Fußball - spielt jemand im NLZ?

Hallo,

sind hier Mütter von Söhnen, die Fußball in einem NLZ spielen? #ball

Mein Sohn ist jetzt 10 und die Scouts haben ihn "gefunden"...
Ich würde mich gerne mit anderen austauschen über die Belastungen, die sich ergeben fürs Kind (Schule/Sport) aber auch für die restliche Familie. Aber auch über die positiven Momente...

1

Hallo
Klingt so, als ob ihr schon sicher seid, dass er wechseln wird? Ich würde erst einmal die Füße still halten. Euch wird natürlich gerade viel Honig um den Mund geschmiert.
Die Fluktuation ist hoch, insbesondere von dieser Altersstufe, in der es genug Vereine gibt die bewusst erst bei U12 oder gar später anfangen, zu der, in der es richtig los geht.
Wir kennen auch die andere Seite der Medaille. Meine Tochter war letztendlich vor der Volljährigkeit Sportinvalide. Damit ist sie kein Einzelfall. Wir würden den Weg dennoch wieder gehen. Aber nicht mit 10.
Der Zeitaufwand steigt mit dem Alter deutlich an, in einem NLZ gibt es aber auch entsprechende Angebote zur Entlastung. Hausaufgabenhilfe,Prüfungsvorbereitung, Fahrdienste zu Sammelstellen,... Aber das Kind muss schon richtig wollen. Ohne Leidenschaft geht es nicht. Ich kenne Jugendliche die mit der Belastung nicht klar kamen und aufgehört haben, Jugendliche für die es eigentlich nur ein Hobby war, die wirklich erfolgreich waren, aber den Zeitaufwand nicht wollten, Jugendliche die absolut keine Probleme hatten und eine tolle Zeit hatten,...
Ich habe gerade nicht viel Zeit, das mal als kurze Antwort mit unterschiedlichen Aspekten. Du kannst mir auch gerne eine PN schreiben.

LG

2

Hallo,

ein ehemaliger Freund meines Sohnes ist letztes Jahr (mit knapp 11) in ein solches NLZ gewechselt, wohnt aber noch zu Hause.

Das war es dann auch mit der Freundschaft.... ich habe gelegentlich Kontakt zur Mutter bzw. sehe in ihrem Status wo sie gerade wieder ein Spiel haben. Der Junge kennt nur noch Schule und Fußball. Ja, er hat Talent und will das von sich aus. Aber eine normale Kindheit bzw. Jugend ist damit vorbei. Dessen muss man sich bewusst sein, ebenso das es genau so schnell wieder vorbei ist.
Er macht teilweise im Auto HA bzw. holt Schlaf nach. Fahrtzeit allein zum Training 50 min. einfache Strecke / 3x die Woche.

LG
Tanja

3

Die Frage ist erstmal: Wie wurde dein Sohn denn 'gefunden'? Wurde er gezielt von Scouts beobachtet und zum Verein geholt oder hat dein Junior an einem Sichtungstraining teilgenommen? Um welches NLZ handelt es sich? Bei uns in Bayern gibt es auch viele kleinere (wie das in anderen Bundesländern ist, weiß ich nicht), in denen es noch etwas humaner zugeht als in den großen Anlagen der Bundesligisten.

Die Belastungen können extrem und ausgesprochen vielfältig sein.

Das erste, was viele Kinder erwartet, ist erst einmal die Umstellung von unumstrittener Stammspieler und - oft - Superstar der Dorfmannschaft hin zu einem unter vielen. Er wird vermutlich in eine funktionierende Mannschaft kommen und muss sich erst einmal seinen Platz erkämpfen. Auf dem Feld und in der Gruppe.

Die erhöhte Trainingsintensität fand mein Sohn klasse, für ihn war das alles andere als belastend. :) Da wir uns bewusst für ein kleineres NLZ hier in der Nähe entschieden haben, sind wir mit dem Auto in 15 Minuten dort, mit dem Bus braucht er etwa eine halbe Stunde. Wir konnten aber auch gut Fahrgemeinschaften bilden, weil die Jungs alle hier aus dem Umkreis kommen. Das ist also weniger das Problem.

Auch seine Schule kooperiert mit dem Verein, so sind auf der einen Seite Freistellungen kein Problem, auf der anderen wird der Trainer - mit unserem Einverständnis - über einen Leistungsabfall unterrichtet und kann da einen Riegel vorschieben. Dann ist der Knabe halt am Wochenende nicht im Kader, damit er Zeit zum Lernen hat. Wirkt Wunder, wenn das vom Trainer kommt.

Je nach Liga stehen am Wochenende auch mal sehr lange Fahrten an. Das können auch einfach mal vier Stunden sein, zu diesen Spielen fahren die Jungs schon freitags und Samstag zurück. Das sind tolle Erlebnisse, vor allem, wenn es gegen die Jugendmannschaften von Bundesligisten geht, aber eben auch ein hoher Zeitaufwand. Nebenbei fährt das Auto auch nicht mit Wasser, das Hotel für die Begleitperson übernimmt der Verein auch nicht. Also auch eine finanzielle Belastung. Und du hast keine Garantie, dass dein Kind auch spielt. Bei uns sitzen immer fünf auf der Bank, gut möglich, dass gar keiner davon eingewechselt wird. Fünf andere fahren gar nicht erst mit. Im Sommer ist ein Junge gewechselt, der fast ein Jahr kein Spiel mehr gemacht hat. Für Vierzehnjährige eine enorme Belastung, 'versagt' zu haben und einen Rückschritt machen zu müssen, als den es viele sehen, zurück in den Heimatverein zu gehen.

Dann kommen die Sichtungstage in jüngeren Jahrgängen. Also ein, zwei Tage im Jahr, wo die Jungs wissen: Da könnte mein Nachfolger gesucht werden. Ich war ja auch der Nachfolger von irgendwem, der 'meinetwegen' gehen musste. Es ist Leistungssport, da entscheidet, was du auf dem Platz bringst. Das war immer schlimm. Tage vorher hat mein Sohn sich einen Kopf gemacht, was ist, wenn bei der Sichtung jemand besser ist, als er.

Aber es gibt natürlich auch die tolle Erlebnisse, die das alles irgendwo rechtfertigen. Die Jungs machen Trainingslager im Ausland, nehmen an nationalen und internationalen Turnieren teil, spielen vor Scouts großer Vereine, haben gute Chancen in die Bayern- oder sogar DFB-Auswahl zu kommen. Das sind Erfahrungen, die den Jungs niemand mehr nehmen kann. Egal, wohin der Weg führt.

Dass die Kinder Profis werden ist natürlich ... ja, man muss auf dem Boden bleiben und auch die Kinder dort halten. Es wird nur ein schwindend geringer Anteil der Jungs schaffen, am Ende mit dem Fußball Geld zu verdienen. Das sagt der Trainer meines Sohnes den Kindern auch immer wieder, vor allem, wenn mal wieder jemand etwas besser lernen muss: Schule hat Vorrang, ohne jede Diskussion. In 'unserem' NLZ trainieren über 200 Kinder von elf bis achtzehn, dann schauen wir mal, wie viele NLZs es in Bayern gibt, in Deutschland, die Jungs können das schon einschätzen.

Zehn finde ich übrigens zu früh. Gerade wegen des erwähnten Drucks, austauschbar zu sein und ausgetauscht zu werden, wenn es nicht läuft. Das bekommen die wenigsten Jungs in dem Alter so gut geregelt, dass sie mit umgehen können. Überhaupt finde ich es nicht sonderlich professionell, wenn ein Scout in dem Alter schon die Kinder anspricht (wenn es bei euch denn so gelaufen ist).

Unser Sohn will nächstes Jahr ins Internat eines Bundesligisten wechseln. Der Scout hat uns vor zwei Wochen bei einem Spiel angesprochen, wir wurden eingeladen, uns das mal anzusehen und haben lange Gespräche geführt. Dabei wurde auch erwähnt, dass sie die Eltern erst ab der C-Jugend, nach Absprache mit dem aktuellen Trainer/Verein, direkt ansprechen. Vorher läuft das alles über die Sichtungstage, ein anderes Vorgehen nannte er 'unseriös'.

Man darf ja auch nicht vergessen, dass die Kinder noch mitten in der Entwicklung sind. Bei meinem Sohn war ein Junge in der Mannschaft, der bis zur D-Jugend alles in Grund und Boden gespielt hat. Weil er einfach überdurchschnittlich groß und kräftig war. Aber technisch konnte er nicht mithalten und als die anderen dann körperlich aufgeholt haben, ist er 'untergegangen'. Mit elf war er im BfV-Stützpunkt, ist da mit zwölf wieder rausgeflogen, jetzt, mit vierzehn, spielt er in einer C2 Gruppe, weil er nicht einmal stark genug für die Kreisliga ist.

Wenn die Umstände in eurem aktuellen Verein es zulassen, würde ich meinem Kind erstmal Zeit geben, sich zu entwickeln. Haben wir auch gemacht und es hat ihm sicher nicht geschadet. Was sagt denn der aktuelle Trainer? Rät er zum Wechsel? Unser Sohn hat vor dem Wechsel ins NLZ dann erstmal ein Jahr bei den Älteren gespielt, hat ihm auch gut getan, sich erstmal an härtere Zweikämpfe etc. gewöhnen zu können.

4

Hallo,

vielen Dank für deine umfangreichen Einblicke...

Wir stehen ganz am Anfang des "Theaters". Wir sehen natürlich, dass unser Sohn seit anbeginn an besser ist als seine Mitspieler. Der ambitionierte Verein der Region bearbeitet uns seit 2 Jahren. Der Aufwand dort wäre mit einem NLZ vergleichbar, aber alles drumherum passt überhaupt nicht. Von daher: Nein danke. Überhaupt fahren wir bisher sehr erfolgreich die Methode "Ruhe bewahren".

Wir sind aus NRW und hier steht an jedem zweiten Laternenpfahl ein Bundesligastadion. Und wir sind uns sehr wohl darüber im klaren, dass das System NLZ ständig Frischfleisch braucht und Scouts allgegenwärtig sind.
Ich bin aber einfach total gerne gut vorbereitet und wenn es nicht so kommt, haue ich alle Pläne, Gedankenspiele und Sorgen auch mit Freude wieder in die Tonne. In sofern helfen mir Schilderungen wie deine sehr weiter.

Der aktuelle Scout stammt aber ausgerechnet von dem Verein, dessen Anhänger mein Junior ist. Es ist Juniors erklärtes Ziel in dieser Jugend zu spielen. Der Scout hat erst die Trainer angesprochen, die haben den Kontakt zu meinen Mann vermittelt. Die beiden Männer haben sich unterhalten. Der Scout will Junior und seine Entwicklung beobachten, ihn beim Stützpunkt schon mal anmelden etc. Das klang jetzt erstmal alles vernünftig.
Nun muss man dazu sagen, dass er eher spielerisch auffällt. Körperlich ist er eher klein.
Meinem Sohn hat das Wissen, dass SEIN Verein ihn wahrgenommen hat, totalen Auftrieb gegeben. Er hat sich ein Loch in den Bauch gefreut. Dass das weder eine Einladung zu einem Probetraining ist oder sonstiges weiß er. Dennoch ists natürlcih ein Schritt in seine gewünschte Richtung und ich gönne ihm diese Aufmerksamkeit.

Mir wäre es durchaus recht, wenn er noch min. zwei Jahre da bleiben würde, wo er ist. Leider ist der Jahrgang über meinem Sohn im Heimatverein echt schwach. Da macht ein "Aufstieg" keinen Sinn. Zumal er bei "seinen" Jungs bleiben will.

Und wenn alles im Sande verläuft, dann ist das so.
Nur was ist, wenn sie uns wirklich ein Angebot machen? Bei seinem Herzensverein... Bei jedem anderen Verein würde ich sagen: warten wir noch ein paar Jahre und gucken dann.
Aber wenn es dann nicht reicht und wir ihm diese 1-2 Jahren beim Herzensverein verwehren...

5

Ich kann deine Gedankengänge sehr gut verstehen. Natürlich will man als Mutter schonmal alles durchspielen und sich Gedanken machen, ehe man unvorbereitet vor dem Kind steht und seine Entscheidung erklären muss.

Ich würde mal sagen: Ist es der BVB - lass das Kind! Ist es Schalke - hat gar keinen Sinn. Das ist jetzt nicht objektiv und sei nur so am Rande erwähnt. #schein

Ist doch prima, wenn dein Sohn durch das Spielerische glänzt. War bei meinem ähnlich. Sohnemann ist - laut seinem Trainer - sehr spielintelligent, liest das Spiel und kann es dadurch auch sehr gut lenken. Nur hatte er das 'Problem' eines verzögerten Knochenwachstums, war also immer klein und sehr zierlich. Aber er ist verteufelt schnell, also ist er den Zweikämpfen halt weggelaufen. :-p Inzwischen hat sich das gegeben, er hat einen wahnsinnigen Schuss gemacht - wie vom Arzt vermutet - zu Beginn der Pubertät und ist inzwischen sogar schon größer als so mancher Mannschaftskollege. Wenn er Zeit hat, kickt er hier im Dorf mit den Fußballjungs, da fällt er bei denen der B-Jugend nicht mehr unbedingt auf.

Ich finde auch, dass es sich sehr vernünftig anhört, dass der Scout euren Sohn noch ein Jahr beobachten will, das gibt euch allen Zeit. Ein halbes Auge muss man ja auch auf die Schule haben (euer Sohn geht vermutlich die Fünfte? Hat gerade die Schule gewechselt?) ob die Leistungen den Aufwand überhaupt 'erlauben'. Ein Gespräch ist auch leider keine Garantie. Wir hatten das hier auch das ein oder andere Mal, dass der Scout eines Bundesligisten fleißig Kärtchen verteilt und Gespräche geführt, sich aber nie wieder gemeldet hat. Ist halt so. Wenn sie beim nächsten Spiel einen Spieler sehen, der noch ein bisschen schneller, kräftiger, größer, was weiß ich, ist, fällt ein anderes Kind aus der Liste. Oder der Trainer sagt, dass er nicht noch einen Stürmer, Innenverteidiger, Sechser, was weiß ich, braucht. Gehört auch Glück zu, wie in so vielen Situationen.

Ich wünsche euch auf jeden Fall alles Gute, und dass es der 'richtige' Verein ist. :-p

weiteren Kommentar laden
6

Ja, hatten wir schon. Leistungszentrum war nach 1 Jahr dann nicht mehr Thema. Da der Trainer sehr streng war, die Termine zu viel, keine Zeit mehr war für sonstige Freizeitgestaltung, mein Sohn hatte keine Lust mehr darauf. Wollte lieber mit Kids spielen die er kennt aus Schule und Umgebung. Und spielt immer noch mit Begeisterung Fußball, im hiesigen Verein, ist dort sehr beliebt und wird gelobt, das gibt ihm mehr als einer von vielen Guten zu sein, der täglich dran erinnert wird, daß A oder B gerade besser ist als er. Diese Vergleiche und das mehr mehr mehr war ihm zu viel.

8

Toll zu lesen, dass er den Weg zurück gefunden hat. Das ist auch eine meiner Sorgen... Dass er ggf. so enttäuscht sein könnte dass er gar nicht mehr spielen wollen würde...

7

Mein Neffe hat das NLZ eines Bundesligisten in der Winterpause verlassen. Er war erst im Perspektivteam und ist anschließend ein weiteres Jahr im Heimatverein geblieben. Zur U13 ist er dann gewechselt.
Der Druck war für ihn immer ein Problem. Trotz Unterstützung und Workshops, wurde es nicht besser. Im vergangenen Sommer hat er dann sogar, an einem Sichtungslehrgang vom DFB teilgenommen. Darauf folgte ein "Zusammenbruch". Erst hatte er eine Lungenentzündung, wieder im Trainingsbetrieb verletzte er sich. Ihm wurde alles zu viel, am liebsten hätte er sofort alles hin geschmissen.
Nach Absprache mit allen Beteiligten, wurde entschieden, dass er pausieren sollte, um die Liebe zum Sport wieder zu finden. Er hat dann ein halbes Jahr beim Heimatverein trainiert und ist diesen Sommer in die ambitionierte Jugend eines Regionalligisten gewechselt. Das ist der aktuelle Stand.

9

Solche Geschichten machen mir echt Mut. Ich sehe ihn auch nicht unbedingt in einem Umfeld aus Leistung und Druck.
Ich weiß aber auch um seinen großen Traum.

Bisher habe ich zumeist Geschichten gelesen, wo Kinder nach dem Austritt so enttäuscht waren, dass sie ganz aufgegeben haben.

10

Da steckt man nicht drin. Das NLZ in dem er war, wird mit allem drum und dran, als eins der besten im Land angesehen. Den Leistungsgedanke findet man natürlich auch dort, aber die Umsetzung und der Umgang mit den Kindern/Jugendlichen ist wirklich top.
Bei ihm geht das auch ganz von ihm alleine aus. Er macht sich diesen übertriebenen Druck selbst und kommt nur schwer aus den Gedanken raus.
Er hat übrigens auch Kumpel, die nach dem Scheitern im NLZ komplett aufgehört haben. Man wird wegen fehlender Leistung nicht hochkant rausgeschmissen und erfährt auch schon vorher, wenn man wackelt. Aber trotzdem, das tut weh.
Wie oben berichtet,gibt es aber auch Kinder die aus freien Stücken gehen/aufhören. Aber das kann man auch nicht vorher wissen. Vorstellung und Realität sind einfach zwei Paar Schuhe.

weitere Kommentare laden