25 Monate Co-Regulation, Regulationsstörung?

Hallo!
Wir haben hier einen kleinen Rowdy zu Hause, der gerne mal paar Wutanfälle an den Tag legt aktuell. Alles alleine oder selber machen. Außerdem ist er viel in Bewegung. Jetzt ist es so, dass ich in der letzten Zeit das Gefühl hab, dass ich ihn überhaupt nicht beruhigen kann. Wenn ich ihn hochnehme, will er nicht, schreit sich noch mehr ein. Festhalten geht auch nicht. Manchmal denke ich dann- ich kann ihm irgendwie überhaupt nicht helfen, ihn zu regulieren und durch sein Aktivitätslevel kommt es mir auch so vor, als ob er da Regulationsprobleme haben könnte?
Der Alltag ist furchtbar anstrengend aktuell, weil ich einfach das Gefühl hab, er lässt nichts zu. Kann es irgendwie schwer beschreiben

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Wutanfälle in dem Alter kommen mir erstmal normal vor. Und es ist auch so, dass nicht jedes Kind Körperkontakt möchte, wenn es wütet. Ich würde schon darauf achten, dass ich körperlich eingreife, wenn mein Kind sich selbst, mich oder andere zu verletzen droht. Ansonsten könnte man in ruhigen Minuten über Dinge sprechen, die er tun kann, wenn er wütend ist. Kissen boxen, trampeln etc. Und ihm die Sachen dann anbieten, wenn er wütet. Ansonsten würde ich mich ruhig in die Nähe setzen und kommunizieren, dass ich für ihn da bin, wenn er wieder Körperkontakt möchte.

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Du schreibst, dass du ihn nicht hochnehmen oder festhalten kannst. Das kann beides - aus seiner Sicht - als Restriktion, als Einengung verstanden werden.
Gäbe es die Möglichkeit, erst mal zu notieren, wann genau er das nicht zulässt und dann für diese Situationen im Vorfeld mehr Zeit oder alternatives Verhalten einzuplanen?
Du schreibst, er möchte viel selbst machen. Vermutlich auch selbst entscheiden. Könntest du da schauen, ob er in den Situationen, in denen es nicht klappt, Dinge entscheiden kann? Bspw. er entscheidet, welche der beiden Paar Winterschuhe er anzieht und bringt die her. Du ziehst sie ihm an, er macht sie zu (Klettverschluss). Vielleicht bei den Sachen, bei denen er noch nichts entscheiden kann, bspw. Schuheanziehen, einen Handytimer stellen sichtbar für ih und stoppen, wie lange es dauert, ob ihr beide die Zeiten von letzter Woche unterbieten könnt. Oder grundsätzlich stoppen und sagen, "schaue mal auf den Timer, das dauert jetzt x Sekunden, bis ich dir die Schuhe angezogen habe und dann kannst du sie selber zumachen."

Und Entsprechendes natürlich dann auch für die anderen Situationen machen.

Setze dich abends hin, notiere kurz, was schief ging, suche Gemeinsamkeiten - Zeiten, Selbstentscheidenwollen, Angefasstwerden/ Körperkontakt, Restriktionen, also es wird ihm etwas verwehrt, das er selbst machen wollte.
Und dann notierst du zu jedem Punkt mögliche Lösungen im Vorfeld oder während der Situation. Was kannst du ändern? Wenn er etwas ablehnt - wie könnte man ihn dazu bringen, ohne, dass er das Gefühl hat, "verloren" zu haben? Z.B. statt "ich nehme dich an die Hand!" " Nimm mal meine Hand und drücke die ganz fest? Wie fest kannst du drücken?"
Oder "Nimm mal meine Hand und wir zählen gemeinsam bis x" - du hast dann vorher mal alleine gestoppt, wie lange du brauchst, um bspw. eine Straße zu überqueren. Er wäre dann mit Zählen beschäftigt. Oder "nimm mal meine Hand. Während wir über die Straße gehen, zähle mir mal alle Xyz auf (alle Automarken, die du kennst, alle Figuren aus einem bestimmten Buch, alle deine Lieblingsspeisen etc.). Vielleicht lenkt ihn das ja ausreichend ab.
Noch besser wäre es natürlich, wenn das Aufgezählte etwas mit der Situation, also hier dem Straßenverkehr, zu tun hätte. Regeln, wie man sich da verhalten soll, worauf man achten soll etc.
Vielleicht auch so etwas wie ein Wettbewerb: Wer als Erster daran denkt, dem anderen vor der Straßenüberquerung/ dem Kantstein die Hand zu geben, hat gewonnen!" (Kein Preis, einfach nur gewinnen.) Am Anfang gewinnst du natürlich immer und er hat dann bei der nächsten Straße die Chance, als erster deine Hand zu nehmen. Vielleicht motiviert ihn das Gewinnenwollen eher, die Hand zu nehmen und er denkt weniger daran, dass er jetzt durch dich beschränkt ist.
Später könnte er dich dann führen (an Wegen, an denen nichts los ist, Feldwegen etc.). Ihr überquert die also, und er ist dafür verantwortlich, deine Hand zu nehmen, dir zu sagen, wann du anhalte sollst und dich sicher über den Weg zu führen. Damit schleift sich das ja auch ein bisschen ein.

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Mein Sohn wird im März 3.
Hier sind seit Monaten auch Wutanfälle an der Tagesordnung, die steigern sich gefühlt auch immer weiter.
Er will viel selbst machen und auch selbst entscheiden, wenn möglich gebe ich ihm die Möglichkeit eine eigene Entscheidung zu treffen und ein wutanfall wird so auch umgangen.

Wenn er wieder einen wutanfall hat, dann will er auch keinen körperlichen Kontakt. Ich setzte mich in Ruhe dazu und wenn er bereit ist, dann kommt er kuscheln und dann kann ich ihn auch beruhigen. Ich komme mit der Wut recht gut klar, solange ich weiß warum er jetzt aisflippt.

Ich glaub da müssen Eltern und Kinder glaube ich einfach durch.
🙈

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Keine Angst, Dein Kind ist einfach nur normal. Es ist eben die Autonomiephase, die bei Kindern unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Bei uns ist es ähnlich und ja, es ist anstrengend.

Wenn der Tag eh "schlecht" war, versuchen wir zusätzliche Trigger zu vermeiden und nicht jede Situation bis zum Ende auszufechten. Dann gibt es eben diese eine kurze Lieblingshose im Kindergarten - und für den Weg Stulpen drüber. Und wenn der einzig wahre rote Schnuller nicht auffindbar ist, vereinbaren wir, dass wir nach dem Kindi eben einkaufen gehen (das tun wir dann auch). Wenn es zum Abendessen am Sonntag nur eine Brezel sein darf, gehen wir schon mal zum Bäcker ums Eck, um welche zu holen - wir haben ja gesagt, das er zu hat, jetzt sieht es das Kind auch.

Für alle Tätigkeiten wird mehr Zeit eingeplant. Fürs Anziehen morgens etwa 30min. Dann ist es stressfrei für alle.

Das Kind wird in alle Entscheidungen miteinbezogen, sofern es möglich ist.

Schlafzeiten und Rituale sind fix.

Wenn das Kind müde ist, kann man egal was tun, ein Anfall kommt eh. Ich setze mich in einiger Entfernung auf den Boden ("ich bin für dich da, wenn du möchtest") und irgendwann kippt die Stimmung von "Mama weg!" zu "Mama!".

Wenn nichts hilft und er sich danach nicht beruhigen kann, nehme ich ihn auf den Arm und wir gehen raus Sterne und Mond gucken. In Ausnahmefällen kann auch mal ein Löffel Eis oder Papas auseinandergebaute Bohrmaschine 🤣 Wunder bewirken.

Achja, in ruhiger Minute sprechen wir natürlich darüber.

Haltet durch, es ist auch nur eine Phase!

Bearbeitet von Anniana