An die Lehrer unter euch ;-)

Liebe Lehrer,

bitte gebt mir eine kurze Rückmeldung, ob ich im Moment einfach nur ein bisschen dünnhäutig bin oder mein Unmut doch gerechtfertigt ist.

Unser Sohn ist Asperger-Autist, geht in die 5. Klasse eines Gymnasiums und wird zielgleich unterrichtet, Nachteilsausgleiche wie Zeitverlängerung, ggf. Vorstrukturierung, etc. sind gewährt, werden jedoch aktuell kaum genutzt, da unser Sohn den Wechsel aufs Gymnasium gut gemeistert hat und da aktuell kein großer Bedarf besteht. Zumindestens nicht offensichtlich...

Bei der letzten Mathearbeit hat unser Sohn folgende Fehler:
1. Es geht um Rechnen mit Einheiten: Er schreibt die Aufgabe falsch ab (3ha + 242 qkm statt 3ha + 246 qkm), rechnet dann aber richtig, hat beim Ergebnis also entsprechend 4qkm weniger raus.
2. Er macht eine Flächenzeichnung richtig, jedoch aus Versehen auf die Seite mit den Nebenrechnungen und nicht auf die eigentliche Aufgabenseite.

Beide Aufgaben hätten jeweils 1 Punkt ergeben, er bekommt sie beide als komplett falsch bewertet und demnach 0 Punkte.

Nun meine Frage: Wie hättet ihr die Aufgaben bewertet, wieviel Ermessensspielraum hat da ein Lehrer? Und zwar generell, also unabhängig von der Diagnose unseres Sohnes?

Liebe Grüße
Natha

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Hallo,
es kommt immer so ein wenig darauf an, wie das Land und die Schule zu so etwas stehen. Jedes Bundesland hat andere Regelungen, deswegen ist es schwer zu sagen, ob es da eine gesetzliche Vorgabe gibt oder nicht. Grundsätzlich glaube ich aber, dass die Lehrkraft durchaus da einen gewissen Ermessungsspielraum hat.
Aber: an Gymnasien wird zum Teil sehr hart bewertet, sie bereiten ja immerhin die gesellschaftliche Elite auf ein Studium vor.

An deiner Stelle würde ich mich auch nicht so sehr darauf konzentrieren, wie einzelne Aufgaben bewertet werden. Das sind jetzt insgesamt 2 Punkte aus einer kompletten Arbeit. Es hilft euch mehr, euch darauf zu konzentrieren, welche Fehler er macht und wie gut er mitkommt etc. Erfahrungsgemäß ist es fürchterlich nervig #sorry, wenn Eltern sich auf die Suche nach einzelnen Bewertungen machen, die eher hart sind.

Es bringt niemanden weiter und ich denke nicht, dass die Lehrkaft ihre Bewertungseinstellung ändert, nur weil jetzt andere Lehrer das evtl anders sehen könnten. Ich kann verstehen, dass du für deinen Sohn das Beste möchtest und es in deinem Sinne ist, wenn er z.B. die halbe Punktzahl bekommt, wenn er die Folgerechnung korrekt durchführt. Wenn das aber nicht der Einstellung der Lehrkraft entspricht, muss er sich darauf konzentrieren, genau zu rechnen. Was den anderen Punkt betrifft: es gehört einfach auch dazu, die eigenen Materialien zu sortieren. Ich denke, dass es gut wäre, sich jetzt früh darauf einzustellen und auch auf diese Kleinigkeiten zu achten.

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Hallo Natha,
bin zwar keine Lehrerin, habe aber Kinder in der 4. und in der 7. Klasse.
Beide Kinder hätten bei gleicher Situation ebenfalls 0 Punkte bekommen (gerade das mit der Rechnung auf dem Nebenzettel hatten wir auch schon bei meiner Großen).
Allerdings haben meine Kinder keine Beeinträchtigungen, ich weiß nicht, ob es da anders ist.

Viele Grüße und reg dich nicht auf, sicher lernt dein Sohn so, aufmerksamer zu sein.
Nina

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Hallo!

Hier 8. Kl Gym, 4. Kl. GS in beiden Fällen wäre es so:
1. 1/2 Pkt von 1
2. 0 Pkte. von 1
Übrigens beide Kinder hätten da passende Diagnosen für so Flüchtigkeits-/Formfehler, sind aber der Schule nicht bekannt.

In der letzte Chemie-Arbeit sollte Sohn bei 8 Fragen, die richtige Antwort umkreisen, er hat sie angekreuzt, Ergebnis 0 von 8 Pkten. Er konnte aber darüber lachen .... und die Note auf dem Zeugnis hat nur eine Vorzeichenänderung mitgemacht.

LG, I.

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Gut, dass Dein Sohn da so drüber steht!

Bei uns hätte das eine Anmerkung gegeben, dass er in Chemie zwar Spitze sei, in Formenlehre aber nochmal nachlesen solle, ob er den Unterschied zwischen Kreis und Kreuz kennt...

Mal ehrlich: Wenn Wissen abgefragt wird, nur die Art der Markierung anders ist, dann finde ich es sehr kleinlich....

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Hallo zusammen,

danke euch schonmal für eure Meinungen.

Ich fürchte, an die Gymnasialstandards müssen wir uns noch gewöhnen. Das Problem war mir im Vorfeld leider mehr als bewusst, aber da wir nur die Wahl zwischen der gesellschaftlichen Elite und einer Hauptschule hatten, müssen wir jetzt damit leben. Aber da ist eine andere Baustelle unseres Schulsystems... ;-)

Es geht mir hierbei gar nicht so sehr darum, die zwei Punkte rauszuholen. Es wäre zwar notentechnisch eine Verbesserung von 2 auf 1, aber solange er so gut mitkommt, ist mir das eigentlich egal, auch wenn es ärgerlich ist.

Mir geht es eher um die Einschätzung dieses Lehrers. Er ist neben seinem Mathelehrerdasein auch der Sonderpädagoge der Schule und damit auch insbesondere mit den Problemchen unseres Sohnes (Selbststrukturierung, Aufmerksamkeit, Konzentration) bestens vertraut. Am Anfang machte er einen sehr engagierten Eindruck. Nach einer kleinen Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und mir beim ersten Elternsprechtag hab ich leider das Gefühl, dass er seinen Ermessensspielraum als Lehrer zu Ungunsten unseres Sohnes ausnutzt.

Es gab schon einige Situationen, bei denen ich mir gedacht habe, das hätte man auch anders lösen können. Da ich ihn aber noch nicht so lange kenne und auch die Schule für uns neu ist, kann ich ihn ihn schlecht einschätzen. Mein Gefühl sagt mir aber, dass er unsere Meinungsverschiedenheit leider persönlich genommen hat.

Die Frage ist nun, was mache ich? Thematisieren? Füße still halten?

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Ich würde in diesem Fall wohl eher die Füße still halten. Sollten erneut Situationen aufkommen, wo du das Empfinden hast, dass er das indie Bewertung deines Sohnes einfließen lässt, würde ich wohl mal am Elternsprechtag vorsprechen oder um ein Elterngespräch bitten. Meiner Erfahrung nach gefällt es Lehrern, die persönliche Probleme mit Kind oder Eltern haben, besser, wenn sie gefragt werden, wie möglicherweise Defizite zu ändern sind, als wenn man ihnen Vorwürfe macht...

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Du schreibst, der Nachteilsausgleich besteht in Zeitverlängerung, ggf. Vorstrukturierung. Das bedeutet, das Dein Sohn lernen muss, diesen auch sinnvoll anzuwenden - das hat er aber nicht, vermute ich.
Ein Nachteilsausgleich bedeutet nicht, das man besonders wohlwollend beurteilt wird, sondern das man ein Ausgleich zu einem Manko bekommt.
Mein Sohn hat auch einen Nachteilsausgleich (Rechtschreibschwäche). Im letzten Vokabeltest übersetzte er 'fora' mit 'Forums'. Die korrekte Mehrzahl von Forum ist aber Foren und so bekam er keinen Punkt. Natürlich hätte man hier wohlwollend sein können (die Vokabel an sich wusste er ja), aber die korrekte Mehrzahlbildung nicht zu kennen, hat nunmal nix mit Rechtschreibschwäche zu tun.

Und auf einem Gymnasium gehört das zu den Basics - genauso wie das sorgfältige Durchlesen von Aufgaben und die formgerechte Gestaltung von Lösungen.

Und ich würde den Lehrern was husten, wenn sie, weil Söhnchen Schwierigkeiten mit den Sprachsynapsen hat, andersartige Schludrigkeit durchgehen lassen würden.

Grüsse
BiDi

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Sicher haben Lehrer einen Ermessensspielraum, und auf der Gesamtschule, die mein Sohn besucht, wäre die erste Aufgabe vermutlich mit der halben Punktzahl bewertet worden, die zweite vermutlich gar nicht.

Aber zum einen hilft Dir das ja nicht weiter, zum anderen würde ich bei dem Notenstand (sehr gut oder gut) nicht nachfragen.

Liebe Grüße
Anja

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Hallo,

ehrlich finde die Benotung an Grundschulen und Gymnasien (meine Tochter ist auf einer Realschule) mitunter sehr zweifelhaft.

Mein Sohn hat sich die schriftliche Division selbst beigebracht und gleich (richtig) in der Mathearbeit angewandt. Da stand nur "teile" und er sollte diese halbschriftliche Division nehmen (das stand aber nicht dabei) - und er hat 0 Punkte bekommen, weil er was konnte, was er nicht hätte können dürfen. :-[ Ergebnisse waren alle dabei, Rechenweg war auch richtig.

Meine Tochter hatte in der Englischarbeit (4. Klasse) mal alle Punkte, hatte aber versucht, das Datum auf Englisch aufs Blatt zu schreiben und hatte einen Rechtschreibfehler (war gar nicht gefragt) - gab einen Punkt Abzug und 19/20 Punkten dann eine 2 statt einer 1. :-[

Wieder meine Tochter hat kürzlich in einer Arbeit 0 Punkte für eine Aufgabe bekommen, weil da stand "unterstreiche die richtigen Ergebnisse" - sie hat sie aber eingekreist. Die Begriffe an sich waren alle richtig eingekreist. :-[

Das waren so meine letzten Aufreger ... Noten messen manchmal nicht alles. Ich weiß, das wird langsam alt, aber der Sohn einer Freundin (perfekt zweisprachig) hatte in der Grundschule in der 3. Klasse ne drei in Französisch, weil die Lehrerin fand, er sprach zu gut und das Sprachniveau der Klasse sollte man für eine 1 schon abschätzen können. Dazu bekam er im Heft noch eine 2-3 oder so und beim Vokabeltest schrieb er mitunter Wörter, die zwar richtig waren, die sie aber nie eingeführt hatte (er konnte sich nicht merken, von wo er die Vokabeln konnte).

Einfach tief durchatmen ... ausatmen ... Teppich hoch ... Sachen unter Teppich kehren ... weiteratmen.

GLG
Miss Mary

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Hallo,

"der Sohn einer Freundin (perfekt zweisprachig) hatte in der Grundschule in der 3. Klasse ne drei in Französisch, weil die Lehrerin fand, er sprach zu gut und das Sprachniveau der Klasse sollte man für eine 1 schon abschätzen können."

"Mein Sohn hat sich die schriftliche Division selbst beigebracht und gleich (richtig) in der Mathearbeit angewandt. Da stand nur "teile" und er sollte diese halbschriftliche Division nehmen (das stand aber nicht dabei) - und er hat 0 Punkte bekommen, weil er was konnte, was er nicht hätte können dürfen. :-[ Ergebnisse waren alle dabei, Rechenweg war auch richtig."

Nicht dein Ernst, hoffe ich??? #klatsch
Der erste Fall ist ja völliger Schwachsinn, beim zweiten muss man dann die Lehrerin bitten, die Aufgabenstellung exakt zu formulieren.

"Wieder meine Tochter hat kürzlich in einer Arbeit 0 Punkte für eine Aufgabe bekommen, weil da stand "unterstreiche die richtigen Ergebnisse" - sie hat sie aber eingekreist. Die Begriffe an sich waren alle richtig eingekreist. :-["

Hier hätte ich allerdings auch einen Punkt abgezogen, damit der Schüler lernt, die Aufgabenstellung genau zu lesen.

Ich bin gespannt, meine Kinder werden im September eingeschult, ich hoffe, derartige Erlebnisse werden mir erspart ....

LG
delfinchen

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Hallo,

lol - na ja, für Kinder, die nicht "vorgelernt" haben, war die Aufgabenstellung präzise, die konnten die Aufgabe ja nicht anders lösen. Diese Halbschriftlichkeit nervt mich - das braucht auf der weiterführenden Schule kein Mensch.

Meiner Tochter hätte ich für die Kreise statt Linien auch einen Punkt abgezogen, aber gleich Null Punkte zu geben fand ich etwas doof. Immerhin war alles richtig eingekreist und die falschen hatte sie durchgestrichen. War also ziemlich eindeutig, was gemeint werden.

Ohne dir Illusionen nehmen zu wollen - solche Erlebnisse hat glaube ich jeder #schein
GLG
Miss Mary

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Hallo,

beim ersten Fall hätte ich wahrscheinlich einen halben Punkt abgezogen, der Schüler hat sich die Aufgabe ja nicht einfacher gemacht. Allerdings arbeite ich an einer Mittelschule, ich vermute, die Gymnasiallehrer, die ich kenne, hätten keinen Punkt gegeben.

Beim zweiten Fall hätte ich wohl auch keinen Punkt gegeben, da das Blatt mit den Nebenrechnungen eigentlich nur ein Schmierblatt ist. Das ist so, als ob Schüler Antworten in Klammern schreiben oder durchstreichen, obwohl es richtig gewesen wäre. Ein Schmierzettel wird normalerweise nicht zur Benotung herangezogen.

LG
delfinchen

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Hi,

ich unterrichte zwar nicht Mathe, kann dir aber sagen, wie das bei uns ander Schule gewertet wird ... es wird ein Punkt abgezogen und dann mit seinen Werten weitergerechnet. Wenn der Rechenweg stimmig ist, gibt es eben fast die volle Punktezahl
grüße mim

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Wenn ich immer keine Teilpunkte geben würde, dann deinem Sohn auch nicht. Ich unterrichte kein Mathe, sondern Sprachen. Mir ist wichtig, dass die Bewertung transparent ist.

Da es 5. klasse ist, hätte der Lehrer die Hälfte der Punkte geben können, mit dem Hinweis, dass es in Zukunft anders läuft.

Dass dein Sohn Aspie ist, spielt hier keine Rolle.

Gruß

Manavgat