Korridorkind

Meine Tochter wird Anfang September 6 Jahre alt. Damit ist sie in Bayern ein Korridorkind. Heißt grundsätzlich muss sie in die Schule, ich kann sie aber auch ohne Probleme zurückstellen lassen.
Nun lassen in unserem Umfeld alle die Korridorkinder zurückstellen und jeder redet von "einem Jahr mehr Kindheit".
Nun will meine Tochter aber unbedingt in die Schule. Sie freut sich und es gibt meiner Meinung nach nichts was gegen eine Einschulung spricht. Trotzdem gibt mir jeder das Gefühl, ihr damit zu schaden und sie der Kindheit zu berauben.
Hat jemand Erfahrung mit Korridorkindern?
Haben sie sich wirklich so schwer getan?

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Hallo,

ich bin Grunschullehrerin in Bayern und habe seit vielen Jahren immer 1./2. Klasse, also tatsächlich etwas Erfahrung.

Die Korridorregelung besagt, dass es für Kinder, die im Juli, August oder September geboren sind, beide Möglichkeiten offen stehen: Einschulung mit (knapp) 6 Jahren oder erst ein Jahr später.
Dein Kind würde NICHT zurückgestellt, das gilt nur, wenn es vor dem 1. Juli schon sechs Jahre alt wird.

Es wundert mich, dass bei euch offensichtlich fast alle Korridorkinder nicht eingeschult werden. Bei uns würde ich sagen, mindestens die Hälfte dieser Kinder kommt in die Schule und nur einzelne bleiben noch ein Jahr im Kindergarten.
Ich hatte schon viele Korridorkinder, bei denen die Einschulung mit sechs (oder fast sechs) auf alle Fälle die richtige Entscheidung war. Auch aktuell habe ich ein sehr junges Kind (das ist sogar erst im Oktober geboren) und man würde niemals vermuten, dass dieses Kind das jüngste der Klasse ist. Es ist absolut schulfähig.
Es ist wirklich eine Einzelfallentscheidung und die Aussage mit "Kindheit rauben" oder so ähnlich finde ich Quatsch. Die meisten Kinder fühlen sich in der Klasse wohl und lernen gerne. Und ihre Kindheit endet definitiv NICHT mit der Einschulung.

Grundsätzlich klingt dein Kind schon recht fit, aber eine Ferndiagnose ist schwierig.
Ihr habt definitiv die Möglichkeit, auch mit der Schulleitung der zuständigen Grundschule Kontakt aufzunehmen und euch beraten zu lassen. Wir schauen uns auch Kinder gerne an, wenn die Eltern bzgl. der Einschulung unsicher sind.

Liebe Grüße!

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Vielen Dank, ja ich hab mich mit dem Wort Rückstellung unglücklich ausgedrückt. Korridor nutzen wäre wohl angebrachter.
Danke für deine Erfahrung.
"Hier" ist eben leider so, dass von 15 Korridorkinder 12 mit 7 erst gehen.
Ich halte sie auch für fit, ebenso wie die Kinderärztin.
Beim Kindergarten habe ich einfach das Gefühl "gegen die gängige Praxis" zu handeln.

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Dann würde ich euch echt empfehlen, euch von der Schule auch beraten zu lassen.

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Ich frage mich, woher die Vorstellung kommt, dass mit der Eintritt der Schule die Kindheit vorbei ist. Kinder, welche schulreif sind, sollte man auch einschulen. Es ist der Übergang von "Spielen" zu "spielend lernen".

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Ja, das frage ich mich auch immer.

Man sieht ja nie spielende Grundschulkinder.... oder sollte ich Grundschulerwachsene schreiben??

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Genau in diese Richtung wollte ich auch gerade antworten.
Meine Kinder gehen sooo viel lieber zur Schule, als sie in den Kindergarten gegangen sind - für mich sieht es nicht so aus, als würden sie gerade ihre Kindheit verpassen 😅

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Meine Tochter wurde Ende August sechs und war damals noch Musskind.
Jedes weitere Jahr im Kiga wäre für sie sterbenslangweilig gewesen und sie ist begeistert in die Schule gegangen und von Anfang an super mitgekommen. Ich bin selbst mit fünf eingeschult worden und habe dann mit 18 schon Abi gemacht, war auch super. War immer zufälligerweise mit den ältesten Mädchen der Klasse am engsten befreundet. Die Freundschaften halten bis heute an. Also wenn sie möchte und sich freut: ein klares Ja!
LG Ninis

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Ergänzung: Die Große kam jetzt als einer ersten der Klasse in die Pubertät und die älteren Mitschüler sind ihr zu teils noch viel zu kindlich.
Es ist also absolut individuell, wie Du siehst.

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Meine jüngste Schwester wurde im September 6 und wollte auch unbedingt in die Schule, weil ihre 5 Geschwister alle schon zur Schule gingen. Soweit ich weiß hat es ihr nicht geschadet, im Gegenteil. Sie kam schon sehr früh in die Pubertät und war wahrscheinlich trotz ihres Alters die erste in der Klasse. 😅

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Ich habe zum glück ein Kind das einen Tag vor dem Stichtag (hier jetzt wieder 30.6.) geboren ist und ich bin mir sicher wir hätten sie auch als Juli/August/september Kind eingeschult. Kognitiv war sie weit aber auch sozial und emotional war nie ein Thema. Und gerade Kinder die sich leicht tun und wie in unserem Fall wenn es das zweite ist da ändert sich nicht so viel. Wegfahren geht eh nur noch in den Ferien. Im Kindergarten sind ggf unterfordert, Zusatzprogramm muss her. Man schwankt immer zwischen dem Wunsch nach Lesen/Rechnen nachgehen oder doch versuchen andere Dinge wichtig zu machen. Meine Kinder haben in der Grundschule genug Zeit gehabt Kind zu sein, Hobbies, Freunde treffen, war alles möglich. Klar sind sie auch schneller in Klasse 5 aber ja so ist es eben.

Wenn es das erste Kind ist habe ich den Eindruck ist es oft auch einfach die Veränderung nochmals ein Jahr rausschieben, … und ja es gibt Kinder die sind noch nicht reif für die Schule aber dann sollte die Begründung anders lauten als nochmals ein Jahr Kind sein.

Bearbeitet von tigermum
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Das ist sehr sehr kindabhängig. Auch hier werden fast alle dieser Kinder zurück gestellt. Meine Tochter kam aber hin. Die Schuluntersuchung sagte sie gehört da hin, der Kinderarzt….ausschlaggebend waren aber die Erzieher. Die haben es extrem befürwortet, obwohl die hier eher spät schicken. Sie wollte es so. Also kam sie hin. Sie ist jetzt in der 2. Klasse und kommt prima zurecht. Wie es später wird, wird sich zeigen. Ich kenne mittlerweile etliche die früh aber auch spät hin geschickt wurden. Alles mit viel Überlegung. Das passt dann meistens. Mein 2. Kind würde ich dagegen nicht mit frisch 6 hin schicken. Jetzt mit 4 ist es doch ganz anders. Grundsätzlich bin ich auch für eine späte Einschulung. Aber wenn alles passt, würd ich es wagen. Hast du mal mit den Erziehern gesprochen?

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Ich war sogenanntes Kann-Kind und meine Eltern haben die Entscheidung mich spät einzuschulen definitiv bereut!

Ich bin sehr viel früher in die Pubertät gekommen als meine Klassenkameraden und auch sozial konnte ich mit denen immer weniger anfangen, als mit meinen Freundinnen in der Stufe über mir. Zudem war ich geistig einfach schon viel weiter, gerade was die Konzentrationsfähigkeit angeht, und daher oft zu Tode gelangweilt.
Meine Schwester wiederum war immer die jüngste in ihrer Klasse und hatte damit nie Probleme.

Wenn eure Tochter will und kognitiv/sozial soweit ist würde ich sie definitiv einschulen.

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Hallo,

unser Kind ist ein sogenanntes Kann-Kind. Das heißt wir könnten sie nächtes Jahr einfach zur Schule anmelden und sie würde dann schulpflichtig. Ansonsten geht sie erst in 2 Jahren regulär als Muss-Kind in die Schule.

Wir müssen also nicht bewusst zurückstellen, da ist die Hürde nicht früher einzuschulen wohl geringer im Vergleich zu Euch. Sie weiß auch dass sie erst in 2 Jahren zur Schule kommt. Insofern war das von ihr aus auch nie ein Thema.

Für uns stand eine frühere Einschulung nie zur Debatte. Ich kann einfach keinen Vorteil darin erkennen sie eher einzuschulen. Ich halte das Risiko, dass man eine frühere Einschulung bereut für größer als eine reguläre ein Jahr später.

Das sich sich in der Kita langweilt befürchte ich nicht. Ihre Freunde sind etwa gleich alt, zum Teil auch Kann Kinder, aber niemand lässt lässt eher einschulen, so dass sie genug Spielpartner in der Kita hat und nicht als einzige übrig bleibt. Sie ist auch ein ganz normal entwickeltes Kind was altersentsprechend Dinge kann, aber kein "Überflieger" der Input braucht, der über das normale Angebot von uns und der Kita hinausgeht.

Was ich aus Gesprächen mit anderen mitgenommen habe (zum Teil selbst mit 5 eingeschult) können Probleme aus der frühen Einschulung auch erst später resultieren, zum Beispiel in Richtung Pubertät, wenn dann die Entwicklung und Interessen auseindriften, wenn die anderen schon älter sind, wenn man bestimmte Dinge noch nicht darf z. B. auf Klassenfahrten die anderen aber schon , ggf. noch zu jung ist für bestimmte Ausbildungen usw.

VG Nenea

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Hi,

Wenn dir dein Bauchgefühl sagt sie ist soweit, dann würde ich sie schicken, ggf. Mit dem Kiga nochmal reden, was die meinen. Sie ist zur Einschulung dann ja 6 Jahre alt. Meine Tochter wird Ende Mai 6,bei uns ist der 30.6 Stichtag. Also gehört sie nach Stichtag auch zu den Jüngsten. Ihre Freundinnen sind teilweise schon fast 7 wenn sie eingeschult werden.
Ich würde sie nie im Leben zurüchstufen, selbst wenn ich es könnte. Sie ist bereit für die Schule, freut sich immer aufs Maxiprojekt, schreibt fleißig Buchstaben nach, fängt etwas an zu rechnen.
Dieses eine Jahr Kindheit können sie auch in der Schule genießen. In der Pause mit Freunden toben, sich verabreden, neue Freunde finden. Die Schule ist ein toller neuer Abschnitt. Ist ja kocht so, als wäre das Leben vorbei, mit Eintritt in die Schule.
Mein Sohn ist in der 3. Klasse inzwischen und ich glaube er vermisst nichts und ist glücklich und zufrieden. Hat viele Freunde und ist oft unterwegs.