Hypospadie Grad 4 - Hadidi - Erfahrungsbericht

Hallo ihr Lieben,

nachdem wir nun, drei Jahre später, Alles hinter uns haben, möchte ich gerne anderen Eltern Mut machen die in der selben Situation sind wie wir es waren. Es wird ein langer Beitrag, aber Betroffene werden ihn sicherlich gerne lesen, denke ich. :)

Vor drei Jahren kam unser Schatz zur Welt. Erst bei seiner Geburt wurde klar, dass er nicht wie zuvor bei den Ultraschalluntersuchungen bestätigt, ein Mädchen war, sondern ein Junge mit einer hochgradiger Hypospadie. Das Klinikum an dem wir waren hatte keinen eigenen Kinderarzt und war mit der Situation selbst überfordert, daher wurde unser Sohn direkt an eine Kinderklinik verlegt. Heute weiß ich, dass das absolut unnötig war, unser Sohn war bis auf die Harnröhrenfehlbildung kerngesund. Damals wusste ich aber selbst überhaupt nicht, was eine Hypospadie war, und so ging es auch meinem Mann. Es handelte sich bei der Verlegung, um eine reine Vorsichtsmaßnahme, war aber eben, wie bereits erwähnt unnötiger Stress für alle Beteiligten.
Die ersten Stunden mit unserem Sohn waren geprägt von Angst, Sorgen und Tränen. Die Kinderärztin in der Kinderklinik schnitt kurz an, dass bei Kindern die mit einer Hypospadie geboren werden, auch zugrundeliegende Erkrankungen ursächlich dafür sein könnten. Das war für uns alles ein sehr großer Schock.
Am nächsten Morgen, wurde diesbezüglich dann überhaupt nichts mehr angesprochen und es wurde uns nur ans Herz gelegt, dass die Hypospadie von jemand operiert werden müsste, der sich darauf spezialisiert hat und es wirklich gut kann. Wie sie über Nacht herausgefunden hatten, dass unser Sohn ein gesundes Kind war, das eben "nur" eine Hypospadie hatte, bleibt ein Rätsel. Aber wir waren einfach nur froh, weil uns das natürlich erleichterte. Klar, hatten wir uns für unseren Schatz etwas anderes gewünscht, als direkt die Planung einer OP, aber wenn danach alles gut werden würde, wäre es uns natürlich recht.

Bereits als ich mit dem Kleinen noch stationär lag, recherchierten mein Mann und ich alles zur Hypospadie. Hier taucht vor allem ein Name immer und immer wieder auf. Hr. Prof. Dr. Hadidi. Er ist DER Spezialist auf dem Gebiet und operiert seit vielen Jahren mit viel Expertise und sehr guten Ergebnissen, Kinder mit Hypospadien aus aller Welt. Für uns war dann sehr schnell klar, dass wir IHN als Operateur für unseren Sohn wollen. Trotz dass er international ein Vorreiter im Bereich der Hypospadie ist, wohnten wir nur vier Autostunden von ihm entfernt. Wir wären aber auch jeder Zeit noch weiter gefahren. Eine Woche nach der Geburt unseres Sohnes, vereinbarte ich einen Termin in seinem Sekretariat. Unser zügiges Handeln wurde von der Praxis sehr begrüßt, da die Wartezeiten lang sein können. Wir erhielten einen Termin drei Monate später.

Die Praxis liegt in Selingenstadt (bei Frankfurt). Wir übernachteten dort in einem empfohlenen Hotel um es für den Kleinen so stressfrei wie möglich zu gestalten.
Prof. Hadidi ist, wie in einigen anderen Berichten beschrieben ehr der Macher, als dass er viel Zeit in Gespräche investiert. Für Fragen seitens der Eltern ist er aber jeder Zeit offen. Der Termin ging insgesamt evtl. 5-10 Min. in denen er unseren Sohn untersuchte, und uns dann mitteilte, dass es sich nicht wie bisher angenommen um einen dritt, - sondern um einen viert gradigen Befund handelte. Er erläuterte uns welches OP Verfahren er anwenden würde, und dass unser Sohn drei Operationen bekommen würde. Außerdem sollte zur Absicherung der Kinderchirurgie ein Chromosomentest erfolgen. Dies dient wohl einfach dem rechtlichen Nachweis wie uns erklärt wurde. Durch den Hodenhochstand und die Peniskrümmung bekamen wir bevorzugt einen Termin, da eine zeitliche Dringlichkeit gegeben war.
Zunächst sollte unser Sohn im Alter von 9 Monaten seine erste OP erhalten, wir wurden dann aber per Mail kontaktiert, dass jemand abgesprungen war und unser Sohn durfte so dann bereits im Alter von 6 Monaten operiert werden.

Im Vorfeld hatten wir natürlich viele Sorgen, wie alles werden würde. Der Klinikaufenthalt sollte fast zwei Wochen dauern und ich überlegte ständig wie das alles klappen sollte. Nüchternzeiten vor OP, der Schlaf tagsüber sowie nachts, etc. Dazu muss ich aber wirklich sagen, es war alles deutlich entspannter als wir es uns ausgemalt hatten. Die OP verlief sehr gut, wir durften direkt in Aufwachraum zu ihm und er hat das alles ganz toll gemeistert. Die zwei Wochen waren natürlich etwas zäh und langweilig, da durch Corona auch das Spielzimmer geschlossen war, aber man bringt es auf jeden Fall rum. Man konnte raus in den Garten und spazieren gehen und wir haben viele Spielsachen mitgenommen.
Die Station 3a im Klinikum Offenbach ist auf Hadidi-Kinder ausgelegt und dort arbeiten absolute Profis. Alle waren total nett und als Corona jetzt vorbei war, war es auch wirklich toll mit anderen Eltern ins Gespräch zu kommen, die in der selben Situation sind. Wissenswertes zum stationären Aufenthalt, werde ich jetzt um den eh schon sehr langen Text nicht noch mehr in die Länge zu ziehen, nicht auflisten. Aber wenn irgendein Elternteil etwas wissen möchte, dann kommentiert gerne und ich gebe euch gerne alles weiter was ich weiß. :)
Bei der ersten OP wurde der Hodenhochstand und die Peniskrümmung behoben und ein unterer Teil der Harnröhre angelegt.


Drei Monate nach der ersten OP waren wir dann zur Nachsorge in Selingenstadt. Vorab hatten wir ein Infoblatt bzgl. einer Hormontherapie bekommen, welche als Vorbereitung für die zweite OP erfolgen sollte. Dadurch wächst im Idealfall der Penis und man kann die Harnröhre besser herstellen. In unserem Fall blieb der Penis unseres Sohnes auch danach noch etwas größer als er zuvor war, dies ist aber wohl unterschiedlich. Die Hormontherapie erfolgte über unsere heimischen Kinderarzt. Er spritze im Abstand von einem Monat zwei Mal Testosteron. Für unseren Sohn war das Ganze, bis auf den Stich, problemlos.

Die zweite OP, bei der die Harnröhre komplett hergestellt wurde, lief genau so unkompliziert wie die erste. Wir saßen die Zeit dort ab und waren froh als wird nach Hause durften. Unser Sohn konnte zu dem Zeitpunkt dann krabbeln, und war mit seinem Katheter überall im Zimmer unterwegs. Er war nicht eingeschränkt. Hier dachte ich mir um so mehr, wie schrecklich es ist, dass es immer noch Kliniken gibt, die die Kinder ans Bett fixiert. Davon kann ich wirklich jedem nur eindringlich abraten. Es ist nämlich nicht nötig und geht ganz offensichtlich auch anders! Die Kinder bekommen in Offenbach einen speziellen, recht dicken Verband und dürfen sich damit frei bewegen.

Bei der Nachsorge war Prof. Hadidi zufrieden und wir auch total. Der Penis war nicht mehr krumm und der Hoden war hergestellt worden. Die Vorhautschürze sollte dann bei der dritten OP rekonstruiert werden. Hier kann man entscheiden, ob man eine Beschneidung vornehmen lassen möchte oder die Vorhaut rekonstruieren möchte. Es blieb uns überlassen und wir wollten die Vorhaut gerne erhalten, so hatte unser Sohn immer noch die Möglichkeit selbst zu entscheiden wenn er groß ist, ob er mit oder ohne Vorhaut leben möchte.

Auf den Termin der dritten OP, warteten wir dann aber lange. Erst kurz vor dem dritten Geburtstag unseres Sohnes fand sie statt. Ich war zwischenzeitlich wieder schwanger und bekam auf Station ein richtiges Patientenbett. Die Liegen für die Eltern sind wirklich schmal und das Kind möchte dann nachts ja doch auch an Mama kuscheln... da ist das richtige Bett mit Bettgittern schon deutlich entspannter. Die dritte OP lief schon stressiger ab, da unser Sohn mit seinen fast drei Jahren alles viel deutlicher wahrnahm und auch verstand was passierte. Aber wir haben das Ganze rum gebracht und verließen das Klinikum nach drei Tagen. Was etwas auffällig war, war dass er bei jedem Pinkeln wirklich Schmerzen hatte, aber wir vermuteten, das es evtl. daran lag, dass er es jetzt einfach schon deutlicher kommunizieren konnte. Wir fuhren unendlich erleichtert nach Hause und freuten uns so, dass wir das Ganze nun hinter uns hatten...
Die Schmerzen beim Pinkeln blieben unverändert und nachts als ich ihm die Windel wechselte dann der Schock. Er hatte Blut in der Windel. Ein Fleck so groß wie meine Handfläche. Wir riefen sofort die Notfallnummer an, die im Entlassbrief stand. Im Gespräch beschlossen wir mit der diensthabenden Ärztin, bis zum nächsten Morgen zu warten und zu schauen ob es weiter blutete.
Leider tat es dies, und wir führen früh morgens wieder nach Offenbach. Die Fahrt war schlimm, aber wir wollten so lange er stabil blieb, in keine andere Klinik und zu keinen anderen Ärzten. In Offenbach wurde dann ein Druckverband angelegt, es hatte ein Gefäß an der OP Naht geblutet, dies war aber wohl nicht schlimm laut des Oberarztes. Ich erspare euch Einzelheiten zum Anlegen des Druckverbandes, das war wirklich schlimm für uns alle...
Jedenfalls erfüllte dieser und ein gerinnungshemmendes Medikament das er drei Mal täglich bekam ihren Zweck. Wir durften drei Tage später nach Hause. Zur Sicherheit verblieben wir noch ein paar Tage in Offenbach in einem Hotel, um im Fall des Falles nicht erneut vier Stunden Fahrt auf uns nehmen zu müssen. Aber die Blutung blieb stehen, und wir konnten glücklich und erleichtert nach Hause.

Auch wenn die letzte OP, natürlich nicht so komplikationslos verlief wie die ersten Beiden, so sind wir uns trotzdem absolut sicher, dass dies einfach Pech war und das solche Verläufe in der Medizin eben einfach vorkommen können. Wir können wirklich allen Eltern da draußen nur raten, sich in die Hände von Hr. Prof. Hadidi und seinem Team zu begeben. Ihr werdet es nicht bereuen.
Unserem Sohn geht es super, er ist ein glückliches Kind und verzaubert uns jeden Tag aufs Neue. Das Ergebnis kann sich absolut sehen lassen und man erkennt nur leichte Narben am Hoden. Er wird alle paar Jahre von Prof. Hadidid angeschaut werden. Wenn er jugendlich ist und alles weiterhin unauffällig bleibt, ist die Behandlung dann komplett abgeschlossen.

Viel Kraft jedem einzelnen von euch, und meldet euch gerne, bei Fragen.
Liebe Grüße!!

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Hallo und vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Bericht. Das sind interessante Erfahrungen. Ich habe eine Frage, wurde der Test auf Chromosomale Anomalien durch die Sana Klinik gemacht oder musstest ihr die extern machen lassen?
Vielen Dank für eine Rückmeldung und weiterhin alles Gute für euch!

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Hallo Kate,

der Test wurde von unserem Kinderarzt zu Hause durchgeführt, das war überhaupt kein Problem. Eine normale Blutabnahme.
Es handelte sich dabei nicht um einen Test auf Anomalien, sondern um den Beleg ob männlich oder weiblich. Was bei stark ausgeprägten Hypospadien mit Hodenhochstand wohl als rechtliche Grundlage dient, dass das Sana Klinikum keine Geschlechtsumwandlungen durchführt. So wurde uns das erklärt. Prof Hadidi hatte uns hier aber vorab klar beruhigt und uns gesagt, dass ihm und seinen Kollegen klar ist, dass unser Sohn ein Junge ist. Aber sie sichern sich hierbei zusätzlich ab.

Liebe Grüße

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Danke für die schnelle Antwort. Wir haben auch einen Termin in der Sana Klinik ;)
Es gibt ja scheinbar auch genetische Ursachen (z.B. Klinefelter Syndrom) für die Hypospadie, wie meine Recherche ergeben hat. Daher hab ich vermutet, dass diese vor einer OP abgeklärt/ausgeschlossen werden müssen. Gut zu wissen, dass der Test, der verlangt wird, auch vom Kinderarzt durchgeführt werden kann. Weißt du, wie den Ärzten vor dem Test schon klar sein konnte, dass euer Sohn nicht z.B. intersexuell ist? Das Ganze, was auf uns vorkommt, macht mir echt Sorgen. Würde dem Zwerg gerne jede OP und Klinikaufenthalte ersparen… Liebe Grüße an euch.

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