Was Psychologen (Eltern) raten

10 Wege aus der Sorgenfalle

Eltern haben viele Gründe, sich Sorgen zu machen. Kommt dann noch Schlafmangel hinzu, nimmt das Grübeln schnell überhand. Wir zeigen hier zehn wissenschaftlich belegte Wege, die Eltern aus der Sorgenfalle helfen können.

Autor: Dr. Andrea Schmelz

1. Legen Sie eine „Sorgen-Zeit“ fest

Paar Elternsorgen
Foto: © mauritius images/ fancy

Statt sich den ganzen Tag (oder die halbe Nacht) Sorgen zu machen, reservieren Sie 30 Minuten am Tag, in denen Sie konstruktiv über Ihre Sorgen nachdenken. Eine Studie der Penn State University aus dem Jahr 2011 konnte zeigen, dass das folgende Vier-Punkte-Programm Ängste bei schwer gestressten und übermäßig besorgten Studienteilnehmern wirksam reduzieren konnte:

  • Lernen Sie zu erkennen, dass Sie sich gerade Sorgen machen, und identifizieren Sie den Grund Ihrer Sorgen.
  • Überlegen Sie sich eine feste Zeit und einen bestimmten Ort, um über Ihre Sorgen nachzudenken.
  • Ertappen Sie sich selbst dabei, dass Sie außerhalb Ihrer festgelegen „Sorgen-Zeit“ grübeln, lenken Sie sich ab und denken Sie an etwas anderes oder beschäftigen sich.
  • Nutzen Sie die „Sorgen-Zeit“ produktiv und denken Sie über Lösungsmöglichkeiten nach.

2. Seien Sie achtsam

Eine der besten Strategien, um Sorgen und Grübeln zu stoppen, liegt in mehr Achtsamkeit. Achtsamkeit bedeutet, dass Sie sich der aktuellen Gedanken und Gefühle bewusst werden, ohne sie als gut oder schlecht zu bewerten. Dann können Sie darangehen, Ihre Denkmuster zu verändern oder sich von den negativen Gefühlen aufgrund des Grübelns zu distanzieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Übersichtsarbeit der University of Surrey, die 19 Studien zur Therapie bei übermäßiger Besorgnis und Grübeln unter die Lupe genommen hat.

3. Akzeptieren Sie Ihre Sorgen

Sich Sorgen darüber zu machen, weil man sich Sorgen macht, führt in einen Teufelskreis. Eine Studie in „Behaviour Research and Therapy“ aus dem Jahr 2005 zeigte, dass Menschen, die ständig versuchen, ihre unerwünschten Gedanken zu unterdrücken, sich im Endeffekt nur stärker gestresst fühlen. Akzeptiert man das Auftauchen von sorgenvollen Gedanken hingegen, fühlt man sich weniger gestresst und ängstlich.

4. Schreiben Sie Ihre Sorgen auf

Bevor Ihnen Sorgen jeden klaren Gedanken rauben, sollten Sie sie zu Papier bringen. Besorgen Sie sich dafür ein schönes Buch mit leeren Seiten, das Sie z.B. als „Mein Grübel-Buch“ betiteln können. Sorgen, die Sie in der „Sorgen-Zeit“ niedergeschrieben haben, können Sie geistig „ablegen“, sodass Sie sie nicht mehr den ganzen Tag im Kopf herumwälzen müssen.

Die Psychologin Sian Beilock fand 2011 in einer Studie heraus, dass Testpersonen, die ihre Ängste und Sorgen vor einem wichtigen Test/Examen zu Papier gebracht hatten, beim Test einen klaren Kopf behalten konnten und besser abschnitten. Sie hatten die Ängste quasi aus dem Kopf vertrieben und ihre „Sorgengespenster“ schon vor der Prüfung besiegt.

5. Beschäftigen Sie Ihre Hände

Tätigkeiten, die die Hände beschäftigen und das Gehirn ablenken, können helfen, negative Gedanken abzublocken. Die maßgebliche Untersuchung der Psychologin Emily Holmes befasste sich zwar mit traumatischen Erfahrungen, man kann jedoch davon ausgehen, dass eine „Beschäftigung“ der Hände auch dabei helfen kann, sich von anderen Gedanken und Sorgen abzulenken: also ran ans Strickzeug oder an die Kochtöpfe.

6. Nehmen Sie sich Zeit für Meditation

Meditation kann Ängste und Sorgen verringern. Das lässt sich sogar in Gehirn-Scans nachweisen: Ein viertägiges Meditationstraining führte zu einer sichtbaren Aktivierung von Gehirnregionen, die Emotionen und Gedanken sowie Besorgnis und Grübeln kontrollieren.

Wenn Ihnen Meditation nicht liegt: Auch Atem- oder Entspannungsübungen, die Sie in Kursen erlernen können, sind hilfreich. Zur Not tut es auch jede Art von anderer Ablenkung (Spielen mit Ihrem Kind, Hausarbeit, Telefonieren). Das Gedankenkarussell lässt sich dadurch anhalten und schon nach durchschnittlich acht Minuten ist die Stimmung wieder besser, hat die amerikanische Psychologie-Professorin Susan Nolen-Hoeksema herausgefunden.

7. Bringen Sie Ihren Kreislauf auf Touren

Bewegung und Sport sind eine besonders effektive Therapie gegen Ängste und Sorgen. Serotonin wird als „Glückshormon“ bezeichnet und Tierversuche haben gezeigt, dass Bewegung den Serotoninspiegel im Gehirn erhöht. Sportskanonen leiden daher viel weniger unter Ängsten und Sorgen als Couchpotatoes.

8. Stoppen Sie das Gedankenkarussell im Kopf

Wenn Sie über ernste Probleme nachdenken, sollten Sie sich ein Zeitlimit setzen. Kommen Sie nach Abwägen verschiedener Möglichkeiten nicht zu einer Lösung, hilft nur eines: Loslassen! Grübeln Sie schon zu lange herum, empfiehlt der Heidelberger Psychologe Roland Kopp-Wichmann ein lautes „Stopp!“ So lässt sich das Gedankenkarussell im Kopf einen Moment anhalten. Damit es sich nicht gleich weiter dreht, lenken Sie sich ab. Haben Sie keine Beschäftigung für die Hände parat, etwa, weil Sie unterwegs sind, können Sie singen (im Auto) oder sich ein schönes Erlebnis vom letzten Urlaub bildlich vorstellen.

9. Versuchen Sie es NICHT mit positivem Denken!

„Denk doch mal positiv!“ – diesen Ratschlag hört und liest man als „Sorgenbeladene(r)“ häufig. Dabei kann er tatsächlich eher schaden, wie der Oeldener Psychotherapeut Günter Scheich betont. Positiv denken kann auf Dauer krank machen, wenn negative Gedanken, die eben auch ihre Berechtigung haben, ständig unterdrückt werden. Und wenn es mit dem positiven Denken bei einem selbst nicht klappen will, dann hat man doch wohl etwas falsch gemacht, oder? Zack, schon ist das Selbstbewusstsein noch tiefer im Keller!

Sinnvoller ist es, nicht die negativen Gedanken, sondern den Umgang mit ihnen zu ändern. Bekämpfen Sie Sorgen nicht, sondern betrachten Sie sie mit Distanz, sodass Sie sie mit der Realität abgleichen können (siehe nächsten Punkt).

10. Betrachten Sie Ihre Sorgen „aus der Ferne“

Wenn Sie sich über ein Problem den Kopf zerbrechen und immer wieder darüber grübeln müssen, schlüpfen Sie doch mal in die Rolle eines unbeteiligten „Beobachters“, empfiehlt der Psychologe Roland Kopp-Wichmann aus Heidelberg. Betrachten Sie Ihr Problem mit den Augen eines Anderen. Was würde Ihre beste Freundin oder Ihre lebenskluge Großmutter dazu sagen? Sicher können Sie sich an Situationen erinnern, in denen Familienmitglieder oder Freunde sich über etwas Sorgen gemacht haben und Sie als „Außenstehender“ konnten das Problem wesentlich klarer sehen, weil Ihnen logische Erklärungen oder hilfreiche Lösungsmöglichkeiten eingefallen sind. Nutzen Sie diesen „Distanzierungs-Effekt“!

Zur Vertiefung:

Selbsthilfetipp: „Grübeln stoppen, Sorgen vertreiben" von Christina Wiesemann (ARPS-Verlag, Audio-Trainings-CD, Laufzeit: 1 Std. 18 Min., Preis 14,90 €)