"Verplantes Kind" - Realschule oder Gymnasium?

Hallo, es geht mal wieder um unseren Sohn (10). Ich hatte ja bereits mal ein Thema zu seiner Unordnung (das mir leider etwas entgleist ist, hatte ich den Eindruck, aber andere Sache). Es steht jetzt schon länger im Raum, ob er auf die Realschule geht oder auf das Gymnasium. Seine Noten würden fürs Gymie locker reichen. Dennoch plädieren ich und alle Lehrer für die Realschule. Mein Mann ist eher für das Gymnasium, er sieht aber auch den Punkt für die Realschule. Unser Sohn selbst würde lieber aufs Gymnasium, ich habe aber den Eindruck, dass er keinerlei Ahnung hat, was ihn da erwartet. Sein Opa dagegen ist vollkommen für das Gymnasium und redet auch immer auf unseren Sohn ein, dass das mit seinen Noten doch die einzige Möglichkeit wäre, was unseren Sohn auch verunsichert
.
Alles in allem ins die Situation etwas verfahren.

Zu den Gründen, warum seine Lehrer und ich für die Realschule plädieren: Er ist eben sehr verplant. Sein Ranzen, wie gesagt, wird nur mit viel Hilfe und Widerwillen gut gepackt, kommt er aus der Schule heim, fehlt aber oft wieder die Hälfte. Oft schicke ich ihn gleich nach der Schule wieder los, damit er fehlende Hefte und Stifte noch holt. Seine Hefte sehen auch entsprechend aus. Er ist manchmal so mit dem Kopf in den Wolken, dass er sich ins Klassenzimmer setzt und nicht merkt, dass die anderen gar nicht da sind (z. B. weil Sport oder Musik ist), dann muss er geholt werden.

Bei Proben vergibt er oft Punkte, weil er z. B., eine Aufgabe vollkommen übersieht oder aber, obwohl bereits x mal geübt, Maßangaben wie Kilometer, Meter, cm vergisst. Dann hat er alles richtig gerechnet und trotzdem eine 2 oder eine 3, weil diese Angaben eben fehlen. Oder alles richtig gemacht aber dennoch eine 2, weil er eine Aufgabe mit höherer Punktzahl einfach übersehen hat.
Oder er wird nicht fertig, denn auch sein Arbeitstempo ist oft sehr langsam, oft schafft er Hefteinträge nicht in der Zeit und muss sie dann von anderen kopieren.
Auch setzt er die Hefteinträge oft wie Kraut und Rüben, da übersieht er eine Seite, die ist dann leer, 3 Tage später füllt er die Lücke mit dem dann aktuellen Hefteintrag, dann sind seine Hefteinträge z. B. in der Reihenfolge 1,2,3,7,4,5,9,6,8,10 etc.
Er lernt nur partiell gerne, nämlich in seinen Interessensschwerpunkten. Derzeit geht das noch, er gleicht es mit Klugheit und schneller Auffassungsgabe aus, aber auf Dauer wird er da, meinen die Lehrer, mit straucheln. Wenn ihn was nicht interessiert, kann er auch manchmal echt provozierend werden und hängt z. B. über der Bank und erklärt, das alles wäre "laaaangweilig" (das aber wohl eher am Ende des Unterrichts, da er diesen nie stört).

Auf der anderen Seite hat er v. a. für Sachen, die ihn interessieren, ein fotografisches Gedächtnis. Er schaut einmal drüber und kann widergeben, was da steht, oft 1 zu 1 oder sogar noch ergänzt mit Hintergrundwissen, das er sich anderswo erworben hat. Deshalb hat er in Proben, in denen es stark um Textverständnis geht und in Multiple choice Tests prinzipiell 0 Fehler (außer, er übersieht mal was). Er interessiert sich v. a. im naturwissenschaftlichen und historischen Bereich für sehr viele Dinge, merkt sich alles und kann darüber dozieren wie ein Großer (z. B. geht er regelmäßig zum Familientag ins geologische Museum und fachsimpelt da mit den Studenten, die jedes Mal total begeistert von dem Kind sind). Er kann reden und locker Referate halten, mit hohem fachlichen Anspruch. Sein IQ ist hoch, mit großer Inselbegabung auf Logik und Textverständnis.
Seine Lehrerin meinte erst neulich, sie ist jedes Mal wieder erstaunt, dass er mit diesen Hefteinträgen und diesem Arbeitsverhalten trotzdem gute Noten hält.
Auch ist sein Sozialverhalten in der Klasse sehr gut und er hält sich an alle Regeln des sozialen Zusammenhalts (naja, nicht unbedingt daheim, aber auswärts), manchmal fast schon zu sklavisch (indem er dann ganz unruhig wird, wenn sich andere nicht daran halten und auch mal Leute anpflaumt, weil diese über die Wiese rennen, die doch ein "betreten verboten"-Schild hat), aber insgesamt sehr gut und sicher.

Insgesamt sagen alle Lehrer über ihn, dass er vom Intellekt her und vielen seiner Fähigkeiten ein Kind für das Gymnasium wäre, nicht aber vom Arbeitsverhalten und der "Verplantheit" her. Ich glaube, es wäre für ihn insgesamt einfach viel leichter und mit weniger Frustration verbunden, auf die Real zu gehen und dann eben auf die FOS oder so.

Hat jemand von euch vielleicht ein ähnliches Kind und wie habt ihr euch dann entschieden?

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Wenn die Noten passen und ER das auch will, dann lasst ihn doch aufs Gymnasium.:-D
Er ist so und so gezwungen, was an seinem Verhalten zu ändern. Mit seiner derartigen "Verplantheit" würde er auch auf der Realschule scheitern. Da kann er ja mit seinem Intellekt auch nicht das ausgleichen, was ihm an Organisation fehlt. Oder wie habt ihr euch das vorgestellt?#zitter

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Es ist in der Realschule einfach anders. Erstens muss man nicht so oft das Klassenzimmer wechseln. Dann sind die Hefteinträge, die ein Problem darstellen, niemals so umfangreich von der Tafel abzuschreiben, zumindest wurde mir das mehrfach bestätigt. Der Stoff ist zudem insgesamt weniger, da käme er trotz Verplantheit sicher besser hinterher. Wie gesagt, es ist die auch die übereinstimmende Empfehlung aller Lehrer.

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P. S. Und ich denke, fürs Gymie muss man einfach prinzipiell gerne lernen. Das ist bei ihm eben nicht umfassend der Fall, sondern nur in Interessenschwerpunkten. Wir waren bei Beratungslehrern beider Schulformen und diese sagten übereinstimmend, das für das Gymnasium "Spaß am Lernen" absolute Voraussetzung wäre. Wichtiger noch als Intelligenz.

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Ich hätte auf der Realschule die Bedenken dass er als zerstreuter Besserwisser (sorry ist etwas gemein, aber das ist das Bild was ich nach deinem langen Text habe), sehr schnell ein Außenseiter ist. Vom intellekt wird ihm eher niemand das Wasser reichen können und seine ständig verplantheit kommt drauf an wie die aufgenommen wird. Außerdem wüsste ich nicht warum ein Realschüler es bzgl selbstorganisation es einfacher hat.
Ich würde offen und ehrlich mit ihm sprechen.

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Also nein, Besserwisser eigentlich nicht. Er belehrt ja selten jemanden (außer mal beim Punkt "verboten"). Ansonsten ist er eher so begeistert von Thema X und Y, das er andere damit anstecken kann.

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Auch gleichaltrige? Oder nur erwachsene? Interessiert er sich auch für Dinge die seine Klassenkameraden interessant finden?

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Ich hab ein Kind auf dem Gymnasium und eins auf der Realschule. Mein Realschulkind hat bei weitem mehr Hausaufgaben auf. Die fünfte und sechste Klasse ähneln sich doch sehr, abgesehen von der zweiten Fremdsprache. Auf dem Gymnasium finde ich dass die Schule genauer auf ihre Schüler achtet, mehr anbietet (kostenloser Instrumentalunterricht, mehr spannende Kurse usw.
Allgemein ist das Gymnasium hier toller. Auf der Realschule sind neben mehr Hausaufgaben die Schüler auch mehr sich selbst überlassen. Kommen sie wo nicht mit, haben sie Pech. Auf dem Gymnasium gibt es Intensivierungsstunden nach Bedarf.

Was das lernen angeht und ordentlich sein sind beide Schulen gleich. Und auch auf der Mittelschule muss man sein zeug ordentlich beisammen halten.

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Aber das Arbeitstempo ist doch nicht dasselbe, oder? Das Arbeitstempo ist ja auch ein großes Problem.

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Nochmal ergänzend: Es würde keine normale staatliche Realschule werden, sondern eine private mit kleinen Klassen.

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Was schon ein wichtiger Hinweis ist.... Und sicher für euch die entspanntere Lösung wäre ....

Ich sehe ihn dennoch eher auf dem Gymnasium
......

Jedenfalls wird er was seine Verplantheit angeht so oder so dazu lernen müssen und warum ihm die Chance nehmen, wenn er es will und den Intellekt dazu hat.

Ich kannte so einige verplante Kinder auf dem Gymnasium und sie haben sich schlicht weiterentwickelt. Entscheidend ist ob er mit dem Stoff zurecht kommt, an der Organisation muss er so oder so arbeiten. Und das müssen alle Kinder auf dem Gymnasium. Im Notfall könnte er immer noch wechseln...

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Mein kleiner Sohn geht auf eine private kirchliche Realschule. Der Anspruch ist hoch und steht in Klasse 5 dem Gymnasium in nichts nach.
In der 6. Klasse kommt die zweite Fremdsprache hinzu (Französisch). In der Schule ist ein Musikinstrument verpflichtend bis Ende Klasse 8. Die Schule ist zwar insgesamt klein (2 zügig) aber es sind pro Klasse 33 Kinder.

Ich glaube dein Sohn wird überall lernen müssen und sich organisieren lernen. Da ist die Realschule deutlich Konsequenter als das Gymnasium!

Mein Großer geht aufs Gymnasium uns scheint vom Typ er zu sein wie dein Kind. Oftmals langsam und unkonzentriert und verpeilt. Er hat eine wahnsinnig hohe Auffassungsgabe,vermutlich auch irgendwie fotographische Fähigkeiten und vermutlich auch eine recht hohe Intelligenz.
Laut seiner Lehrer bleibt er weit hinter seinen Fähigkeiten auf Grund seiner Konzentration.
Er ist kein 1er Schüler aber kommt mit seiner Art zu arbeiten gut durch die Schule mit einem Schnitt von 2.1.

Daher würde ich ihn zum Gymnasium schicken
Lg

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siehst Du irgend eine Chance, diese Verplantheit in geregelte Bahnen zu kriegen? Ihn besser zu organisieren? -- wenn ich jetzt meinen 5. Klässler ankucke, da bezweifle ich, dass er heute, wie Du ihn beschreibst, ausreichend organisiert sein wird und vor allen Dingen die Kerninformationen so mitkriegt oder mitschreibt, die für eine gute Note bei der Arbeit nötig sind, erreichen kann ... --- man kann in wenigen Worten in einem Forum das Kind nicht vollumfassend beschreiben, wie es vielleicht nötig wäre, -- aber so wie du schreibst, und was ich in diesem Ordnungs-Threat gelesen habe, zeigt er eben nicht mal die BEREITSCHAFT, das zu ändern und sich zu organisieren - er befolgt Mitbring -Anweisungen nicht usw.... - ... DAS wäre das K.O. Kriterium für mich .

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Er zeigt die Bereitschaft durchaus dann, wenn ihn was interessiert (oder er jemanden sehr mag). Wann nicht, dann stellt er auf stur. Ich sehe derzeit wenig Chancen, das wirklich umfassend zu ändern. Zumal ich ja im Prinzip auch ähnlich bin und auch als Kind so war, nur etwas milder. Weniger Sachen scheint gut zu funktionieren.

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Ich für meinen Teil würde ihn eher aufs Gymnasium schicken. Den Intellekt hat er ja. Realschule könnte ihn maßlos langweilen.
Und - er entwickelt sich ja weiter und lernt dazu, er ist ja jetzt erst 10.
Die Dinge, mit denen er jetzt Probleme hat, würden ihm auch auf der Realschule vor Probleme stellen.
Da kann man nur konsequent hinterher sein bis es es irgendwann von allein ändert.

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würden IHN vor Probleme stellen... #augen

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Ich würde für Gymnasium plädieren - aus dem Grund, dass solche "Verpeiler" (ich habe selber so ein Exemplar) später auch in den Berufsstrukturen, die auf die Realschule folgen, nicht gut aufgehoben sind. Die kommen eher klar, wenn sie sich mit einem Studium irgendwo verwirklichen können, glaube ich.

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Wirklich? Mein Mann und eine Freundin haben von der Uni auf die FH gewechselt, beide, weil sie die schulischen Strukturen dort viel besser fanden für die Selbstorga.

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Ich habe in einigen Dingen ein ähnliches Kind....er vergisst zwar sein Zeug nicht, weiß aber schulisch oft nicht wo der Hammer hängt. Vorbereitung Klassenarbeiten, pünktlich Referate erstellen, wissen welche Hausaufgaben auf sind....nicht nötig, wird völlig überbewertet. Er hat auch eine sehr schnelle Auffassungsgabe und merkt sich viele Dinge. Inzwischen ist er in der 9. Klasse Gymnasium, nie ein guter Schüler aber er kommt durch. Viele Punkte in Arbeiten werden vergeben wegen halb gelesen Aufgaben, Rechnen mit falschen Zahlen, nicht vorbereitet sein uns so weiter im Regelfall selbst gemachte Baustellen. Ich denke diese Dinge wären auf der Realschule oft noch schlimmer, da er abschaltet sobald er es kann und die Fehlerquote in einfachen Aufgaben die höchste ist.
Schick ihn auf seine Wunschschule helfe ihm so gut es geht bei der Orga... ich habe dieses Jahr damit aufgehört und die Orga übergeben, die Reibungspunkte wurden zu groß....

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So wie du es beschreibst würde ich ihn definitiv auf's Gymnasium schicken, allerdings mit ihm besprechen, dass er da etwas organisierter und disziplinierter drangehen muss.
Auf dem Gymnasium wird auch nur mit Wasser gekocht, und die fast 40% deutscher Gymnasiasten sind nicht alles hochintelligente, perfekt organisierte Musterschüler.

Meinem Sohn habe ich mal eine Eulenpostkarte mit dem Spruch auf den Schreibtisch gestellt: "Wenn du keine Ahnung hast, versuch wenigstens intelligent auszusehen", weil er es seit der Grundschule auch immer wieder geschafft hat, bestimmten Lehrern zu vermitteln, dass das was diese gerade vortragen seeehr langweilig sei. Dieses provokante Verhalten sollte man sich schlicht abgewöhnen. Unhöflich und unnötig.

Auf der anderen Seite sollte ein Lehrer auch nicht (aus gekränkter Eitelkeit ?) vom Gymnasium abraten, wenn die Auffassungsgabe etc. stimmt, finde ich. Und: wenn ein Kind wirklich auf's Gymnasium WILL, wird es sich auch bemühen, diese Motivation würde ich nicht unterschätzen.