Erfahrungen Kinder Ortho-K-Linsen (Nachtlinsen)

Guten Abend,
unser 8-jähriger Sohn ist mittlerweile so kurzsichtig, dass er die Brille nicht mehr nur tragen muss, wenn er an der Tafel lesen möchte, sondern eigentlich immer. Findet er nicht so toll, vor allem im Vereinssport etc.
Der Augenarzt hat Nachtlinsen empfohlen, die würden das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit stark verlangsamen und das Kind könne tagsüber ohne Sehhilfe sehen.
Gibt es jemanden, der damit bei den eigenen Kindern Erfahrung haben:
-Kosten
-Zeitaufwand Anpassung
-Effekt auf Sehstärke
-Einsetzen und Herausnehmen

Vielen Dank

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Hallo,

erstmal Gratulation zu Deinem Augenarzt! Leider kennen sich viele Augenärzte in Deutschland noch überhaupt nicht mit Myopiemanagement aus. In Österreich ist man hier schon viel weiter, da werden Ortho-K-Linsen, Atropin und Co. in bestimmten Fällen (in Leitlinien festgelegt) auch schon von der Krankenkasse übernommen.

Erstmal vorab: Bei einer leichten Weitsichtigkeit sind Ortho-K-Linsen für Kinder tatsächlich völlig ungeeignet und werden deshalb zu Recht nicht empfohlen.
In diesem Fall geht es aber um eine fortschreitende Kurzsichtigkeit eines noch sehr jungen Kindes - etwas völlig anderes, nicht vergleichbar!
Es gibt im Internet Myopierechner, mit denen man grob abschätzen kann, wie stark sich eine Myopie entwickelt. Wenn ein Kind schon in der Grundschule kurzsichtig ist oder wird, kommt es im Allgemeinen bei mehr als -5 Dioptrien raus. Damit ist das Risiko schwerer Augenerkrankungen später deutlich erhöht.

Meine Tochter ist fast 8 und trägt seit einigen Monaten Ortho-K-Linsen. Sie hat derzeit ca. -2 Dioptrien auf beiden Augen, ihre endgültige Myopie wird (anhand verschiedener Messparameter, kein Internetrechner) ohne Therapie auf -8 bis -10 Dioptrien prognostiziert.
Derzeit gibt es (neben gewissen Verhaltensempfehlungen, die aber nur begrenzt helfen) nicht viele Möglichkeitem, um die Progression einer Myopie zu bremsen: spezielle Kontaktlinsen, spezielle Brillengläser und Atropin.

Wir haben uns für Ortho-K entschieden, weil die Erfolgssaussichten damit in unserem Fall am höchsten sind und die Vorteile die Nachteile aus meiner Sicht bei weitem überwiegen.

Konkret zu Deinen Fragen:
Kosten: Bei uns kosten die Linsen knapp 1000 Euro im Jahr inkl. Pflegemittel. Also leider recht teuer.
Die Anpassung hat beim Optiker mit Beratung ca. 2 h gedauert. Danach gab es noch vier oder fünf Kontrolltermine in kurzen Abständen, jeweils ca. 30 min.
Viel länger hat aber die Eingewöhnung zuhause gedauert. Wir haben anfangs teils mehrere Stunden gebraucht, bis die Linsen drin waren. Mittlerweile klappt es gut, meine Tochter kann die Linsen selbstständig rausnehmen, aber noch nicht allein einsetzen.
Die Sehstärke hat sich mittlerweile bei ca. 120% (nachmittags) eingependelt, nach der ersten Nacht lag sie (morgens) bei 80 - 90%.

Derzeit üben wir das alleine Einsetzen. Problem sind natürlich noch längere Abwesenheiten über Nacht, da nimmt die Sehstärke am zweiten Tag dann schon ab. Für diesen Fall hat sie noch eine Brille mit -1 Dioptrien für den Notfall.

Insgesamt gibt es für uns keine Alternative, insofern ziehen wir das jetzt durch. Man darf nicht vergessen, jede Dioptrie mehr lässt sich nicht mehr rückgängig machen! Ich bereue manchmal, dass wir es nicht schon früher versucht haben.

Ich hoffe, ich konnte Dir etwas weiterhelfen.

VG NicMc

Bearbeitet von NicMc
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Vielen lieben Dank für deine ausführliche Antwort, die ich leider erst jetzt gelesen habe.
Wir haben unseren ersten gescheiterten Anpassungsversuch mit ortho-K-Linsen hinter uns.
Mein Sohn hatte massive Schmerzen, konnte die Augen nicht öffnen, hat sie trotzdem die Nacht über tapfer drin behalten und am nächsten Tag beim Optiker stellte sich heraus, sie würden nicht richtig sitzen?! Der Optiker meinte, er könne sich das auch nicht so wirklich erklären.
So, nun steh ich da. Das rein machen hat eigentlich ganz gut funktioniert.
Wie sehr haben die Linsen deine Tochter geschmerzt? Am Anfang. Ich bin grad echt ratlos.
Vg

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Hallo,
ich komm leider erst jetzt dazu, Dir zu antworten.

Es ist natürlich immer schwierig, das aus der Ferne zu beurteilen. Harte Kontaktlinsen sind anfangs extrem unangenehm, aber "massive Schmerzen" hatte meine Tochter aus meiner Sicht nicht bzw. nur, wenn entweder die Linsen verrutscht waren (unter das Lid o.ä.) oder wenn sie Dreck auf der Linse hatte (da reicht leider schon ein winziges Staubkorn). Wir haben anfangs mehrmals nach dem Einsetzen kontrolliert, ob sie noch richtig sitzen (mit Taschenlampe von der Seite, keinesfalls direkt ins Auge leuchten) und sie öfter auch nochmal rausgenommen, wenn es weh getan hat. Wir benetzen die Linsen außerdem vorher mit Kochsalzlösung und tropfen anschließend oft noch mit speziellen Augentropfen, die uns der Optiker mitgegeben hat.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn Dein Sohn starke Schmerzen hat, stimmt aus meiner Sicht etwas nicht und er sollte sie nicht drinlassen. Versucht, sie nochmal rauszunehmen, gründlich mit Kochsalzlösung abzuspülen und dann wieder einzusetzen. Habt ihr Haustiere? Manchmal sind auch winzige Häärchen im Auge, die man sonst gar nicht spürt.
Was meint der Optiker mit "sie sitzen nicht richtig"? Hat er neue bestellt oder was ist als nächstes geplant? Wie viel Erfahrung hat der Optiker?

Mittlerweile kann meine Tochter die Linsen übrigens auch allein einsetzen und ich mache nur noch die Pflege. Sie hadert trotzdem öfter mit ihren schlechten Augen (zumal der Vater Augen wie ein Luchs hat) und hatte zwischendurch auch mehrmals Phasen, in denen sie nicht mehr wollte. Wir haben dann einfach mal eine Nacht ausgelassen. Wenn die Sicht schlechter wird, war sie meistens recht schnell wieder motiviert. Und Brille will sie auf keinen Fall mehr. Es wird jetzt auch immer mehr zur Routine (wie Zähneputzen). LG

VG Nic

Bearbeitet von NicMc
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Bei meiner Tochter schreitet die Kurzsichtigkeit stark voran. Augenarzt und Augenklinik haben uns von diesen Kontaktlinsen stark abgeraten und stattdessen defokussierende Brillengläser dringend empfohlen. Die trägt sie jetzt seit ca 10 Wochen, mittlerweile hat sie sich dran gewöhnt. Freitag haben wir einen Kontrolltermin in der Augenklinik.

An deiner Stelle würde ich mir noch eine Zweitmeinung in der Augenklinik holen.

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Was waren die Argumente gegen die Linsen?

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Ich antworte einfach mal, auch wenn ich nicht die vorherige Antwort gegeben habe. Zu Nachtlinsen kann ich nichts sagen, meine Antwort bezieht sich auf normale KL, ich könnte mir aber vorstellen es ist gleich oder zumindest ähnlich.
Mein Sohn ist nur leicht weitsichtig, wollte aber keinesfalls eine Brille, daher hatte ich den Augenarzt auch nach KL gefragt, wollte er gern, da er es von mir kennt.
Der Augenarzt riet ebenfalls ab und zeigte auf einem Bild dass rund um die Iris bei Kindern noch Stammzellen auf der Hornhaut (?) sitzen, die gutes Erneuerungspotential bis ins jugendliche Alter haben. Setzt man KL genau auf diese Stammzellen sind die in kürzester Zeit weg oder funktionslos. Daher sagte er, dass man frühestens in der Jugend mit KL starten sollte. Vielleicht hilft dir die Antwort weiter, auch wenn es nicht speziell um Nachtlinsen geht. Ich würde auch zu einer zweiten Meinung raten oder wenigstens den Punkt nochmal ansprechen.

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Zu den Linsen kan ich nichts sagen, aber habt ihr euch schon von einem guten Optiker zum Myopie Management beraten lassen.
Gerade für Kinder gibt es heute vielfältige Möglichkeiten z.B. spezielle Brillengläser die die Kurzsichtigkeit bremsen oder sogar reduzieren können (Miyosmart, MyoVision).
Ich würde mich da erstmal schlau machen und die Linsen nur im letzten Schritt wählen.

Bin selbst stark kurzsichtig und auch meine Tochter trägt seit 1 Jahr eine Brille. Ich trage sowohl harte Linsen als auch Brille aber für meine 9jährige kommen im Moment noch keine Linsen in Frage. Auch unser Augenarzt rät dazu, selbst bei nur geringer Kurzsichtigkeit die Brille kontinuierlich von morgens bis abends zu tragen.

VG