Ihr lieben Leser,
wir wissen nicht, wie wir uns entscheiden sollen bzgl. der Einschulung unserer Tochter in diesem Jahr. Sie wird ziemlich genau zum Einschulungszeitpunkt 6 Jahre alt und wäre eines der jüngsten Kinder des gesamten Einschulungsjahrgangs. Körperlich und geistig sind alle Kriterien erfüllt, sie wäre schulreif. Wo wir (ich und mein Mann) aber ein Problem sehen: sie hat außerhalb der Familie kaum Selbstbewusstsein und sehr wenig Sozialkompetenz im Umgang mit anderen Kindern. Sie ist generell ein schwieriger Mensch, oft unzufrieden (war schon als Baby so), sehr sensibel und verletzlich. Obwohl sie selbst empfindlich ist, ist sie anderen gegenüber aber nicht zimperlich und sagt in Konfliktsituationen zu anderen Kindern oder uns Eltern oft Dinge, die sie selbst sehr verletzen würden. Beim Spiel hat sie oft und gerne eine Führungsrolle und lässt Alternativen kaum zu. Das ist aber wahrscheinlich größten Teils Charaktersache. Sie hat aber Freunde in der Kita und trifft sich auch außerhalb des Kindergartens mit ihnen.
Kopfzerbrechen bereitet uns ihre extreme Schüchternheit, wenn alle Augen oder Ohren auf sie gerichtet sind. Entweder im Kindergarten, wenn die Erzieherin sie in der Morgenrunde oder nur bei der Begrüßung oder beim Abschied etwas fragt, oder fremden Erwachsenen und Kindern gegenüber (am Eisstand traut sie sich nicht, ihren Eiswunsch zu sagen; wenn jmd. fragt wo sie wohnt oder ihren Namen falsch ausspricht und sie fragt, ob er so richtig ausgesprochen ist, sagt sie nichts und ist völlig verschüchtert). Sie würde sich in der Schule nie selbst melden/aufzeigen. Bei ihr ist es nicht das Problem des Wissens, sondern überhaupt das Problem des Gefragt Werdens, dass irgendeine Blockade auszulösen scheint. Sie ist clever und wissbegierig, aber würde in der Schule wohl trotz des Wissens wohl keine Antwort geben. Das ist ja wie gesagt schon im Kindergarten so, obwohl sie die Erzieherin und die anderen Kinder seit Jahren kennt. Mir sagte sie neulich, dass sie Angst hat, die falsche Antwort zu geben. Aber selbst wenn, es würde doch nichts Schlimmes passieren. Sie würde auch nie einfach mal drauflosen raten können. Wenn sie in der Kita mal von anderen etwas geärgert wird, wehrt sie sich seit neuestem nicht, sagt gar nichts mehr, erzählt mir dann traurig davon. Vielleicht ist auch einfach die derzeitige Konstellation in der Kita ungünstig. Auch die Kitaerzieherin hat keine Erklärung für ihr Verhalten. Zu Hause ist sie übrigens laut, selbstbewusst, sogar frech.
Wir wissen aber nicht, warum das so ist, in letzter Zeit hat es bei uns keine familiäre, berufliche etc. Veränderung gegeben.
Sie selbst sagt, sie will in die Schule. Aber natürlich weiß sie wie jedes Kitakind nicht, was Schule wirklich ist. Außer ihr würde es nur noch ein Junge sein, der in die Schule käme (in eine andere), alle anderen Kinder verblieben in der Gruppe (da jünger oder zurückgestellt).
Wir fragen uns, ob sie in der Schule aufgrund ihrer extremen Schüchternheit und Unsicherheit und dann noch ihres jungen Alters nicht erst recht in den Fokus der anderen geraten und gehänselt werden könnte.
Kann ihr ein weiteres Jahr Kita schaden? Wohl eher das Gegenteil, oder? Das Jahr könnte sie stärken und ihre Sozialkompetenz ausbauen.
Was denkt Ihr? Bitte keine Hinweise wie „Bei uns ist Schulpflicht mit 5 J., da würde man damit nie durchkommen“. Diese Bemerkungen helfen uns nicht, und wir hätten nun mal die Möglichkeit, sie zurückstellen zu lassen. Sollen wir diese Möglichkeit nutzen?
Was können wir sonst noch tun, um sie zu stärken?
Ihr seht, wie mich dieses Thema beschäftigt. So sehr, dass ich mitten in der Nacht aufstehe und diesen Text schreibe.
Schon jetzt DANKE für Eure Antworten und Meinungen!
Viele Grüße und schon mal ein schönes Wochenende
Tine
Einschulung? Bin ratlos!
Liebe Tine,
alles was Du beschreibst finde ich jetzt nicht ungewöhnlich in dem Alter. Ich glaube auch nicht unbedingt, dass sich das durch ein Kindergartenjahr mehr bessert (denn dort kann sie ja dominantes Verhalten mit anderen Kindern weiter ausleben.) Meine Töchter (eher spät eingeschult) sind im letzten KiGa Jahr auch eher noch unzufriedener geworden und haben sich gelangweilt.
Ich würde versuchen ihr Verhalten mit anderen Kindern zu spiegeln, damit sie lernen kann sich beim Spielen auch zurückzunehmen, denn damit wird sie sonst klar anecken.
Zum anderen Selbstbewusstsein aufbauen im Umgang mit Erwachsenen (Musikschule oder ähnliches).
Ich würde sie aber nicht zurückstellen.
LG
Juva
Hallo!
Das ist eine schwierige Situation. Ich wüsste an eurer Stelle auch nicht was ich machen würde.
Du schreibst in dem Jahr könnte sich noch mehr Selbstbewusstsein entwickeln. Das kann natürlich sein. Und bestimmt schadet ein Jahr Kita nicht. Aber du schreibst auch, dass ihr Charakter immer schon so war. Dann ist es ja doch ein recht stabiler Faktor, der sich in gewisser Weise nicht so wahnsinnig verändert. Da ist dann die Frage, ob sich das Jahr überhaupt lohnt.
Was meinen denn die Erzieherinnen oder die zukünftigen Lehrer? Ich würde auch mal nachsehen, ob sie nicht einen Sport treiben kann, der ihr Spaß macht. Vielleicht etwas in Richtung Selbstverteidigung.
Hallo,
mein Neffe war ähnlich "gestrickt" wie deine Tochter, er wurde im Juli 6 und wäre vom seiner kognitiven Entwicklung her schulreif gewesen.
Meine Schwester hat ihn noch ein Jahr im KiGa gelassen, was ihm sehr gut getan hat.
Er hat in diesem zusätzlichen KiGa-Jahr, nach Absprache und auf Empfehlung des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes( Gesundheitsamt) , auch begleitend mit Ergotherapie und einer Therapie bei einer Kinderpsycholgin begonnen, was ihm, aber auch meiner Schwester und dem "Umfeld" wirklich gut getan hat....
Natürlich können wir im Nachhinein nicht beurteilen, ob es andersherum auch geklappt hätte, aber meine Schwester sagt, es war die beste Entscheidung, früher hätte so niemals geklappt - und mein Neffe konnte eine relativ enspannte Schulzeit hinter sich bringen
Ein Jahr kann viel ausmachen - im Übrigen ist es ja bei euch auch noch nicht einmal so, dass jetzt dutzende befreundeter Kinder eingeschult werden, und sie bleibt "allein" zurück - ihr schriebt von einem Jungen- noch besser für sie.
Ich denke, mit Warten und einer Einschulung im nächsten Jahr macht ihr in eurem Fall nichts falsch!
Alles Gute
Schwierige Entscheidung.
Ich würde es mit Ergotherapie und Kampfsport versuchen (Karate, Judo, Selbstverteidigung)
Bis wann müsst ihr die Entscheidung treffen?
Hallo!
Ich glaube, die meisten Eltern haben vor der Einschulung des ersten Kindes irgendwelche Ängste und Bedenken.
Mein großer Sohn wurde mutistisch eingeschult. Der hat kein einzige Wort gesagt und ist ein extrem ängstliches und unsicheres Kind. Im Kiga haben wir deswegen viel Druck bekommen, es müsse sich was ändern etc. Wir hatten echt richtig Angst vor der Schule, weil sie einem gemacht wurde.
In der Schule nahm man ihn wie er war und er ist jeden Tag ein bisschen gewachsen. Leistungen werden ja nicht nur mündlich abgerufen. Erst mal geht es hauptsächlich darum, dass die Kinder sich und ihren Schultag organisiert bekommen, selbstständig Hausaufgaben erledigen. Mein Sohn hat nichts gesagt, aber er hat dennoch rege am Unterricht teilgenommen, und die Lehrer wussten immer alle, was er kann und was nicht.
Er hat übrigens viel Jahre lang nicht geredet und war ein und ist ein guter Schüler.
Ich kann dir auf Grund deiner Beschreibung also eher dazu raten, sie einzuschulen.
Lustige Begebenheit am Rande: Mein Sohn war in den vier Jahren raus aus der mündlichen Benotung, wurde in allen anderen Bereichen aber "normal" behandelt. Irgendwann traf ich mal auf den Rektor, der durch die Flure schlich. Der quatscht einen immer an:
"Ah, die Mutter von M. Wir hatten ja schon mal ein mutistisches Kind. Was soll ich ihnen sagen: Ich finde die wunderbar. Machen alles mit und stören nicht! Super!"
Ich glaube, oft fanden die meinen stillen Sohn angenehmer als die Quasselstrippen.
LG
Hallo,
du beschreibst meine Tochter in dem Alter.
Mittlerweile ist sie 8, geht in die 2te Klasse, wurde also von uns zurückgestellt. Ihre aktuelle Lehrerin ist der Meinung, eine Einschulung mit 8 Jahren wäre bei ihr angemessen gewesen, einfach nur von der emotionalen Seite her. Körperlich ist sie sehr groß und mittlerweile in der Pubertät.
Sie findet sich gut in der Schule zurecht, wir sind umgezogen, so musste sie auch Ende der ersten Klasse die Schule wechseln. Mittlerweile hat sie 2 beste Freundinnen und in der Schule klappt es auch.
Gestern hatten wir aber wieder so ein Situation die mich zum Verzweifeln bringt. Sie will unbedingt Klavier lernen, letzten Samstag waren wir in der Musikschule und haben mit dem Musiklehrer ausgemacht, dass sie gestern mit einem anderen Mädchen aus dem Hort zu ihm in den Unterricht zum schnuppern kommt. Der Lehrer unterrichtet 1 Tag in der Woche hier an unserer örtlichen Grundschule. Mein Kind geht in den Musikraum, sieht dass ausser ihrer Freundin (kennen sich aus dem Hort) noch ein Mädchen da ist, welches sie nicht so gut kennt, dreht um, geht zurück in den Hort und lässt mich anrufen. Um nichts in der Welt wäre sie mehr zu dem Schnupperunterricht.
Theresa
Hallo!
Nun ich habe nicht den Eindruck, dass Du von einem Kind sprichst, welches "zurückgestellt" werden sollte, aber das kann man ohne einen persönlichen Eindruck auch nicht beurteilen.
Ich würde mal behaupten, dass bei mindestens der Hälfte der eingeschulten Kinder die sozial-emotionalen Fähigkeiten ausbaufähig sind und ich denke die Lehrerinnen sind darauf eingestellt. Fällt Deine Tochter da aber extrem von der "Norm" ab, wird es schwierig, denn darauf sind wiederum die Lehrerinnen nicht eingestellt und dann kommt es auf die ganz individuellen Fähigkeiten der Lehrerin an.
Ob Dein Kind nun extrem aus der "Norm" fällt kannst Du nur begrenzt einschätzen, da wäre die Einschätzung der KiTa und die der Schule (gibt es Schnuppertag /Kennenlerntag mit Lerhrerinnen, etc.?). Die Erzieherinnen kennen meistens die "Schule" und die Kinder die gleichzeitig eingeschult werden und können recht gut abschätzen (meine Erfahrung!) ob ein Kind untergeht oder nicht. Sprich über diese Ängste mit den Erz. und ggf. mit der Schule. Hier ist bei der Schulanmeldung ein länglicheres Gespräch (ca. 45 Min.) mit der Direktorin, dem Kind und einer Lehrerin eingeplant - bei allen Kindern.
Und noch ein Gedankengang: was genau versprichst Du Dir von einem weiteren KiTa-Jahr? Ist das realistisch, dass sich Dein Kind wesentlich ändert ohne flankierenden Maßnahmen? Könnten diese "Maßnahmen" nicht parallel zum Schulbesuch durchgeführt werden? Da kennst Du die Entwicklung Deiner Tochter dewr letzten Jahre. Würde sie sich eher entwickeln, wenn sie in derselben Struktur / Umgebung bleibe, oder würde sie bei einem "Tapetenwechsel" sich neu orientieren müssen und eben alte Gewohnheiten abbauen, und neue aufbauen. Ein wissbegieriges, neugieriges Kind ist normalerweise sehr interessiert an seiner Umgebung und wird versuchen darin seinen Platz zu finden.
VG, I.
Hallo!
Die anderen Antworten habe ich jetzt nicht gelesen; ich schreibe einfach mal meine spontane Sicht der Dinge.
Hol Dir Ratschläge von den Erzieherinnen und ggf. dem Kinderarzt, wenn ein gutes Verhältnis besteht. Da hast Du schon mal Meinungen von Pädagogen/Medizinern, die das Kind gut kennen.
Und dann höre auf Dein Bauchgefühl.
Wenn Du die Möglichkeit hast, ihr dieses zusätzliche Jahr noch zu geben, dann mach es - solange sie sich im Kiga noch nicht zu sehr langweilt.
Ich würde alles für diese Möglichkeit geben.
Meine jüngere Tochter ist im August geboren und war damit auch ein paar Wochen früher dran als sie sollte. Sie ist mit einem Herzfehler geboren (der inzwischen aber fast ausgeheilt ist) und hat auch sonst gesundheitlich immer wieder zu kämpfen. Sie ist motorisch und alles super entwickelt, aber sie ist geistig noch LANGE nicht reif genug für die Schule. Sie ist jetzt vier. Im nächsten Jahr muss sie in die Schule, egal wie groß ihre Defizite sind. Es interessiert niemanden. Ich habe als Mutter kein Recht mein Veto einzulegen. (NRW)
Meine Große hatte mehr Glück. Sie hätte auf Antrag eingeschult werden können, musste aber nicht, da sie nach dem Stichtag geboren ist. Alle rieten ihr zu Schule, da sie mehr als überdurschnittlich intelligent und dazu noch sehr ehrgeizig ist. Ich habe ihr das Jahr Kiga trotzdem gelassen, sie ein Instrument zur "Ablenkung" lernen lassen, reifen lassen... Es hat ihr mehr als nur gut getan. Sie hat in diesem einen Jahr einen solchen Entwicklungssprung gemacht - besonders was ihre Schüchternheit anging, die auch extrem war und auch ihre geistige und soziale Reife hat sich wesentlich verbessert.
Schule fällt ihr vom ersten Tag an mehr als leicht und es absolut problemlos.
Den Stoff hätte sie auch ein Jahr früher gut erlernen können. Aber alles drumherum wäre viel schwieriger geworden.
Also, wenn Du die Möglichkeit hast: Nutze sie!
LG