An Alle: Bitte sagt etwas. Thema Totgeburt

Hallo an Alle,

vor 3 Monaten ist mein Sohn in der 39. Woche plötzlich gestorben.
Zum Glück haben alle Freunde und die Familie uns sehr unterstützt: uns geschrieben, angerufen, geredet. Uns Hilfe angeboten in Form von kochen, "große"-Tochter-abnehmen und waren vielfach einfach nur da.
Das hat uns sehr sehr geholfen, auch wenn natürlich unsere Trauer immer noch unendlich ist.

Aber die allermeisten Bekannten tun so, als sei nichts passiert. Sie haben gar nichts zum Tod unseres Sohnes gesagt.
Im Kindergarten und bei sonstigen Aktionen, bei der ich mit meiner 3jährigen Tochter bin, habe ich fast den Eindruck, dass ich gemieden werde. Dabei wissen ja alle Bescheid bzw haben es von anderen erfahren.

Warum sagt denn keiner was? Ich will doch nicht überall Mitleid einheimsen, aber man kann doch nicht so tun, als sei nichts passiert.
So wird unser Sohn auch noch totgeschwiegen.
Und ich muss auch nicht mit Allen über seinen Tod reden, aber es fehlt einfach EINMAL eine Geste, ein Wort und manchmal auch nur ein Blick, der zeigt, dass die anderen es mitbekommen haben.
Ich komme mir vor wie auf einem fremden Planeten, wenn alle so tun, als sei alles ok.

Vermutlich haben die meisten Angst, etwas zu sagen, um mich nicht noch mehr an meinen Verlust zu erinnern.
Aber hey: ich denke sowieso ständig an meinen Sohn und werde zusätzlich traurig, wenn ich so im Alltag allein gelassen werde (nicht immer sind ja Freunde und Familie da).
Oder sie haben Angst, dass ich anfange zu weinen: ich weine so viel, da ist einmal mehr auch nicht tragisch und oft sogar erleichternd.

Es geht nicht nur mir so, sondern ich habe inzwischen schon so oft gelesen und gehört, dass es anderen Eltern, die ihr Kind verloren haben genauso geht: BEKANNTE SAGEN OFT NICHTS
Und selber die Leute anzusprechen, ist einfach zu schwierig.

Meine BITTE:
Wenn bei Euch im Umkreis etwas Schreckliches passiert, dann reagiert doch bitte.
Man kann ja auch eine Mail oder eine Karte schreiben, wenn man Angst hat, wie der andere reagiert.

UND:
Ich schreibe das in diesem Forum, obwohl hier die meisten Erfahrung mit Verlust gemacht haben.
Da die meisten Fehlgeburten am Anfang der Schwangerschaft passieren, wenn man oft noch niemandem davon erzählt, wissen vermutlich wenige Menschen außerhalb dieses Forums von frühen Fehlgeburten, die ja am häufigsten vorkommen, aber ja nicht weniger schlimm sind.
Ich will überhaupt nicht sagen, dass man, je später die Fehlgeburt/ Totgeburt stattfand, mehr Anrecht auf Anteilnahme hat. Es geht einfach darum , dass Leute, die von der Schwangerschaft und dann dem Ende wussten, darauf reagieren. Egal, wann die Schwangerschaft endete.

Wenn ihr diejenigen seid, die reagieren, fühlt Euch nicht angesprochen.


Liebe Grüße und Euch allen irgendwann eine glückliche Schwangerschaft,

Plia

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--- Ach so, ja: meinte natürlich nicht, dass Ihr etwas zum Tod meines Sohnes sagen sollt.

Es ging ums Allgemeine.

Plia

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ich denke das viele leute das einfach zu unangenehm ist und da nicht weiter in der wunde pulen wollen
ich denke das sie dich nicht verletzten wollen immerhin ist es eine schwierige situation und viele wissen einfach nicht wie sie damit umgehen sollen

lg kim

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Hallo

Erstmal mein herzliches Beileid!

Ich denke es ist für viele einfach auch eine schwierige Situation. Sie wissen vieleicht einfach nicht was sie sagen sollen? (Mir geht es zumindest so, wenn jemanden so etwas schlimmes passiert, fehlen mir einfach die Worte. Ich bin da sehr schlecht drin)

Und es gibt nocheinen Grund warum es sein könnte. Niemand von den Außenstehenden kannte euer Baby. Du und dein Mann hatten natürlich einen ganz anderen Bezug zu eurem Kind.
Verstehst du wie ich das meine?


Auf der anderen Seite kann ich dich total verstehen. Vor allem das du nicht möchtest das er Totgeschwiegen wird.
Vieleicht kannst du das ja einigen Leuten direkt so sagen?

LG und ganz viel Kraft weiterhin!

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Hallo,

ja, ich kann das verstehen. Es ist eine schwierige Situation.

Und natürlich kannten sie unser Baby nicht.
Das habe ich mir am Anfang auch öfters gedacht.
Aber: hätten gute Bekannte z.B. erfahren, dass mein Großvater gestorben sei und ich deswegen traurig bin, hätte doch fast jeder etwas gesagt - auch wenn niemand ihn kannte, oder?
Und kurz vor seinem Tod habe ich mich noch mit Vielen über die bevorstehende Geburt unterhalten, wie das eben so ist: mit dickem Bauch wird man ständig angesprochen.

Du hast auch recht. Es fehlen einem die Worte. Aber genau das habe ich oft von Freunden gehört: mir fehlen die Worte. Und es war ok. Denn was soll man schon sagen. Aber das bischen ist schon genug.

Und selber sagen ist sehr schwer. Ich habe es schon gemacht und es war nicht gut. Ich habe auch überlegt, ob ich einen Brief an manche schreiben sollte: aber das geht doch auch nicht. Das wäre ein Vorwurf und ich will doch nicht, dass jemand reagiert, weil ich es ihm praktisch aufgezwungen habe.
Ich werde lieber manche Leute nicht mehr treffen oder ihnen aus dem Weg gehen. Ich bin enttäuscht.
Vielleicht verlange ich aber auch zuviel.

Danke für Deine Antwort.

LG

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Nein du verlangst auf keinen Fall zu viel!

Ich denke dir würde es niemand übel nehmen wenn du einen Brief an manche schreibst oder etwas sagst.
Jeder vernünftige Mensch wird dich verstehen.
Wer nicht, den würde ich persönlich auch meiden, denn das würde mich auch verletzen!

Wie gesagt ich gehe davon aus, das viele angst haben etwas falsches zu sagen und dann lieber schweigen. Also es nicht böse meinen

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Hallo

auch mir tut es sehr leid.

das Thema Tod ist einfach eiens was in unserer gesellschaft völlig ausgeblendet wird. Und gerade der Tod von (ungeborenen) Kindern macht viele menschen so hilflos dass sie wirklich nicht wissen was sie sagen oder tun sollen. Auch wenn man gar nicht viel erwartet und eben oft eine winzige Geste völlig ausreichend ist.
Schön, dass du Menschen um dich hast die mit dir trauern und für euch da sind.

LG
qrupa

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Hallo Plia,

es tut mir sehr leid, dass ihr euren Sohn gehen lassen musstet#kerze.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, was du meinst.

Vor 3 Jahren hatte ich eine Fehlgeburt in der 22. Woche und mich trifft es immer noch, wie einige vermeintliche Freunde und Bekannte reagiert haben. Teilweise wurden wir sogar beim Vorbeigehen auf der Strasse "übersehen", nur um nicht miteinander reden zu müssen.
Ich wollte nie Mitleid, aber wäre um ein bisschen Anteilnahme einiger Leute froh gewesen. Ein einfaches "wie geht es dir" hätte genügt und ich (bzw. wir) hätte entscheiden können wieviel ich in der Lage bin zu erzählen; ich denke, da bricht sich keiner eins ab.
Den Kontakt zu diesen Leuten habe ich eingestellt, weil ich denke man muss mit Freunden Höhen UND Tiefen im Leben durchstehen können; auch Bekannte sollten nicht einfach drüber weggehen.
In dieser Zeit habe ich mich auch damit getröstet, dass sie nicht wissen, was sie sagen sollen, etc.; aber das stimmt nicht, man macht sich damit selbst ein schlechtes Gewissen. Ich schiebe das auch ein bisschen auf die immerpartyimmergutelaune-Generation.
Das mit dem fremden Planeten finde ich sehr passend, so hab ich mich auch gefühlt, so aussen vor gelassen.
Zum Glück hast du Familie und echte Freunde, die dich auffangen.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für die nächste Zeit.

LG, Laura


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Hallo Plia,

es tut mir unendlich leid das auch du solch einen Verlust erleiden musst!
Der Tod meiner Zwillinge ist jetzt fast ein Jahr her und ich leide immer noch sehr darunter!

Und du hast völlig Recht, die meisten leben auf einem eigenen Planeten!
Von meiner besten Freundin musste ich mir damals anhören "Das ist ja alles schlimm was dir passiert ist, aber ICH BIN IMMER NOCH SCHWANGER! Du hättest Dich ruhig mehr um mich kümmern können! Ich bin sehr enttäuscht von DIR!" #schock

Ich finde Laura hat es schon sehr schön ausgedrückt, kein Mitleid aber Mitgefühl kann man in diesen schweren Stunden (und auch später) von dem ein oder anderen erwarten! Im allgemeinen bin ich von meinem Freundeskreis sehr sehr enttäuscht und zu den meisten besteht kein Kontakt mehr!

Leider habe ich festgestellt das ich in letzter Zeit durch die vielen Enttäuschungen sehr abgestumpft bin. Ich weiß das eine frühe FG auch "schlimm" ist für die betroffene Frau und doch weiß ich aus eigener Erfahrung das der Schmerz nicht annähernd mit dem Tod meiner Zwillinge zu vergleichen ist. Mir fällt es mittlerweile schwer tiefes Mitleid für die Betroffene zu empfinden #heul Das macht mich selbst richtig traurig! Oft rege ich mich über Bekannte auf, die aus Alltagskleinigkeiten riesen Staatsaffären machen und sich beschweren, wie hart sie es doch im Leben haben #klatsch

Mein Fazit ist = Du hast völlig Recht! Du hast alles Recht der Welt traurig zu sein! Lass dir das von keinem ausreden! Erzähle von deinem Sohn wenn dir danach ist! Lass deinen Kummer und dein Elend an die frische Luft #herzlich

Ich wünsche Euch alles alles Gute! Haltet zusammen!


Kerstin mit Madita & Leo *08.09.09+ und Krümel 12.SSW (26.01.10) und #ei 10.SSW

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Hallo Plia,

zunächst möchte ich dir mein Beileid aussprechen.

Mein 2.Kind wurde in der 25.Ssw geboren, lag viele Monate auf der Intensivstation. Ich verlor sie zwar nicht, aber mußte mich mehr als ein Jahr mit ihrem eventuellen Tod auseinandersetzen.

Auch in meiner Umgebung wurde am besten gar nicht darüber gesprochen und wenn dann nur mit Durchhalteparolen "ach das wird schon"
Oder Fremde beim Anblick des 6 Monate alten Minizwerges bedauerten mich eher, weil ich kein Elterngeld bekam:-[ (Geburt Oktober 2006).
Im normalen Mütterrudel (Rückbildungsgym, Spielpaltz usw. wurde ich auch gemieden.
Meine beste Freundin erfuhr von der zu frühen Geburt und meinem eigenen Intensivaufenthalt (hatte nach der Frühgeburt Lungenembolie) und meldete sich gar nicht mehr...
Und auch mein Mann spendete Anfangs Trost, aber flüchtete sehr bald in die Faktenwelt.

Die Menschen haben Angst sich mit negativen Gefühlen auseinanderzusetzen.
Wie steht man jemandem gegenüber, der gerade ein tragisches Schicksal erlebt?
Obwohl ich weiß wie sich mein Gegenüber fühlen könnte, fällt auch mir schwer demjenigen in die Augen zu schauen und mein Mitgefühl auszudrücken.

Nichtsdestotrotz stimme ich dir zu, dass jeder nahe stehender Mensch irgendeine Art finden sollte, sein Mitgefühl auszudrücken.

Alles Liebe,
belala

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Hallo Plia,
das tut mir sehr leid, mit Deinen kleinen Sohn:-(!

Ich habe eine Freundin die hat vor nunmehr 6 Jahren ihr Baby in der 30 SSW still geboren. Die Kleine war leider sehr sehr krank! Ich habe damals oft mit dem Papa gesprochen, denn meine Freundin wollte darüber nicht reden. Damals nicht und heute auch nicht. Ich denke so oft an die Kleine Maus aber meine Freundin tut so als wenn nie etwas gewesen ist. Klar jeder geht mit seiner Trauer anders um, aber so????
Ich habe auch schon probiert (auch schon vor Jahren) sie direkt anzusprechen, sie sagt dann immer ich will darüber nicht reden, das ist vorbei!?

Was ich Dir damit sagen möchte ist, das wirklich auch Jeder anders mit so einer Trauer umgeht und es deswegen vielleicht für viele Menschen so schwer ist etwas zu sagen!

LG Melli

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Hallo Plia,
es tut mir sehr leid was dir passiert ist. Eine #kerze für Deinen #stern-Sohn.
Ich glaube das viele sich nicht trauen etwas zu sagen, weil sie sich nicht vorstellen können wie es uns geht und Angst vor unserer Reaktion haben.
Für mich ist es mittlerweile besser sie sagen gar nichts mehr, denn ich höre immer wieder verletzende Sprüche und das tut noch mehr weh. Ich rede nur noch mit Menschen darüber die es auch hören wollen und mein Kind als Kind sehen und nicht als FG, leider sind das nicht viele.
Hier bist Du jedenfalls gut aufgehoben wenn du über Deinen Sohn reden möchtest.
Viel Kraft und alles Gute.

LG Celebrian

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Hallo Plia,

es tut mir sehr leid, dass Du Deinen Sohn verloren hast. Deinen Ärger über die Nicht-Reaktion von Bekannten kann ich auch total nachvollziehen.
Ich selbst habe wegen meiner ELSS + Not-OP lange auf der Arbeit gefehlt, so dass klar war, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Ich war dann total froh, dass so viele Kollegen sich gemeldet haben, auch wenn sie nicht immer wussten, was sie sagen sollten. Ein einfaches In-den-Arm-Nehmen fand ich sehr tröstend, genauso wie die Bücher, die sie mir ins Krankenhaus gebracht haben, um mich auf andere Gedanken zu bringen.
Da hatte ich glaube ich mehr "Glück" als die vielen, deren Fehlgeburt man gar nicht mitbekommt und die im Stillen trauern (müssen?).
Trotzdem gab es auch Menschen, die förmlich zurückgezuckt sind, als ich ihnen von der ELSS erzählt habe (ist vielleicht auch nicht besonders taktvoll, auf die Frage "Wie geht´s?" zu antworten, dass man gerade aus dem Krankenhaus kommt und sein Würmchen verloren hat - andererseits: warum soll ich lügen?). Ich gehe dennoch sehr offensiv damit um - weil ich nichts zu verstecken habe.
Wie Du sagtest: Über den Tod des Großvaters würde man ja auch reden.

Ich hoffe, Du findest die Kraft, den Tod Deines Sohnes zu verarbeiten, auch wenn es Dir Deine Umgebung schwer macht. Fühl Dich ganz lieb gedrückt.

S. + #stern

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Hallo Plia

du hast ja so recht. Die meisten tun so als ob es das Kind nie gegeben hätte - schrecklich. Ich habe vor einem Monat unser Kleines tot zur Welt bringen müssen - ich war erst in der 15. Woche. Trotzdem hilft es sehr wenn man darüber reden kann und man das Gefühl hat das an das Kind gedacht wird.
Ich denke man kann nichts falsch machen wenn man jemanden anspricht - man merkt dann ja wie die Person reagiert. Wenn sie nicht darüber reden will sagt sie es dann schon.

Ich werde unser Baby nie vergessen und rede gerne darüber was passiert ist. So bleibt es bei allen in Erinnerung.

Melanie