Sohn (15) findet keine Freunde

Ich brauche mal ganz dringend eure Hilfe!
Es geht um meinen Sohn. Erst kürzlich habe ich eine SMS von ihm erhalten, er habe sich wieder einmal mit "Freunden" zerstritten und möge so schnell wie möglich nach Hause, weil der X und Y gemein zu ihm sind.
Mein Sohn hatte auch eine nicht so leichte Vergangenheit. Er leidet auch jetzt noch ziemlich darunter, keine Freunde in seiner Nähe zu haben. Es fing alles im Kindergarten an. Alle spielten gerne verstecken, Cowboy, Pirat oder was Jungs in diesem Alter eben so machen. Er saß dann immer alleine auf einer Bank und beobachtete, wie sich die anderen teilweise "kaputtschlugen". (In die Haare gerieten.) Und natürlich, wenn er etwas den Kindergartenbetreuern sagte, war er wieder die Petze. Mein Sohn brachte dann auch immer Schokolade mit, um irgendwie Freunde zu haben. Leider wurde/wird er nie so akzeptiert, wie er ist und das machte/macht ihm sehr zu schaffen. Das Gleiche dann in der Grundschule. Immer und immer wieder brachte er seinen Mitschülerinnen und Mitschülern Schokolade mit, damit er Freunde hatte. Er war dann in der Grundschule in einer Sonderklasse, weil er Rechenaufgaben eher langsam löse. Meine Hoffnung war, er werde da Freunde finden. Nein! Natürlich nicht. Er war in dieser Sonderklasse (zusammen mit übrigens 9 Schüler bzw. Schülerinnen) der einzig Hörende. Das heißt, er konnte sich mit niemandem anfreunden, da er
sich mit niemandem verständigen konnte. Und da wurde er dann auch gemobbt. (Licht am Klo ausdrehen, Schlamm in die Schultasche geben, Stühle und Tische beschmieren) Diese netten Aktionen meldeten wir als Eltern natürlich dem Lehrer. Dieser meinte aber nur: Ihr Sohn ist halt doof, wenn er in dem Alter (er war damals 9) noch keine Freunde hat. Jedes 4-jährige Kind hat Freunde.
Mir als Mutter zerbrach es das Herz. Wie kann ein Lehrer nur so etwas behaupten? Mein Sohn würde meiner Fliege etwas zuleide tun.
Er ging dann - weil mein Mann und ich "Ja" sagten - in eine andere Schule weiter. Dort waren leider auch die gleichen 9 Gehörlosen wieder. (Sie gingen in die gleiche Schule weiter wie er.)
Das war echt mühsam. Es kamen diverse Drohungen hinzu. Die Lehrer unternahmen gar nichts. Auch zu seinen Geburtstagsfeiern kam niemand. Entweder sagten sie schon vorher ab. Es kamen aber auch ein paar nicht, ohne dass sie sich vorher abmeldeten. Die Begründung - die sie zu meinem Sohn sagten - war dann: "Ja, ich habe Angst, dass du mich beleidigst." Wir als Eltern finden es einfach nur schade, wenn man sich schon die Mühe mit Einladungen schreiben macht, und dann niemand es der Mühe wertfindet, abzusagen. Auch er selbst wurde nie zu Geburtstagsfeiern eingeladen. Er hörte dann auch nach der nächsten Schule auf, Süßigkeiten zu verteilen. Er sagte zu uns einmal: Mama, ich weiß, es ist kindisch, nur Freunde zu haben, wenn man Süßigkeiten austeilt. Aber ich wusste nicht weiter."
Es macht uns und vor allem aber ihm extrem traurig, dass ihn alle stehen lassen. Er wird von einer Ecke in die andere geschubst.
Wir schickten unseren Sohn mit 14 Jahren in einen Volleyballverein, da er Volleyball gerne mag. Leider ließen sich auch da keine Freundschaften zu gleichaltrigen Kindern (weder jungen noch Mädchen) aufbauen. Auch bei diversen Camps war es das gleiche.
Und jetzt sind mein Mann und ich echt ratlos.
Wie kann es sein, dass mein Sohn keine Freunde findet?
Ich weiß echt nicht mehr weiter 😭
Danke für eure Antworten
Sonnenschein

1

Hallo,

das hört sich schlimm an und ich glaube dir, dass einem das als Mutter das Herz bricht. Hat der Lehrer wortwörtlich gesagt, dass dein Sohn doof ist? Oder habt ihr das nur so aufgefasst? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ein Pädagoge oder generell ein Erwachsener sich so respektlos und beleidigend über ein Kind äußert. Die Lehrerin meines Sohnes hat auch mal zu der Klasse gesagt, dass die eine Hälfte dumm und die andere saudumm ist. Das fanden schon viele Eltern grenzwertig. Ich musste darüber eher schmunzeln und fand die Aussage in der Situation sehr passend. Das was der Lehrer über euern Sohn gesagt haben soll ist aber heftig. Da hätte ich mich als Eltern schon persönlich angegriffen gefühlt. Nun zum eigentlichen Thema. Es ist schon seltsam, dass dein Sohn überall und schon immer Schwierigkeiten hat Anschluss zu finden. Ohne dir oder deinem Sohn zu nahe treten zu wollen, denke ich, dass dein Sohn der Auslöser ist. Du schreibst, dass manche Kinder die Geburtstagsfeiern absagten bzw. nicht kamen und als Grund nannten nicht beleidigt werden zu wollen. Beleidigt dein Sohn denn andere? Vielleicht hat er über Jahre eine Art Selbstschutz aufgebaut und geht gleich verbal zum Angriff über, aus Angst sich wieder verteidigen zu müssen. Mein Sohn wurde in der 5. Klasse stark gemobbt. Auch bei ihm konnte ich damals am Verhalten erkennen, dass er verbal schon zum Angriff ansetzte bevor überhaupt was passiert ist. Habt ihr in der weiterführenden Schule schon mit Lehrern darüber gesprochen? Hier gibt es jährlich Kompetenzgespräche, wo auch die Sozialkompetenz bewertet wird. Ich denke, Außenstehende können sicher objektiver beurteilen was da nicht stimmt. Auch finde ich die Süßigkeiten nicht gut. Kinder merken ob jemand Bestechungsversuche unternimmt. Ich habe selbst schon Sätze wie: "xyz hatte wieder Schokolade dabei und wollte sich einschleimen." gehört. Kinder können dahin gehend sehr grausam sein und eine Gruppendynamik entwickeln. Dass man Freunde nicht kaufen kann habt ihr selbst nun schon gemerkt. Ebenso sagtest du, dass du ihn abholen sollst wenn er sich mit Freunden gestritten hat. Wie konfliktfähig ist dein Sohn? Kann dein Sohn Konflikte selbst lösen. Normalerweise ruft ein 15jähriger nicht die Mama an. Da würde meiner lieber 3 km laufen oder auf den nächsten Bus warten bevor er mich anrufen würde. Sucht er in Konflikten sofort die Hilfe eines Erwachsenen oder nur im Notfall? Das gilt es zu hinterfragen. Ersteres lässt einen schnell als Petze dastehen. Wie siehst du deinen Sohn? Als eigentliches Opfer oder hinterfragst du Konflikte und hilfst deinem Sohn sie zu reflektieren? Hörst du dir immer beide Seiten an oder versuchst du sofort deinen Sohn zu schützen? Auch das kann sich unbewusst auf deinen Sohn übertragen und er macht sich selbst zum Opfer. Wie kann dein Sohn mit Kritik umgehen? Auch das kann viel damit zu tun haben wie sozialverträglich man ist. Meine Tochter z.B. ist nicht besonders kritikfähig. Sobald man sie kritisiert neigt sie dazu los zu heulen. Das lässt sie schnell als Heulsuse dastehen. Aber das muss sie lernen. Ich kann ihr dabei nur helfen indem ich ihr Verhalten reflektiere und auch erkläre warum die anderen Heulsuse zu ihr sagen. Ihr Verhalten und auch ihre Kritikfähigkeit sind dadurch wesentlich besser geworden. Wünscht sich dein Sohn denn Freunde? Es gibt durchaus auch Menschen, die lieber für sich sind. Die Tochter meiner Freundin zum Beispiel. Mittlerweile hat meine Freundin sich damit abgefunden. Aber sie hat auch alles versucht, damit sie Anschluss findet. Kinder eingeladen, sich für sie eingesetzt, mit anderen Eltern gesprochen. Damit hat sie ihrer Tochter vermittelt, dass es nicht normal keine Freunde zu haben. Die Tochter fühlte sich unter Druck gesetzt. Warum euer Sohn keinen Anschluss findet kann also viele Ursachen haben. Ich würde an eurer Stelle nicht nur die Schuld im Verhalten der anderen suchen. Redet mit euerm Sohn, fragt bei Konflikten nach, sprecht mit Lehrern. Das was ich geschrieben habe sind alles nur Beispiele woran es liegen könnte. Das soll kein persönlicher Angriff gegen euch Eltern oder euern Sohn sein. Oftmals ist man als Mutter nur sehr subjektiv. Das ist auch verständlich weil man sein Kind schützen will und man möchte, dass sein Kind glücklich ist.

Alles Liebe für euch.

LG
Michaela

2

Hallo Michaela!

Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.
Mein Sohn versucht potenziellen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Dass er in diesem Fall mich anrief bzw. mir eine SMS schrieb, war deshalb, da ihn auch diverse Lehrer ständig kritisierten.
Das Problem, dass er halt hat: Er mit seinen 39 kg kann sich gegen 3 110kg-Typen nur schwer wehren.
Ich als Mutter höre mir selbstverständlich beide Seiten der Konfliktpartner (andere Schüler und meinen Sohn) als auch die Sichtweise der Aufsichtsperson an. So ein Streit kam bisher nur einmal vor und auch nur deswegen, weil mein Sohn gezwungen wurde einem Mitschüler zum Geburtstag zu gratulieren. Da er ihm dann nicht gratulierte (da mein Sohn ja gezwungen wurde, gab es Ärger mit dem Geburtstagskind und seinen Freunden. Folge Ich durfte nachher mit meinem Sohn ins Krankenhaus fahren und auf eigene Kosten zerrissene Klamotten und die kaputte Schultasche ersetzen.)
Ja, mein Sohn wünscht sich Freunde.
Zu Deiner Frage: Mein Sohn beleidigt nie jemanden. Er ist ein ruhiger und netter Mensch. Und ja, der Lehrer sagte das wortwörtlich!

LG Sonnenschein
P.S. Auch ein Gespräch mit einer Psychologin meines Vertrauens half leider nicht.

3

Hallo,

ich meinte ja auch nicht, dass dein Sohn diese Eigenschaften besitzt. Sondern das waren nur Denkanstöße ob es vielleicht so sein könnte. Ich kenne ja deinen Sohn nicht.

Was ich jetzt raus lesen konnte, ist dass er nur 39 kg wiegt. Das finde ich für einen 15jährigen schon sehr wenig. Ich gehe anhand des Gewichtes mal davon aus, dass er auch eine entsprechend kleine Körpergröße hat. Mein Sohn hatte mit 11Jahren 50 kg bei einer Körpergröße von 1,58 m. Meine 8 jährige Tochter wiegt 32 kg bei 1,34 m. Mein 15jähriger hat 70 kg bei 1,76 m. Kann es vielleicht bei euch daran liegen, dass dein Sohn aufgrund seiner Größe und Statue solche Probleme hat? Einfach weil er vielleicht wesentlich jünger wirkt und die anderen ihn nicht als altersgerecht anerkennen. Ich bin kein Psychologe, aber ich kann mir schon gut vorstellen, dass Kinder und Jugendliche ein gleichaltriges Kind nicht wie ein gleichaltriges Kind akzeptieren, wenn dieses bedeutend jünger, kleiner und schmächtiger ausschaut. Du beschreibst deinen Sohn eher zurückhaltend und ruhig. Dazu sehr klein und zierlich. Beides Ursachen den anderen nicht aufzufallen. Wir hatten damals auch einen sehr kleinen Jungen in der Klasse. Wirkliche Freunde hatte er auch nicht. Er wurde nicht geärgert oder ausgelacht, gehörte zwar zur Klasse aber einen richtigen Freund hatte er nie. Mit den Jungen konnte er nie mithalten. Die waren ihm körperlich überlegen. Für sämtliche wilden Jungenspiele war er nicht gemacht. Er hielt sich in der Grundschule schon aus Angst zurück. Nicht aus Angst, dass die Jungs ihm was tun, sondern aus Angst sich weh zu tun wenn es zu wild zu ging. Die anderen waren schließlich 2 Köpfe größer als er. Wir Mädchen fanden in der Grundschule Jungs doof. Also war er auch kein Spielkamerad für uns. In der weiterführenden Schule und im Pubertätsalter war er für uns Mädels uninteressant. Wir schauten nach den großen und starken Jungs. Die Jungs stellten sich mit ihm nicht auf eine Stufe. Nicht böswillig. Sie haben ihn nie geärgert. Aber auch nicht mitgenommen. So als wäre da ein kleiner 3 Jahre jüngerer, der mit den Großen mithalten will. Es ist schwer zu beschreiben. Vielleicht könnte dies bei euch auch ursächlich sein. Eventuell kann er sich nicht behaupten und geht deshalb unter. Mein ehemaliger Klassenkamerad entwickelte nach der Schule extrem viel Selbstbewusstsein. Er ist zwar immer noch klein, wirkt aber durch seine Persönlichkeit viel größer. Er hat jetzt im Erwachsenenalter eine Körpergröße von 1,62. Man merkt ihm seine kleine Größe aber nicht mehr an. Seine Frau ist 1,58 m.

LG

weitere Kommentare laden
13

Hallo,

wir kennen so ein Problem zwar nicht direkt, aber ein Freund unserer Tochter (11) hatte früher auch keine Freunde, weil er furchtbar hibbelig ist und wenig Gefühl dafür hat, was man vielleicht gerade nicht sagen oder tun sollte (Er hat ADHS.).
Außerdem ist er sehr intelligent und mag die typischen Jungshobbies nicht.

In der Grundschule wurde er massiv gemobbt. Dagegen taten die Lehrer auch nichts. In der ersten Klasse hatte er einen guten Freund, aber das endete dann plötzlich.
In der 5. Klasse traf er dann im Bus auf unsere Tochter, und die sah in ihm einen netten Jungen, mit dem man sich auch prima über anspruchsvollere Themen unterhalten kann. Wenn er ihr zu sehr auf den Wecker geht, macht sie ihm das klar und das ist für ihn ok. ;-)
Das war natürlich ein Zufall, der sich nicht herbei führen lässt.

Auf dem Gymnasium wurde der Junge wegen seiner Art anfangs auch gemobbt, aber da griff die Klassenlehrerin sofort ein. Mittlerweile ist er in der Klasse integriert und hat auch zu mehreren anderen Kindern aus der Klasse Kontakt. Seine Mutter ist total erleichtert.

Unsere Tochter ist in der Grundschule auch einem Mädchen begegnet, das sich mit Süßigkeiten Freundschaften erkaufen wollte und das kam bei unserer Tochter total schlecht an. Ich glaube, mit so etwas macht man sich als Kind/Jugendlicher absolut unmöglich.

Manche Kinder haben leider irgendwie so eine merkwürdige Art, dass keiner etwas mit ihnen zu tun haben will, obwohl sie sich, objektiv betrachtet, nett verhalten. Das gab es in unserer Kindheit ja auch schon.
Als Eltern sieht man das nur nicht.

Ich würde Euch raten, Euren Sohn zu einem Psychologen zu schicken. Es gibt ja auch so Trainings, wo man lernt, wie man auf andere wirkt, und wie man das verbessern kann.
Außerdem würde ich überlegen, die Schule zu wechseln, sobald sich abzeichnet, dass Euer Sohn diese Methoden umzusetzen beginnt, weil er in der alten Schule schon seinen Ruf hat und da keine Chance bekommen wird, sich anders zu präsentieren.
Bei der neuen Schule würde ich im Vorfeld nachhören, wie sie mit Mobbing umgehen. Die Schule unserer Tochter hat beispielsweise sowohl Schüler-Streitschlichter, als auch Lehrer, die da besonders fortgebildet sind.

LG

Heike