Müttertankstelle (Teil 5)

Auftanken durch... gute Kommunikation

Seinen Bedürfnissen Gehör zu verschaffen und Konflikte zu besprechen, ohne Vorwürfe zu machen und einen destruktiven Streit anzufangen, ist gar nicht so einfach. Vier Schritte, die ein freundlicheres Miteinander ermöglichen, sind Thema dieser Folge über gute Kommunikation aus unserer Reihe "Müttertankstelle".

Autor: Jumana Mattukat

Raus aus dem Vorwurfsmodus

Mutter Tochter Kommunikation Artikel
Foto: © fotolia.com/ inesbazdar

"Müsst Ihr Euch immer den ganzen Tag streiten?" Dieser Satz, ausgesprochen von mir, mit der entsprechenden Lautstärke garniert, gerichtet an meine Kinder, ist ein Beispiel aus dem Lehrbuch mit dem Titel: "So geht schlechte Kommunikation!".

Festzustellen ist: Den ganzen Tag und immer streiten meine Kinder natürlich nicht und wenn ich ihnen ihren Streit brüllend vorwerfe, dann hören sie weder auf, noch ist diese Aussage in irgendeiner Form friedensstiftend. Im Gegenteil - bin ich erst einmal im Vorwurfsmodus, dann kann es leicht passieren, dass ich mich so richtig schön in Rage schimpfe. Da sich das überhaupt nicht gut anfühlt und hinterher alle Beteiligten unglücklich sind, habe ich das Phänomen „gute Kommunikation“ einmal untersucht.  

Jumana Mattukat_ Müttertankstelle

Kommunikation ist geprägt durch die eigene Verfassung und Erfahrungen

Die Art meiner Verständigung hängt sehr stark von meiner eigenen Verfassung ab. Bin ich unausgeschlafen und schlechter Laune, dann kann es sein, dass ich eben jene Miesepetrigkeit mit unfreundlichen Worten oder gar Vorwürfen an meine Liebsten weitergebe.

Meine Kommunikationsweise ist außerdem stark geprägt von den Erfahrungen, die ich bisher in meinem Leben gemacht habe. Stichwort: eigene Kindheit. Sätze, die wir oft von unseren Eltern gehört haben, gerade die Vorwürfe, vererben wir auch schon mal an die nachfolgende Generation. Wenn wir sprechen, gehen wir davon aus, dass der andere genau weiß, wie wir meinen, was wir sagen.

Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation 

Wenn ich nun also mit einem anderen Menschen kommuniziere, dann können zwei völlig unterschiedliche Launen mit zwei unterschiedlichen Erfahrungswelten aufeinandertreffen, die sich im Zweifel gegenseitig Vorwürfe machen, statt von sich selbst und ihren eigentlichen Bedürfnissen zu sprechen. Um diese Bedürfnisse geht es in der "Gewaltfreien Kommunikation", einem Konzept, das Marshall D. Rosenberg entwickelt hat.

Als ich das erste Mal bei einem Konflikt das Grundmodell mit seinen vier Schritten für mich selbst ausprobiert habe, hatte es für mich einen wirklichen "Aha"-Effekt, denn mein Vorwurf an mein Gegenüber löste sich plötzlich in Luft auf. Besser gesagt hatte er sich in das Fühlen dessen verwandelt, was die auslösende Situation mit mir selbst machte. Wie wirkt dieses Wundermittel?

Die 4 Schritte in der "Gewaltfreien Kommunikation"

  • Im ersten Schritt geht es darum, eine Situation zu beschreiben, ohne sie zu bewerten oder zu interpretieren. Im Fall der streitenden Kinder wäre also nur noch übrig geblieben: "Ihr habt einen lauten Streit", oder aber: "Ihr sprecht laut miteinander".
  • Im zweiten Schritt bei diesem Modell geht es darum, das Gefühl zu benennen, das diese Situation in uns auslöst. Also etwa: "Das macht mich traurig." Oder: "Das macht mich wütend."
  • Im dritten Schritt äußern wir das Bedürfnis, das wir in dieser Situation haben. Ich habe den Wunsch nach Ruhe und Harmonie.
  • Im vierten Schritt äußern wir eine Bitte, zum Beispiel: "Streitet bitte woanders."

Auch wenn ich dieses Modell im Alltag nicht ständig von Schritt 1 bis 4 als Methode anwende, hat es doch ein grundlegendes Umdenken in mir bewirkt. Es passt zu meiner Überzeugung: "Ich beginne bei mir selbst." Ich versuche, so gut es geht, auch in Konfliktgesprächen bei mir zu bleiben, in mich hinein zu fühlen, zu erspüren, welche Gefühle Situationen und Sätze auslösen und mein eigentliches Bedürfnis zu erkennen.

Meinen Gesprächspartner benutze ich dadurch nicht länger als Projektionsfläche für meine eigenen unerfüllten Bedürfnisse.

Gute Kommunikation hat Einfluss auf die ganze Familie 

Erfreulicherweise hat diese Art der bewussten Kommunikation Einfluss auf den gesamten Umgang innerhalb der Familie. Natürlich gibt es immer mal wieder Zoff und es wird oft auch ungerecht und manchmal verletzend gesprochen, auf Dauer aber lernen alle, ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen, zu äußern und klar zu machen, was man sich eigentlich von dem anderen wünscht. Auch wenn diese Bitten nicht zwangsläufig erfüllt werden, entsteht dadurch ein achtsamerer und respektvollerer Umgang miteinander. Und das macht das (Familien-)Leben um einiges leichter und schöner!

Jumana Mattukat ist Buchautorin, TV-Moderatorin, Beraterin in Herzensangelegenheiten und Coach nach Dr. Christina Kessler. Sie ist Mutter von zwei Kindern.