Freude und Spaß für kranke Kinder

Clowns im Kinderkrankenhaus

Clowns helfen im Kinderkrankenhaus, Kindern Ängste zu nehmen, Schmerzen und Langeweile zu vertreiben - denn Lachen bringt die Heilung voran. urbia war dabei.

Autor: Andrea Lützenkirchen

Freude und Ablenkung unterstützen die Heilung

Clown Kinder Stethoskop
Foto: © iStockphoto.com/ petrzurek

Behutsam öffnet Clown Zilly die Tür: “Darf ich hereinkommen?“, fragt sie die dreijährige Sinah. Das Mädchen, das mit einer fast ausgeheilten Hirnhautentzündung auf der Station A3 eines Kölner Kinderkrankenhauses liegt, lächelt ihr ein wenig schüchtern zu. Zilly zieht eine Pumpe aus ihrem bunten Clownskostüm und beginnt einen Luftballon aufzublasen. Schon bald fliegt der Ballon im Zimmer hin und her. Sinah fängt ihn, lacht, wirft den Luftballon zurück zu Zilly. Später hascht sie nach Seifenblasen und übt sich im Tellerdrehen. Die Clownfrau trötet, quietscht und summt und holt noch eine Überraschung aus ihrem alten Lederkoffer.

Spielerisch von Schmerzen und Langeweile ablenken

Clown Zilly ist einer von zwölf Clowns, die dem Kölner Verein „ Kunst im Kinderkrankenhaus“, kurz KiKK e.V. angehören. Die Mitglieder des 1995 gegründeten Vereins wollen kranke Kinder durch ihr Spiel von Langeweile und Schmerzen ablenken und den Klinikaufenthalt erträglicher machen. Ein- bis zweimal pro Woche besuchen sie ihre festen Stationen, auf denen Kinder mit Verletzungen, allgemeinen Krankheiten und Herz-, Nieren- und Krebserkrankungen liegen.

Clown-Doktoren in weißen Kitteln vertreiben Angst

Die Idee, einen Clown in den Klinikalltag zu bringen, stammt von Michael Christensen, einem professionellen Clown des „Big Apple Circus“ in New York. Seitdem er 1986 die Stiftung „CCU-Clown Care Unit“ gründete, arbeiten viele Clowns in ganz Amerika auf den Kinderstationen der Krankenhäuser. Die Mitarbeiter der Stiftung verkleiden sich als „Clown-Doktoren“ mit weißen Kitteln. Jeweils zu zweit und mit Hilfe von ärztlichen Instrumenten versuchen sie, den Kindern die Angst vor der Untersuchung und den Schmerzen zu nehmen. Dieses Konzept fand zahlreiche Nachfolge-Organisationen in Brasilien und Japan sowie in vielen Ländern Europas. Auch in Deutschland sind „Clown-Doktoren“, die dem Konzept Christensens folgen, in vielen Städten vertreten. Unter anderen sind sie in Krankenhäusern in München, Wiesbaden, Frankfurt und Offenbach anzutreffen.

Mit Akkordeon oder Handpuppen

Im Unterschied zu der amerikanischen Arbeitsweise sehen die Kölner Clowns den Sinn ihrer Arbeit vor allem darin, auch dem tristen Krankenhausalltag Spaß und Fröhlichkeit abzugewinnen. Wie die Diplom-Sozialarbeiterin Silke Averbeck alias Clown Zilly haben fast alle Mitglieder von KiKK eine pädagogische und künstlerische Ausbildung. Ihre Clownfiguren besitzen eine eigene Bühnenidentität, mit der sie bei Festen und Programmen auch auftreten. Da ein Clown von seiner Natur her Anarchist ist, arbeiten die Mitglieder des Teams individuell und gemäß ihren unterschiedlichen künstlerischen Ausbildungen. So hat die Musiktherapeutin Anke Schäfer immer ihr Akkordeon dabei, während die Theaterpädagogin Hanna Westerboer alias Clown Allika am liebsten ihre Handpuppen zum Leben erweckt.
Bevor Silke Averbeck als Zilly die Kinder der Station besucht, spricht sie mit einer der Schwestern vom Pflegepersonal. Sie erfährt von ihr, welches Kind besuchsbereit ist, ob es deutsch spricht, ob es aufstehen darf. Gut vorbereitet kann sie sich jedem kleinen Patienten seinen Bedürfnissen entsprechend zuwenden.

Sensibilität und Intuition sind gefragt

Im nächsten Zimmer trifft die fröhlich summende Clownfrau auf den zweijährigen Nabil, der etwas verloren in seinem Gitterbett sitzt. Sie hat es nicht leicht, den zurückhaltenden Jungen mit Luftballons und Seifenblasen aus der Reserve zu locken. Erst als Nabil, sein Vater und ich Rasseln in den Händen halten und Zilly zu unserer Musik trötet, wird der Junge lebhafter. Jetzt kann auch Schleimi, die Schnecken-Handpuppe ihre Späße treiben und Nabil wirkt zunehmend gelöster.

Kinder dürfen über das Spiel mitentscheiden

Die Arbeit der Clowns erfordert sehr viel Einfühlungsvermögen und Intuition. „Es geht uns nicht einfach darum, die Kinder zum Lachen zu bringen“, erklärt Silke Averbeck. „Wenn dem Kind nach weinen oder reden zumute ist oder Krankheitsbilder verarbeitet werden wollen, dann ist das genauso wichtig.“ Dennoch verstehen sich die Clowns von KiKK nicht als Therapeuten. Sie sehen es als ihre Aufgabe, Freude und Ablenkung zu bringen und „dem Kind inmitten der medizinischen Apparaturen einen Entscheidungsraum zu geben. Die Kinder bestimmen das Spiel.“

Wer viel lacht, wird schneller gesund

Dass lachen und Spaß haben die medizinische Behandlung unterstützt und die Heilung fördert, ist ein bekanntes Phänomen. "Mit den Clowns kommt der Spaß, mit dem Spaß die Freude und mit der Freude die Gesundung", sagt Prof. Dr. med. Felix Bläker, früherer ärztlicher Direktor des Kinderkrankenhauses der Stadt Köln. Immer wieder bescheinigen Ärzte und Schwestern dem Besuch der Clowns eine anhaltende Wirkung: Die Kinder sind fröhlicher und spielen die Spiele, die der Clown mit ihnen gespielt, hat oft die ganze folgende Woche nach. Sie sind stolz darauf, dass ein Clown ganz allein zu ihnen kommt und entwickeln mehr Selbstbewusstsein.

Auch Eltern haben Freude

Aber nicht nur die Kinder, sondern auch ihre Eltern profitieren vom Kommen der Clowns. "Eltern fühlen sich meist für die Unterhaltung ihrer kranken Kinder zuständig", erzählt Silke Averbeck. "Sie sind oft ganz froh, wenn sie sich mal zurücklehnen und von der anstrengenden Dauer-Animation ausruhen können. Manchmal finde ich keinen Zugang zum Kind, habe aber einen Riesenspaß mit den Eltern. Auch das wirkt sich positiv auf das Kind aus."