Ein Erfahrungsbericht

Mein erstes Weihnachten mit Baby

Das schönste Weihnachtsgeschenk liegt bei frisch gebackenen Eltern in der Wiege und macht sich an Heiligabend oft sogar lautstark bemerkbar. Eine Mutter erzählt, wie sie ihr erstes Weihnachten mit Baby erlebt hat.

Autor: Vera Rosenberg

Mit wirrem Blick vor dem Weihnachtsbaum

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Foto: © Panthermedia.net/ Hannes Eichinger

Von unserem ersten Weihnachten mit Baby existiert ein einziges Foto: Mit bleichem Gesicht, nachlässig nach hinten gebundenem Haar und sackartigem und mit dem langen Rock wenig kompatiblen Oberteil stehe ich an der Seite meines Mannes vor einem geschmückten Tannenbaum. Mein Mann drückt ein Bündel mit dunklem Haarschopf an seine Schulter und - als hätte uns gerade ein Windstoß erfasst - neigen wir uns ein wenig schief zur rechten Seite. Wirren Blicks starren wir direkt in die Kamera. Es reicht, dieses Foto zu betrachten, um mir die Turbulenzen dieser Zeit und meines ersten Heiligabend als Mutter in Erinnerung zu rufen.

Mein Baby hatte sechs Wochen vor Weihnachten das Licht der Welt erblickt, ein lange ersehntes, mit allen Fasern erhofftes, freudig empfangenes Wunschkind. Reif dazu fühlte ich mich mit 33 Jahren allemal, Lieblingsbettlektüre während der neun Monate: Lennart Nielssons faszinierender Fotoband "Ein Kind entsteht". Entrückt pflegte ich zum Beispiel beim Friseur, im Café oder im Konzert zu sitzen, eine Hand auf dem Bauch, meine Aufmerksamkeit ganz und gar nach innen gerichtet, wo mein Baby Morsesignale durch die Bauchdecke zu funken schien.

Nach der Geburt im November musste ich zunächst ein Vorurteil über Bord werfen: den schönen Glauben, dass alle Neugeborenen viel schlafen. Meines tat dies keineswegs und so fand ich zwischen seinen 30-Minuten-Nickerchen und seiner ansonsten stundenlangen Unruhe keine Zeit zu bemerken, dass sich die Stadt verwandelt hatte, die Weihnachtsmärkte bereits geöffnet waren und sich Menschenmassen durch die Fußgängerzonen schoben auf der Suche nach guten Gaben für ihre Lieben.

Aber Weihnachten kam näher und damit die Frage, wie wir dieses Fest als neue Familie verbringen wollten. In den vergangenen Jahren hatten wir uns von allen Weihnachtszwängen befreit. Wir hatten Heiligabend mal ohne Geschenke gefeiert, den Abend statt unter dem Tannenbaum im indischen Restaurant verbracht oder in Diskotheken kräftig abgetanzt. Doch jetzt, mit Kind? Während ich weiterhin damit beschäftigt war, ein wenig Routine in meine Tage zwischen Stillen, Wickeln und Baby schuckeln zu bringen, erstand mein Partner zum ersten Mal einen Weihnachtsbaum für uns drei. Während ich darum kämpfte, Schlaf zu finden, bastelte er Strohsterne. Als ich mit einer Brustentzündung darniederlag, besorgte er Ente und Rotkohl für unser Weihnachtsmenü.

Unser kleines Weihnachtswunder

Der 24. Dezember kam und wie an allen Tagen, seit der Geburt meines Babys, war ich müde, unausgeschlafen, stillte, wickelte, schuckelte und hoffte auf kleine Verschnaufpausen. Gemeinsam räumten wir auf, schmückten den Baum, kochten und versuchten in uns weihnachtliche Gefühle zu erzeugen. Auch wenn unser kleiner Erdenneuling gewöhnlich keine Schonung kannte, an diesem besonderen Abend scheint auch ihn ein wenig von der in der Luft liegenden Heiligkeit angeweht zu haben. Denn - ganz anders als in den vergangenen Wochen - fiel unser Sohn just in dem Moment, als das Menü auf unserem Esstisch dampfte, in seligen Schlummer. Für uns ein kleines Weihnachtswunder! Wir aßen in Ruhe, gönnten uns ein Schlückchen Rotwein, plauderten und blickten immer wieder ungläubig auf das friedlich schlafende Kind.

Auch die kleine Bescherung verschlief er an diesem Abend und interessierte sich auch noch kein Stück für Kerzen, glitzernde Weihnachtskugeln und Lametta. Immer noch schlafend hielt mein Mann ihn auf dem Arm, als wir uns zum Erinnerungsfoto vor den Baum stellten. Dann war er geschafft, unser erster Weihnachtsabend mit Baby! Als ich gegen Mitternacht in die Kissen sank und laut Kalender bereits ein neuer Tag begann, fand auch unser Weihnachtswunder ein jähes Ende: Unser Baby wachte auf und schrie. An Schlaf war erst mal nicht zu denken.