"Autistische Züge"

Huhu
Es geht um unseren Sohn. Mittlerweile 13 Jahre alt. Meine Cousine schult um und studiert aktuell Frühpädagogik. Jetzt kennt und begleitet sie unseren Sohn schon sein ganzes Leben und meint, etwas "erkannt" zu haben. Sie sieht ihn klar auf dem Autismus Spektrum, mindestens mit Autistischen Zügen, und findet, wir sollten der Sache unbedingt nachgehen.
Ihre "Erkenntnis" kommt für mich nicht so ganz überraschend. Dass er teilweise etwas speziell ist, ist uns natürlich nicht entgangen. Nennenswerte Probleme im Alltag, bei sozialen Situationen, Gruppengefüge,.. gibt es nicht. Er ist glücklich, hat Freunde und Hobbys. Gab es damals im Kiga oder jetzt in der Schule Rückmeldungen, kam schon mal etwas aus der Richtung (z.B. dass er es in der Grundschule anfangs stressig fand, wenn spontan Fächer getauscht worden sind). Das war aber nie etwas gravierendes.
Nun ja. Ich habe mir die Diagnosekriterien mal näher angeschaut und erkenne ihn schon mehr als gedacht darin.
Abläufe und Dinge die er beeinflussen kann (z.B. den Teppich nach dem Saugen wieder genau so hinlegen), macht er immer gleich. Liegt der Teppich mal anders, lässt ihm das keine Ruhe und er legt ihn wieder "richtig" hin.
Kann er etwas nicht oder nur bedingt beeinflussen, beschäftigt ihn das mal mehr und mal weniger. Letztendlich kommt er damit aber klar, weiß dass andere es nicht so sehen wie er oder versucht die Sache einfach anzugehen (Fragen kostet nichts, z.B. kommt er/seine Gruppe bei Präsentationen gerne als erstes dran, dann fragt er einfach ob das möglich wäre). Multitasking ist nicht so einfach für ihn, da haben wir gemeinsam dran gearbeitet und wenn es vor kommt, hält er sich an seinen Plan.
Er mag keine großen Gruppen und hält sich in solchen Situationen lieber zurück.
Das mal als Beispiele. Wie gesagt entstehen ihm dadurch keine nennenswerte Probleme.
Hat hier vielleicht jemand ein ähnliches Kind? Habt ihr irgendetwas gemacht, wenn auch nur mal nachgefragt? Das mit den Abläufen z.B. wurde mit den Jahren intensiver, so ab dem Kindergartenalter. Ich mache mir, jetzt wo ich mich in das Thema einlese, irgendwie Sorgen. Wie wird er sich weiter entwickeln? Hätten wir schon etwas machen oder merken müssen? Oder ist es vielleicht gerade richtig, auf sein Kind einzugehen und zu beobachten? Ohne gleich einen Stempel zu suchen, wenn etwas nicht wie bei dem Durchschnitt ist?

GLG

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Nur weil die Cousine Pädagogik studiert, ist sie keine Medizinerin und schon gar kein Psychiater. Diese Berufsgruppe wäre für dieses Anliegen der richtige Ansprechpartner und auch nur, wenn den Sohn tatsächlich Probleme hat.

Man muss nicht alles pathologisieren, nur weil man es kann. Sprich nicht jeder der eine/einige "Macken" hat, muss therapiert werden.

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"Man muss nicht alles pathologisieren, nur weil man es kann. Sprich nicht jeder der eine/einige "Macken" hat, muss therapiert werden."
Gut gelesen, der Meinung bin ich ebenfalls ;-) Trotzdem mache ich mir meine Gedanken , auch weil ich das so von meinen anderen Kindern nicht kenne. Austausch mit anderen und Erfahrungswerte, wenn vielleicht jemand mal vor den gleichen Gedanken stand, ist hier das was ich suche.

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In diesem Fall wäre der KiA der richtige Ansprechpartner, der kann dann auch an ein KJP überweisen, sofern aus seiner Sicht notwendig.

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Hallo.

Dein Sohn hat keine Probleme.
Ihr habt (mit ihm) keine Probleme.
Die Nichte (welche noch nicht mal fertig ist mit Studium) hat "irgendetwas erkannt".#schwitz

Glaub mir, bei so ziemlich jedem Menschen erkennt man "irgendwelche seltsamen Züge", wenn man genauer hinsieht oder lange genug danach sucht.

WAS versprecht ihr euch mit entsprechenden Recherchen? Es läuft doch alles gut, wie du schreibst.

Auch meine Kinder haben so ihre speziellen Rituale, Tics oder wie auch immer man es nennen mag.
Und? Solange es niemanden stört, ist doch alles prima.;-)

#winke

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Hallo
Naja, bei ihm ist es doch schon deutlich extremer als "jeder hat seine seltsamem Züge und Macken". Das ist, auch wenn es aktuell keine größeren Probleme gibt, schon ganz klar.
Gedanken darf man sich ja machen. Oft habe ich jetzt z.B. gelesen, dass Schule und Studium noch gehen, es aber danach, im Berufsleben, problematischer werden kann. Da frag ich mich einfach, ob es etwas gibt, das gezielt helfen könnte, dass es nicht so kommt. Oder ob es nicht doch hilfreich sein könnte, zu wissen ob da mehr ist. Bei der Geschichte mit dem Multitasking z.B. oder den Umgang mit Situationen die seinen Ablauf stören,mussten wir daheim schon gut dran arbeiten. Kann damit nichts zu tun haben, klar.

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Hallo 3kiddos,

Vielleicht schilderst du das Mal dem Kinderarzt wenn es dir keine Ruhe lässt.
Du sagst sonst gibt es keine Probleme.
Also mit Freunden oder in Gruppen.
Ich kann deine Intention schon verstehen ihm den Übergang ins Erwachsene Leben zu erleichtern falls es etwas gäbe woran man jetzt schon arbeiten kann.
Den Gedanken finde ich von dir richtig gut.
Er ist dein Sohn und du liebst ihn.
Und du wirst dir weiter Gedanken machen.
Pädagogik Cousine hin oder her.
Manchmal ist so ein Blick von außen gar nicht schlecht.
Und eigentlich hast du dir die Frage ja schon selbst beantwortet.
Egal was hier geschrieben wird.
Vertraue auf dein Instinkt.
Autismus hat wahnsinnig viele Facetten.

Ich finde schön das du ihm zuliebe das nicht abgetan hast,sondern dir das zu Herzen genommen hast und weiter denkst.

Was sagt den dein Mann dazu?

LG

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Ich schließe mich meinen Vorschreiberinnen an.

Ich bin Lehrerin und habe manchmal das Gefühl, "autistisch" ist das neue "egozentrisch".

Besonders schlimm ist dieser inflationäre Gebrauch des Wortes nicht nur für die Kinder, deren Charakterzüge unnötig pathologisiert werden. Sondern auch für die, die tatsächlich von einer ASS betroffen sind. Die nimmt dann nämlich irgendwann keiner mehr ernst. Ähnlich wie bei ADHS.

Solange es deinem Kind gut geht, würde ich nichts unternehmen.

LG

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Das ist interessant. Als Lehrerin hast du natürlich nochmal eine andere Sicht. Ich habe das im Zusammenhang mit den Kindern bisher noch nirgends gehört, im Gegensatz zu ADHS. Da hast du auch völlig recht.
Einen Stempel will ich ihm eigentlich auch nicht geben. Nur wird uns glaube ich erst jetzt wirklich bewusst, wie intensiv das ein oder andere doch ausgeprägt ist. Da es läuft und wir ihn ja nur so kennen, spielte das bei uns nie groß eine Rolle.

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Nagel auf den Kopf getroffen! #pro

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mein Sohn ist da ähnlich ....
was ich mit der Zeit erkannt habe ... auch weil der Papa ebenfalls sehr speziell ist:

selbst wenn es so wäre, ... oder so ist ..... und dann? --- dann ändert sich nix.
Es gibt keine Rosa Pille, die man einwerfen kann und auch keine spezielle Therapie....

hemmende Verhaltensmuster muss man einfach wegtrainieren (-dressieren, .sagt mein Mann immer), -- denn sie sind einfach da -- und entsprechen keinem Schema "F" ..... also geht man einfach auf das Besondere ein, -- trainiert, --- übt , .... hilft.... zeigt Wege, wie man mit manchen besonderen Verhaltensweisen umgehen kann...

Menschen mit Einfühlungsvermögen können das auch ohne Therapeutische Hilfe... -- Ergo hilft manchen... -- aber letztendlich ist das keine Diagnose, - aber man kann einfach durch Üben oder Aufzeigen von manchen Verhaltensweisen einfach zeigen, wie es "besser geht" im Leben.....
Das versuche ich bei Junior.... und achte mehr bei den "Knackpunkten" drauf, dass es besser klappt...

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#heul

Du weisst dass Pädagogik nicht Psychologie ist ?

Sag unserer Psyvhologin, dass wenn es ihr langweilig ist, kann sie am Daumen lutschen.:-[

Autistische Kinder - wenn du die hast, dann spürst du das Problem und nicht, dass jemand am Käffchen was vermutet.

Was sagt die Schule ?

#winke

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Hi :-)
Ich hab einen Asperger Autisten (7 J) zu Hause.
Diagnostiziert von deiner Psychotherapeutin&Psychologin. Haben es uns aber nicht attestieren lassen, aus dem ganz einfachen Grund weil es mehr Nach- als Vorteile hat. Mein kleiner Mann war von Anfang an anders, glaub mir das würdest Du merken und nicht erst jetzt. Interessanterweise meinte selbst die Therapeutin, dass „autistische Züge“ keine Therapie bedürfen solange das Kind intelligent genug ist, da es die „menschlichen Konventionen“ erlernen kann. Mach Dir nicht so viel Kopf und freu Dich dass es so gut läuft :-) Das größte Manko einer Autismusspektrumsstörung ist die Empathie, das Sozialverhalten, viel davon gucken sie sich ab. Einiges muss man explizit „lernen“. Vorleben, erklären. Meinem Buben musste ich zB erklären was ein Freund ist, oder dass wenn ihn ein Kind anlächelt er nicht ausgelacht wird. Er ist distanziert anderen Kindern ggü, aber nimmt Rücksicht, das können sie lernen :-) alles liebe!

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ja, so sehe ich das auch. Dadurch, dass wir schon mehrere "spezielle" Leute zu Hause haben, geschieht das irgendwie intuitiv. Mir fällt das nur auf, wenn ein Außenstehende und mal darauf anspricht, auf bestimmte Rituale zB.

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Hallo,
ich habe 2 Jungs mit Frühkindlichen Autismus - diagnostiziert, attestiert und die Kinder bekommen deswegen auch diverse Hilfen (Autismustherapie, I-Kraft, sonderpädagogischer Förderbedarf, Nachteilsausgleiche, Hilfsmittel,...)
Nur muss man klar sagen:
Autismus ist ein Stempel. Das ist keine therapierbare Krankheit, sondern das bleibt lebenslänglich. Solange du also der Meinung bist, dein Kind kommt ohne weitere Hilfe zurecht und ist glücklich, dann lass es um Gottes Willen nicht diagnostizieren. Deinem Kind bleiben so im weiteren Leben deutlich mehr Chancen erhalten.

Außerdem solltest du bedenken, dass es nicht nur Autismus und Gesund gibt - der Übergang ist fließend. Ein Kind muss in allen Bereichen starke Auffälligkeiten haben, damit es Autist ist.

Autistische Züge sind übrigens keine Behinderung, sondern einfach Zeichen der normalen, gesunden Entwicklung eines Menschen. Jeder Mensch hat sie ;). Nur ein Autist hat sie in extremen Maße.

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Also Autismus erkennen oft nicht mal Therapeuten, weil es oft schwer greifbar ist.
Das Studium deiner Cousine in allen Ehren, vorsichtig wäre ich schon. Lass dein Kind nicht zum Versuchskaninchen werden.

Hinhören, ok. Prüfen, ok. Sich verunsichern lassen (nachvollziehbar, aber) falsche Richtung.


Der Arzt, der bei einem Freund Asperger Autismus diagnostizierte, meinte:
in jedem Menschen steckt ein bisschen Autismus.

- es kommt auf die Menge an
- es kommt darauf an, ob/wie es das Leben beeinträchtigt oder nicht

Offenheit, so nehmen wie jemand ist, umdenken (loslassen von "das muss aber Strategien weil sie bei anderen funktionieren") sind schon hilfreich.


Mein ADHS Therapeut sagte, dass ADS/ADHSler häufig einen Streifschuss autistischer Züge mitbringen. Nicht, weil sie Autismus haben, sondern weil sie in der reizüberfluteten Welt ihre Struktur brauchen, suchen und sich bauen.

Bei mir stimmt es. Ich habe keine Autismus, bin von den Symptomen her manchmal damit zu verwechseln.

Es gibt aber auch vieles anderes, was zu ähnlichen Symptomen führen kann.

- Ordnung schaffen, in einer unruhigen Welt
- Gewohnheit aufzuräumen
- Ordnung als Sicherheit
beim einen mehr, beim anderen weniger.


Da Autismus und ADS/ADHS so vielschichtig und vielfältig auftreten, Hochbegabung auch, können Symptome bei jedem Menschen auftreten. Je nach Situation, Vergleichsituation, Erfahrungen, emotionaler Moment usw.

Daher ist es wichtig viele verschiedene Lebensbereiche zu betrachten.
Familie, Sport, Verein, Kindergarten, Schule, Gruppe, Einzelsituationen

und dann ist auch die Frage, wie beeinträchtigt es das Leben.

Eine Diagnose kann helfen Hilfe zu bekommen, Hilfe zu beantragen.
I-Kraft, Therapien, Elterntraining, Zeitausgleich, Frühförderung usw.

Dann macht eine Diagnose Sinn, wenn man selbst nicht weiter kommt und/oder merkt, dass es dem Kind selbst nicht gut geht damit.

Hilfe zur Selbsthilfe.

Schwierig wird es, wenn es darum geht eine Diagnose zu bekommen, aber eigentlich gar nicht weiß wofür. Emotional kann das belasten, verunsichern und bringt nicht weiter.
Im schlimmeren Fall kann es das, was bisher gut lief zerstören, einschränken oder kaputt machen, weil die Verunsicherung ein Damoklesschwert über Situationen hängt.


Daher ein paar Fragen:

kam dir früher schon der Gedanke dein Kind testen zu lassen?
Anders sein, kann vieles sein.
Hattest du den Eindruck, dass er oder du Hilfe braucht? Dass es Sinn macht, ihn mal ansehen zu lassen?

Was sagt dein Bauchgefühl?


zum Multitasking:
1. ich kenne einige Männer (und auch ein paar Frauen), die das gar nicht können
2. einige, die es sehr gut können
3. ich mache es ADHS bedingt, weil ich mich nicht auf eine Sache konzentrieren kann.
Seit ich ADHS Medikation nehme, mache ich BEWUSST kaum noch Multitasking. Es tut mir gut, EINE Sache ordentlich zu machen, als verschiedene chaotisch oder halb.

Nicht-Multi-Tasking musste ich erst lernen!

Eine Freundin, NICHT ADS/ADHS hat bewusst auf Nicht-Multitasking umgestellt.
Mit Kindern muss sie es zwar. Aber im Beruf setzt sie klare Grenzen. Im Zweifel müssen Kollegen auch mal kurz warten.
Sie merkte, dass ihr Stresspegel steigt und sie eine höhere Fehlerquote hat, wenn sie mehrere Sachen macht. Es sind dann zwar oft keine gravierenden Fehler, aber doch so, dass sie einiges noch mal machen musste. Eines nach dem anderen spart bei ihr Zeit.

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Hallo,

bei mir muss ebenfalls alles nach dem selben Schema ablaufen. Ich hab ebenfalls den Tic, dass es mich wahnsinnig macht, dass der Teppich immer so liegen muss wie er liegt oder alles seinen Platz braucht. Wenn ich Situationen nicht beeinflussen kann, werde ich ebenfalls kribbelig und nervös. Ich würde aber in keinster Weise behaupten, dass ich autistische Züge habe. Die Tochter meiner Freundin hat Asperger. Ja, sie hat auch solche Eigenheiten, aber da kommen noch eine ganze Bandbreite von Auffälligkeiten dazu. Bei mir sehe ich es als Charaktereigenschaft und auch teilweise als Angewohnheit. Ich brauche Struktur, und in meinem Kopf gibt es für alles einen Plan und zur Sicherheit noch einen Plan B. Ganz einfach um die Kontrolle über gewisse Situationen nicht zu verlieren. Das wurde bei mir auch mit zunehmendem Alter intensiver. Ganz einfach weil man reifer wird und mehr Erfahrung hat. Ich brauche es auch immer ordentlich. Bei mir muss alles exakt so stehen wo es seinen Platz hat. Ein unaufgeräumtes Schuhregal, ein quer liegender Teppich oder zerwühlte Sofadecken und -kissen können mich wahnsinnig machen. Das ist eine Marotte und Perfektionismus von mir. Wenn dein Sohn keinerlei Schwierigkeiten hat, würde ich auf die Meinung der Cousine nichts geben. Man kann im Prinzip in jede Eigenart eines Menschen Dinge hineininterpretieren.

LG
Lotta