Gebundene Ganztagsschule. ..eure Meinung dazu?

Hallo,

Frage steht ja schon oben. Würde gern eure Erfahrungen dazu hören. ...

Danke

1

Hi,

1. es kommt auf die Qualität und Angebot der Schule an
2. Grundschule, weiterführende Schule?
3. wie verkraften es die Kinder, ganztags in der Schule zu sein ( eigene Hobbys?)

Bei uns gibt es Nachmittagsbetreuung, was aber nichts mit Schule zu tun hat, also keinen Unterricht. Es gibt AGs, die andere Kidner auch besuchen können, Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe ( auf dem Gym).

lisa

2

Hallo,

ich schreibe dir mal, was uns bewogen hat, uns gegen die gebundene Ganztagesschule in unserer direkten Nachbarschaft zu entscheiden. (Hatte ich kürlich schon mal gepostet, daher copy + paste).

Das erste waren die Zeiten: Unsere GTS geht vier Tage die Woche von 8.00 - 16.00. Das bringt bei uns viele Eltern in die Situation, dass sie daheim sitzen, weil sie nur zwei Mittage die Woche arbeiten und eigentlich auch nur Betreuung für diese gebraucht hätten... Es gibt Kinder, die das ganz gut wegstecken - für meine wäre das nichts gewesen. Viele Kinder sind sogar noch länger da, weil man noch Stunden zubuchen kann. Dein eigener Einfluss auf dein Kind minimiert sich.

Wir hatten eine kleine zweizügige Dorfschule, die drohte, zu schließen, weil immer weniger Anmeldungen kamen. Somit war der Wechsel zum Ganztag eine "Notlösung", um den Standort zu erhalten und den Kindern eine morgentliche Busfahrt zu ersparen. Ganz böse gesagt waren viele Lehrer vermutlich v.a. motiviert, den Wechsel mitzumachen, weil sie schon recht lange dort unterrichteten und ziemlich praktisch wohnten (und ähnliche pragmatische Gründe). #schein Habe nie jemanden getroffen, der voller Elan sagte "das ist eine gute Sache ...". Der Rektor (ziemlich ehrgeizig) hatte v.a. auch ein Interesse daran, sich zu vergrößern. Irgendwie überzeugt das Konzept nicht wirklich.

Weil der Rektor sicher gehen wollte, dass er genug Zulauf hat, ließ er sich auf einen gefährlichen Deal ein. Wir wohnen auf dem Dorf, in der Nähe einer Stadt - das letzte Wohnviertel der Stadt ist eine Sozialsiedlung ... er hat dem Jugendamt angeboten, Fälle, die dringend eine Ganztagesbetreuung brauchen, aufzunehmen (prinzipiell ja eine gute Sache!) - und hat pro Jahrgang eine ganze Klasse zusammenbekommen. Er ist nun dreizügig, oft vierzügig, was die Schule sehr unübersichtlich macht. Viele Klassen sind durch die doch etwas schwierigeren Kinder wohl kurz vorm "Kippen" und viele Zusatzstunden sind darauf ausgerichtet, die Kids zu unterstützen ... auch vom Prinzip her eine gute Sache, leider fielen der dann so Dinge wie die Blockflöten AG etc zum Opfer, weil man die Lehrer andersweitig brauchte. "Normale" Kinder werden sehr wenig gefördert.

Durch das explosionsartige Wachstum der Schule gingen dann irgendwie die Räume aus. Fachräume wurden dann zu Klassenzimmern gemacht (z.B. der Musikraum) und auf dem Hof drei Container als "Übergangslösung" aufgestellt. Diese rosten langsam. Eine Klasse wandert. Ein Anbau ist nicht in Sicht.

Da die Schülerschaft nun sehr heterogen ist, wurde komplett auf differenzierte Wochenpläne umgestellt. Bestimmt eine tolle Sache, wenn du ein motiviertes Kind hast, das selbstverantwortlich lernen kann. Meine Kinder brauchen ziemlich klare Strukturen und v.a. der Kleine noch oft Unterstützung, Sachverhalte zu verstehen. Bei offenen Unterrichtsformen in seiner Grundschule hat er riesige Probleme, sich zu strukturieren. Also wäre das für mein Kind nichts.

Am Anfang war es so, dass die Kinder nur freitags den Schulranzen mit nach Hause bekamen und dann dort den Wochenplan, den sie unter der Woche nicht fertig bekommen haben, fertig machen mussten. Das Problem bei der Freiarbeit ist wohl auch der Personalschlüssel ... oft ist eine Lehrerin für die ganze Klasse da und kommt nur punktuell dazu, Dinge zu erklären (wenn man rechnet: 25 Kinder, eine Lehrkraft, 45 Minuten - macht ja nicht mal zwei Minuten pro Kind)... so sehen sich viele Eltern damit konfrontiert, dass sie mittages nach 16.00 den Wochenplan noch selbst kontrollieren. Für die Kinder wird das dann ein sehr langer Tag. Wird der Wochenplan nicht fertig, müssen sich die Eltern samstags und sonntags drum kümmern. Mein Sohn hat einen Freund, wo das regelmäßig dazu führt, dass der Haussegen schief hängt.

Dadurch, dass man das Problem nicht in den Griff bekommt, ist das Unterrichtsniveau insgesamt gesunken, was sich wohl beim Übergang in die weiterführenden Schulen sehr negativ bemerkbar macht. Bei Kindern, wo alles läuft, schiebt sich das wieder auf das zu Hause, man weiß, Frau Müller schaut sowieso, dass der Wochenplan fertig wird, da wird z.T. kaum kontrolliert.

Am Anfang war es noch so, dass es Zusatzangebote gab, die bezahlt werden mussten - z.B. konnte man sein Kind in der Musikschule anmelden und der Unterricht fand dann in der Schule statt. Wegen sozialer Ungleichheit geht das nun nicht mehr. Wenn du nun Wert darauf legst, dass dein Kind ein klassisches Instrument spielst, musst du in die Musikschule fahren. Dummerweise liegt die in der Stadt, wenn du also um 16.00 aus hast und direkt losfährst, kommst du in den Arbeiterverkehr und kannst frühestens um 16.45 dort sein ... Nicht besonders gut, wenn dein Kind schon ziemlich müde ist. Das gleiche ist mit dem Sport passiert.

Unterricht findet rhythmisiert statt - das heißt, es gibt auch mittags viel Fachunterricht, was wohl für die Kinder ziemlich schwierig ist, von der Konzentration her. Der Unterricht zieht sich also über den ganzen Tag, Pausen und Freiarbeit und Ruhezeiten gibt es zwischendrin. Da ist das Kind dann schon sechs Stunden da und hat noch eine Doppelstunde Mathe ... ist wohl nicht so ergiebig.

Viele der "pädagogischen Assistenten", die dort arbeiten, haben einen 50 Stunden Fortbildungskurs besucht - unabhängig davon, welchen Beruf sie vorher ausübten und durften dann mit den Kindern arbeiten. Dabei sind einige Mütter, die ich vom Spielplatz her kenne und die ich ehrlich aufgrund meiner Beobachten schon für nicht so geeignet halte, ihre eigenen Kinder zu erziehen - ich kann sie mir schwer mit einer Gruppe von 25 Kindern vorstellen. Klar, es sind mit Sicherheit auch gute und motivierte Hilfskräfte dabei, aber der Stundenlohn liegt bei knapp 12€ und daher ist die Abwanderung richtig hoch. Man hört eigentlich immer, dass die Schule Personal sucht. Was ich auf dem Spielplatz so beobachte schafft kein Vertrauen (vielleicht werden die schwächsten Hilfskräfte nach draußen geschickt?) ... Wir haben einen kleinen, eingezäunten Park mit Spielplatz, da kommen sie oft, haben nicht mal einen Ball dabei. Der Spielplatz ist recht alt und für 25 Grundschulkinder nicht ausgelegt. Daher hängen die Schüler meistens irgendwie rum ... und werden auch nicht angeleitet, sich irgendwie zu bewegen oder zu spielen.

Überhaupt finde ich das Programm seltsam. Ich bin nun nicht vom Fach und stelle mir das vielleicht zu einfach vor. Aber wie gesagt, wir wohnen ländlich, man kann den Wald sehr gut erreichen, könnte schöne Spaziergänge durch die Felder machen, im Fluss plantschen (der wirklich nur 20cm tief ist), Kastanien sammeln, Drachen steigen lassen ... was weiß ich. Aber nein. Wenn sie das Schulgelände verlassen, gehen sie wirklich immer in den (ungeeigneten) Park. Irgendwie kommt mir das recht lieblos vor.

All das hat uns dann dazu bewogen, eine klassische Halbtagesgrundschule zu wählen (wo natürlich auch nicht alles nur Gold ist, das glänzt).

GLG
Miss Mary

P.S. Das ist die Situation bei uns. Fairerweise muss man sagen, dass es auch anders geht. Freunde von uns wohnen in so einem klassischen "gutbürgerlichen Neubauviertel". Die GTS Grundschule dort ist völlig anders organisiert und viele Eltern bringen sich mit ein, es gibt haufenweise AGs, die von (über)motivierten Eltern geleitet werden und das Niveau ist wohl auch sehr hoch. Die sind total begeistert. Man muss vermutlich jede Schule einzeln anschauen. In die GTS bei meinen Freunden würde ich mein Kind vermutlich auch geben. #schein

3

ich glaube, es geht nicht "auch" anders, sondern meistens. die von dir geschilderte situation ist sicher ein extrembeispiel noch dazu mit der schwierigkeit peripherer räume.
auch kenn ich wenig mütter, die davon betroffen sind, alleine zuhause auszuharren, weil ihr kind so lange betreut wird...da müsste ich fast lachen. sorry

4

LOL,

das ist bei uns im Dorf echt ein Problem - viele Mütter arbeiten fünf Vormittage + zwei Nachmittage. Früher war das kein Problem, die Grundschule hatte einfach eine "Nachmittagsbetreuung", die so hieß - und man konnte einzelne Mittage zubuchen.

Jetzt gibt es "ganz oder gar nicht". Willst du nicht auf die GTS, musst du einen Gastantrag stellen (der immer durchgeht), aber das wirft oft neue logistische Probleme auf (wie kommt das Kind in die Schule und zurück, weil es bei uns im Dorf nur die eine gibt!) und viele wählen dann einfach die GTS, weil sie vor Ort ist.

Da gibt es dann wirklich das "Problem", dass sie an zwei Mittagen daheim sitzen, während ihr Kind drei Häuser weiter mehr schlecht als recht betreut wird. Irgendwie sinnlos ...

GLG
Miss Mary

5

Hallo
In Deutschland bin ich eindeutig dagegen, zumindest so wie es jetzt ist.

LG

6

Meine Kinder besuchen einen gebundenen Ganztag. Die Schule war bis vorletztes Jahr aber noch ganz normale Schule ohne Betreuungsangebot. Ich kenne also Beides...von einer Schule.

Mir persönlich hat die "normale Schule" ohne Ganztag besser gefallen. Ich bin kein großer Fan davon, dass die Kinder ihre gesamte wache Zeit mit der Klasse und den Lehrern/Betreuern verbringen. Ich hätte gern ab und an auch noch etwas von meinem Kind. Und das Märchen, dass die Kinder dann eben Freizeit haben, wenn sie nach Hause kommen, glaube ich schon lange nicht mehr. Nur lasse mal dein Kind noch etwas lernen oder nacharbeiten nach 16:00 oder 17:00 Uhr. Das klappt einfach nicht mit der Konzentration.
Aber: Ich kenne auch eine ganze Menge Eltern bei uns an der Schule, die froh sind über dieses (kostenfreie) Angebot. Die Kinder müssen ja irgendwo hin, wenn die Eltern nicht zuhause sind und das ist eine Option. So bekommen die Kids wenigstens ein ordentliches warmes Mittagessen (wir haben hier einen Caterer, der Bio liefert).

Die Lernzeit (also "Hausaufgabenzeit" wird betreut durch eine Klassenlehrerin und einen Hortbetreuer. Die fachliche Kompetenz ist also auch da. Was mir hier immer fehlte war nicht die Qualität, sondern die Quantität. Offenbar achtet niemand darauf, ob nicht ein Kind die ganze Zeit nur aus dem Fenster schaut. Am Wochenende hat man dann natürlich ordentlich nachzuarbeiten - da gehen schon mal ein paar Stunden ins Land.
Es sind auch viele Pausen und Spielzeiten im Stundenplan. Auch hat jedes Kind 2-3 AGs verpflichtend (da sollte das Kind dann auch akzeptieren, dass es etwas machen MUSS - das ist nicht freiwillig). Die AGs selbst sind sehr vielfältig und lassen keine Wünsche offen.

7

Für den einen genau richtig - für den anderen ein Graus.

Das entscheidet dein Kind. Alles hat Vor- und Nachteile.

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Hallo,

mein Sohn geht seit knapp 2 Jahren auf eine Schule mit gebundenem Ganztagsangebot. Das heißt man muss das Ganztagsangebot nicht annehmen, wenn man sich aber dafür entscheidet, besteht Schulpflicht Mo - Do 8 - 16 Uhr und Fr 8 - 13 Uhr. Abmeldung ist immer nur zum Schuljahresende möglich. Mein Sohn geht in die 6. Klasse einer Gesamtschule in Rheinland-Pfalz.

Leider hatte ich nicht die Wahl, da ich berufstätig bin und er betreut werden muss. Inzwischen habe ich ihn abgemeldet, d.h. ab dem 7. Schuljahr wird er täglich um 13 Uhr Schule aus haben und nach Hause kommen.

Bei uns soll die Ganztagsschule im Prinzip so ablaufen: Es gibt grundsätzlich in dieser Schule keine Hausaufgaben, sondern Wochenpläne. Das heißt, für jedes Fach gibt es Montags einen Wochenplan und der muss bis zum nächsten Montag bearbeitet sein. Wann die Kinder diesen bearbeiten ist ihnen überlassen. In der Ganztagsschule läuft das dann so ab, dass an 3 Nachmittagen dieser Wochenplan bearbeitet wird und an 1 Nachmittag eine AG stattfindet. Ist der Schüler schon zeitig fertig mit seinem Wochenplan, "verplempert" er seine Zeit in der Schule, die er zuhause schon zum Lernen nutzen könnte. Mein Sohn kommt um 16:30 Uhr, an zwei Nachmittagen sogar erst um 17:30 Uhr (Sport und Gitarrenunterricht) nach Hause. Da ist nicht mehr viel mit Konzentration, also lernen.

Meiner Meinung nach ist die Ganztagsschule, zumindest in dieser Art und Weise, einfach nur verschwendete Zeit, die man viel sinnvoller nutzen könnte. Das Lernen läuft logischerweise um 14:00 Uhr wesentlich entspannter ab als um 17:00 Uhr nach einem 8-Stunden-Schultag.