Was nun? ADS - LRS! Hilfe!

Hallo,

als mein Sohn 7 war hat das SPZ zu 80 % ADS (ohne H) festgestellt. Vor einem halben Jahr wurde offizielle LRS diagnostiziert (von einer Logopädin und unabhängig vom LOS-Zentrum). Seit knapp 2 Jahren bekommt er Tabletten - erst Medikinet und seit 3 Monaten Concerta 36mg.

Nun ist er 10 und hat extreme Schwierigkeiten in der Schule (3. Klasse) - obwohl das wohl Ansichtssache ist. Er hat eine Sauklaue (kann aber schön schreiben, wenn er sich extrem anstrengt), schreibt so gut wie nie seine Hausaufgaben auf, hat überhaupt keine Lust auf Hausaufgaben und lernen, am liebsten würde er gar nicht zur Schule gehen. Ansonsten ist er sehr unauffällig, er träumt fast nur.

In der Schule konnten wir schon einen eingeschränkten Nachteilsausgleich erwirken, damit er in Deutsch wenigstens entlastet wird. Er hat sich jetzt von einer 5 auf eine 4 hochgekrabbelt. In Mathe ist er zu Hause gut, in der Schule steht er wohl auch 4.

Seit einem halben Jar fördern wir ihn privat bei der Logopädin mit LRS-Training, und zusätzlich Ergotherapie. Beide Seiten sind begeistert von meinem Sohn: freundlich, macht gut mit, sehr sozial, lieb, nett, höflich, zuvorkommend... Sie sagen, mit etwas Ausdauer lässt sich das alles in den Griff kriegen.

Die Lehrerin verzweifelt aber und droht schon, die Arbeiten nicht mehr zu kontrollieren, weil sie es nicht lesen kann. Versetzungsgefährdet ist er aber nicht, und eine andere Schulform zieht sie auch nicht in betracht. Sie denkt, dass er auf der Hauptschule später besser zurecht kommt, da dort der Konkurrenzkampf nicht so groß ist (jetzt sind ja angehende Gymnasiasten in der Klasse).

Nun war ich gestern bei unserem Kinderarzt, und wollte ein neues Ergorezept haben (das 3. insgesamt). Da fängt der mit mir eine Diskussion an, dass solche Kinder auf eine Lernbehinderten Schule müssten, und 1 x die Woche Ergo würde da auch nicht helfen. Ob ich schon einen Termin bei der Ärztin gemacht hätte, die noch mal (!) die auditive Wahrnehmung prüft - ja habe ich! Und was mit dem SPZ sei - da waren wir vor 3 Jahren. Ich weiß nicht, ob es Sinn macht diese Tortour noch mal zu machen, mit einem neuen Ergebnis?

Aber wenn ich das UNBEDINGT wollen würde, würde er mir eine Verordnung ausstellen (nach dem ich schweigend sitzen geblieben bin). Nun habe ich u. a. auf der "außerhalb des Regelfalls" - Verodnung stehen: Therapieresistente Wahrnehmungsstörung, xxx hat sonst keine alternativen Therapiemöglichkeiten in Aussicht. - Bitte was soll das bedeuten? Wenn ich das richtig verstehe, kommt das bei mir ganz übel an!!!

Ehrlich gesagt bin ich sehr traurig und verletzt. Klar hat mein Sohn Schwierigkeiten, aber dass er direkt auf eine Lernbehinderten-Schule soll kann ich nicht nachvollziehen - wobei mir ja auch weder die Lehrerin, noch die Therapeuten dazu raten. Sie meinen, dass Dennis zwar Defizite hat, aber mit der regelmäßigen Therapie alles auf Dauer gut wird.

Ich hatte auch schon mal an eine Verhaltenstherapie gedacht, da mein Sohn ja auch noch unter der Scheidung leidet - eventuell hängt das alles zusammen.Leider sind die Plätze hier dünn gesät, Wartezeiten und Fahrtwege ohne Ende. Außerdem hat er ja schon 2 Termine in der Woche, ich will ihn auch nicht überfordern mit Therapien.

Ich überlege ernsthaft den Arzt zu wechseln, denn ich kam mir gestern vor wie ein Bittsteller auf Knien. Und dann mit diesem niederschmetternden Ergebnis (in meinen Augen).

Was meint ihr dazu?

Liebe Grüße, Bianca

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Hallo Bianca,

sieh dir mal Förderschulen an.

Hier gibt es eine mit kleinen Klassenzimmern, Teppichen auf dem Fußboden für die Geräuschdämmung. In eine Klasse gehen maximal 15 Kinder. Ich habe bislang NUR positives gehört.

Die meisten Kinder können nach der 6. Klasse (Ende der Grundschulzeit) ganz regulär wieder eine "normale" Schule besuchen.

Eure Lehrerin wird dir nicht dazu raten, die Schule zu wechseln. Weniger Schüler bedeuten weniger Geld für die Schule. Wenn du das Kind in eine Spezialschule schickst, werden wahrscheinlich auch die Therapeuten überflüssig. Es gibt nämlich schon Therapeuten an den Förderschulen.

Wie schon am Anfang geschrieben. Sieh dir eine Förderschule an, bevor du diese Möglichkeit ausschließt.

LG Marion

2

Hallo Marion,

ich mache mir da aber Sorgen.

Erstens ist der Schulweg gigantisch weit ( er müsste jeden Tag mit Bus 30 km eine Strecke fahren). Zweitens sind wir erst vor 2 Jahren hergezogen und da hat er schon die Schule gewechselt. Drittens weiß ich nicht, ob jede Förderschule das anbietet, wieder zur Regelschule gehen zu können, oder ob er dann dort "hängen bleiben müsste".

Viele Grüße,
Bianca

4

Hallo,

30 km lasse ich als Argument stehen. Alles andere nicht.

Informiere dich!

Entscheiden musst du das ja weder heute noch morgen. Aber du solltest dich wirklich informieren.

Ruf doch einfach mal in der Förderschule an. Evtl. kannst du mal einen Tag hospitieren.

LG Mrion

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Wechsle am Besten den Kinderarzt, wenn der nicht hinter Euch steht, hast Du schlechte Karten.

Ist es durch die Medikamente garnicht besser geworden? Kann es sein, das er unterdosiert ist?

Wir machen das mit HA aufschreiben so: Meine Tochter hat ein Hausaufgabenheft und jede Spalte wo sie Neu eintragen soll, habe ich gekennzeichnet. Die Seiten sind mit Linien Strukturiert. Und jede Seite, wenn eine voll ist, wird die nächste mit einer Büroklammer bestückt. So weiß ich, was sie aufschrieb, und sie kann sich besser Strukturieren. Hat sie NICHTS aufgeschrieben, muß sie Schulkameraden anrufen, und erfragen, was sie nicht gerne macht.

Ich weiß was Du durchmachst, guck Dich auch mal hier um:

www.adhs-anderswelt.de

Förderschule muß nicht zwingend sein, wichtig ist das die Medikation stimmt, und das Ihr die Therapien wahrnehmt. Mehr geht nicht.

LG, Julia

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habe mich per vk bei dir gemeldet

lg

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Hallo,

es gibt bei urbia einen neuen ADS-Club "Eine andere Art die Welt zu sehen", den möchte ich Dir unbedingt ans Herz legen.

1, Die Dosierung scheint ja nicht zu hinzuhauen, da stimmt etwas nicht. Da müsst Ihr nochmal ran.

2, Das SPZ kann problemlos auf den Kinderarzt Druck ausüben. So geht es natürlich nicht! Im Prinzip hat er aufgeschrieben: Kind lernt Nix dazu, Mutter soll selbst bezahlen. Das ist eine Unverschämtheit!

3, Meine Sauklaue war so wie die Deines Sohnes. Ich hatte oft unter den Arbeiten stehen: "Sieht hübsch aus, ist aber völlig unlesbar, bitte abtippen!" Ich habe ganz schnell Schreibmaschine schreiben gelernt - Problem beseitigt. Vielleicht lohnt es sich hier, über die Anschaffung eines kleinen Laptops nachzudenken, manche Lehrer sind da ja durchaus auf dem Stand der Dinge. Die Lehrerin scheint ja nicht unkooperativ zu sein.

4, Kinderarzt wechseln, aber erst Ärger machen. Ihr braucht jemand, der mit der SPZ zusammen arbeitet. Sollte der Kontakt gar nicht mehr bestehen und sich im Verordnen von Medis erschöpfen - sucht Euch jemand, der für Euch vermittelt, eine Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP), die Erziehungsberatung des Jugendamtes - wen auch immer. Solche Reaktionen wie die des Kinderarztes muss man sich nicht bieten lassen! Du kannst Dich übrigens auch bei der Ärztekammer über ihn beschweren, das geht sogar per E-Mail.

5, Wenn in der Grundschule von Lernbehinderung keine Rede ist, dann gehört er dort auch nicht hin. Nichts gegen diese Schulen, wir schulen ins Hörgeschädigteninternat ein, das ist eine tolle Lösung, wenn die Kinder die entsprechenden Defizite tatsächlich haben. Wenn nicht, ist es Quatsch. Ist seine Intelligenz getestet worden? Und kam dabei Hauptschulniveau raus? Oder wäre er dort total unterfordert? Mit einer solchen Fehlentscheidung kann man sich ja diverse neue Probleme ins Haus holen.

6, Sehe ich das richtig, dass die Logopädin, die ihn "diagnostiziert" hat, auch gleich behandelt? Wenn Ja, sofort auf die Bremse treten, das geht nicht.

Nota bene: Wenn es mein Kind wäre, würde ich das Gesundheitsamt und das Schulamt anrufen und die Situation ganz in Ruhe beschreiben. Ich würde mir entsprechende Diagnostiker empfehlen lassen, denn Logopäden dürfen keine Diagnosen auf LRS stellen, das wird (zu Recht!) nicht anerkannt. Ich würde generell auf Teilleistungsschwächen testen lassen, die ADS-Diagnostik seriös wiederholen lassen und dann das Kind korrekt einstellen. Meiner Ansicht nach ist die KJP der beste Platz dafür, aber die Entscheidung würde ich immer den offiziellen Stellen überlassen.

VG, Barbara

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Hallo Barbara,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

1. mit der Dosierung üben wir noch, das dauert scheinbar lange, bis man die richtige gefunden hat. Vor knapp 2 Jahren haben wir mit Medikinet angefangen wodurch mein Sohn aber sehr weinerlich wurde. Nun haben wir seit 3 Monaten Concerta, was aber auch nicht hundertpro das richtige zu sein scheint.

2. Ja, so kam mir das von dem Arzt auch vor. Habe direkt gestern meine Krankenkasse angerufen, und sie meinte dass man da keine Chance hätte, weil kein Zeuge dabei war. Die Verordnung wäre an und für sich nichts schlimmes und würde auch so bezahlt werden. Man müsste halt im Anschluss gucken was der Therapiebericht sagt. Sie hat mir aber auch dringend empfohlen den Arzt zu wechseln.

3. Er kann schön schreiben, wenn die Tablette voll wirkt und er sich auch Mühe gibt. Ich denke dass das auch viel mit der Gesamtsituation zu tun hat. Er hat halt kaum noch Lust auf Schule, ohne Motivation - immer nur schlechte Noten und "Gemecker". Er merkt ja auch, dass es sich ständig um ihn dreht.

4. Das Jugendamt schiebt es zur Schule, die Schule auf die Eltern. AN KJP habe ich auch schon gedacht, habe aber vor dem Schritt fürchterliche Panik. Wer weiß, was dann für ein Stein ins Rollen kommt.....
Ärztekammer, siehe Punkt 2.

5. Damals im SPZ wurde der IQ getestet, ohne Medikation noch. Dabei kam heraus, dass er im unteren Drittel liegt. Er ist sicher nicht hochbegabt, aber dumm ist er auch nicht. Letzte Tage hat mir eine andere Mutter erzählt, dass bei Medikamenteneinnahme das Ergebnis wieder anders aussehen könnte. Damals war ich im ersten Moment schon über das Ergebnis enttäuscht, aber mittlerweile hoffe ich, dass es halt nur ein "Papierergebnis" ist.

6. Die Logopädin hat eine Spezialausbildung für Legasthenie und Dyskalkulie. Die Stunden zahlen wir schon jede Woche aus eigener Tasche, weil sich der Staat ja nicht in der Lage sieht die Problematik zu erkennen. D. h. wir fahren ein Mal in der Woche 30 km eine Strecke zum LRS-Privat-Förder, er bekommt die Witz-LRS-Förderstunde (ganz normaler Deutsch-Lehrer, der eigentlich nur Nachhilfe gibt, und das bei mind. 15 Kindern) in der Schule, und 1 Std. Ergo.

Das Schulamt ist informiert, und eine Schulpsychologin wurde schon hinzugezogen. Wir arbeiten gerade an einem neuen Hausaufgaben-System und hoffen auf langsamen Erfolg. Seit Montag klappt es.... mal weiter abwarten!

Weiterhin versuche ich momentan ein gebrauchtes "Audiva-Gerät" zu ergattern, um auch diese Möglichkeit zu nutzen (www.audiva.de). Was haltet ihr davon?

Ich hoffe, einiges klarer gemacht zu haben.

Viele Grüße,
Bianca

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Hallo Bianca,

ich sehe an Deinen Antworten, dass Ihr schon richtig aktiv wart! Zu Audiva kann ich nichts sagen, mein Sohn IST schwerhörig aufgrund ständiger Paukenergüsse, gerade jetzt wieder ganz schlimm. Er zieht sich schon wieder aus Gruppen zurück, wird ganz wuselig und anstrengend (bekommt diese Woche allerdings auch kein Medikinet). Bei uns überlagern sich die beiden Probleme, die Behandlung ist zum Glück ähnlich. Ich gehe mit der Schwerhörigkeit so um, dass wir bewusst Hören trainieren, wie sie es auch in der Hörgeschädigtenschule tun. Konkret bedeutet das bei uns, dass wir uns im Wald die Vogelstimmen anhören und sie zuordnen. Dass wir auf "Lärmhygiene" achten und bei uns nie unbedacht das Radio oder irgend eine plärrende Kinderkassette läuft. Dass wir viel Vorlesen. Solche Dinge. Das klappt ganz gut. Ich bin da auch viel entspannter geworden, seit ich gemerkt habe, dass Therapien bei ihm praktisch nichts bringen (aufgrund des ADS). Insofern bemühe ich mich darum, ihm eine bestimmte Lebensart beizubringen, die viel Ruhe und Bewusstheit für den Moment beinhaltet. Klingt jetzt etwas geschwollen, vermutlich weißt Du trotzdem, was ich sagen will. Er ist fröhlich, ausgeglichen - das reicht mir. Er kommt allerdings in die Hörgeschädigtenschule ins Internat, so dass ich entspannt in die Zukunft schauen kann, weil die Einrichtung genau das bietet, was er aufgrund der SH UND des ADS braucht: Ruhe, Struktur, kleine Gruppen und so weiter.

Den IQ-Test hätten sie unbedingt mit Medikation wiederholen müssen! Das ist ja gerade der Witz an den Medis, dass sich die Kinder unter der Medikation so gut konzentrieren können, dass sie ihr Potential ausschöpfen. Das ist ganz wichtig, denn nur so wisst Ihr, in welchem Bereich er tatsächlich liegt. Zumal der Test als Beleg für ein tatsächliches ADS gilt!

Ich möchte Dir unbedingt zuraten, die KJP aufzusuchen. Wir werden sehr gut betreut durch Büchen

http://www.vorwerker-diakonie.de/hilfen/fachklinik/tagesklinik/buechen/

Ich war am Anfang auch skeptisch, es sind schon teilweise schwer kranke Kinder dort, und man kommt sich merkwürdig vor, wenn man mit ihnen gemeinsam im Wartezimmer sitzt. Zumal wir mit unserem artigen kleinen ADSler! Aber wir haben einen großartigen Ansprechpartner dort, er ist auch lustig und nett, dazu natürlich sehr qualifiziert, man hat uns sehr geholfen. Was mir auch wichtig war: Ich bin endlich Mal Ernst genommen worden! Ich bin drei Jahre rumgerannt, Hilfe, mein Sohn kann nicht hören, und alle haben sie so getan als wäre ich nicht ganz bei Trost. Seit sechs Jahren weiß ich, dass er ADS hat, und auch das hat kein Mensch Ernst genommen. Dort, in Büchen, hat man mit mir auf Augenhöhe geredet, das war eine unglaubliche Erleichterung. Es war ein Tipp unserer Gesundheitsamtsärztin, der ich vertraue, und es war die richtige Stelle für uns. Am Donnerstag, Morgen, ist das Abschlussgespräch, in dem wir die Medikation festlegen. Ich nehme sogar die Leiterin unseres Kindergartens mit, so sicher fühle ich mich inzwischen, damit sie sich über ADS informieren kann.

VG