Alpträume nach Totgeburt

Hallo ihr alle

Ich habe vor 16 Tagen unseren Sohn Julian tot auf die Welt gebracht. Wir haben einen Schwangerschaftsabbruch in der 25 SSW gehabt, da unser Sohn nicht lebensfähig war. Seitdem funktioniere ich irgendwie.

Aber sobald ich abends im Bett liege und meine Augen schließe, sehe ich, wie ich auf diesem Tisch liege und die 2 Ärzte um mich herum und wie sie versuchen unser Kind zu töten, das nichtsahnend freudig strampelt. Ich liege auf diesem Tisch und warte darauf, dass unser Kind stirbt... Ich denke immer daran, ob unser kleiner sich gequält hat, denn immerhin dauerte das alles 1 (!) Stunde... Bis sie eine geeignete Stelle an der Nabelschnur gefunden hatten. Als ich dann unseren Sohn auf dem Arm hatte, habe ich gesehen, dass sie ihn 2mal in den Arm gestochen haben. Ich hab so eine Wut, denn mir wurde gesagt, dass unser Kind nichts merkt... Und er wird bestimmt alles gemerkt haben... Das tut so weh das zu wissen.

Schlimm genug, dass wir über seinen Tod entschieden haben, schlimm genug, dass Julian sich auf das Leben gefreut hat und wir es ihm genommen haben... Ich fühl mich sooo schuldig... Warum hat sein Herz nicht von alleine aufgehört zu schlagen? Warum bin ich diesen Schritt gegangen? Ich weiß zwar, dass er sowieso gestorben wäre (Das haben uns mehrere Ärzte bestätigt), aber ich kann mit dieser Schuld nicht umgehen. Es gibt zwar Tage, wo ich nicht dran gedacht habe, aber heute ist meine ganze Schutzmauer eingebrochen und ich fühl mich so beschissen. Alle erwarten irgendwie von mir, dass ich stark sein muss, für unsere Tochter. Irgendwie klappt das tagsüber auch, aber abends, vorallem Nachts habe ich schreckliche Alpträume. Ich sehe dann unseren Sohn in seinem Sarg liegen, zerfressen von irgendwelchen Viechern und das bricht mir mein Herz. Und ich habe nur solche Alpträume. Aber ich traue mich nicht mit meinem Mann darüber zu reden, weil ich nicht will, dass mich jemand für bescheuert hält... Schlimm genug solche Träume zu haben... Und das ist jetzt nur ein "harmloses" Beispiel. Ich fühl meinen kleinen manchmal noch, wie er strampelt, aber in meinem Bauch kann doch nichts mehr strampeln. Irgendwie zieht alles an mir vorbei und ich lebe in einer Seifenblase, die jeden augenblick zerplatzt. Manchmal holen mich meine Erinnerungen ein und ich merke, dass das alles kein Traum ist, aber zum größten Teil fühle ich mich tagsüber, als wäre das nicht passiert und nur ein traum. Ich mache mir so Vorwürfe... Vorallem deswegen, weil ich die letzte Woche vor dem Abbruch unseren sohn total ignoriert habe, als er gestrampelt hat. Das werde ich mir nieee nieee verzeihen. Ich hatte so Angst davor, dass mich sein Strampeln verletzt (seelich), aber heute weiß ich, dass ich ihn nie hätte ignorieren sollen. Ich hab mich viel zu wenig von ihm verabschiedet und es tut mir so leid, ich vermisse ihn so... Sorry fürs voll quatschen...

Suse

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Liebe Suse,
#liebdrueck mir fehlen echt die Worte, und ich glaube kaum dass ich bzw. jemand anders Dir in diesem Forum wirklich helfen kann, wobei wir das natürlich unheimlich gerne tun würden. Mir läuft es kalt den Rücken runter wenn ich Deine Zeilen lese. Es ist so furchtbar was ihr durchmachen musstet, dass man es nicht in Worte fassen kann. Und man sich fragt warum muss so etwas passieren? Ich selbst habe nun die 2.FG hinter mir einmal in der 8.SSW und einmal in der 9.SSW. Mir fällt das bereits unheimlich schwer und ich stelle mir ständig die Frage nach dem Warum. Alle Träume die man hat zerplatzen von einem auf den anderen Moment. Und das fällt sehr schwer obwohl man sein Baby ganz früh verloren hat.

Den Verlust den ihr durchleben müsst kann man nur erahnen, auch wie schlecht und bedrückend es für Dich sein muss. Ich kann mir gut vorstellen, dass Du die Tage wo Du abgelenkt bist einigermassen überstehst, während die Nächte Dich nicht zur Ruhe kommen lassen. Die Entscheidung die ihr Treffen musstet war bestimmt keine einfache, aber nachdem ihr mehrere Meinungen eingeholt hattet bestimmt die richtige für Euren kleinen Julian. Ihr habt bestimmt Eurem Julian sehr viel Leid und Qualen erspart und das ist ein Zeichen was für starke Eltern ihr seid. Euer Julian wird bestimmt dankbar dafür sein, und wird an dem Platz an dem er jetzt ist, stolz auf Euch herabsehen und auf Euch aufpassen. Es ist bestimmt ein wunderbarer Ort, wo all die vielen kleinen Sternenkinder beisammen sind.
Du musst versuchen, Dir nicht die Schuld zu geben. Solche Dinge passieren einfach ohne das irgendjemand etwas dafür kann. Das zu begreifen fällt unheimlich schwer, aber die Welt kann so maßlos ungerecht sein.
Versuche doch Dir vorzustellen, dass es Julian an dem Ort wo er jetzt ist bestimmt besser geht, als wenn ihr Euch anders entschieden hättet.
Mach nicht den Fehler und friss alles in Dich hinein. Du musst nicht funktionieren. Jeder wird Verständnis dafür haben, dass es Dir nicht gut geht, und dass es auch nicht so schnell anders sein wird. Sprich mit Deinem Mann, das wird Dir gut tun. Er ist derjenige, der bestimmt am besten verstehen wird wie es in Dir aussieht. Sich einem geliebten Menschen anzuvertrauen macht vieles leichter. Ansonsten würde ich Dir raten Dir professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das wird Dir gut tun, die Leute die sich auf so etwas spezialisiert und können Dir bei der Verarbeitung des schrecklichen Ereignisses weiterhelfen. Man darf nicht den Fehler machen sich wegen etwas zu schämen, wofür es keinen Grund gibt. Vielleicht sind Deine Alpträume eine Hilfeschrei. Ein Aufschrei nach Innerem Frieden.....

Ich wünschte ich könnte Dir helfen. Ich wünsche Dir und Deiner Familie ganz viel Kraft und Liebe und dass ihr irgendwann wieder ein Licht am Horizont seht.

Alles LIebe
Claudia mit Sohn 22 Monate an der Hand und zwei #stern#stern tief im Herzen

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Hallo Suse!

Ich habe gerade deinen Thread gelesen, und es tut mir so weh im Herzen, was du jetzt durchmachst. Es ist schlimm, wenn eine Mutter ihr geliebtes Kind gehen lassen muss, egal in geboren oder ungeboren.
Du bist gerade in einer tiefen Trauerphase, dein Unterbewusstsein lässt dich diese schlimmen Träume haben. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, das du das alles verarbeiten kannst, und das du wieder nach vorne schauen kannst.#herzlich

Ich rate dir, geh bitte zu deinem Hausarzt und lass dir Adressen für professionelle Hilfe geben. Es gibt auch Selbsthilfegruppen, die genau diese Trauersituation, die du jetzt durchlebst, aufgreifen und mit dir durchstehen.

Soweit ich informiert bin, heißen diese: "Guter Anfang - Jähes Ende"... Bitte mach das für dich und deine Familie. Und für dein STERNENKIND. Das du dir selbst verzeihen kannst und dich nicht kaputtmachst. Dein Sohn hat es dir verziehen. Tu das auch.

ALLES GUTE FÜR DICH!

LG Daniela

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Hallo liebe Suse,#liebdrueck
es tut mir sehr leid, dass euer Julian es nicht schaffen konnte. Und ich weiss leider aus eigener Erfahrung, wie schwer es momentan für dich ist. Und ich weiss auch, dass es keine Worte gibt, welche auch nur annähernd diesen Schmerz, den du durchlebst stillen oder abschwächen könnten, aber ich wollte trotzdem antworten, um dir zu zeigen, dass du nicht alleine bist.

Ich habe mir nach der stillen Geburt meiner Tochter Lina ein gutes Buch gekauft.
* Gute Hoffnung - Jähes Ende * Es wurde von Hannah Lothrop geschrieben.

Auch habe ich mir therapeutische Hilfe geholt. Oft habe ich schon gedacht, dass es mich ohne diese Frau evtl. nicht mehr geben würde. Diese schlimmen Träume kenne ich nämlich auch. Mich hat das ganze aber auch oft tagsüber eingeholt.

Wenn du jemanden zum schreiben brauchst, oder dir einfach nur jemand zuhören soll, kannst du mich sehr gerne über die VK anschreiben...

Ganz liebe Grüße.

Anika

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Liebe Suse,

was du erlebt hast gehört zu dem Schlimmsten, was einer Mutter passieren kann und deine Raektionen darauf sind völlig normal.

Ich war vergangenen Winter in einer ähnlichen Situation, als ich mich für einen Schwangerschaftsabbruch entschied, da meine Tochter nicht lebensfähig gewesen wäre.

Du bist genausowenig schuld am Tod von Julian, wie ich am Tod von Luna Sophia - es war eine Laune der Natur, die leider manchmal allzu grausam zu uns ist. Du hättest nichts tun können, um das zu verhindern. Auch dass Du Julian vor dem Abbruch ignoriert hast ist eine völlig verständliche Schutzreaktion, für die du dich nicht schuldig fühlen musst - ich weiss, das schreibt sich jetzt leicht...
Es ist auch nicht zu spät, dich noch mehr von deinem Sohn zu verabschieden. Du kannst ihm einen Brief schreiben oder ein Bild malen - das hat mir damals sehr geholfen meine Trauer zu verarbeiten und mir selbst zu vergeben.
Es tat auch sehr gut mit meinem Mann zu reden. Obwohl er die Situation anders und mit mehr Distanz erlebt hatte als ich, hatte er viel Verständnis.

Gönn dir soviel Ruhe wie du brauchst - du muss jetzt nicht "funktionieren". Trauer braucht Zeit. Dafür sollte jeder in deinem Umfeld Verständnis haben.

Viel Kraft und Liebe in dieser schweren Zeit!
Doris