und Jahre hinweg den Strukturen des Klassenverband in Teilen vergleichbare Beziehungen entstehen, in welchen sich etwaige Verhaltensauffälligkeiten auf Dauer nicht verbergen lassen. Dann empfiehlt es sich – soweit die Mitteilung der Störung sowie der Medikation für die entsprechende Tätigkeit nicht ohnehin verpflichtend ist, allerdings erst nach dem Auftreten der ersten Probleme – mit dem Arbeitgeber sowie den in die Ausbildung des Sohnes involvierten Vorgesetzten offen zu sprechen und gemeinsam Strategien zu erarbeiten, wie mit den gegebenen Problemen umgegangen werden soll. Seien Sie dabei nicht allzu pessimistisch, was das Verständnis und die Bereitschaft der Ausbilder anbelangt, mit Ihrem Sohn angemessen umzugehen. Immerhin schließt auch die Mehrheit der von der ADHS betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Berufsausbildung, wenngleich häufig nicht die erste, erfolgreich ab.

Derzeit arbeite ich im Rahmen meiner Tätigkeit innerhalb des ADHS Deutschland e.V. an einer Broschüre zu ADHS und Berufsausbildung, die in einigen Wochen bis Monaten erscheinen soll. Gerne können Sie mich über die Website des ADHS Deutschland e.V. (www.adhs-deutschland.de) Anfang des neuen Jahres direkt kontaktieren. Dann kann ich Ihnen die Broschüre zur Verfügung stellen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen etwas weitergeholfen habe, und wünsche Ihnen noch ein schönes Wochenende. Viele Grüße,

Johannes Streif

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Hallo

Ich muss mal was loswerden. Ich habe auch ein Kind mit dieser Krankheit. Mitlerweile ist er 26 Jahre alt. Damals hätte ich mir Hilfe gewünscht, da wahr sie aber eher sporatisch zu haben, die Krankheit wahr einfach nicht so publik. Jetzt allerdings wo ich anderen wirklich gern mit Rat zur Seite stehen würde, scheint seit 2014 keiner mehr ein Problem mehr mit dieser Krankheit zu haben. Ist ja super, kann es aber nicht so recht glauben. Traut ihr euch nicht?

LG

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Guten Morgen,

ich habe 2 Jungs mit ADHS. Der eine ist jetzt 17 und nimmt Medikinet 40mg Ret. der andere ist 13 viel schwerer vom Gewicht her und Größer und nimmt Concerta 54mg.

Vielleicht solltest du mal mit der Ärztin sprechen ob ein Medikamentenechsel nicht in Betracht käme. Ich habe mit meinem jüngsten Sohn sehr gute Erfahrung gemacht mit dem Concerta. Es wirkt vor allem länger...

LG

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Hallo zusammen,
ich habe bzw. hatte ADS! Ich wurde auch erst von meinen Eltern mit Ret. voll gepumpt. Gott sei dank hat mein Vater mit dem Thema intensiv auseinander gesetzt und herausgefunden, dass Ret. höchstgradig schädlich ist. Außerdem hat er erfahren was bei ADS oder auch ADHS wirklich hilft. SPORT und nochmal SPORT! Ich hab angefangen jeden Tag sport zu machen und habe keine Medikamente mehr genommen. Resultat: Ich hab meine Schulnoten so verbessert, dass ich eine Gymnasialempfehlung bekommen habe und dann auch vorletztes Jahr mein Abitur mit 2,3 bestanden habe. Bitte Informieren Sie sich bitte alle, so dass Ihre Kinder nicht noch weiter unter dem perversen Pharma profitdrang leiden müssen!

Ps: Sport hilft leider nicht bei der Rechtschreibung :D
Gruß
Timon