Wie läuft das eigentlich mit der Berufswahl?

Hallo

Ich arbeite als Berufseinstiegsbegleiterin. Bin also für Hauptschüler da, weil die besonders schwierigkeiten auf dem ausbildungsmarkt haben.
M8mentan bin ich nur noch am Staunen und frag mich, ob ich vielleicht einfach zu viel erwarte.
Mit meinen Schülern treffe ich mich ein Mal pro Woche. Anfang November habe ich gesagt, dass zwingend Bewerbungen raus müssen.
Ich hab die Lebensläufe und die Anschreiben vorstrukturiert. Wirklich kleinschrittig vorbereitet.
EINER von 5 hat sein Zeug heute endlich mal fertig bekommen. Ich versteh das nicht...#kratz Dann ist mir heute die Hutschnur geplatzt und ich hab zwei von meinen Schülern gesagt, er solle nach dem Unterricht dableiben, um sein Zeug fertig zu schreiben. Die anderen 2 werden nächstes Jahr definitiv keine Ausbildung machen. Da wehrte der erste sich und heulte herum, dass er auch mal Freizeit brauch... Der andere, den es noch betraf, blieb ohne zu murren, will sich aber nicht für ne Arbeit bewerben, die ihm nicht 100% gefällt. Dann darf die arbeit nicht zu wenig bezahlt werden - jaaa... ne Ausbildung wird nicht so vergütet, dass man davon leben kann????!!!
Dann darfs keine Schichtarbeit sein und keine schwere Tätigkeit...
Bin ich altmodisch? Oder einfach nur doof? Oder was ist das?
Läuft das bdi euch auch so?
#winke

Ich hab heute den eltern einfach das vorbereitete Material geschickt. Sollen die ihren Kindern doch mal in den Popo treten...

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Ohne mit Vorurteilen um mich schmeißen zu wollen und ich hoffe, ich trete niemandem auf den Schlips, aber hast du da nicht auch viele Schüler die ein Elternhaus haben, wo nicht gerade Ehrgeiz vorgelebt wird?
Ist denn dein Job nicht der, Lust auf eine Ausbildung zu wecken?
Wenn xy dies und jenes nicht will, was will er dann?
Zu meiner Zeit gab es das BIZ beim Arbeitsamt wo wir uns über unsere Möglichkeiten informieren konnten. Ich habe dann aber Abi gemacht, weil ich in dem Alter noch gar nicht wusste, was ich mal machen will. Diese Option haben deine Schüler wohl nicht, aber ich kann nachvollziehen, dass es schwer ist, sich zu entscheiden. Schon weil gar nicht alle Möglichkeiten da sind.
Ich hoffe, dass die Eltern was sagen, aber wie sind denn die entsprechenden Schüler in anderen Fächern?

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Da merkt man halt das sie erst 14 oder 15 sind, die haben was anderes im Kopf. Ich sehe es wenn wir Schülerpraktikanten haben fast 50 % schmeißt hin obwohl sie nur 5 Tage durchalten müssen, teilweise werden sie von Mama abgeholt wenn sie kein Bock haben.

LG
Visilo

PS
Meinem Sohn steht das nächstes Jahr bevor, davor graut mir

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Hallo
Ich arbeite im Personalwesen. Laut älteren Kollegen, war es auch „damals“ nicht unbedingt anders. Als neueres Problem (auch das sollte man wohl in Anführungszeichen sehen), sehen sie die vielen Schüler, die aus gesellschaftlichem Druck Abi machen und anschließen studieren, um halt zu studieren.
Bewerbungen, bei denen man sich denkt #kratz, und Bewerber, bei denen man sich fragt, wie sie es überhaupt geschafft haben, sich zu bewerben, gab es schon immer.
Bei Hauptschülern kommt natürlich das Alter dazu. Zum Thema Elternhaus, habe ich meine eigenen Beobachtungen gemacht. Ein nicht so tolles Elternhaus und der Wunsch nach einer besseren Zukunft, kann eine große Motivation sein. Da habe ich schon einige erlebt, mit einer wirklich tollen Arbeitsmoral. Bei Abiturienten und ähnlichen, mit gaaaanz tollen und erfolgreichen Eltern, habe ich es schon erlebt, wie sich darauf sehr unschön darauf ausgeruht wird und ähnliche Geschichten. Soft Skills ? Fehlanzeige.
Das ist natürlich nur meine subjektive Wahrnehmung. Schwarze Schafe gibts überall ;-)
Ich würde die Hoffnung noch nicht aufgeben.

LG

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Um deine Frage zu beantworten, ja, ich glaube, du erwartest zumindest teilweise zu viel. Wobei du das erwarten musst, du kannst ja nichts für die Situation.

Aber wie schon geschrieben wurde, wir reden hier von 14-, 15-jährigen Jugendlichen. Die gerade mal den Sprung weg vom Kindsein geschafft haben, deren Gehirn komplett im Umbau ist, die vielleicht gerade die erste 'Beziehung' haben und die Freunde sind sowieso wichtiger als alles andere und von den Eltern will man sich gerade ohnehin so weit wie möglich lösen und dann wieder doch nicht und ... kompliziert.

Als wäre das alles nicht schwierig genug, kommt da noch jemand um die Ecke mit 'Schulabschluss' und 'Ausbildung'. Das ist gefühlt noch alles weit weg, Berufsleben ... das hat doch noch Zeit. Mal ehrlich: Wie sollen Kinder in dem Alter auch wissen, was sie den Rest ihres Lebens machen wollen? Es mag welche geben, die das ganz genau wissen, die auch mit dem Kopf einfach schon weiter sind und ihren Weg klar vor sich sehen. Aber ich denke, das sind eher die Ausnahmen als die Herrschaften, mit denen du dich gerade 'herumärgern' musst. Ich hab einen Vierzehnjährigen zu Hause und wenn ich überlege, der müsste sich jetzt für etwas entscheiden jenseits des Fußballplatzes ... ach du lieber Gott.

Da sehe ich auch das große Problem. Klar, ich würde meinem natürlich sagen, dass er sich jetzt endlich mal entscheiden muss. Aber kann man ein Kind zwingen, sich zu entscheiden? Muss vom Nachwuchs ja nichtmal böser Wille sein, wie geschrieben, sie sind noch verdammt jung. Also was bleibt? Das Kind in eine gewisse Richtung zu drängen, damit es 'etwas hat'. Auch nicht ideal. Es ist schwierig mit der Mittelschule. Die Kinder sind jung, die Berufsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt, da bleiben wohl zwangsläufig einige auf der Strecke und das sind nicht wenige.

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Erstaunlich, wieviel Verständnis den arbeitsunwilligen Jugendlichen entgegengebracht wird.
Natürlich ist eine Lehrzeit auch unangenehm, jedenfalls manchmal. Aber es ist doch seit Menschengedenken normal, dass man für sein Brot (Urlaubsreisen, Auto, Markenklamotten) arbeiten muss. Früher waren die Jugendlichen nicht älter. In meiner Lehrgruppe waren die meisten 14 Jahre alt. Es war aber keine Frage, ob die Lehre fertig gemacht wird oder nicht. So etwas wie Abbrecher gab es nicht, ALLE haben den Lehrabschluss gemacht, manche haben in der Lehrzeit eben den Beruf gewechselt, wenn sie bemerkt haben, dass es der falsche Beruf ist.
Warum sollen Kinder in dem Alter nicht wissen, was sie machen wollen? Diese Entscheidung muss doch jeder Mensch früher oder später treffen. Und früher waren die Lehrlinge nicht älter.
Und was heisst denn, sie müssen ihr ganzes Leben in diesem Beruf arbeiten? Es gibt doch heute, anders als früher, so viele Möglichkeiten, sich weiter zu entwickeln, wenn man denn will. Die gab es drüher zwar auch, aber nicht in dieser Menge.
OK, manche Tätigkeiten gab es früher weniger, Drogenhändler oder Kleinkriminelle waren wenig gefragt. Ist ja heute eine schöne Möglichkeit, aufzusteigen.

Mir könnte schlecht werden, wenn ich höre, was den armen Jugendlichen heutzutage abverlangt wird. Bewerbungen schreiben, einen Beruf wählen, jeden Morgen früh aufstehen, das kann man ja wirklich nicht verlangen. Und so siehts es auch bei der Berufsausbildung aus.

Gruss Bernd

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Das sind 14 ode 15jährige Jugendliche, die sich schon immer sehr schwer mit Sprache, schreiben und formulieren getan haben. Viele sind kaum in der Lage ordentliche Sätze zu formulieren und das wissen sie auch. Also probieren sie es gar nicht erst, weil ja eh nichts Brauchbares herauskommt und sich ein gewisser Frust seit Jahren aufgebaut hat.
Dazu kommt noch das Alter. Zum einen haben die Jugendlichen gerade alles mögliche im Kopf, zum anderen ist es ja auch wirklich schwer jetzt schon zu entscheiden, was sie ihr ganzes Leben lang arbeiten wollen. Nachvollziehbarerweise überfordert sie das.

Das, was du da machst, ist sehr schwierig. Wenn die Kinder nur einen leichten Schubs bräuchten, bräuchten sie dich nicht, denn das könnte auch die Schule leisten. Du hast da genau die sitzen, die es eben nicht ohne deutliche Hilfe und massive Unterstützung schaffen.
Und es werden auch immer Einzelfälle dabei sein, die trotz deiner Hilfe nicht weiter kommen.

Übrigens glaube ich nicht, dass das eine neue Problematik ist.

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Hi erstmal ziehe ich den Hut vor Dir. Du hast einen richtig tollen Job und die Zukunft der Kinder liegt dir wirklich am Herzen, sonst würdest Du das hier alles nicht reinschreiben. Das Problem liegt wirklich nur an den Kids und den Eltern dazu. Ich arbeitet selbst in einem Bereich wo man oft mit Jugendlichen zu tun hat. Egal ob Hauptschule, Oberschule oder Gymnasium. Die Jugendlichen wissen heutzutage gar nicht mehr was sie wollen... denn meistens sind es die Mütter, die alles für die "Lieben Kleinen entscheiden. Es beginnt doch schon mit der Wahl der Grundschule. Es muss ja nur noch "Montessori oder Walddorf" sein, damit die Kids noch ein bisschen Kindheit haben. Dann gehen die Kinder in irgendwelche Vereine, wo sie natürlich auch von den Eltern hingefahren werden. Genau wie zur Schule. Und genauso zieht sich das dann durchs ganze Leben. Wie sollen dann die Kinder entscheiden, was sie wollen, wenn die es von Geburt an schon immer alles vorgegeben bekommen haben. Und wenn die Kinder dann auch vielleicht noch aus Familien kommen, wo die Eltern evtl. arbeitslos sind, wissen die erst Recht nicht was los ist.
Wie lange begleitest Du die Kids? Hast du die Möglichkeit in verschiedene Branchen reinzuschnuppern? Unser Sohn kommt nächstes Jahr in die 5. Klasse. In dieser Schule machen die ab der 5. Klasse solche "Scjnuppertsge. Finde ich absolut klasse. Ein Ferienjob ab 14 kann auch nicht schaden. Meine hilft jetzt schon in den Ferien immer mal bei Oma und Opa und bekommt paar Euro... Ausser dem bekommt er für gute Zensuren Geld. Da lernt er gleich, dass wenn er sich anstrengt, er auch belohnt wird.

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Guten Morgen, meiner Meinung nach ist das nicht zu viel verlangt. Ich vermute dass dies eben und gerade ein Bild der Mittelschulen und seiner speziellen Schülerstruktur ist.

Vermutlich werden aus den Elternhäusern kaum arbeitende Vorbilder bestehen die aufzeigen was eine Berufsausbildung an Chancen und Zukunftsperspektiven bieten.

Ich kann gut nachvollziehen, warum die Industrie auf diese Schüler verzichtet. Solche Kandidaten sind kein Gewinn für ein Unternehmen.

Die sollen mal lieber zuhause auf dem Sofa bleiben, zocken wie man dort sagt und chillen. Das Geld kommt eh vom Staat!

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Naja, also wenn ich so die Leute hier in der Gegend sehe...
Meine Schwägerin hat bei beiden Söhnen "verpennt" was zu tun bzw. es war ihr egal. Sohn 1 macht jetzt dasselbe wie der Vater, hat aber seine Abschlussprüfung verhauen, weil er den Tag vorher feiern wollte und durfte und Sohn 2 ist bereits zweimal sitzen geblieben ("Ist doch sein Problem") und findet jetzt keinen Ausbildungsplatz in seinem Wunschberuf und macht erstmal die passende Schule dazu weiter. Ist ja okay... hätten die Eltern mal ein wenig vorab geholfen oder für Hilfe gesorgt, anstatt so eine ist-mir-egal-Stimmung an den Tag zu legen, hätten sie aber sicher beide schnell was gehabt. Gerade Nummer zwei ist überhaupt nicht dumm, aber wird null unterstützt.

Auf der Hauptschule ist das Problem ja auch noch, dass meist sogar schon die Lehrer rüber bringen, dass aus den Schülern Nichts werden kann. Da haben viele eben keine Lust mehr sich anzustrengen. Und in dem Alter passt man sich ja an die anderen an. Ich finde es generell falsch, die Kinder so zu trennen. In den meisten Städten bedeutet das, dass sie immer mehr abrutschen durch den Umgang den sie zwangsweise fast ausschließlich pflegen müssen.

Außerdem sind Teenies in dem Alter meist einfach doof #rofl. Ich habe meinen Führerschein vor ein paar Jahren verspätet gemacht und war gefangen mit den 16-18 Jährigen. Manchmal kann man einfach gar nicht fassen, wie unbedarft die in dem Alter sind. Sehen ja schon so erwachsen aus.

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"ch habe meinen Führerschein vor ein paar Jahren verspätet gemacht und war gefangen mit den 16-18 Jährigen. Manchmal kann man einfach gar nicht fassen, wie unbedarft die in dem Alter sind. Sehen ja schon so erwachsen aus."

Das kenne ich gut.
Geht mir allerdings mit einigen aus meinem Jahrgang +/- 2 Jahre so. Also Mittdreißiger, bei denen ich manchmal frage, ob sie im Teeniealter stehen geblieben sind.... sich nur das Aussehen verändert hat.... da wirken deren Kinder etwas reifer, besonnener, vorausschauender...

Bei mir ist es umgekehrt. Ich wurde gestern wieder mal mit "du, Schulkind .... Schulranzen" angesprochen. Ich habe mir meinen Teil gedacht und dass ich die Person nie wieder sehe.
Mama-Papa machts gibt es bei mir nicht (mehr), vielleicht bin ich auch daran gewachsen. Zumindest innerlich. Äußerlich sieht man es mir nicht an. :-p

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Frage: Wie läuft das denn eigentlich in den Hauptschulen. Erhalten sie in einer 5 jährigen Hauptschulkaderschmiede kein Feedback seitens der Lehrer, die ihnen sagen was sie erwartet wenn sie so bleiben wie wohl manchen sind? Erklärt man ihnen nicht den Zusammenhang zwischen beruflicher Qualifikation und Gehalt bzw. Lohn. Klar will man viel verdienen, aber wie viel ist viel. Für einen der keine Ausbildung hat können 1.500,- brutto als ungelernte Hilfskraft viel sein, für den einen sind 10.000,- angemessen.

Was will ich sagen. Wenn ich Hauptschüler wäre, würde ich an meinem Außenbild arbeiten. Manche sagen PR dazu, diesen Begriff würden sie aber nicht verstehen. Leider bestätigen solche Spezialisten den schlechten Ruf und verbauen den Willigen, den Motivierten und Fleißigen die Zukunft.

Lieber den Ressourcen und Zeit auf die Schüler verwenden die wollen.