Wie kann ich meinem Sohn das Formulieren beibringen?

Hallo!

Mein Sohn tut sich extrem schwer, wenn er einen Sachverhalt mit eigenen Worten erklären soll. Er weiß eigentlich, wie eine Sache funktioniert, aber er kann es nicht in eigenen Worten auf den Punkt bringen. Wenn er mir die Sachen mündlich erklären soll, muss ich ständig nachfragen, aber eben das geht ja im Schriftlichen nicht.

Gestern kam er vollkommen enttäuscht mit einer Sachunterrichtsarbeit nach Hause. Er hatte gut gelernt und wusste zuhause auch alles. In einer Aufgabe musste er erklären, wie ein Thermometer funktioniert. Es war eine Abbildung dabei, wo ein Thermometer in offensichtlich heißes Wasser gestellt war. Die Antwort meines Sohnes war: "Man stellt das Thermometer in heißes Wasser und dann dehnt es sich aus". Ich bin mir ganz sicher, dass er das richtige gemeint hat und er wusste auch genau, was passiert, aber er konnte es leider nicht richtig erklären. Somit gab es für die Aufgabe keine Punkte (hätte sonst 4 gegeben), und in der Arbeit gab es eine 3, obwohl er eigentlich fit war.

Habt Ihr noch Ideen, wie ich das Formulieren und Erklären mit meinem Sohn üben kann?

Demnächst sollen die Kinder Bildergeschichten schreiben, da sehe ich jetzt schon schwarz. Er wird wieder das Wesentliche vergessen und scheitern. Ich würde ihm hier gerne helfen, denn freies Erklären wird ja in immer mehr Fächern wichtig. Aber ich weiß einfach nicht wie...

LG

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Sprich mit ihm. So viel du kannst. Ungezwungen. Üben üben üben würde ich da sagen.

Liest dein Sohn viel? Habt ihr früher viel vorgelesen? Ist er in gesprochener Sprache auch so unbeholfen?

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Eigentlich spricht er gut, ich denke nicht, dass es an der Sprachkompetenz liegt. Ich hab eher das Gefühl, dass er manche Sachen als selbstverständlich ansieht und darum nicht erwähnt. Um beim Thermometer zu bleiben: Für ihn war es klar, dass die Flüssigkeit in dem Röhrchen gemeint ist und dass diese nach oben steigt. Beim Erzählen ist es ähnlich - ich muss manchmal 5 Mal nachfragen, bis ich verstehe, was er mir erzählen will, weil er Sachen auslässt, die ich mir aber einfach nicht denken kann. Dann erzählt er mir, dass sie Mannschaften gemacht haben und dass seine Mannschaft gewonnen hat - wobei verrät er erst auf Nachfragen. Ansonsten kann er sich eigentlich gut ausdrücken, und ich hab das Gefühl, dass es ihm v.A. schwer fällt, eine Sache auf den Punkt zu bringen. Wenn er mündlich in tausend Sätzen eine Sache erklären kann, funktioniert das auch besser als wenn er sich schriftlich auf 2 Sätze beschränken soll.

LG

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Den Zahn mit der Selbstverständlichkeit hat mir zum Glück mein Mathelehrer sehr früh gezogen:

es ist mir egal, ob ihr die Lösung wisst! und ob sie richtig ist.
Nur für den Weg gibt es Punkte !

Damit habe ich mir einige Male Punkte verschenkt und dann das für MICH offensichtliche dazu geschrieben.

Später sagte ein Lehrer. Es geht nicht darum, dass ihr mir erklärt, was ich schon weiß.
Es geht darum, dass ich LESE, OB ihr es wisst!
Was nicht da steht, wisst ihr nicht.
Schreibt es hin, damit ich sehe, dass ihr es wisst.

Oder auch: tut so, als wäre ich strohdumm und ihr müsstet es jemandem erklären, der noch nie damit zu tun hatte. Wenn der es versteht, habt ihr eure Arbeit gut gemacht.

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Hallo,

Ich würde ihm beibringen sich erstmal Stichpunkte aufzuschreiben und dann einen Text daraus zu formulieren. Das kann man für mündliche und schriftliche Texte verwenden.

Dann würde ich daheim üben: was siehst Du auf dem Bild dort, wie kocht Mama Dein Lieblingsgericht usw. Dinge aus dem Alltag heraus. So bekommt er mehr Sicherheit.

LG
Sunny

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die Aufgabe war falsch beantwortet. Ich kann verstehen, dass das Null Punkte gegeben hat. Und ich denke, das es in diesem Fall nichts mit "formulieren lernen" zu tun hat. - aber ja: es geht darum, den "Kern" der Aufgaben zu erfassen. - das ist noch einmal etwas anderes.

Er ist erst in der 4. Klasse. - Das wird noch ... Mein Sohn war auch so einer...

ALLERDINGS: das geht nur mit Übung.
-- wir haben viel geübt. Sätze schreiben geübt. Du kannst Deinem Sohn jetzt nicht irgendwie "formulieren beibringen", -- sondern das macht selbst , indem er einfach viel und oft schreibt oder mündlich Vorgangsbeschreibungen übt.
Dieses "der Reihe nach" muss ein Kind erst einmal im Kopf geregelt und sortiert bekommen. Das kann man üben, indem Du Vorgangsbeschreibungen von ihm einforderst.

Erzähle mal GENAU der Reihe nach, wie man sich anzieht, - wie man Tee kocht, - wie man einkauft. -- Versuche das Auge für die Details zu öffnen, z.B. holt man nicht nur den Einkaufswagen, sondern steckt halt vorher auch den Chip rein. -- geht dann durch die Automatiktür und so weiter...

Das kann man super in den Alltag einbinden, wenn Du meinst, dass das etwas ist, was er noch üben muss.

Später in der weiterführenden Schule wird diese "aufdrösel"-Fähigkeit ganz oft gebraucht.

Wenn Du jetzt schon weißt, dass Bildergeschichten drankommen, dann hole welche aus dem Internet und lasse sie dir wörtlich ganz genau zerpflückt ÜBERTRIEBEN schildern. - Das übertreiben ist beim Üben wichtig, damit später beim "machen" die richtige Menge hängen bleibt :)

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oder mach es beispielhaft an ganz banalen Dingen, bspw. du erklärst mir jetzt wie ich einen Bleistift spitze.
Und du machst dann alles, was er sagt am besten immer falsch, damit er sieht, was er vergessen hat zu sagen, damit du es richtig machst.
bspw. sagt er "steck den Stift in den Spitzer" dann steckst du den Stift falsch herum hinein. Oder "du drehst den stift" dann drehst du den Stift nicht im spitzer sondern mitsamt dem spitzer um die eigene Achse.
oftmals denken die Kinder, es wäre doch klar, was gemeint ist.

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"Und du machst dann alles, was er sagt am besten immer falsch, damit er sieht, was er vergessen hat zu sagen, damit du es richtig machst. "

Das erinnert mich an "Pen & Paper Rollenspiel".
Das Spiel basiert darauf, dass man alles sagt, was man macht, damit andere sich vorstellen können.


Vergisst man etwas zu sagen, erfolgt die Reaktion des Spielleiters.

@TE : vielleicht wäre das was für ihn. Rollenspiele bei dem es auf die genaue Formulierung ankommt.
So, dass andere nicht immer nachfragen, sondern auch so, dass die Reaktion kommt. So wie es fly-kat beschrieben hat.

Bei meiner habe ich das gerne beim Backen oder kochen gemacht.
Vor allem wenn sie selbst backen oder kochen wollte.

Ein "Mamaaaaaaaaaaaa, du weißt, wie ich es meine" habe ich nicht durchgehen lassen.
Alles, was sie nicht sagte, habe ich nicht gemacht. Einschließlich Topf holen, Wasser in den Topf usw.

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<<Alles, was sie nicht sagte, habe ich nicht gemacht. Einschließlich Topf holen, Wasser in den Topf usw.<<
#pro
Ja, so etwas habe ich auch gern gemacht, aber meist, um sie zu necken, besonders wenn die Sätze so unvollständig waren.

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Dein Sohn könnte so eine Beschreibung in kleine Stücke zerteilen.
Für diese Stücke könnt ihr ein halbwegs festes Inhaltverzeichnis festlegen und dazu müsste er kurz etwas schreiben.

Zum Beispiel:

1. Beschreibung Aufbau (des Thermometers) - Was siehst du?
Ein Thermometer ist ein Glasröhrchen, das mit Alkohol/Flüssigkeit gefüllt ist.
Auf dem Röhrchen ist eine Scala.

2. Beschreibung Funktionsweise - Was passiert, wenn...?
Wenn man das Thermometer in heißes stellt (auf das Bild achten) , dehnt sich die Flüssigkeit im Röhrchen aus und erreicht einen höheren Punkt der Scala...

So in etwa, vielleicht noch kürzer.

Ich hatte meiner Tochter damals immer gesagt, sie soll sich das erstmal genau ansehen - Was siehst du?

Und dann die Beschreibung.

Ich glaube, dann vergisst die die Details nicht so.
kurze Sätze und kleine Schritte.

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Hallo,

in unserer Familie war es üblich, dass die Regeln von Gesellschaftsspielen eher von den jüngeren Kindern erklärt wurden.
Regeln erklären zu können, wurde als durchaus lobenswerte Kunst angesehen - toll, dass du jetzt schon die Regeln erklären kannst!
Natürlich nicht völlig sinnfrei, sondern wenn z.b. Oma und Opa mitgespielt haben und das Spiel noch nicht kannten. Oder nicht so gut kannten. Oder sich jetzt blöderweise gar nicht mehr an alle Regeln erinnern konnten... ;-)

Ansonsten lernt man natürlich auch durch gute Vorbilder. Also umgekehrt: erklär ihm ein Kochrezept/wie man ein bestimmtes Gericht kocht. Aber nicht Schritt für Schritt sondern komplett. Dann darf er ran ;-)
Wäre übrigens interessant, ob er diese umgekehrte Form beherrscht?
Das klingt zwar erstmal einfacher, aber auch dabei muss man ja die Informationen sortiert im Kopf behalten und anschließend in der richtigen Reihenfolge abrufen. Also die Vorstufe!

LG!

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PS
In Bezug auf Gesellschaftsspiele:
Das wurde natürlich auch sanft geübt.
D.h. die, die das Spiel auch noch kannten, haben eingegriffen: Jetzt musst du aber zuerst erklären, wie...
Du hast noch nicht gesagt, warum...
Warte, das ist noch nicht so wichtig. Xy muss doch erst wissen,was er ...

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Vielleicht klappt es ja, wenn er sich vorstellt, dass er Sachverhalte jemanden erklären soll.
Kleinen Kindern, den kleineren Geschwistern, etc. Jemandem, der noch gar nicht weiß, wie das funktioniert.

Viele Grüße
Mpp2909