Was hilft jetzt?

Ohrenschmerzen bei Kindern

Ohrenschmerzen sind für die Kleinsten eine wahre Plage. Doch es muss nicht immer eine Mittelohrentzündung sein. Warum die Jüngsten besonders häufig betroffen sind und warum Antibiotika nicht unbedingt erste Wahl sind, lesen Sie hier.

Autor: Dr. Andrea Schmelz

Wie Ohrenschmerzen entstehen

Ohrenschmerzen: Kind und Ärztin
Foto: © iStock, monkeybusinessimages

Kinder haben deshalb so häufig Ohrenschmerzen und Mittelohentzündung, weil bei ihnen die Ohrtrompete (auch Tube genannt) bei Erkältungen besonders schnell zugeschwollen ist. Die Ohrtrompete ist ein Belüftungsgang zwischen Rachenraum und luftgefülltem Mittelohr. Dieser Gang ist mit Schleimhaut ausgekleidet, die wie die Nasenschleimhaut bei einer Erkältung anschwillt. Weil bei Klein- und Kindergartenkindern die Ohrtrompete aber noch recht eng ist, ist sie bei einer Schleimhautschwellung schnell komplett „zu“. Dann kann sich Sekret im Mittelohr stauen und durch Erreger infizieren – schon kommt es zur Mittelohrentzündung. Bei Säuglingen und Kleinkindern haben Keime zudem besonders leichtes Spiel, denn die Ohrtrompete ist bei ihnen noch sehr kurz, sodass Erreger aus dem Nasen-Rachen-Raum leicht ins Ohr aufsteigen können.

Bei Krippen- und Kindergartenkindern kommt ein anderes Manko hinzu. Durch wiederholte Infekte vergrößert sich die Rachenmandel (umgangssprachlich als „Polypen“ bezeichnet) und kann dann die Öffnung der Ohrtrompete im Rachen verlegen, so dass auch dadurch die Belüftung des Mittelohres eingeschränkt ist und es leichter zu einem Sekretstau kommt.

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Wann ist es eine Mittelohrentzündung?

Bei beiden Krankheitsbildern treten Ohrenschmerzen auf, wobei sich Ihr Kind bei einem Tubenkatarrh (also einer zugeschwollenen Ohrtrompete) üblicherweise weniger „krank“ fühlt als bei einer Mittelohrentzündung.

Ein akuter Tubenkatarrh tritt bei Kindern fast immer zusammen mit einem Schnupfen auf, die Nase ist meist stark verstopft. Sind Druck auf dem Ohr und/oder stechende Ohrenschmerzen nur einseitig, ist meist auf dieser Seite auch die Nasenatmung viel stärker behindert als auf der nicht schmerzenden Seite. Ihr Kind hört schlecht und sagt Ihnen vielleicht, dass es knackende Geräusche im Ohr hört.

Eine Mittelohrentzündung verläuft heftiger, ist deutlich schmerzhafter und meist mit Fieber verbunden. Oft ist die Erkältung schon wieder im Abklingen, aber Ihr Kind ist wieder appetitlos, quengelt, klagt vielleicht über Kopf- oder Bauchschmerzen. Stechende oder klopfende Ohrenschmerzen setzen oft erst abends oder nachts ein, im weiteren Verlauf kann Fieber auftreten. Eventuell ist das betroffene Ohr gerötet. Sollte das Ohr anfangen zu „laufen“, hat sich ein Riss im Trommelfell gebildet und das gestaute Sekret aus dem Mittelohr kann über den Gehörgang abfließen. Dann lassen auch die Schmerzen deutlich nach. Der Riss heilt normalerweise folgenlos wieder zu.

Achtung: Bei Babys und Kleinkindern ist eine Mittelohrentzündung nicht immer gleich zu erkennen! Die Kleinen fiebern eventuell hoch, sind unruhig und reizbar, greifen sich häufig ans Ohr, wollen nicht trinken und haben zusätzlich eventuell Erbrechen oder Durchfall. Oft schreien sie nachts im Schlaf auf, weil sie Schmerzen haben.

Immer erst mal zum Kinderarzt!

Wenn Ihr Kind Ohrenschmerzen hat oder Sie diese vermuten, vereinbaren Sie noch für denselben Tag einen Untersuchungstermin beim Arzt. Nur der Arzt kann sicher zwischen Tubenkatarrh und akuter Mittelohrentzündung, bei der auch das Trommelfell entzündet und gerötet ist, unterscheiden. Dazu schaut er Ihrem Kind mit dem Ohrenspiegel (Otoskop) in die Ohren.

Selbst eine akute Mittelohrentzündung heilt meist komplikationslos wieder ab, doch wird der Arzt Sie mit Ihrem Kind relativ kurzfristig (z.B. für den nächsten Tag) wieder zu einer Kontrolluntersuchung einbestellen. Gelegentlich kann sich die Entzündung über das Mittelohr hinaus ausbreiten (z.B. auf den knöchernen Warzenfortsatz hinter dem Ohr) – dies muss frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden!

Ist bei Mittelohrentzündung ein Antibiotikum nötig?

Etwa 40 Prozent aller Mittelohrentzündungen sind durch Viren bedingt, gegen die ein Antibiotikum nichts ausrichten kann. Und selbst bei bakteriell bedingten Formen heilt die Entzündung auch ohne Antibiotikum meist komplikationslos ab. Schwierige Verläufe wie eine Ausbreitung der Entzündung auf den Schädelknochen oder ein Hörverlust sind bei Kindern, die von Anfang an mit Antibiotika behandelt wurden, nahezu genauso häufig wie ohne antibiotische Behandlung. Ein Antibiotikum kann die Dauer der Krankheit höchstens um einen Tag verkürzen, kann im Gegenzug aber auch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Hautausschlag oder Durchfall hervorrufen.

Ein Antibiotikum ist nur in folgenden Fällen sofort erforderlich:

  • Ohrenschmerzen: Kind ist jünger als sechs Monate (wobei zwei neueren Studien zufolge auch Kinder zwischen 6 und 24 Monaten deutlich von der sofortigen Gabe eines Antibiotikums profitierten).
  • Ihr Kind hat eine Grunderkrankung (z.B. Immunschwäche).
  • Es besteht ein schwerer Verlauf mit schlechtem Allgemeinbefinden, hohem Fieber, andauerndem Erbrechen, auffälliger Schläfrigkeit oder Krampfanfällen.

Wichtig: Wenn Sie zunächst auf ein Antibiotikum verzichten wollen, sind engmaschige Kontrollen beim Kinderarzt Pflicht! Baby Ohrenschmerzen: Ist Ihr Kind noch keine zwei Jahre alt, sollte eine Kontrolluntersuchung schon nach 24 Stunden erfolgen. Bei älteren Kindern kann 36 bis 48 Stunden abgewartet werden, ob sich die Beschwerden bessern. Ist dies nicht der Fall, bitte nochmal zum Arzt!

Schmerzlinderung ist wichtiger als ein Antibiotikum

Ohrenschmerzen sind ähnlich quälend wie Zahnschmerzen, deshalb dürfen Sie in diesem Fall ohne schlechtes Gewissen zu einem Schmerzmittel für Kinder greifen, z.B. Paracetamol oder Ibuprofen (drei- bis viermal am Tag, dosiert gemäß der Packungsbeilage nach dem Gewicht Ihres Kindes).

Unterstützend zu empfehlen sind folgende Maßnahmen:

  • Zwiebelsäckchen: Legen Sie gehackte Zwiebelstückchen, eingeschlagen in ein Taschentuch, mehrmals täglich für etwa eine halbe Stunde auf das schmerzende Ohr. Darüber kommt etwas wärmende Watte, zum Schluss wird alles mit einer Mütze oder einem Stirnband gut befestigt. 
  • Hilfe durch Homöopathie: Für Laien ist es nicht immer ganz einfach, das passende homöopathische Mittel auszuwählen. Hilfreich sind hier homöopathische Komplexmittel aus der Apotheke, z.B. Otovowen® Tropfen oder VoWen-T® Tabletten (identische Zusammensetzung, beide rezeptfrei).
  • Wärme: Vielen Kindern tut Wärme bei Ohrenschmerzen gut. Sie können Ihr Kind zwei- bis dreimal täglich für 10 Minuten mit ausreichend Abstand vor eine Rotlichtlampe setzen (mindestens 50 cm, Kind nicht alleine lassen!).
  • Abschwellende Nasentropfen: Ja, Sie haben richtig gelesen: Nasentropfen! Die kommen aber nicht ins Ohr, sondern, wie vorgesehen, in die Nase. Sie sollen bewirken, dass die Öffnung der Ohrtrompete abschwillt und sich die Belüftung verbessert. Geben Sie Ihrem Kind die Tropfen drei- bis viermal täglich mit einer Pipette im Liegen in die Nase, jedoch nicht länger als acht Tage. Übrigens: Ohrentropfen sind völlig überflüssig, da sie das Trommelfell nicht durchdringen und somit gar nicht ins Mittelohr gelangen.

Wie ist eine Mittelohrentzündung zu behandeln?

 

Wie können Sie Mittelohrentzündungen vorbeugen?

  • Im Babyalter beugt Stillen über mindestens drei Monate späteren Mittelohrentzündungen vor.
  • Zigarettenrauch fördert Mittelohrentzündungen, daher sollte nicht im Beisein von Kindern geraucht werden.
  • Kinder, die ständig den Schnuller im Mund haben, erkranken häufiger an Mittelohrentzündung. Daher sollten Sie Dauernuckeln verhindern.
  • Lassen Sie Ihr Kind (ab drei bis vier Jahren) häufig zuckerfreien Kaugummi mit Xylit kauen, insbesondere, wenn es Schnupfen hat. Das Kauen öffnet einerseits die Ohrtrompete und andrerseits wirkt Xylit antibakteriell.
  • Besteht bei Ihrem Kind ein ständiger Paukenerguss mit Sekret im Mittelohr, der zu wiederholten Mittelohrentzündungen führt, hilft oft das Schüßler-Salz Nr. 4 Kalium chloratum D6. Mit dreimal täglich einer Tablette über mehrere Wochen lässt sich das zähe Sekret oft verflüssigen, sodass es abfließen kann. Bestens bewährt!