Austausschüler - die zweite

Hallo,

danke für die vielen netten Antworten auf meinen letzten Beitrag.

Unser Austausch kam durch das Ministerium für Kultur und Jugend BW zustande. Die Französischlehrerin teilte in der Klasse, an die die interesse hatten, die Blätter aus. Das Ministerium vermittelt dann die Schüler. Für alles andere ist man dann selbst zuständig.

Unser Gast ist nun schon über eine Woche bei uns. Der Vater hat ihn gebracht und ich habe den Vater dann die eine Nacht bei uns übernachten lassen. Auf alles andere bin ich nicht mehr eingegangen.

Der Junge ist nett, aber er spricht fast kein Deutsch. Ich leider kein französisch. Meine Tochter versucht zu vermitteln so gut es geht, aber manchmal kommen wir nicht weiter.

Leider ist er total handysüchtig. Egal was wir machen, er hängt nur am Handy oder telefoniert mit den Eltern oder Freunden. Auch verbringt er mehr Zeit in seinem Zimmer, als bei uns. Das finde ich ziemlich schade. Bitte versteht mich nicht falsch, es ist natürlich vollkommen ok, dass er sich mal zurückzieht, aber nach dem Abendessen z. B. verschwindet er in seinem Zimmer und wir sehen ihn nicht mehr ... keine Möglichkeit zusammen noch etwas zu unternehmen. Wir können im nicht mal eine gute Nacht wünschen ...

Meine Tochter ist ziemlich enttäuscht, weil sie sich sehr auf den Austauschschüler gefreut hat. Sie hatte so viele ideen, was sie mit ihm machen könnte und hatte sich gefreut zusammen mit ihm für die schule etwas zu machen (da macht er überhaupt nichts). Aber auch ich habe es mir anders vorgestellt. Er zeigt leider wenig Interesse an dem, was wir mit ihm machen und läuft meist weg und wir suchen ihn dann.

Sport, wie es sein Vater erwartet hat, macht er so gut wie gar nicht. Ich rede ihm da aber auch nicht rein. Es reicht mir schon, wenn die Eltern anrufen und ihn "zwingen" sofort etwas am Computer für seinen Sport zu erarbeiten. Egal, ob wir gerade unterwegs sind oder was vorhaben. Da gab es bei ihm schon Tränen und ich weiss gar nicht, wie ich ihm da helfen kann. Er tut mir da einfach nur leid.

Ich hatte jetzt die Französischlehrerin um Hilfe gebeten, aber sie meinte, ich solle es lockerer sehen und ihm seine Freiheit lassen. Ich finde es aber meiner Tochter gegenüber nicht fair, wenn für ihn andere Regeln gelten, als für sie.

Erwarte ich wirklich zu viel???

Mache mir jetzt schon Gedanken, wenn meine Tochter dann in Frankreich ist. Nachher sitzt sie alleine rum, weil er nur am Handy sitzt. Er wohnt in einem Ort mit drei/ vier Häusern und es ist nur Wald und Feld drum rum.

Was ich auch etwas unhöflich fand war, dass ich am ersten Tag gleich eine Tüte voll mit Dreckwäsche zum waschen bekommen habe.

Wünsche euch einen schönen abend .

Vg rolabaer

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ich würde der lehrerin zustimmen, entspann dich, hab freude dran, oder lass es eben an dir vorbeirauschen, wenn er dich so nervt. das ist ja keine ewig lange sache. es ist ein teenager, da darf man nicht zuviel soziale und v.a. interkulturelle kompetenz erwarten. wenn du da mehr interaktion sehen willst, musst du das anleiern, du bist die erwachsene.

was deine tochter angeht - die wird in frankreich gut für sich selber sorgen können. sie ist doch kein kind mehr. ich würde mich da an deiner stelle raushalten.

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Du hast recht, mein Kind ist nicht mehr klein, aber trotzdem mache ich mir Gedanken.

Ebenfalls erwarte ich von meiner Tochter, dass sie sich an die Regeln der Gastfamilie hält.

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Mit 14 hätte ich schon den Anspruch, dass man sich um sie kümmert, ihr Land und Leute näher bringt, mal zusammen kocht, einen Ausflug macht, Karten spielt, Spaß hat - statt nur im Zimmer herumzuhocken, während der Gastbruder zockt oder 4 x pro Woche trainiert....ich würde erst abklären wollen, was da geplant ist, bevor ich Geld und Mühe in so einen sog. "Austausch" investiere....
Kannst du bei euch zuhause das Ruder noch herumreißen bzgl. Besuch? VG

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Du weißt schon, dass du die „GastMUTTER“ bist und er sich deinen Regeln zu unterwerfen hat? Ich meine jetzt nicht, dass er dein Haus putzen soll, aber es ist dein Haus, es gelten deine Regeln. Setze dich mal etwas durch. Es kann deiner Tochter durchaus passieren, dass in Frankreich ganz andere Regeln herrschen und der französische Austauschbruder hier gerade Freiheit schnuppert und arg übertreibt.

Könnt ihr nicht seine Eltern kontaktieren? Ich würde hier die Handyzeiten ganz arg einschränken. Den Eltern würde ich auch mitteilen, dass sein Leben nur am Handy stattfindet. Das heimische W-LAN würde ich definitiv rationieren - schon um genügend Schlaf zu garantieren.
Für Teenager gelten gleiche Regeln. Ich könnte dir ja jetzt den Vorschlag machen, einen Ausflug ins absolute Funkloch zu unternehmen. Da gibt es ja überall genügend.
Ich würde den Jungen etwas in den Haushalt einbinden. Flüchten ist nicht drin. Dann wird er hält solange genervt, bis er aufgibt. Du kannst ihn auch nochmal ausdrucken und unter die Nase halten, was der Sinn und Zweck des Programms ist...möglichst auf französisch.

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Ich sehe das genauso ... mein Problem ist nur, dass ich kein Französisch kann - nur ein paar Wörter. Als wir uns dafür entschieden haben, habe ich bei der Lehrerin und beim Ministerium nachgefragt, ob das ein Problem ist und alle sagten, dass das ok ist, da das Kind gut Deutsch kann. Deshalb habe ich mich ja jetzt an die Lehrerin gewendet und um Hilfe gebeten. Leider meint diese, dass ich dem Jungen seine Freiheiten lassen soll.

Meine Tochter hat schon versucht mit ihm zu kochen, wir unternehmen einiges usw ... aber er kann sein Handy einfach nicht mal für 5 Minuten weglegen. Es ist ja auch ok, wenn er mal am handy zockt usw ... aber er ist doch hier um was anderes zu sehen.

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...das siehst du so. er sieht das anders, ihm entgehen dadurch erfahrungen, nicht euch. ich fände es übergriffig, ihm irgendwas in sachen handygebrauch vorschreiben zu wollen (bei eigenen kindern in dem alter ebenso). ich würde einfach anklopfen, in sein zimmer maschieren und ihn ins wohnzimmer lotsen, gemeinsam gesellschaftsspiel, ausflug, film schauen, oder zusammen zocken am großen bildschirm. was ihr halt gern zusammen abends oder so sonst so macht. da wird er sich kaum aktiv verweigern, und wenn doch, dann vermutlich eher aus scham. jungs sind weniger weit als mädchen in den allermeisten fällen, dem herrn wird alles sehr peinlich sein. stichwort teenage angst, das gefühl, nie passend zu sein.. du warst doch auch mal in dem alter.

und selbst wenn es blöd läuft, dann lernt dein kind was über überzogene eigene erwartungen an gäste und deren eigenleben. gastfreundlich ist man immer für den anderen, nicht für sich selbst.

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Möglicherweise nimmt euer Austauschschüler nicht freiwillig und mit Begeisterung am Programm bei, sondern auf Diktat seiner Eltern. Schade, dass ihr das nun ausbaden müsst. Gut möglich, dass der Junge leidet wie ein Hund.
Achte einfach darauf, dass er die rudimentärsten Regeln eurer Familie einhält, mehr Initiative und Begeisterung wirst du kaum bewirken können. Kommuniziere ihm dies auch exakt so, wenn sein Deutsch und euer Französisch nicht ausreicht klappt es vielleicht mit Englisch.

Was den Gegentausch anbelangt: wenn dein Gefühl sehr ungut ist, wende dich an die Organisation und verlange eine alternative Platzierung für deine Tochter (wir hatten auch einmal plötzlich zwei Austauschschülerinnen, weil bei der einen der Platz unzumutbar war). Ansonsten erarbeite vorab mit deiner Tochter Strategien, wie sie das Beste aus der Zeit machen kann. Oder besprich dich mit den Eltern des Jungen.

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Hallo,

ich denke, Du "erwartest" tatsächlich zu viel - er wird nicht von sich aus aus sich rausgehen. Du solltest mehr Energie aufbringen, ihn ins Familienleben zu integrieren.

Thema Verständigung: Wahrscheinlich versteht er sehr viel mehr als es scheint. Franzosen können da ganz gut auf stur schalten. (Und das ist keine Beleidigung, sondern Erfahrung; ich bin praktisch in Frankreich groß geworden und habe viele französische Freunde ;-))

Überlasst ihm alltägliche Aufgaben, nehmt ihn überall hin mit, hol ihn aus dem Zimmer raus und unternehmt gemeinsam etwas. Handyverbot finde ich nicht gut; biete ihm Alternativen - aber lass im auch Zeit für sich allein.
Lass ihn doch mal kochen (gemeinsam mit Deiner Tochter zusammen ein französisches Gericht).

Deine Tochter hatte bestimmte Vorstellungen? Schwierig. Eventl. ist er enttäuscht, bei einem Mädchen gelandet zu sein. Eventl. ist es nicht schlimm, dass sie ein Mädchen ist, aber vielleicht gefällt ihm Deine Tochter nicht - schwieriges Alter.
Organisiert Ihr auch mal Treffen mit den anderen Franzosen und deren Gastfamilien?

Er ist erst eine Woche da - muss noch warm werden. Vielleicht hat er Heimweh? Oder schreibt die ganze Zeit mit seiner Freundin/seinem Freund?
Ich weiß jetzt nicht, ob Du einen Partner hast. Wenn ja - vielleicht könnte der sich intensiver mit dem Jungen beschäftigen?

LG

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Danke für deine Antwort. Meine Tochter hat schon ein paar mal versucht mit ihm zu kochen/backen, aber jedesmal verschwindet er dann wortlos in sein Zimmer. Wenn wir etwas unternehmen (durch ihn jetzt etwas mehr) nehmen wir ihn natürlich auch immer mit - egal ob es nur zum einkaufen geht (auch um zu erfahren, was er mag und was nicht) oder wir einen Ausflug machen. Wir haben ihn auch gefragt, ob er irgendwelche wünsche hat ... was er gerne machen/sehen würde. Finden meine Tochter und ich nämlich auch sehr interessant ... zu wissen, ob er irgendwas gerne macht, was wir auch mal probieren könnten. Meine Tochter trifft sich mit ihm auch mit ihren Freunden (Jungs und Mädchen), aber auch sie sind etwas genervt von seinem "handykonsum". Ich versuche ihm beim Frühstück zu erzählen, was wir so am Tag vorhaben/planen. Heute habe ich gefragt, ob er mir im Garten helfen möchte (er hatte mich gefragt, ob er mir mal dabei helfen kann). Darauf hat er nur geantwortet, dass er am Computer für seinen Sport arbeiten muss. Fand ich schade, ich hätte mich gefreut.

Ich denke nicht, dass er Heimweh hat. Ich habe mehr das Gefühl er geniesst die Freiheit. Was ja auch schön ist ... aber eben auch etwas schwierig ...

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Am Computer für seinen Sport arbeiten?
Da fällt mir nur E-Sport oder Schach ein, worum handelt es sich denn?

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Der Kerl ist nur wenige Tage bei euch.
Ich würde da gar nicht groß anfangen Regeln aufzustellen und einzufordern, zumindest so lange sich sein Verhalten ihm Rahmen hält. Das schafft nur schlechte Stimmung und lohnt sich für die paar Tage nicht.
Bei einem längeren Austausch wäre das natürlich anders.

Versetz dich mal in seine Lage. Der Junge ist vielleicht das erste Mal so ganz alleine von zu Hause weg, in einer völlig fremden Familie, mit der er sich nur schwer verständigen kann. Da kann es schon sein, dass er sich zurückzieht und so seine Unsicherheit verbirgt. Dass er sich da vermehrt in seine Handywelt flüchtet, ist nicht wirklich ungewöhnlich.

Wir hatten ja auch schon häufiger Franzosen da. Wenn sie besonders still und zurückgezogen waren, hat oft ein Besuch von anderen Franzosen geholfen. Unser Sohn hat sich dann einfach mit Klassenkameraden, die auch gerade einen Franzosen da hatten, getroffen, entweder zum Fußballspielen, oder Monopoly , Fernsehabend oder so. Auch Ausflüge am Wochenende haben wir immer mal wieder mit anderen gemacht. Dabei sind sie echt aufgetaut.

Geplante Aktivitäten am Abend würde schon am Morgen ankündigen. Beachte dabei aber, welchen Plan der Franzose tagsüber hat. Wenn man den ganzen Tag Sehenswürdigenkeiten anschaut oder umgeben von Deutschen in der Schule sitzt, ist man abends oft einfach wirklich durch und möchte vielleicht wirklich nur Ruhe und schlafen. Da ist weniger manchmal einfach mehr.

Über solche Ärgernisse wie den seltsamen Vater oder schmutzige Wäsche würde ich hinwegsehen. Wäsche kann man ja waschen und den Vater ignorieren.

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Wir kennen leider keine Franzosen. ...

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Ich kenne noch deinen letzten Beitrag. So wirklich überrascht mich das alles nicht. Es gab vorher Chemie Probleme. Es gibt jetzt Chemie Probleme. Daran wirst du jetzt wenig ändern können. Er ist eben leider nicht so, wie ihr euch das vorgestellt habt. Wahrscheinlich ist der Austausch nicht seine erste Wahl gewesen und wahrscheinlich genießt er es mal Ruhe vor allem und vor seinen Eltern zu haben.

Ihr werdet da wenig machen können. Du kannst ihn in den paar Tagen jetzt nicht erziehen. Du kannst nur immer wieder versuchen Angebote zu machen und hoffen, dass er sie annimmt.

Was die Reise nach Frankreich angeht, würde ich einfach noch mal nach der Geschichte mit dem Veranstalter sprechen, ob es nicht doch andere Möglichkeiten gibt....z.b. ein Wechsel. Vielleicht sind aber die Eltern auch motivierter als das Gastkind selbst...

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ich würde hier ganz klar sagen mein Haus meine Regeln, und somit die Handyzeit sehr einschränken...

was für einen sport macht er denn??

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Orientierungslauf.