Träumer ADS weiterführende Schule

Hallo,
ich würde mich über Rückmeldungen von Eltern, die selbst Erfahrungen zu diesem Thema gesammelt haben, sehr freuen.
Unser Sohn geht in eine vierte Klasse und vor einem Monat wurde uns mitgeteilt, dass er ein klassischer "ADS-Träumer" sei. Wir hatten entschieden, ihn bei einem Kinderpsychiater vorzustellen, da er im Unterricht immer wieder abwesend schien und die GS darum bat, Absencen als Folge epileptischer Anfälle auszuschließen. Dies konnte verneint werden. Es wurde ein IQ von 112 gemessen, wir wussten aber auch vorher, dass er ein relativ fittes Kerlchen ist, das. Vielseitig interessiert ist. Ich schreibe bewusst nicht, dass er an ADS leidet, denn bisher konnte er diese wirklich gut kompensieren. Manchmal führen die Träumereien dazu, dass er etwas nacharbeiten muss, das nervt ihn dann, leiden trifft nicht zu. Wenn er dann vom Lehrer leise angesprochen wird, kommt er schnell zurück. Er bekommt keine Medikamente, wir haben mit Neurofeedback begonnen, allerdings erst 3 Sitzungen hinter uns.
So weit, so gut, dass jetzt eine klare Gymnadialempfehlung seitens der GS ausgesprochen wurde.
Eigentlich prima, ich freue mich für ihn, wenn ich an den Schulwechsel denke, bekomme ich aber Bauchschmerzen :

- er hat sehr hohe Ansprüche an sich selbst, hadert sehr mit kritischen Rückmeldungen
- er fürchtet, auf dem Gym aufgrund der Träumereien nicht mithalten zu können
- der Psychiater meinte, am einer weiterführendem Schule könnte sich die Symptomatik aufgrund häufigere Lehrerwechsel verstärken


Warum ziehen wir das Gym trotzdem in Erwägung? Er ist vielseitig interessiert, könnte mit dem Fahrrad zur Schule fahren, die auch viele seiner Freunde besuchen werden. Er kam in dieses Gymnasium und.hat sich wohl gefühlt. Es wäre ein G9 Gymnasium, nach der 6. könnte er nach Hause, mein Mann und ich wären da, wir können bei den Hausaufgaben helfen.
Die Alternative wäre eine IGS. Wir haben sie zusammen angeschaut, auch den Probeunterricht.
- er fand den Unterricht gut, fühlte sich im Gebäude unwohl
- es gefällt ihm nicht, dass er morgens Zug fahren müsste, hat Angst vor dem Umsteigen / Aussteigen
- wir haben große Bedenken, dass die heterogene Schülerschaft ihn noch zusätzlich ablenkt. So beobachtet beim Probeunterricht im Fach Erdkunde, in dem alle SuS aller Leistungsstufen gemeinsam unterrichtet wurden. Originalton Lehrer : Ich werde den ganzen unterschiedlichen Bedürfnissen oft nicht gerecht und freue mich an manchen Tagen über jeden, der nicht stört.
Die GS- Lehrerin meinte, regelmäßig wechselnde Lerngruppen könnten eine Herausforderung sein.
Ich möchte ihn nicht unterfordern, aber auch nicht überfordern. Späterer Wechsel von IFS auf Gym oder umgekehrt gestaltet sich in RLP schwierig.

So, sorry für den langen Post und danke.
Viele Grüße und danke für eure Antworten.

1

Ganz klar Gymnasium.
Ich war auch sehr verträumt, die GS hatte deshalb sogar eher abgeraten, aber das war echt einfach auf dem Gymnasium und die Lehrerwechsel fand ich eher stimulierend als störend.
Bei meinem Zweitklässler wurde gerade ADS diagnostiziert, dank IQ von 113 kommt aber auch er sehr gut zurecht, braucht halt jemanden der ihn ab und zu daran erinnert dass die Zeit läuft. Ich hatte eine Sitznachbarin die das für mich gemacht hat und dafür abschreiben durfte...

Natürlich ist es noch ein bisschen hin,aber alles unter Gymnasium würde ihn unterfordern und das würde ich bei deinem Sohn auch so rauslesen

2

Unser Träumer hat dieses Jahr Abitur in BW gemacht und studiert.

In der 6. 7. Klasse hat es mit Neurofeedback ganz gut geklappt. Intellektuell war es kein Problem aber die Integration in den Klassenverband. Auch die teils impulsiven Reaktionen in Richtung Lehrkräfte waren des öfteren Gesprächsthema

Aber wie sagte die Grundschulllehrerin. Schlampern tut er auch auf der Realschule und schlaue Kerlchen sollten aufs Gymnasium.

3

113 ist ein Durchschnitts-IQ. Damit kann er das Gym bei guter Arbeitshaltung und aufmerksamer Mitarbeit im Unterricht sicherlich bewältigen. Gegebenenfalls medikamentiert ihr halt, um seinen angeborenen Nachteil ein bisschen auszugleichen. Dazu würde ich mir jetzt schon den passenden Arzt suchen.

(Hattet ihr auch Schlaflabor? Epilepsie wird bei ADS manchmal vorschnell ausgeschlossen. Man kann auch an Pest und Cholera gleichzeitig leiden.)

6

Dachte eigentlich der Durchschnitt wäre bei 100. 113 könnte aber für das Gymnasium durchschnittlich sein. Ab 130 ist man bereits hochbegabt.

7

Soweit ich weiß (letzte Fortbildung paar Jahre her dazu): Die Standardabweichung bei den klinisch genutzten IQ-Tests ist 15, d.h. 85 bis 115 ist der Normalbereich, wenn man das so nennen möchte.

weitere Kommentare laden
4

Mein Sohn (14J) hat ebenfalls ADS ohne Hyperaktivität und war vorallem vor der Pubertät wirklich extrem verträumt. Problematisch wurde es, als er in die Schule kam. Er hat sich so weggeträumt, dass er alle 3-5 Minuten durch eine Berührung an der Schulter (direkte Ansprache bekam er nicht mit) wieder "zurück geholt" werden musste. Das hat in der Schule so nicht funktioniert. Daher die Diagnostik.
Er kann trotz eines IQs von 119 nicht auf Medikinet verzichten, allerdings was ich noch sagen wollte:

Er bekommt seit der Mittelstufe einen Nachteilsausgleich (Berlin) für Tests und Klassenarbeiten, der 20 % mehr Zeit beinhaltet. Das hilft ihm bei seinem Zeitproblem, dass er vorallem in Mathe trotzdem noch hat. Den bekommt er, wenn nötig, übrigens auch bei den Abiturprüfungen, muss dann aber nochmal beantragt werden.
Und da sein Freund mit LRS den gleichen Nachteilsausgleich hat, stört es ihn auch nicht 😉

13

Da muss ich OT mal kurz nachhaken:
Also bringt ihm die Extra-Zeit was? Bei meinem Zweitklässler wurde gerade ADS und LRS festgestellt und ich habe etwas Sorge dass er mit 20 Minuten mehr Zeit halt einfach 20 Minuten länger die Fussel von seinem Radiergummi anschaut...

16

Kommt denke ich drauf an, wo das Problem liegt. Mit Medikinet träumt er nicht mehr vor sich hin. Da er aber gerade in Mathe und beim logischen Denken mehr Konzentration braucht als im Bereich Sprachen oder im musischsn Bereich, macht ihn das beim z.B. Rechnen langsam.
Und dabei hilft ihm die Mehrzeit tatsächlich, die Aufgaben zu schaffen. Ohne Medikinet würde er aber dann halt 60 min statt 45 min auf sein Blatt starren.

5

Ich selbst habe erst als erwachsene die Diagnose ADS in der Träumer Variante bekommen.
Ich war auf dem Gymnasium, wurde meistens in die erste Reihe gesetzt, ab der Kollegstufe saß ich da freiwillig. Das war’s aber im Prinzip an Problemen, ich hab mit 1,x abgeschlossen. Klar sind „wir“ manchmal etwas schusselig, neigen dazu schnell abzudriften und machen dann Quatsch. Aber ihr seid ja sogar in Behandlung und euch der Thematik bewusst, das wird schon!

9

Ein IQ von 112 ist durchschnittlich (Mittelwert der IQ-Verteilung=100, Standardabweichung 15), bei komplexeren Anforderungen kann er über den IQ demnach kaum kompensieren. Da braucht es eine entsprechende Leistungsmotivation und, ja, auch Selbstdisziplin und Aufmerksamkeit. In diesen Bereichen müsst ihr ihn unterstützen, egal, welchen Weg er wählt.

15

Hey!

Ich habe selbst adhs und bin Lehrerin. Ganz klar würde ich euch das Gymnasium empfehlen- auf einer Gesamtschule würde er sich mit dem IQ langweilen. Diese Perspektive kenne ich selbst als Schülerin mit hohem IQ und eben als Lehrerin.
Schickt ihn zum Gymnasium und denkt ggf über eine medikamentöse Einstellung nach, wenn die sonstigen Therapien nicht reichen sollten.

Liebe Grüße
Schoko

17

„auf einer Gesamtschule würde er sich mit dem IQ langweilen“


Sorry, aber das ist Unsinn. Die Schulform Gesamtschule richtet sich explizit an Schüler mit allen drei Empfehlungen

Bearbeitet von GalaRoyal
18

Ja, auf dem Papier steht es so.

Wenn du allerdings in der Praxis den Stoff der Klassenarbeiten vergleichst, wirst du Unterschiede feststellen. Das Tempo ist, mit Beispiel an meiner Schule, definitiv langsamer... und die Arbeiten weniger schwer.
In Gesprächen mit anderen Ge-Kolleg.innen war das Fazit dasselbe.
Vielleicht gibt es Gesamtschulen in größeren Städten, die genug Auswahl haben und ihre Klassen zu 1/3 mit Kindern mit Gy/Ge-Empfehlungen bestücken können.
In meinem Umfeld sind es in der Regel 2 Kinder von etwa 27. Entsprechend das Leistungsniveau der Klasse.

Bearbeitet von schokofrosch