Stiefkind

Hallo zusammen,

seit einem guten halben Jahr lebt von meinem Partner der Sohn bei uns (10 J.). Die leibliche Mutter hat noch ein jüngere Tochter (3 J.) und ist neu verheiratet.
Geschieden sind die beiden Elternteile schon lange.
Die Entscheidung, dass er zu seinem Vater zieht, haben das Kind und seine Mutter über Monate hinweg ausdiskutiert. Seitdem kaut er auf den Fingernägeln. Stop & Grow haben wir schon ausprobiert, ohne Erfolg. Wir wollten den Kinderarzt demnächst aufsuchen.
Habt ihr Tipps was noch helfen kann?

Leider haben jeden Tag grundlegende Diskussionen, seine Mutter hat alles mit ihm ausdiskutiert und ist Hausfrau.
Wir sind beide Freunde von klaren Regeln und Grenzen und gehen beide arbeiten. Er sieht es nicht ein mitzuhelfen, etc.
Allerdings lässt er sich davon nicht beeindrucken. Er widersetzt sich allem, schreit uns an, belügt uns etc.

Das Alter ist wirklich schwierig, aber wie geht ihr damit um?
Strafen, Verbote?
Ich langsam wirklich am verzweifeln und weiß nicht was man noch tun kann, soll?

Ich wäre euch über einige gute Tipps sehr dankbar

Liebste Grüße Lena :-)

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"Das Alter ist wirklich schwierig, aber wie geht ihr damit um?
Strafen, Verbote?"

Nein. Liebe, Gespräche, Verständnis, Respekt. :-)

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Ja.

Mir zerreißt es hier regelmäßig das Herz, von all diesen überflüssig gewordenen Kindern aus früheren Beziehungen zu lesen, die eigentlich nirgendwo mehr heimisch sind.

Dieses Kind hat es sich nicht ausgesucht, in kaputten Verhältnissen aufzuwachsen und wenn die TE keine Lust hat, sich des Kindes anzunehmen, soll sie es lassen, aber dann auch bitte die "klaren Regeln" lassen. Warum sollte der Junge die einhalten? Was haben ihm die Erwachsenen denn bislang geboten? Auch nur Chaos.

Und dann: Man hört es schon: die Ex ist HAUSFRAU, die Next ARBEITET. Da geht das Stutengebeiße los.

Armes Kind.

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Guten Morgen,

danke für die ganzen Antworten.

Das Kind ist nicht überflüssig, wir haben uns beide dafür entschieden und gessagt wir würden das Kind zu uns nehmen. Es war der Wunsch der leiblichen Mutter, und des Kindes. Wir haben damals absolut keinen Druck aufgebaut und die ENtscheidung den beiden überlassen.
Ich finde es total toll, dass das Kind bei uns lebt.
Aber wir lassen uns von einem 10-Jährigen Kind auch nicht das Leben diktieren und auf der Nase herum tanzen.
Ob jemand Hausfrau ist, oder nicht, muss jeder für sich selber entscheiden.
Ich arbeite seitdem weniger, könnte mir aber niemals vorstellen zu Hause zu bleiben...
Für mich hätte das Leben ohne die Arbeit eine wesentliche schlechtere Qualität.

Klar das Kind sich erst daran gewöhnen muss, dass es nicht mehr alles hinterher getragen bekommt. Allerdings kann man mit fast 11 Jahren auch erwarten, dass das Kind seine dreckige Wäsche wegräumt, etc...
Ich bin einfach anders erzogen worden, und meine Eltern sind auch beide arbeiten gewesen. Und ich bin auch ein Scheidungskind. Allerdings habe ich meine Eltern nie respektlos behandelt. Das ist in meinen Augen schlechte Erziehung.

DIe klaren Regeln? Die gab es vorher nicht, deswegen verstehe ich den Satz nicht.
Ich bin der festen Überzeugung das Kinder klare Regeln brauchen.
Ich möchte mir nicht vorstellen, was das Kind mit 15, 16 Jahren macht, wenn es jetzt schon keine Grenzen kennt.

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Hallo Lena,

du schreibst das seine Mutter alles mit ihm ausdiskutiert hat. Ich lese aber nichts davon ob der Junge zu euch wollte, oder ob es mehr auf Veranlassung der Mutter war.

Das Fingernägel kauen ist in meinen Augen ein psychisches Problem und denke nicht das der Kinderarzt viel helfen kann. Unter Umständen wird er euch zu einem Kinderpsychologen überweisen.

Der Junge muss sich an eine neue Situation gewöhnen. Er wohnt jetzt ständig bei euch. Ihr seid Freunde von klaren Regeln und Grenzen was in meinen Augen nicht schlecht ist. Wie war es aber bei seiner Mutter, konnte er dort machen was er wollte?

Fangt behutsam an die Regeln einzuführen und versucht euch in den Jungen hinein zu versetzen. Versucht mit ihm zu Reden, setzt ihn dabei aber nicht unter Druck. Macht ihm keine Vorwürfe ansonsten macht er zu.

Aus welchem Grund ist er zu euch gezogen?

Freundliche Grüße blaue-Rose

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Hallo blaue Rose,

danke für deine Antwort.
Ich weiß nicht mal wo ich anfangen soll,...

Seine Mutter kennt wohl auch klare Grenzen und Regeln, allerdings wurde dort auch immer alles zwei drei Stunden ausdiskutiert, also wirklich jede Kleinigkeit, inwiefern dann er das bekommt was er möchte kann ich nicht beurteilen...

Er versucht uns immer damit zu erpressen, dann sag ich das meiner Mutter, wenn es nicht so läuft wie er sich das vorstellt, dann kommt die Aussage ich rufe meiner Mutter an, die wird dann mit euch reden.
Es sind halt soviel Kleinigkeiten, die mich verzweifeln lassen.

Vier Monate ging die Diskussion mit dem Kind ob er hier herziehen soll oder nicht, jede Kleinigkeit, in meinen Augen war das viel zu früh und viel zu lange.
DWenn er wütend ist sagt er immer, meine Mutter wollte, dass ich zu euch ziehe.. Im Endeffekt haben die beiden aber die Entscheidung zusammen getroffen..

Gründe waren: Erziehung, Schulwechsel,
Also die Mutter war sich nicht sicher, ob sie das Kind aufs Gymn schicken soll,... ob sie damit klar kommt, oder ob die Anforderungen zu hoch sind... etc. Bei denen in der Familie scheint es auch ordentlich Krach zugeben, näheres wissen wir aber nicht.

Er provoziert uns halt die ganze Zeit, wenn andere dabei sind ist alles super.
Aber zu Hause dreht er dann total auf.

Schreit uns an, nimmt uns nicht ernst,... Ich weiß halt nichtm was man am besten dann machen soll.
Mein Lebensgefährte und ich haben sehr die gleichen Einstellungen, aber oft geht es nur noch mit Geschreie, damit er uns überhaupt zuhört und etwas macht.
Was sind dann richtige Bestrafungen,? Kein TCV, kein Nintendo?
Wo fängt man am Besten an?

Bezüglich der Fingernägel sollte man dann erst zum Kinderazt gehen, um das weitere Vorgehen abzusprechen? Das hat er angefangen, als die Diskussion los ging wohin er zieht.

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Lena,

kann es sein das der Junge sich abgeschoben fühlt? Ich habe irgendwie den Eindruck das seine Mutter mit ihm überfordert war und er deshalb zu euch sollte.

Die stundenlangen Diskussionen werden nichts gebracht haben, höchstens das so lange diskutiert wurde bis einer seinen Willen durchgesetzt hat. Ob es nun der Wille der Mutter oder der Wille des Kindes war der gesiegt weiß ich nicht.
Er hat es gelernt das es unter Umständen erfolgreich sein kann so lange zu diskutieren bis einer seinen Willen bekommt und das versucht er jetzt bei euch.

Wenn er versucht euch zu erpressen geht nicht darauf ein. Wenn er droht seine Mutter anzurufen lasst ihn anrufen. Er muss sehen das ihr euch davon nicht beeindrucken lasst.

Wenn er euch provoziert bleibt ruhig und sachlich, denn damit rechnet er nicht. Wenn er schreit, lasst ihn schreien und redet ganz ruhig mit ihm. Wenn ihr auch anfangt zu schreien schaukelt sich die Situation nur noch weiter hoch.
Ich würde sogar soweit gehen das ich in ignoriere so lange er schreit, aber wenn er vernünftig redet würde ich jederzeit ein offenes Ohr für ihn habe.

Das was du aufgezählt hast ist okay als Bestrafung, passt aber auch bitte auf das er aber nicht unter Dauerdruck steht und sein Leben nur noch aus Strafen besteht.

Wegen den Fingernägeln könnt ihr ruhig zum Kinderarzt gehen, schildert aber auch die ganzen Begleitumstände. Ich denke der Arzt wird euch weiter helfen.

FG

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Was das mit den Fingernägeln angeht ... gehe ich recht der Annahme, dass das Ihren Sohn überhaupt nicht stört und eigentlich nur Sie in den Wahnsinn treibt? Wenn ja ... ich denke, dann ist das einer dieser Dinge, die schlimmer werden, je mehr "Beachtung" man ihnen schenkt. Irgnorieren Sie es einfach mal gänzlich. Nicht mehr ansprechen, keine "schrägen" Blicke würdigen, nicht mehr drüber aufregen, nicht mehr mit der besten Freundin am Telefon drüber sprechen etc. etc. Tun sie einfach so, als würde er nicht mehr auf den Fingernägeln kauen. Schenken Sie stattdessen einfach seinen "positiven" Seiten die Beachtung und Aufmerksamkeit, und nicht dem Fingernagelkauen ... dann sollte Letzteres recht schnell von ganz alleine Aufhören.

Was das mit dem diskutieren angeht ... ist natürlich schwierig für ein Kind in diesem Alter, wenn man sich so - die letzten Jahre lang - bei seiner leiblichen Mutter immer wieder "rausreden" oder "besserreden" konnte, jetzt plötzlich eine 180° Wendung zu klar definierten Regeln und Grenzen hinlegen zu sollen. Sie sollten da also nicht unterschätzen, dass es für einen 10-Jährigen ungemein schwierig sein kann, plötzlich in einer komplett anderen Familie mit anderen Regeln/Grenzen und einem anderen Umgang selbiger aufzuwachsen. Ich glaube, Sie müssen sich da in erster Linie Beide ein wenig entgegen kommen ... sie können von ihm nicht verlangen, jetzt alles, wie er die letzten Jahre aufgezogen worden ist, über Board zu werfen und sich dort vollständig ihrem Familienleben anzupassen.

Worüber diskutieren Sie denn so den ganzen Tag mit ihm? Das wird doch auch bei Ihnen jegliches 10-Jährigen-Klischee erfüllen oder? Er diskutiert darüber, länger Fernsehen zu dürfen; länger an Computer/Internet/X-Box zu dürfen; mehr Taschengeld zu bekommen; mal ins Kino zu dürfen; länger aufbleiben zu dürfen und abends länger draußen spielen zu dürfen. Und Sie werden darüber diskutieren, dass er seine Hausaufgaben macht/lernt, den Müll rausbringt und den Geschirrspüler ausräumt, sein Kinderzimmer aufräumt und noch 2-3 andere Pflichten abnimmt. Meiner Erfahrung nach sollte das eigentlich 98% aller Mutter-Vorpubi-Streitigkeiten abdecken...

Was ich in dem Fall machen würde ... dort einfach mal eine kleine Familienkonferenz in der Küche veranstalten und diese Dinge einmalig ausdiskutieren und an diesem Abend auch wirklich Lösungen finden, auf die man sich einigt. Am einfachsten ist es, wenn Sie die Dinge, die Er von Ihnen fordert, mit den Dingen "verknüpfen", die Sie von ihm fordern oder erwarten. Gerade so, was Fernseh, Computer, Internet oder Spielkonsole angeht ... geben Sie ihm dort einfach ein festes Kontingent, was er in der Woche mit "elektronischen Spielzeug" Verbrauchen und sich selbst einteilen darf, und bezahlen Ihn da mit "Mehrzeit", wenn er z.B. diese Haushaltspflichten (Müll, Geschirrspühler o.ä.) nachkommt, ohne dass Sie da hinterherrennen müssen. Nehmen Sie da Spielgeld als "Freizeitwährung". Erziehung ist wesentlich einfacher, wenn Ihr Sohn auf sie angerannt kommt und sagt: "Ich hab alle meine Tagespflichten erledigt, kreige ich jetzt bitte meine Mehr-Medien-Zeit?" als, wenn Sie hinter ihm herrennen, mit: "Jetzt räum endlich den Müll raus ... und der Geschirrspüler ist auch noch voll ... wenn du nicht SOFORT, dann gibt es heute Abend kein Fernsehen!".

Sie können auch Schlachtfelder einfach aufgeben: Das aufgeräumte Kinderzimmer z.b. Die klare Regeln: Er ist dafür alleine verantwortlich und muss das sauber und ordentlich halten (er ist ja auch schon ein goßer Junge) ... in welcher Qualität und Quantität er da "sauber" macht, ist ihm überlassen. Die Mama wird das Kinderzimmer aber nur noch dann betreten, wenn es "begehbar" ist. Ist es nicht begehbar, bleibt die saubere Wäsche halt im Keller liegen und wandert nicht mehr - wie von geisterhand - in den Kleiderschrank im Kinderzimmer. Auch das Bett riecht dann etwas muffiger, wenn es nicht ausgeschüttelt wurde... Also Sie werden hier für jegliche Streitigkeiten mehrere gangbare Lösung finden.

Zwei wichtige Regeln: a) Jeder muss mit dieser Lösung einverstanden sein. b) Setzen Sie einen "nächsten" Termin an, wo man über diese Regeln das nächste mal wieder "diskutiert". Z.b. in 3 Monaten wieder. Bis dahin müssen sich beide Parteien an die Regeln halten: Verzichtet Ihr Sohn lieber 3 Monate lang auf 15 MInuten Computer, weil er den Müll stehen lässt ... ist das genau so in Ordnung, wie, wenn er das jetzt 3 Monate lang täglich in Anspruch nimmt. Findet ihr Sohn etwas doof/gemein/unfair oder hat keinen Bock, spielen Sie die: "Wir haben das gemeinsam so beschlossen, wir können da im April bei unserer nächsten Familienkonferenz gerne wieder diskutieren, aber bis dahin ist das amtlich"-Schallplatte an. Wenn Sie sich da in keinster Weise auf eine Diskussion einlassen und immer wieder die gleiche Schallplatte abspielen, wird er auch nicht mit ihnen diskutieren.

Was das mit den Strafen / Verboten angeht ... klappte bei meinem Kurzen in dem Alter durchaus ... aber dann eher nur "kurzzeitig". War genau so kurzzeitig, wie irgendwelche gesonderten "Belohnungen" o.ä ... nach 1-2 Wochen war wieder alles so, wie vorher. Der Trick liegt hier m.E. darin, Regeln zu finden oder so zu ändern, dass Eltern nicht mehr für die Einhaltung dieser Regeln "hinterherrennen" müssen. Beispiel: Sie bestimmen, dass ihr Sohn nur 1 Stunde am Tag ins Internet darf (aber auch nur am Wochenende), und ihr Sohn versucht das immer wieder durch Diskussionen zu beugen/umgehen/verländern, und, dass treibt sie in den Wahnsinn. Ihre neue Regel sollte ihren Sohn besser stellen, als die alte Regel (dann wird er die neue Regel besser finden, als die alte [irgendwie logisch]). Also darf er z.B: 2,5 Stunden in der Woche ins Internet - wie und wann (ob komplett am Montag, über die ganze Woche verteilt oder am Wochenende) bleibt ihrem Sohn überlassen.

Schon gibt es da keine Diskussionen mehr über: "Aber ich warte JETZT auf eine Email, und nicht am Wochenende" oder "Aber das Spiel ist noch nicht zu Ende, ich kann JETZT nicht speichern". Und die Vermeidung von Diskussion, wenn diese 2,5 Stunden vorbei sind. Auch hier gibt es mehrere Lösungen. Über ein "Computerprogramm", was einfach dieses Zeitkontingent überwacht bis hin zu ... Hosen auf den Tisch: "Ich habe keine Lust, jede Woche wegen wir darüber zu diskutieren ... wenn das noch in diesem Monat noch einmal vorkommt, machen wir es wieder so, wie vorher: "Du darfst nur noch am Wochenende..."

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Vielen lieben Dank für diesen hilfreichen Beitrag!

Einiges davon iszt wirklich super umzusetzen.

Wir haben dieses Wochenende Kinderfrei und werden es dann nochmal ernsthaft Gedanken machen und dann eine familienkonferenz nächste Woche einberufen!

Ich wünsche Ihnen einen schönen Freitag!