Elf Tipps zum Abgewöhnen

Abschied vom Schnuller

Der Schnuller ist für viele Babys und Kleinkinder ein innig geliebtes Objekt, für das auch die Eltern häufig dankbar sind. Aber wie kommt man ohne ihn aus? Hier gibt es Informationen und hilfreiche Tipps für den Abschied vom Nucki.

Autor: Dr. Andrea Schmelz

Das Bedürfnis zu saugen ist angeboren

Schnuller im Mund
Ein Kind mit Schnuller im Mund
Foto: © iStock, by_nicholas

Im Alter von zwei bis drei Jahren sollten Kinder ihren geliebten Tröster allmählich abgeben, damit es nicht zu Zahnfehlstellungen kommt. Doch was tun, wenn dein Kind sich hartnäckig weigert? Mit unseren erprobten Praxistipps klappt es bestimmt!

Das Bedürfnis zu saugen ist angeboren. Sogar Ungeborene im Mutterleib nuckeln bereits hingebungsvoll am Daumen, wie man auf Ultraschallbildern erkennen kann. Prinzipiell ist gegen kiefergerecht geformte Beruhigungssauger (mit abgeflachtem Saugteil, keine Kirsch- bzw. Tropfenform) in den ersten beiden Lebensjahren wenig einzuwenden. Ein Schnuller ist in jedem Fall besser als Daumenlutschen. Der immer verfügbare Daumen lässt sich viel schwerer wieder abgewöhnen und so lutschen Kinder oft noch im Alter von fünf oder sechs Jahren am Daumen – mit schweren Schäden für das Gebiss.

Tipp: Probiere in den ersten Lebenswochen deines Babys ruhig aus, ob es sich für einen Schnuller begeistern kann. Frühgeborene haben meist ein besonders hohes Saugbedürfnis!

Laut einer amerikanischen Studie beeinträchtigt der Schnuller weder den Stillerfolg noch die Stilldauer. 45 Prozent der Schnullerkinder und 40 Prozent der Kinder ohne Schnuller tranken nach sechs Monaten noch an der Brust. Zudem gibt es inzwischen vier Studien, die erkennen lassen, dass der Schnuller einen gewissen Schutz vor dem Plötzlichen Säuglingstod (SIDS) bietet. Schnullerkinder haben danach ein nur halb so großes Risiko, am SIDS zu sterben, wie Kinder ohne Schnuller.

Dauerschnullern ist schlecht für die Zähne!

Auch wenn der Schnuller in den ersten beiden Lebensjahren unbedenklich für die Zahngesundheit ist, sollte dein Kind ihn spätestens bis zum dritten Geburtstag abgegeben haben. Bis zu diesem Zeitpunkt kann das Wachstum des kindlichen Kiefers eventuelle Schäden noch ausgleichen – danach oft nicht mehr!

  • Lutschen am Schnuller führt zu Zahnfehlstellungen (noch schlimmer sind allerdings die Schäden durch Daumenlutschen!): So treten bei langjährigen Schnullerkindern häufig nach vorne verschobene obere Schneide- und Eckzähne auf. Auch Verschiebungen der Backenzähne sind möglich. Es kommt eventuell zum "offenen Biss", bei dem das Kind sogar beim Kauen beeinträchtig ist, da es mangels Schluss der Schneidezähne nicht mehr richtig abbeißen kann.
  • Bei nach vorne verschobenen oberen Schneidezähnen kann der Mund nicht mehr regelrecht geschlossen werden. Somit atmet das Kind ständig durch den Mund. Durch die Mundatmung erhöht sich das Kariesrisiko, weil die Mundhöhle schneller austrocknet.
    Achtung: Schnuller bitte nicht ablecken! Dadurch könntest du krankmachende Keime (Soorpilze, Kariesauslöser Streptococcus mutans sowie Magenkeim Helicobacter pylori) auf dein Kind übertragen. Der gefährlichste Zeitraum für die Übertragung von  Kariesbakterien ist der 19. bis 31. Lebensmonat deines Kindes!
  • Die ständige Mundatmung bedingt zusätzlich häufiger Erkältungskrankheiten, da die eingeatmete Luft nicht wie bei der Nasenatmung angewärmt und angefeuchtet wird.
  • Mehrjähriges Schnullern führt nicht nur zu Zahnfehlstellungen, sondern auch zu einer falschen Lage und Funktion der Zunge, wodurch die Lautbildung und die Sprachentwicklung gestört werden. Vor allem Zischlaute wie S und Z können dann nicht richtig ausgesprochen werden.
  • Schnullerkinder haben häufiger Mittelohrentzündung. Kinder über sechs Monaten, die den Schnuller nur zum Einschlafen oder gar nicht brauchen, haben laut einer finnischen Studie um eine Drittel weniger Mittelohrentzündungen als Kinder, die auch tagsüber daran nuckeln.

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Frühestens ab dem achten Lebensmonat macht es Sinn, deinem Kind den Schnuller abzugewöhnen. In dieser Zeit wird nämlich der Saugreflex durch den Kaureflex ersetzt und das bisherige Saugbedürfnis wird zur Angewohnheit, die dein Kind um so schwerer wieder los wird, je länger es am Schnuller nuckelt. Wenn du deinem Kind in diesem Alter als Schnullerersatz einen Beißring oder Spielzeug gibst, das es in den Mund stecken kann, wird der Nuckel mit etwas Konsequenz schon bald nicht mehr vermisst.

Viele Kinder sind jedoch bereits älter, wenn der Abschied vom Schnuller naht: Spätestens im Alter von zwei bis drei Jahren sollte dein Kind seinen Zähnen zuliebe auf den geliebten Nuckel verzichten.

Daran erkennst du, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist:

  • Dein Kind sollte den Schnuller aus eigenem Entschluss abgeben. Dann fällt ihm die erste schwere Zeit ohne den gewohnten Tröster wesentlich leichter. Andernfalls besteht die Gefahr, dass es nun statt dessen am Daumen lutscht, der ja noch viel schwerer abgewöhnt werden kann!
  • Wichtig ist, dass dein Kind beim Abgewöhnen des Schnullers keinen zusätzlichen Belastungen ausgesetzt ist. Es ist z. B. äußerst ungünstig, wenn gerade ein Geschwisterchen zur Welt gekommen ist, dein Kind eine wichtige Bezugsperson verliert (etwa Trennung der Eltern, Wechsel der Tagesmutter) oder wenn es gleichzeitig andere Entwicklungsschritte wie die Sauberkeitserziehung bewältigen muss.

Frage an den Experten: Wie und wann gewöhne ich meinem Kind am besten den Schnuller ab?

Die Antwort von Jan-Uwe Rogge siehst du in diesem Video:

Begrenze die Schnullerzeit

  • Nach dem ersten Geburtstag solltest du dein Kind daran gewöhnen, dass es den Schnuller nur noch zum Einschlafen bekommt oder in besonders belastenden Situationen (z. B. wenn es krank ist). Diese Haltung ist sogar schon im ersten Lebensjahr nützlich, denn Quengeln oder Schreien sind ja niemals Ausdruck eines "Schnullermangels", sondern drücken in erster Linie  das Bedürfnis nach Zuwendung und Körperkontakt aus!
  • Gib ihm den Schnuller so selten und so kurz wie möglich, denn das Saugbedürfnis ist oft schon nach wenigen Minuten befriedigt. Gib ihm den Schnuller nur dann, wenn du sicher bist, dass es auch wirklich den Schnuller will.
  • Probiere aus, ob du deinem Kind den Schnuller nach dem Einschlafen aus dem Mund nehmen kannst. Viele Kinder spucken den Schnuller auch von selbst nach ca. 20 Minuten Tiefschlaf aus.
  • Wacht es mit Schnuller jedoch auf, solltest du ihm den Nuckel besser im Mund lassen. Muss es den geliebten Schnuller nämlich sogar nachts "verteidigen", wird es ihn nur um so widerwilliger hergeben und der Stellenwert des Nuckels steigt eher noch weiter.
  • Sprechen sollte dein Kind ohne Schnuller. Hat es beim Sprechen den Nuckel im Mund, solltest du Bitten geflissentlich überhören, da du es dann "leider nicht verstehen kannst".
  • Ein Schnuller reicht. Liegen in der Wohnung mehrere Schnuller griffbereit herum, wird dein Kind nur dazu verführt, den Schnuller öfter zu verwenden, als es vielleicht notwendig ist.

Elf Tipps, damit die Trennung vom Schnuller leichter fällt

Elf Tipps, damit deinem Kind der Abschied vom Schnuller leichter fällt

  • Beobachte genau, wann dein Kind den Schnuller braucht. Viele Kinder greifen aus Langeweile oder Gewohnheit zum Schnuller, ohne sich tatsächlich damit beruhigen zu müssen. Beschäftige dein Kind in diesen Fällen und sorge dafür, dass der Schnuller dabei hinderlich ist. Schaut z. B. zusammen ein Buch an und spricht darüber. Mit Schnuller im Mund kannst du Kind jedoch leider, leider so schlecht verstehen...
  • Erkläre deinem Kind, warum es Zeit ist, den Schnuller abzugeben. Sage ihm beispielsweise, dass du es besser verstehst, wenn es ohne Schnuller spricht; dass es dann schöner lacht; dass es für den Schnuller doch eigentlich schon zu groß ist; dass seine Zähne ohne Schnuller schöner wachsen... Hilfreich sind auch Bilderbücher, die den Abschied vom Schnuller zum Thema haben (siehe Kasten).
  • Verzichte möglichst auf Zwang. Lass den Schnuller besser nicht von einem Tag auf den anderen ganz verschwinden, wenn dein Kind ihn bisher noch häufig benutzt hat. Verzichte auf Strafen oder bittere Tinkturen, die ihm den Schnuller verleiden sollen.
  • Kaufe keine Schnuller nach. Kaputte oder verloren gegangene Schnuller solltest du nicht ersetzen, wenn dein Kind mehrere in Gebrauch hat. Das signalisiert ihm, dass die Zeit für den Schnuller irgendwann vorbei sein wird. Schnuller der Größe 3 (ab 18 Monaten) solltest du am besten gar nicht verwenden, denn das erschwert die Abgewöhnung nur.
  • Ein Abschied in Raten fällt manchmal leichter. Vereinbare mit deinem Kind, dass es den Schnuller nur noch zu bestimmten Zeiten oder an bestimmten Orten benutzen darf. Bei einem schwer "schnullerabhängigen" Kind kannst du den Schnuller zunächst nur noch im Haus, später nur noch im Kinderzimmer und zum Schluss nur noch im Bett zulassen.
  • Mache den Schnuller unattraktiv. Du kannst den Schnuller mit einer Nadel anstechen. Wenn die Luft raus ist, macht das Saugen daran keinen Spaß mehr. Wenn du bei einem Latexschnuller zusätzlich alle paar Tage einen Millimeter mit einer sauberen Schere abschneidest, hält er irgendwann nicht mehr und dein Kind wirft den "kaputten Schnuller" freiwillig weg. Allerdings funktionieren diese Methoden bei Kindern über zwei Jahren nicht mehr, da diese den Trick meist schon durchschauen.
  • Lass dein Kind den Schnuller verschenken. Dabei ist es unwesentlich, ob es den Schnuller nun einem Baby aus dem Verwandten- oder Freundeskreis schenkt oder aber für Vogelbabys an einer Schleife in der Nähe des Nestes aufhängt. Der psychologische Effekt dabei ist beachtlich, denn das Baby bzw. die Vogelbabys brauchen den Schnuller jetzt, aber das Kind ist schon so groß, dass es ihn nicht mehr braucht. Lobe dein Kind gebührend für seine Hilfsbereitschaft!
  • Phantasiegestalten oder Autoritäten nehmen den Schnuller entgegen. Oft hilft es, wenn dein Kind dem Nikolaus, dem Osterhasen oder dem Christkind den Schnuller mitgeben kann. Sehr bewährt hat sich die "Schnullerfee" (siehe Buch "Ein Bär von der Schnullerfee"), die den Schnuller im Austausch für ein tolles Geschenk mitnimmt.

    Tipp
    : Bitte eine Arbeitskollegin oder Bekannte (die dein Kind jedoch noch nicht kennen darf!) als "Schnullerfee" verkleidet (z. B. mit Hexenhut, Zauberstab und langem Kleid) den Schnuller entgegenzunehmen und dafür ein Geschenk mitzubringen. Die "Schnullerfee" kann ihren Besuch ruhig auch mehrere Tage im voraus telefonisch ankündigen. Eine solche "Schnullerfee" hinterlässt in aller Regel einen bleibenden Eindruck!
  • Geschenke erhöhen das Durchhaltevermögen. Verlangt dein Kind seinen Schnuller zurück, hilft oft der Hinweis, dass der Schnuller doch gegen ein Geschenk eingetauscht wurde. Wollte es den Schnuller nun tatsächlich wiederhaben, müsste es dafür sein tolles Geschenk zurückgeben. Selbst wenn du nicht die Schnullerfee bemühen willst, kannst du schnullerfeie Tage bzw. Nächte am nächsten Morgen mit einem kleinen Geschenk belohnen, etwa einem glitzernden Sticker oder einer anderen kleinen Überraschung.
  • Rituale erleichtern den Abschied. Du kannst den Schnuller z. B. im Beisein der ganzen Familie im Garten oder im Urlaub am Strand vergraben. Dein Kind darf seinen Nuckel selbst in das Loch hineinlegen. Oder mache einen feierlichen Zug zur Mülltonne und lass dein Kind den Schnuller wegwerfen. Wenn du dann noch einige Worte dazu sprichst, wird es eine besonders beeindruckende "Schnullerabschiedsfeier", die ihren Zweck kaum jemals verfehlen wird!

Die richtigen Worte für eine Schnullerabschiedsfeier

Lass dein Kind jeden der folgenden Sätze einzeln nachsprechen:"Mein lieber Schnuller (oder Nucki oder wie der Schnuller von deinem Kind genannt wurde)! Es war eine schöne Zeit mit dir. Du warst ein guter Freund für mich. Nie hast du mich im Stich gelassen. Jetzt aber ist die Zeit gekommen, wo wir uns trennen müssen. Ich werde dich nicht vergessen. Leb’ wohl, lieber Schnuller." Mit diesen Worten wirft dein Kind seinen Schnuller in die Mülltonne oder in das zuvor gegrabene Loch.

  • Biete anderen Trost an. Bleib konsequent, wenn dein Kind seinen Schnuller abgegeben hat. Natürlich braucht dein Kind dann viel Zuwendung. Biete ihm als Tröster besser sein  Lieblingskuscheltier oder eine Schmusedecke bzw. ein Schmusekissen an. Kuschelt zusammen. Beim Einschlafen helfen z. B. Händchenhalten, Kinn oder Bäuchlein streicheln, mit leiser Stimme reden oder singen. Dein Kind sollte sich keinesfalls in den Schlaf weinen müssen.

Anti-Nuckel-Hilfe und gleichzeitig Korrektur: die Mundvorhofplatte

Eine Mundvorhofplatte (MVP) liegt, ähnlich wie ein Schnorchel beim Tauchen, lose zwischen der Zahnreihe und der Lippe. Sie wird von der Lippenmuskulatur gehalten und übt dadurch einen sanften Druck auf bereits vorstehende Zähne aus. So können nach vorne gekippten Frontzähne wieder in Normalstellung gebracht werden. Gleichzeitig ist die MVP ein gewisser "Ersatz" für den Daumen oder den Schnuller, da das Kind etwas im Mund hat, ohne jedoch dabei die Zähne weiter zu schädigen. So ist es möglich, einem Kind mit ausgeprägter "Schnuller-Abhängigkeit" das Nuckeln ohne Zwang sanft abzugewöhnen.Die MVP ist für Kinder ab drei Jahren geeignet und wird regelmäßig über Nacht sowie stundenweise auch tagsüber getragen. Eine MVP wird vom Zahnarzt oder Kieferorthopäden verordnet und ist nicht frei verkäuflich (Kosten 10,00 bis 15,00 EUR).

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Bilderbücher, die beim Abgewöhnen des Schnullers helfen