Paare mit und ohne Trauschein

Wozu sollen wir heiraten?

Paare ohne Trauschein können heute, ohne gesellschaftliche Ächtung befürchten zu müssen, zusammenleben und Kinder haben. Warum also noch heiraten? Was sind die Vorteile des Ehestands?

Autor: Heike Byn

Don’t marry, be happy?

Paerchen mit Blumen

Verheiratete Frauen sind gesünder, werden seltener krank und älter als ihre Geschlechtsgenossinnen in "wilden Ehen". Solche Meldungen geistern regelmäßig durch die Presse. Und so bleibt auch die Ehe sehr beliebt: Zwischen 2004 und 2014 schwankte die Zahl der Eheschließungen in Deutschland nur gering und liegt bei ca. 390.00 0 pro Jahr (Quelle: statista) Warum entscheiden sich neben emotionalen oder religiösen Gründen immer noch so viele Paare für die Ehe? Weil sie und ihre Kinder damit rechtlich besser dastehen, im Fall der Fälle besser abgesichert sind? Gibt es sie denn immer noch, die Nachteile einer Partnerschaft ohne Trauschein? Ein Vergleich.

Alles Müller, oder was? Variantenreiche Namenswahl

Heute können sich Eheleute bei der Auswahl eines Familiennamens gleich zwischen mehreren Versionen entscheiden. Nehmen wir an, Lieschen Müller heiratet Jupp Schmitz. Jetzt kann Lieschen den Namen von Jupp annehmen (Jupp und Lieschen Schmitz) oder Jupp entscheidet sich für Lieschens Name (Lieschen und Jupp Müller). Möglich ist auch ein Doppelname für den Ehepartner, dessen Name nicht gemeinsamer Ehename wird (z.B. Jupp Schmitz und Lieschen Müller-Schmitz). Beide können auch ihren Namen beibehalten, den sie bei der Eheschließung hatten. Gemeinsame Kinder bekommen entweder den gemeinsamen Ehenamen oder – falls die Elternteile ihren Namen behalten haben – entscheiden diese sich für einen der beiden als Namen für die Kinder.

Bei Partnern ohne Trauschein kann es aus rechtlichen Gründen keinen gemeinsamen Namen geben. Bestimmen die Eltern nichts anderes, bekommt das gemeinsame Kind grundsätzlich den Namen der Mutter - so will es das Gesetz. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Kind aber auch den Nachnamen des Vaters tragen: Wenn der Vater alleine sorgeberechtigt ist und die Mutter zustimmt. Oder wenn die Mutter alleine sorgeberechtigt ist, und dafür eine Zustimmungserklärung abgibt. Beim einem gemeinsamen Sorgerecht der Eltern sieht die Rechtslage so aus: Entweder Vater und Mutter lassen noch vor der Geburt des Kindes das gemeinsame Sorgerecht beim Jugendamt beurkunden, dann können sie vorher auch festlegen, dass das Kind den Namen des Vaters tragen soll. Oder die beiden Elternteile entscheiden sich erst nach der Geburt für das gemeinsame Sorgerecht. Dann haben sie nach der dazu nötigen urkundlichen Erklärung beim Jugendamt noch drei Monate Zeit, beim Standesamt eine Namensänderung zu beantragen. Denn in dem Fall bekommt das Kind ja mit seiner Geburt von rechtswegen zuerst den Namen der Mutter.

Vater, Mutter, Kind - gleiche Rechte für alle?

Wer bei Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist, gilt vor dem Gesetz als dessen Vater. Außerdem sind auch Männer, die die Vaterschaft anerkannt haben oder solche, deren Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde, Väter im Sinne der Rechtsprechung. Nichteheliche Väter müssen also formal ihre Vaterschaft anerkennen – oder werden dazu nach einem Vaterschaftstest aufgefordert -, während verheiratete Männer "automatisch" zu Vätern erklärt werden.

Erfreulich und ohne Unterschied zwischen Ehe und Partnerschaft ohne Trauschein geht der Gesetzgeber aber mit der Gewährung von Elterngeld und Elternzeit um: Beides steht den jeweiligen Eltern nach der Geburt ihres Kindes zu.

Anders sieht es beim wichtigen und weit reichenden Thema Sorgerecht aus. Das alleinige Sorgerecht für gemeinsame Kinder von Unverheirateten steht grundsätzlich der Mutter zu. Falls beide Partner die Sorge gemeinsam übernehmen wollen, müssen sie das erst öffentlich erklären. Im Klartext: Sie gehen zu einem Rechtsanwalt oder Notar, der den Elternwillen in einer Urkunde festhält. Danach sind beide Elternteile mit allen Rechten und Pflichten um die Sorge ihrer Kinder Ehepartnern vor dem Gesetz gleichgestellt. Denn auch, wenn sich die Partner trennen und nur die Mutter das Sorgerecht hat, bleibt dem Vater ein Recht darauf, sein Kind zu sehen und die Beziehung zu ihm zu pflegen.
In einer Ehe steht das Sorgerecht grundsätzlich beiden Eltern zu. Auch bei einer Scheidung wird grundsätzlich nicht über das Sorgerecht entschieden, beide Eltern bleiben ohne gerichtliche Entscheidung gemeinsam sorgeberechtigt.

Mein Geld, Dein Geld - Ehegattensplitting und Güterstand

Aus steuerlichen Gründen heiraten – zugegeben, das klingt nicht gerade romantisch. Zahlt sich aber tatsächlich in Euro und Cent aus. Denn während verheiratete Paare vom Ehegattensplitting profitieren – vor allem, wenn einer deutlich mehr verdient als der andere -, können nicht verheiratete Paare ihre Steuerklasse(n) nicht wählen und erhalten auch nicht so hohe Freibeträge wie Verheiratete.
Doch die "wilde Ehe" birgt dafür einen noch vielfach unbekannten Steuervorteil: der berufstätige Partner kann den Partner, der den Haushalt führt als "Haushaltshilfe" von der Steuer absetzen. Voraussetzung dafür ist ein Arbeitsvertrag, in dem auch die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen geregelt ist.

Wenn sie es vertraglich nicht anders bestimmt haben, leben Ehepartner in der so genannten Zugewinngemeinschaft. Will heißen: beide bringen Einkommen, Vermögen und Sachwerte mit in die Ehe ein und erwerben wahrscheinlich auch noch unterschiedlich hohe Zugewinne nach der Eheschließung. Wird die Ehe irgendwann einmal geschieden, werden die gesamten Geld-, Vermögens- und Sachwerte schlicht durch zwei geteilt. Egal, ob einer von beiden mehr oder weniger erwirtschaftet hat.

Solch eine Regelung gibt es für Partner ohne Trauschein nicht. Hier ist jeder Eigentümer dessen, was er selbst erworben hat. Einen Zugewinnausgleich gibt es nicht. Stattdessen können die Partner einen Partnerschaftsvertrag abschließen, der die Vermögens- und Wertaufteilung bei einer Trennung regelt. Solch ein Vertrag ist auch sinnvoll, um andere Fragen zu klären wie Vollmachtsbestimmungen, Haftungsregelungen untereinander oder Unterhalt und Altersversorgung während und nach Beendigung der Partnerschaft.

Das Leben 'danach' - Unterhalt, Versorgung und Rente

Klar: wer über das Für und Wider einer Ehe nachdenkt, hat nicht gleich eine mögliche Trennung im Sinn. Dennoch ist das ein wichtiges Thema. Gilt es doch vor allem, an die Zukunft der Kinder zu denken. Wichtig: Für Ehepartner und nichteheliche Partnerschaften ist die Rechtslage gleich, denn hier und da sind die Eltern ihren Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Meistens zahlt dann der berufstätige Partner einen Unterhaltsbeitrag, während der Partner, der keine Einkünfte erzielt und Haushalt sowie Kinder betreut, seiner Unterhaltspflicht durch Pflege und Erziehung der Kinder nachkommt.

Anders sieht es bei der Unterhaltsverpflichtung zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und einer Ehe aus: In der "wilden Ehe" gibt es weder für die Zeit des Zusammenlebens noch für die Zeit danach rechtliche Bestimmungen über den Unterhalt. Nur eine ausdrückliche, schriftliche und beurkundete Vereinbarung, zum Beispiel ein Partnerschaftsvertrag, begründet eine im Notfall auch einklagbare Unterhaltspflicht untereinander.

Bei einer Scheidung hingegen muss ein Ehegatte dem anderen Unterhalt zahlen - wenn der zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder nicht in der Lage ist, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen. Die Höhe des Unterhalts hängt vom Lebensstandard während der Ehe und den finanziellen Mitteln der Ehegatten nach der Scheidung ab. Auch beim Thema Altersvorsorge sichert das Gesetz geschiedene Ehepartner ab: So regelt der so genannte Versorgungsausgleich, dass es einen Ausgleich der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften gibt. Der ist vor allen Dingen dann sinnvoll, wenn ein Ehepartner wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder keine Möglichkeit hatte, selbst Rentenanwartschaften zu erwerben. Einen Versorgungsausgleich kennt die nichteheliche Partnerschaft nicht und er kann auch nicht vertraglich geregelt werden.

Erbrecht stellt Ehepaare besser

Dass und wie viel Ehepartner und Verwandte im Todesfall erben, regelt das gesetzliche Erbrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch. Der überlebende Partner eines nicht verheirateten Paares geht hingegen leer aus, während die gemeinsamen Kinder aus der Verbindung ihren gesetzlichen Pflichtanteil bekommen. Wenn aber ein nicht verheiratetes Paar einen Erbvertrag aufsetzt, kann es darin den Lebenspartner als Erben einsetzen und auch regeln, wie Vermögen und andere Sachen verteilt werden sollen. Ein Testament ist aber auch für Ehepaare sinnvoll, denn sie können darin abweichend vom Gesetz die Reihenfolge und Aufteilung ihres Erbes festlegen.

Trauschein oder nicht – nur die Liebe zählt

Mit all den Rechten und Pflichten von verheirateten und unverheirateten Paaren konfrontiert, stöhnt der am Tisch versammelte Freundes- und Kollegenkreis kollektiv auf. Keines der Paare in "wilder Ehe" mit Kind/ern hat einen Partnerschaftsvertrag abgeschlossen, um vor allem finanzielle Dinge zu regeln. Zwei von vier Pärchen haben aber schon einmal mit dem Gedanken gespielt. "Das Problem ist doch folgendes: Zu Beginn der Beziehung machst Du so etwas einfach nicht, auch wenn Du an die Kinder denkst. Kommst Du Deinem Partner später damit, denkt der gleich, dass Du ihn nicht mehr liebst", bringt es Martina auf den Punkt, die seit elf Jahren mit Tom ohne Trauschein zusammenlebt. Die beiden haben zwei Kinder.

Dann folgen bislang unbekannte Bekenntnisse der "wilden" Ehepaare: alle haben das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder vertraglich festgelegt. Drei von vier Pärchen haben in Testamenten oder Erbverträgen die Zukunft des Partners und der Kinder abgesichert. Und tatsächlich setzt Raimund seine Freundin Ute als "Haushaltshilfe" steuerlich ab. Von den insgesamt neun beurkundeten Vaterschaftsanerkennungen mal ganz abgesehen. Wir sind baff. Ganz schön gut informiert und in Rechtsdingen versiert, die Runde.

Fühlen sie sich eigentlich benachteiligt gegenüber den Ehepaaren? "Ja und nein. Ja – vor allem steuerlich und was den Versorgungsausgleich angeht. Und Nein, weil wir mehr für uns selbst regeln und gestalten können. Da redet uns Vater Staat nicht rein", meint Katha, seit zehn Jahren mit Rolf zusammen und Mutter von drei Kindern. "Soll doch jeder selbst entscheiden, ob er heiratet oder nicht. Fest steht ja wohl, egal ob mit oder ohne Trauschein: über die Qualität der Beziehung sagt das gar nichts aus. Und niemand würde einfach so Partner und Kinder verlassen, nur weil man nicht verheiratet ist", betont Ludger. "Richtig! Lasst’ uns lieber auf die Liebe anstoßen", ruft Helen in die Runde. Da sind wir uns alle ganz schnell einig.