Erste Klasse wiederholen/Erfahrungen?

Hallo ihr,
Mein Sohn ist in der ersten Klasse und hat extrem Mühe, seine Aufgaben zu erledigen.
Es ist nicht so, dass er es nicht versteht, ganz im Gegenteil er kann eigentlich alles richtig gut, aber allein den Stift in die Hand zu nehmen und loszulegen ist für ihn ein riesen Drama.

Er will nicht, kann nicht, blockiert total und redet sich ein, dass er es nicht kann...

Ich denke immer mehr, dass er von der emotionalen Reife her einfach noch nicht schulreif war, deshalb dachte ich, ob es vielleicht sinnvoll wäre, ihn die erste Klasse wiederholen zu lassen.
Hat da jemand Erfahrung mit? Die Schule ist ziemlich klein, deshalb habe ich Sorge dass er dann von den früheren Schülern aus seiner Klasse auf dem Schulhof gehänselt wird, wenn er wieder zurück in die erste geht...

Oder habt ihr sonst Tipps, was man machen kann um das Kind für die Schule zu motivieren bzw die Konzentration zu fördern? Ich weiß wirklich nicht mehr weiter...

1

klingt unter diesen besonderen Corona-Bedingungen irgendwie nicht wirklich schlimm...

Seine Lehrerin wird wissen, wie "hinterher" er wirklich ist.
Die zweite Klasse ist immer noch sehr leicht zu packen und alleine wegen Rumbocken oder Motivation sollte keiner die erste Klasse wiederholen finde ich, gerade, weil alles aus der zweiten Klasse noch so einfach ist...

Er kann jetzt schon schreiben und bisschen lesen. - Rechnet schon bis 20 usw... --- überleg mal, was das für ein Halbjahr wird, wenn er mit den neuen Erstklässlern wieder Schwungübungen machen muss?

Rumbocken und kein Bock ist ein Motivationsding und ein Verhaltensding. An dieser Baustelle könnt ihr auch während der zweiten Klasse (vielleicht mit Hilfe) arbeiten.

Aber "Stoffmässig" die erste wiederholen, obwohl er fit ist und das alles eigentlich kann, finde ich den falschen Weg...

2

Wenn er es eigentlich kann, würde ich ihn nicht wiederholen lassen.

Den Stift würde er in der 1. und 2. Klasse in die Hand nehmen müssen.
Die Frage ist dann, ob er Wiederholungen verweigern würde.


Wie ist die Schule aktuell bei euch organisiert?
Ist es momentan Unterricht in der Schule oder eher zu Hause?

Wo hat er mehr Probleme?

Wenn er mal angefangen hat, klappt es dann?
Kann er sich längere Zeit konzentrieren?


Wenn es nach dem "bis ich mal anfange" Prinzip geht, hätte ich bis zur Berufschule nicht zur Schule dürfen.
IN der Schule klappte es. Zu Hause gar nicht. Es fiel nur fast niemandem auf. Meine Hausaufgaben beschränkten sich auf 1-2 Lehrer und das auch nur sporadisch.

Wenn ich etwas wiederholen sollte, was ich schon konnte, kam ich mir dumm vor. Wozu, ich kann das doch?
Neue Herausforderungen habe ich geliebt.



Die emotionale Reife würde ich bei Schule nicht unterschätzen. Mir hat die damals reguläre Einschulung (fast 7) gut getan.

Allerdings würde ich das nicht sofort und nicht über's Knie gebrochen entscheiden.

- aktuell ticken die Uhren anders. Das heißt, die Aufgaben kann er mehr oder weniger in seinem Tempo erledigen.
Bzw. es wären ein paar Infos interessant, wie es momentan IN der Schule läuft.

- reift er innerhalb eines Jahres nach, was das Arbeitsverhalten betrifft, dann macht kaum einen Unterschied, ob er in der ersten oder zweiten Klasse ist.

Inhaltlich scheint er ja keine Probleme zu haben.

Ein Wiederholen, obwohl er es kann, könnte eher seinen Glauben verstärken, dass er dumm sei. Gute Noten, wird ihm nicht zugetraut. #kratz

- reift er nicht so nach, wäre die Überlegung Unterstützung von außen anzunehmen.
Was braucht er? Braucht er Unterstützung in Teilbereichen? Braucht er einfach Zeit?

- wie ist er emotional-sozial?
Würde ihm die Zeit mit jüngeren Kindern gut tun, weil sie auf einem emotionalen Level sind? Ist er eher bei seiner Klassenstufe?

Dann schon eher wiederholen. Auch mit dem Hintergrund, dass es in der Pubertät noch mal deutlicher werden kann.


- wie reagiert er auf andere Aufgaben?
Mal Hand aufs Herz: ich bin erwachsen und Aufgaben, die ich nicht gerne mache, schiebe ich vor mir her #schein
Ich mache sie, wenn ich muss. Nicht weil ich will.


Was mir dabei hilft
- verschiedene Strategien
- bestimmten Druck rausnehmen (abwärts Spirale)
- Motivations"Druck" einbauen (aber nur die Art, die mir gut tut)

Wie andere es von mir erwarten, kommunizieren macht sehr viel aus.

Bei meinem Kind klappt es derzeit. Bei Kindern von Freunden, die es von Anfang an vorbildlich machten , trifft deine Beschreibung jetzt in der Pubertät voll zu.
Sie wissen, dass sie müssen. Aber.... "kann eigentlich alles richtig gut, aber allein den Stift in die Hand zu nehmen und loszulegen ist für ihn ein riesen Drama.

Er will nicht, kann nicht, blockiert total und redet sich ein, dass er es nicht kann..." ;-)

Bei meiner gab es diese Zeit während der Grundschule.


Geholfen hat: mit Lehrern sprechen
an einem Strang ziehen
Druck rausnehmen
aber nicht "flüchten lassen"

Die Lehrer-Eltern-Gespräche waren super.
Auch weil wir nach Lösungen gesucht haben und nicht nach "müssen".

Gut geklappt hat z.B. auch, dass wir das Pensum reduziert hatten (abgesprochen). Jeden Tag konsequent, aber nicht die gesamte Menge. Inhaltlich konnte sie es ja.
Und dann Stück für Stück erhöht haben.
Kind wusste, dass sie nicht drumherum kommt, die Menge war so, dass sie nach einem Stundenlangen verweigern trotzdem zu einem Erfolgserlebnis führte: geschafft.

Nicht wie vorher: 1/10 ist geschafft und wir brechen ab.
Sondern alles verabredete ist geschafft, kein Rest für den nächsten Tag. (Effektiv war das war auch nur 1/10), fühlte sich für alle Beteiligten aber besser an.

Darauf bauten wir dann auf.

5

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Im Moment wird er nur zu Hause unterrichtet, aber das Problem besteht fast seit Anfang des Schuljahres.
Ich müsste eigentlich die ganze Zeit direkt neben ihm sitzen ,ca 2 Stunden und ihm fast jede Zahl und Buchstaben "diktieren". Ich sage ihm die Lösung nie vor, muss ihm aber helfen, in dem ich zb sage, schreib jetzt eine 3, dann eine 5 etc...
Wenn er es allein machen soll, passiert in 3 Stunden gar nichts.

Ich kann aber nicht die ganze Zeit dabei sein, da wir noch mehr Kinder haben.
Und das Pensum ist im Moment und auch sonst bei den Hausaufgaben echt machbar, ich denke da haben andere Kinder auf jeden Fall mehr auf, deshalb weiß ich nicht, ob ich die Lehrerin auch noch fragen kann, ob er noch weniger machen darf.
Ein bisschen Wiederholung des Stoffes tut ihm auf jeden Fall gut.

Die Situation ist einfach schon ziemlich verfahren, sobald ich merke, dass er wieder so unmotiviert ist und keine Lust auf gar nichts hat, geht mir natürlich auch schnell die Geduld aus. Meistens fängt dann noch das Baby an zu schreien und das Chaos ist perfekt...

Ich will ihm so gerne helfen, aber ich sehe mich dazu einfach nicht in der Lage.

8

"Ich müsste eigentlich die ganze Zeit direkt neben ihm sitzen ,ca 2 Stunden und ihm fast jede Zahl und Buchstaben "diktieren". Ich sage ihm die Lösung nie vor, muss ihm aber helfen, in dem ich zb sage, schreib jetzt eine 3, dann eine 5 etc...
Wenn er es allein machen soll, passiert in 3 Stunden gar nichts. "

Das ist dann unabhängig von der Klassenstufe / Inhalt.

Wie gesagt, bei Kindern von Freunden, die das von selbst lange Zeit hinbekommen haben, "brauchen" das jetzt in der Pubertät.


Mal angenommen es macht bei ihm im Laufe des Schuljahres *klick*
Dann ist es doch egal, ob er den Inhalt der 1. oder der 2. Klasse bearbeitet.

Wenn es *klick* macht, ist es auf beide Inhalte anwendbar. Nur eben dass die Langeweile wegfällt, weil Neues dazu kommt.


Wenn es nicht *klick* macht, dann könntest du ihn 100mal wiederholen lassen.
a) so oft, bis es doch noch *klick* macht
b) dauerhaft.

Bei Kindern mit ADS bleibt es zum Beispiel deutlich länger.
Bei Kindern, die einfach nur ein Jahre Reife brauchen, macht es die Zeit. Egal welcher Schulstoff.


Das mit dem weniger machen, war eine individuelle Absprache mit der damaligen Lehrerin.
Sie sagte selbst, dass jedes Kind einen anderen Weg braucht.
Bei meiner war es eben das konsequente sich nicht drücken können, aber auch Erfolgserlebnisse haben.

Bei anderen Kindern würde sie anderes ausprobieren.
Wichtig ist, dass Eltern und Lehrer zusammenarbeiten, im Gespräch sind, Rückmeldung (beidseitig) geben, wenn es gut läuft oder wenn sich durchgemogelt wird.

Bei meiner klappen verlässliche Rituale gut. Nicht nur schulisch.
Und wenn sich ein Ritual negativ festgefahren hat, dann hilft es bei ihr (generell) dieses aufzusplitten und etwas völlig ganz anderes zu versuchen. Um dann durch einen "Neuanfang" neue Muster/Rituale zu entwickeln.


"Ich will ihm so gerne helfen, aber ich sehe mich dazu einfach nicht in der Lage."

Das ist auch ok
Gäbe es auch andere Möglichkeiten?

Was fällt dir ein, wenn du im Gegenteil denkst? Also unmögliche Alternativen?

Oft denken wir ja in gewohnten Strukturen. Dadurch sehen unsere Ergebnismöglichkeiten oft ähnlich aus. Das Problem dabei: diese sind unseren festgefahrenen Mustern so ähnlich, dass wir doch wieder ins Bekannte rutschen, das wir ja eigentlich ändern wollen ;-)


Nur mal als Ideen
- wenn Papa sich mit ihm hinsetzt. Und wenn es nur ein paar Tage sind, so dass du für eine Auszeit durchatmen kannst.
a) Kraft und Geduld aufbauen
b) durch den Abstand das eigene Muster aufbrechen
c) wenn es den Vater auch die Wand hochtreibt, dann ist es nicht nur bei dir so ;-)
d) wenn es den Vater nicht die Wand hochtreibt: tschaka, Lösung gefunden. Zumindest immer mal wieder, wenn du da wieder rausmusst.
bzw. was mach er anders: was davon kannst du übernehmen?

- andere Uhrzeit
- anderer Ort

- Versuchsweise: du sitzt NICHT daneben. Innerlich natürlich darauf vorbereiten, dass er dann nichts macht. Für dich aber uzm Durchschnaufen.

- Eieruhr / Sanduhr / Wettbewerb
Schafft er es gegen die Zeit?

- Kleinigkeit, wenn er es gegen die Zeit schafft, x Aufgaben zu lösen.
(Es muss nicht richtig sein. Nur hingeschmiert oder überall "5" als Antwort zählt nicht. Fehler werden NICHT angekreidet, so lange er ernsthaft versucht es zu lösen)

Bei manchen dauert das ein paar Tage, bei manchen ein paar Wochen.


Gerade bei ADS/ADHS kann so ein Rhythmus automatisiert werden. Wenn dann mal was automatisiert ist, bekommt man es nicht mehr so leicht weg #schein


- Lerntyp:

welcher Lerntyp ist er.
Auditiv, visuell?

2/3 der Aufgaben müssen schriftlich gemacht werden.
Das, was mündlich möglich ist, soll er dir inhaltlich erzählen.

Das löst oft schon eine Blockade. Wenn er merkt, er kann es ja doch, hat es schon mal erzählt, ist es einfacher das dann aufzuschreiben.

Ob er nun 4 Stunden bockend davor sitzt
oder 1 Stunde inhaltlich relevantes erzählt und dann 1 Stunde aufschreibt, ist durchaus eine Zeitersparnis ;-)


Das geht nicht bei allen Aufgaben. Dort wo es möglich ist, können Alternativen die Situation auflockern.

Mathe lernt meine sehr gern beim Backen und Kochen..

Ich selbst habe nie Hausaufgaben gemacht (Schule - Muss - no way) , konnte mich aber stundenlang mit freiwilligen Aufgabenheften beschäftigen. Diese hatten zwar auch den Schulstoff, aber waren nicht Schule #schein

weitere Kommentare laden
3

Hallo,

ist er in der Schule denn auch so gewesen?

Ich sitze hier beim Homeschooling mit meinen Kindern und die größte Hürde ist immer der Anfang. Bis sie dasitzen, die Mappen aufgeschlagen und den Stift aktiv benutzen, vergeht schon immer etwas Zeit. Es ist im häuslichen Umfeld einfach anders als in der Schule. Sie sind leicht abzulenken, fragen sicherlich mehr als sie in der Schule fragen und trödeln auch mal gerne mit den Aufgaben.

Deshalb war mein erster Gedanke, dass es sich vielleicht um ein Phänomen handelt, das nur bei euch zu Hause auftritt.

Viele Grüße
lilavogel

4

Das ist schon fast von Anfang an so, wenn es nur ein Problem der Corona Zeit wäre, käme ich nicht auf den Gedanken ihn wiederholen zu lassen...

6

Hallo,

der Sohn meiner Freundin hat die 1. Klasse wiederholt und es war das Beste für den Jungen. Er war in der Schule völlig überfordert und merkte im Laufe der Zeit, dass die anderen besser und schneller waren als er. Das demotivierte ihn noch mehr. Als er dann die Klasse wiederholte, blühte er regelrecht auf und plötzlich viel ihm Schule leicht und er hatte Spaß daran. Mittlerweile ist der "Junge" mit der Schule fertig und hat heute seine erste Abiturprüfung geschrieben. Seine Grundschulzeit verlief nach der Wiederholung problemlos und gut. Die Zeit auf dem Gymnasium auch. Er war ein guter Schüler, schreibt gerade Abi und beginnt, wenn alles so läuft wie er sich das vorstellt, demnächst ein Studium in Tiermedizin. Ihm hat einfach am Anfang das Jahr gefehlt, in dem er sich weiterentwickeln konnte und war nicht schulreif.
Gehänselt werden Kinder, die wiederholen nicht. Ich arbeite an einer Grundschule und da wurde noch nie ein Kind gehänselt, weil es wiederholt hat. Auch in den höheren Klassen ist das nicht der Fall. In den Klassen meiner Kinder sind Kinder, die schon mal wiederholt haben und es wurde auch da niemand gehänselt. Die Kinder suchen sich in der neuen Klasse neue Freunde.

LG
Lotta

7

Sprich mit der Lehrerin. Mein Sohn geht in eine jahrgangsübergreifende Klasse und aktuell sind da 7 von 21 Kindern die die eingangsstufe in 3 statt in 2 Jahren machen. Das ist gar kein Problem und wird von allen akzeptiert. Warum sie länger brauchen ist sehr unterschiedlich. Die Lehrerin macht aber auch sehr individuellen Unterricht für jedes Kind.

9

In der Klasse meiner Söhne (dritte Klasse) waren tatsächlich sieben Kinder, die die erste Klasse wiederholen mussten beziehungsweise sollten… Und die Namen höre ich heute (vor Corona) noch ab und an von wegen der und der hat auf dem Schulhof das und das gesagt. Ich hab noch nie gehört, dass ein Kind gehänselt wurde!

10

Bundesland?
Was sagt die Klassenlehrerin?
Ich würde dann auch ein Gespräch mit der Sonderpädagogin führen. Auch, wenn sie noch nicht mit ihm gearbeitet hat, dann kann sie sich ihn ja mal "anschauen".

Es gibt Kinder, die eigentlich alles schulische können, aber ein weiteres Jahr in Klasse 1 gut aufgehoben sind. Aber genauso gibt es Kinder, bei denen es nicht zutrifft.

Außerdem ist es schön, wenn er nochmal mit den anderen Kindern neu starten kann, dann kommt er nicht in eine bestehende Gruppe und muss sich seinen "Platz" erst suchen.

Hänseleien zu diesem Thema kenne ich aus meinem Schulalltag garnicht.

14

Die Lehrerin meint auf keinen Fall wiederholen, er würde sich langweilen wenn er wieder bei Null anfangen müsste...

17

Das solltest du ernst nehmen.

Und die Sonderpädagogin, kennt die dein Kind?

11

Lass ihn lieber mal testen, vielleicht ist er ja auch unterfordert. Manche finden Wiederholungen echt zu doof, wenn sie es schon können.

12

Bei uns ist die erste Klasse zu wiederholen nicht ungewöhnlich, dadurch dass es die Schulanfangsphase gibt und es immer Kinder gibt, die mit der bei uns recht zeitigen Einschulung nicht klar kommen, gibt es eigentlich in nahezu jeder Klasse immer 2-3 Schüler, die letztlich 3 statt 2 Jahre in dieser Anfangsphase (1-2 Klasse sind). Gehänselt wurde da keiner. Wir haben sowohl Regel als auch Flexklassen und in Flex fällt das sowieso nicht groß auf, aber dass Schüler neu in eine Regelklasse in Klasse 1 kommen, interessiert die Klasse ja genauso überhaupt nicht. Die sind selber alle neu.

Grundsätzlich wird "hängen bleiben" so ganz am Anfang glaube ich weder von den Schülern noch von den Lehrern nicht als klassisches Sitzenbleiben wahrgenommen. Da ist so eher die Haltung ....der war noch nicht so weit, braucht mehr Zeit.

Und ich bitte Dich ....wir haben Corona. Da werden mehr Erstklässler eine Ehrenrunde drehen. Wenn Du und die Lehrerin denken das wäre sinnvoll, dann besser jetzt als später wo die Noten kommen und das ganze langsam diese negative Wertung bekommt.