Trauma Scheidung

Wenn die Eltern sich trennen

Die Trennung von Eltern kann in unserer Gesellschaft noch so alltäglich werden - den Kindern zieht die Nachricht zunächst den Boden unter den Füßen weg. So geben Sie Ihrem Nachwuchs Halt.

Autor: Margit Negwer

...brauchen die Kinder Unterstützung

Paar Streit panther Lars Timpelan
Foto: © panthermedia, Lars Timpelan

Als ob Trauer, Wut und Verletzung nicht genug wären! Wenn Eltern sich trennen, kommt zum "ganz normalen" Partnerschaftsdrama oft ein weiteres hinzu: für die Kinder.

Kinder verlieren ihre Familie

Die sind noch voll und ganz damit beschäftigt, sich auf ihre Füße zu stellen und die Welt zu erobern, da gerät der Boden unten ihnen schon wieder bedenklich ins Wanken. Hilflos müssen sie mit ansehen, wie gegen ihren Willen ein Elternteil den gemeinsamen Haushalt verlässt. Das Zerbrechen der als naturgegeben und untrennbar empfundenen Einheit von Vater und Mutter stürzt die Kinder in tiefe Verunsicherung. Wer sagt, dass nicht auch das verbliebene Elternteil eines Tages sang- und klanglos verschwindet? Und dazu die quälende Befürchtung, schuld zu sein am Dilemma der Eltern.

Kinder auffangen

Die Trennung ihrer Eltern stürzt viele Kinder in eine existentielle Krise, in der sie mit all ihren Sorgen und Nöten besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Doch keine Angst: Kinder können die Krise meistern. Vorausgesetzt man nimmt sie und ihre Bedürfnisse ernst und beachtet einige wichtige Grundsätze:

  • Recht auf Wahrheit
    Kinder sind feinfühlig. Sie bemerken sofort, wenn zwischen ihren Eltern etwas nicht stimmt. Der Versuch, sie mit Halbwahrheiten (oder regelrechten Lügen) zu schonen, ist verständlich, aber er schafft noch mehr Unsicherheit und Raum für Furcht erregende Horrorszenarien. Ein kindgerechtes und offenes Gespräch schafft zwar die unangenehmen Tatsachen nicht aus der Welt, gibt dem Kind im Chaos jedoch eine gewisse Orientierung.
  • Recht auf beide Elternteile
    Nichts ist für Scheidungskinder quälender als in einem Sorgerechtsstreit hin- und her gezerrt zu werden. Auch wenn es den oft tief verletzten Eltern schwer fällt, Kontakt zum Ex-Partner aufnehmen zu müssen, für die kindliche Entwicklung ist regelmäßiger Kontakt zu beiden Elternteilen sehr wichtig. Das neue gemeinsame Sorgerecht macht‘s zumindest rechtlich problemlos möglich.
  • Recht auf eigene Gefühle
    Mag die Liebe zwischen den Eltern auch verflossen sein, die Liebesbeziehung zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil ist es nicht. Dies zu akzeptieren, fällt angegriffenen Seelen mit Liebeskummer schwer, häufig kommen noch Eifersuchtsgefühle dazu - Nur wenn Kinder merken, dass ihre Gefühle richtig und wichtig sind, werden sie aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen. Mögen die kindlichen Ausbrüche auch heftig und für die Eltern häufig nicht gerade tröstlich sein, sie helfen dem Kind, die Situation zu verarbeiten.
  • Recht aufs Kindsein
    Keinesfalls dürfen sie als ständige Seelentröster, Ersatzpartner oder gar Verbündete missbraucht werden. Diese Überforderung raubt den Kindern die Möglichkeit, eigene Gefühle und damit ihre Persönlichkeit wahr- und anzunehmen.
  • Der Verlust der Familie ist genug
    Nun geben die vertraute Umgebung, Freunde und sonstige wichtige Bezugspersonen auf schwankendem Boden Schutz und Sicherheit. Bei der grundlegenden Neuordnung des Lebens, die nach der Trennung der Eltern häufig ansteht, sollten möglichst viele dieser Orientierungspunkte im Leben des Kindes verbleiben.

Eltern haben Grenzen

Ausgelaugt und kraftlos vom zermürbenden Beziehungsstress, selbst unsicher ob dem, was kommen mag, fällt es Eltern in der Trennungsphase häufig schwer, Zuversicht auszustrahlen und sich ehrlich auf die Bedürfnisse der Kinder einzulassen. Da hilft nur eins: Hilfe annehmen und notfalls auch einfordern. Trennung ist keine Schande. Sei es die ausgestreckte Hand von Freund, Nachbarin oder Oma, die nur ergriffen werden will oder die gezielte Suche nach professionellem Rat: Jedes noch so kleine Problem, das von befreundeten oder fremden Schultern mitgetragen wird, schafft Platz im Kopf für die Sorgen der Kinder.

Neue Lebensformen annehmen, gestalten und genießen

Auch wenn die Situation noch so verfahren schien - Nach langer Durststrecke kommt der Augenblick, wo die Türen für neues Glück wieder sperrangelweit aufstehen. Ein-Eltern-Familien, Stieffamilien, Wohngemeinschaften oder sonstige Lebensformen können durchaus eine befriedigende Alternative zur klassischen Kernfamilie darstellen. Einer in zerrütteten Verhältnissen krampfhaft festgehaltenen Illusion vom trauten Heim sind sie alle Mal überlegen.