Frühchen und die Chance auf ein normales Leben

Hallo liebes Forum,

zunächst habe ich wohl den Fehler gemacht und wieder zu viel im Internet zum Thema Frühchen und Spätfolgen gelesen. Wenn jemand das nicht hören möchte, dann bitte hier nicht mehr weiterlesen.

Dort steht eigentlich alles von geistiger und Kognitiver Störung, größerer Anfälligkeit, ADHS, Depressionen, Verschlossenheit bis zu wenige IQ (von bis zu 2,5 IQ weniger pro fehlende SSW) Zusätzlich geht es dann mit Vorwürfen der Eltern an sich selbst weiter. Angeblich haben 4 von 5 Frühchen entsprechende Spätfolgen. Je eher geboren, desto mehr.

Unsere Tochter ist 26-0 mit einem Gewicht von knapp 1000 Gramm zur Welt gekommen. Nach 3 Tagen wurde eine Hirnblutung Grad 2-3 auf der linken Seite festgestellt. Zusätzlich ist noch eine leichte BPD dazugekommen. Jetzt ist sie kurz vor SSW37. Sie hat während der ganzen Zeit außer den Atemproblemen überhaupt keine Auffälligkeiten gezeigt.

Hat sie nach euren Erfahrungen, die ich für besser als irgendwelche Studien halte, trotzdem eine Chance auf ein normales Leben?

Auch frage ich mich, falls Einschränkungen kommen, ob die von der Hirnblutung oder einfach nur weil sie klein ist sind. Gerade gelesen, dass man mit viel Bindung die Folgen der Hirnblutung als auch des Frühstartes sehr gut unterstützen kann. Wir kuscheln mit ihr meistens 8 bis 10 Stunden am Tag und das seit 10 Wochen durchgehend. Gibt es weitere Erfahrungen wie wir sie unterstützen und fördern können?

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Hallo,

Herzlichen Glückwunsch zur Geburt eures Superminis :-)

Erst mal entspann dich ein bisschen. Euer Einsatz ist ja fabelhaft, aber ich sag immer ein Kind großzuziehen ist ein Marathon und kein Sprint. Und beim Extremfühhchen teils eher Ultratrial als Stadtlauf. Und es wird keinen Nachteil haben wenn du dir mal nen halben Tag oder gar Tag frei nimmst, falls das eine Angst von euch ist.

Was heißt normales Leben? Für Euch als Familie oder für das Kind als Erwachsener? Was ist ein normales Familienleben? Unser Lütt kam bei 24-2. Ja er hat Spätfolgen, aber nix was ein normales Leben verhindert. Bei vielem gilt dass Umwelt und Förderung zwischen 30 und 50 % des 'Endergebnis' ausmacht. Es gab Tests dass man durch gezieltes zweiwöchiges Training das Ergebnis eines IQ Tests merklich verbessern kann!

Wir haben vielleicht kein normales Familienleben für das was bei urbia normal ist. Ich arbeite nur halbtags, die Woche ist voll. Ergo, Logo, Reitgruppe, Handball. Aber das tun wir so weil man es deutlich merkt wie viel wir machen. Klar kann man nicht alles wegfördern, aber schon gerade in jungen Jahren viel verbessern. Ängstlichkeit vor neuen Situationen und Menschen ging dank Reitgruppe schon ganz weg es ist nicht mal ne richtige therapeutische Gruppe sondern 'normal'.
Was man finde ich bei Kindern egal ob Frühchen oder nicht stark merkt ist wie viel Kinderspiel man spielt. Genauso wichtig wie die Veranlagung zu geistigen Fähigkeiten ist ja wie die neuronalen Verknüpfungen gebildet werden. Les dich da mal in fex ein. Förderung exekutiver Fähigkeiten. Denn ohne die hilft einem die ganze veranlagte Intelligenz Null.

Ansonsten ist er nicht krankheitsanfäliger als andere, eher robust. Fehlt fast nie im Kindergarten seit er drei ist. Gut es geht schon noch immer wieder auf die Bronchien und er inhaliert Cortison niedrig dosiert und Asthmaspray aber das tun einige Reifgeborene die ich kenne auch. Und trotz dem finden alle dass er eher ein gesunder Naturbursche ist. Zur Logo gehen auch einige, ebenso Ergo... wie gesagt was ist normal. Ich kenne auch viele Kinder wie Erwachsene mit ADHS die ein normales Leben führen. Klar etwas angepasst an die Behinderung von wegen strukturierter Tagesablauf etc aber sie machen Abi, haben gute Jobs, sind oft sozial sehr engagiert . Wichtig ist bei vielen Sachen nicht was man hat sonder was man daraus macht.
Also mach dir nicht so nen Kopf ihr bekommt das schon hin
LG

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Vielen Lieben Dank für die ausführlich geschrieben und tollen Text. Ich hoffe den lesen noch viele andere Eltern, denn es gibt einem viel Kraft und auch wieder neue Ideen.

Mit normalem Leben meinte ich, ob sie es später einmal ohne elterliche Hilfe selbstständig meistern kann. Wenn ich das hier lese, mache ich mir da jetzt aber keine Sorgen mehr.

Wir werden das Unbekannte jetzt auf uns zukommen lassen und zusammen als Familie alles meistern und das Beste daraus machen. Wichtig ist auch immer mit gleichgesinnten sich auszutauschen. Alleine ist man stark, aber gemeinsam ist man stärker .

Nochmals vielen Dank für die tolle Antwort.

LG und weiterhin so tolle Ergebnisse

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Erstmal herzlichen Glückwunsch zu eurem Wurm :)
Meine Tochter kam 24+1 auf die Welt. Sie hat auf der intensiv einiges mitgenommen. Von mehreren schweren Infektion, lange Beatmung bis hin zur Darm OP.
Das ganze liegt jetzt 2 Jahre hinter uns. Am Anfang war sie natürlich Entwicklungs verzögert, aber mittlerweile hat sie alles aufgeholt. Sie spricht echt viel, hat relativ früh angefangen zu laufen. Das einzige was man der frühgeburt vllt zusprechen könnte ist, dass sie fremden gegenüber schon sehr schüchtern im ersten Augenblick ist und vor neuem oft Angst hat. Also als Beispiel, Angst vor Luftballons, Angst vor lauten Geräuschen. Es hält sich aber in Grenzen. Wie sie sich weiter entwickelt, kann natürlich niemand sagen, aber bis jetzt hat sie alles aufgeholt und ist ihrem Alter entsprechend entwickelt.
Ihr macht mit dem kuscheln auf jeden Fall alles richtig 😌
Drücke euch die Daumen und wünsche viel Freude mit eurem Kleinen Kämpfer

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Kämpferin natürlich 😅

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Hallo,

das kennen wir nur zu gut. Bällebad, Trampolin, Hüpfburg, alles dauerte und brauchte viel Spuke :-)

Was ich empfehlen kann in der Beziehung ist zum einen Ergo, da die Angst auch durch fehlende Wahrnehmung/ gestörte Körperwahrnehmung kommen kann (wenn man sich mal überlegt welche Empfindungen auf sie eingeprasselt sind im Krankenhaus kein Wunder). Ich bin in der Beziehung (Unsicherheit, Ängstlichkeit) auch überzeugt von der Arbeit mit Tieren. ich weiß nicht inwieweit ihr Zugang habt zu tiertherapeutischen Einrichtungen, wir haben da einige Stunden selber bezahlt um zu sehen was da gemacht wird und haben dann mit Tieren die es im Bekanntenkreis gab einfach in dem Stil weitergemacht. Seit er 3 ist geht er Reiten, hier gibt es ab dem Alter schon Ponygruppen wo sie die Tiere putzen, waschen, anmalen, spazieren gehen, rumgeführt werden und schon erste kleine Volti-Übungen anfangen. Tiere bieten Sicherheit, locken aus der Reserve weil die meisten Kinder Tiere lieben und stellen einen so "spielerisch" ständig vor neue Situationen. Das erste mal mit einem Verkäufer wirklich interagiert (außer dem Scheibe Wurst ja und danke) war als er im Reitsportgeschäft seinen ersten Helm gekauft hat.

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Hi,

also ich würde mich damit absolut nicht verrückt machen!!
Meine kleine müsste bei 30+5 geholt werden. Sie ist dazu ein SGA Kind. Mittlerweile 18 Monate alt, korrigiert 16.

Sie hat alles erst gemacht, wenn sie wusste sie kann es. Alleine laufen kann sie seit Ostern. Alles bis 18 Monate (bei frühchen korrigiert) gilt hier als absolut normal! Sie stand erst frei, als sie frei laufen konnte.
Sie ist unglaublich clever!! Und das sehen nicht nur wie so! Sie hat ein unfassbares sprachverständnis und ein unglaublich großen Wortschatz!! Und das auch noch nicht SO lange!
Sie erkennt Dinge sofort und kann sie richtig zuordnen, sich mega gut selbst einschätzen (Sie spiegelt sogar Hügel hoch als seien sie garnicht da) usw usw.


Kann das alles also absolut NICHT unterschreiben bis zum jetzigen Zeitpunkt.

Glaub an dein Kind!! Du wirst dich wundern! Gerade bei frühchen! Bisher bin ich fest davon überzeugt, dass die kleinen "heftiger " sind, als reifgeborene!! Was die leisten, können, WOLLEN!!! IRRE! Und wer will, der kann! Und frühchen wollen!! :))
Alles Liebe dir #herzlich

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Huhu,

auch wenn Du hier viele positive Beispiele liest und ich definitiv nicht derjenige sein möchte, der Wasser in den Wein gießt, aber ja, viele der Dinge die Du angesprochen hast, können auf ein Frühchen zutreffen.

Grundsätzlich haben Frühchen für alles ein erhöhtes Risiko, also wenn ein normal geborenes Kind eine Chance von 2-3% hat, dann liegt die Chance bei einem Frühchen bei 5% usw. Das Kind kann Glück haben und keine Einschränkung haben oder aber es hat eben die eine oder andere Einschränkung die etwas gravierender ist. Was genau dann aber gravierend ist, dass steht auch nirgendwo. Genauso kann aber auch ein reif geborenes Kind Pech haben und ADHS und Neurodermitis zusammen haben, gepaart mit einer Lese Recht Schreibschwäche.

Diese, ich nenne sie einmal kleinen Beeinträchtigungen, stehen aber natürlich einem späteres selbstbestimmten Leben nicht oder nur wenig im Weg.

Andere Dinge wie die von Dir genannten Hirnblutungen können, müssen aber nicht, zu größeren Einschränkungen führen.

Es gibt sicherlich Frühchen die alles super wegstecken, klassenbester sind und noch dazu die kontaktfreudigstens Menschen die es gibt. Aber immer nur davon zu berichten ist halt leider nicht vollständig. Selbst wenn man sich seriöse medizinische Studien anschaut stellt man fest, dass Frühchen eben zu dem oben genannten Neigen. Leider sehe ich auch oft genug Kinder in die andere Richtung gehen.

ABER, zum aktuellen Zeitpunkt kann man dass in keinster Weise sehen, ob z.B. bestimmte Einschränkungen gegeben sind. Selbst Hirnblutungen, so schlimm sie sind, kann das Frühchengehirn im späteren Verlauf kompensieren. Insofern ist es aus meiner Sicht gut, wenn Du Dich über die ganzen Dinge informierst, ändern kannst Du sie aber nicht, also macht es wenig Sinn sich jetzt schon sozusagen vorsorglich Sorgen zu machen, genießt die Zeit, beobachtet das Kind sorgfältig, aber auch nicht zu genau, jedes Kind fällt irgendwann einmal hin oder macht dieses oder jenes was nicht sinnvoll ist, dass muss nicht immer gleich irgendeine schlimme Krankheit sein. SPZ wird bei euch in der 26 SSW wahrscheinlich ebenso auf dem Pflichtprogramm stehen wie bei unserem Zwerg (wir waren 24+2). Auch ganz wichtig, reibt euch am Anfang nicht auf, wenn irgendwann der eine oder andere mal feststellt, dass er für sich ein paar Stunden Zeit braucht, dann nehmt sie euch, ob es dann mal nur zwei oder vier Stunden sind wo gekuschelt wird ist nicht weiter schlimm. Wichtig ist nur, dass ihr regelmäßig beim Frühchen seid.

Später, nach dem Krankenhaus, ist Frühförderung auf jeden Fall sinnvoll, Physio in aller Regel, später dann auch Logopädie, ggfls. Osteopath. Therapien mit Tieren sind auch gut, generell alles was eigentlich den Kindern neue Eindrücke verschafft. Kuscheln ist auch ganz wesentlich.

Ach ja, und vergesst nicht neben den ganzen wichtigen Therapien auch irgendwann einfach mit dem kleinen Zwerg Familie zu sein, toben, spaß haben, rumdullern.

Was mir zum Fördern noch einfällt ggfls. gibt es soetwas wie eine Musiktherapie, das boten die bei uns im Krankenhaus an, da kam eine speziell geschulte Person die im Wärmebettchen irgendwelche Musikinstrumente (Glockenspiel) vorgespielt hat. Ob man wirklich alles braucht weiß ich nicht, irgendwann wird es sicher zu viel, aber wir hatten die damals noch mit ins Programm genommen.

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Moin,

das Forum hier ist in diesem Sinne überhaupt nicht repräsentativ, da gebe ich Dir Recht. Wenn man hier eine Weile mitliest merkt man dass die meisten der "bei uns ist alles super" Posts von Eltern mit entweder späten Frühchen geschrieben werden, oder von Extremfrühcheneltern vor der Kindergartenzeit. Denn es ist leider ein Irrglaube dass ein Frühchen aus dem Schneider ist wenn es "alles aufgeholt hat". Das was im ersten Jahr passiert sind die Basics, da merkt man maximal ob das Kind schwerbehindert sein kann oder nicht, die typischen Frühchenprobleme kommen meistens erst im Kindergartenalter oder gar Schulalter und werden dann oft erst mal nicht ernst genommen weil "es hatte ja alles aufgeholt".

Wer die "andere" Hälfte der Frühcheneltern lesen will muss in Foren wie Rehakids gehen, denn hier bei Urbia bekommt man wenn man Probleme und Fragen zu Entwicklungsverzögerungen hat selten viele gute Antworten. Ich hatte mich hier deswegen schon abgemeldet und für diesen Thread eigentlich nochmal angemeldet, da ich immer ein blödes Gefühl habe wenn zig "alles super" Anworten kommen und man dann wenn Probleme auftauchen auf einmal das Gefühl hat man sei die Ausnahme statt die Regel. Ich sehe auch im RL dass viele Leute "dank" der vielen publikumswirksamen Erfolgsstories die in den Zeitungen immer wieder auftauchen die Probleme von Frühcheneltern und Frühchen nicht mehr ernst genommen werden. Selbst bei unserem 24+2 Frühchen hören wir ständig "warum macht ihr Ergo, warum macht ihr Logo, das verwächst sich doch alles schon noch, die Frühchen heute haben doch kaum mehr Probleme" ... Dass Studien immer noch sagen dass 50% der 25.-26. SSW geborenen Frühchen in der Schule Probleme haben und auch die Hälfte der in diesen SSW Geborenen ein Jahr später eingeschult wird und dass man sich bei den Prognosen eben mehr "Stress" mit Frühförderung macht ist denke ich klar.

Aber ich gebe Dir Recht, sich vorsorglich Sorgen zu machen bringt gar nix. Wenn mir vor oder während der SS jemand gesagt hätte was auf uns zukommt hätte es mir wahrscheinlich den Boden unter den Füssen weggezogen, heute bin ich reingewachsen, peu a peu, habe mich klar in manchen Akutsituationen wie direkt während eines SPZ-Gespräches schon kurzfristig überfordert gefühlt, aber irgendwie hab ich mich immer schnell wieder "eingegroved". Mein Mann ist da schmerzfreier, der schaut ohne was könnte und was hätte ich in die Welt, der macht sich da nicht so nen Kopf und lebt sehr gut damit. Es kommt wie''s kommt.

Ich denke es ist wichtig, wenn Probleme auftauchen, Gleichgesinnte zu finden. Ich liebe da unseren Therapiehof und den Kontakt mit den Eltern da, da sind alles Eltern die nicht im elterlichen Schwanzvergleich versinken, sondern da ist Platz fürs Unperfekte, und davon gibt es erstaunlich viel. Und irgendwie ist es dann gar nicht mehr so Schlimm, finde ich.

Alles Gute Euch!

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Meine Nichte ist ein Frühchen. Sie kam bei 30+0 mit ca 1.000g. Heute ist sie 4,5 Jahre und motorisch und sprachlich normal entwickelt. Dennoch hat sie im sozialen Bereich grosse Ängste. Es stand schon die Diagnose selektiver Mutismus im Raum. Mit Fremden redet sie nicht. Weder ein Danke an der Wursttheke noch wenn sie nach ihrem Namen gefragt wird. Auch dürfen Fremde sie nicht anfassen zb Kinderschminken. Als fremd gilt jeder, der nicht zur Familie gehört - auch wenn sie zb im Urlaub die Kinderbetreuer schon einige Tage kennt. Auch im Kindergarten redet sie nur mit ihren beiden Bezugserziehern und auch das hat einige Monate gedauert. Die Angst vor Ärzten ist ebenfalls extrem, Untersuchungen nur mit festhalten also Zwang möglich. Und auch zum Thema Selbstvorwürfe kann ich dir empfehlen dich beraten zu lassen. Meine Schwester hat nach 2 Jahren eine Therapie gemacht, die ihr selbst sehr geholfen hat. Dennoch würde ich jetzt an deiner Stelle nichts überstürzen und es kann ja auch bei euch ganz anders kommen. Dennoch wollte ich dir eine andere Seite zeigen - auch wenn wir zum Glück ohne Behinderung leben können, macht einem die extreme Schüchternheit auch manchmal Sorgen.

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Auch ich traue mich oft gar nicht richtig zu schreiben, weil ich natürlich keinen Pessimismus verbreiten möchte, ich aber dennoch regelmäßig erstaunt bin, dass viele scheinbar absolut keine Langzeitfolgen spüren bzw. damit völlig anders umgehen als ich.

Zunächst: Es ist wichtig, sich nicht verrückt zu machen und auch nicht in Schwarzmalerei zu verfallen. Die Kleinen sind Kämpfer, es gibt heutzutage tolle Unterstützung und man selbst hat auch einiges in der Hand. Dennoch gehöre ich auch zu denen, die sich durchaus Statistiken anschauen und recherchieren. Weniger, weil ich erwarte, dass mich alles trifft, sondern einfach, weil ich ein "runderes Bild" haben möchte.

Konkret: Wir haben ein frühes Frühchen und hatten insofern Glück, dass wir zumindest die Zeit im Krankenhaus relativ gut überstanden haben, also ohne großen Komplikationen und Eingriffe. Es wäre aber gelogen, dass damit das Kapitel "Frühgeburt" abgeschlossen war und danach der normale Alltag anfing. Nein, dies war nicht der Fall. Unser Kind ist jetzt noch nicht ganz zwei Jahre (korrigiert).

Der besondere Alltag begann damit, dass das erste Lebensjahr geprägt war von Frühförderung (Physio), wenig Kontakt zu anderen Kindern und zahlreichen Arztterminen. Zumindest haben wir so das erste Jahr ohne Infekt überstanden. Praktisch pünktlich zum ersten korrigierten Geburtstag kam eine Essstörung dazu, verbunden mit Klinikaufenthalt, Magensonde und vielen schweren Stunden. Eingewöhnung lag natürlich auf Eis in der Zeit. Auch das war nicht von heute auf morgen erledigt, im Gegenteil. Jetzt, zum Ende zweiten Lebensjahres, kämpfen wir in erster Linien mit vielen bronchialen Infekten und waren auch bereits im Krankenhaus mit einer Lungenentzündung. In Kürze haben wir große Termine im SPZ, dort wird noch mal physisch und psychologisch geprüft, inwiefern noch eine Entwicklungsverzögerung vorliegt.

Das "Lustige" ist, dass unser Umfeld uns stets sagt, man merke ja die Frühgeburt überhaupt nicht mehr, "es habe sich ausgewachsen" und wie toll doch alles sei. Wir sind uns durchaus bewusst, dass es viel, viel schwerere Fälle gibt, doch von "Standard" sind wir noch weit entfernt, wenn ich mir einmal unser Gesamtpaket anschaue. Und mir ist auch klar, dass vieles eben noch später auftreten kann, nämlich im späteren Kindergarten- oder Schulalter. Ich habe davor keine Angst, aber vermutlich bin ich nicht ganz so tiefenentspannt wie ca. 99% unseres Umfeldes, deren Arztbesuche sich auf die U-Untersuchungen und die klassischen Infekte beschränken. Wir haben inzwischen gefühlt jede Fachrichtung mehrmals durch.

Was ich eigentlich damit sagen möchte: Es gibt so unterschiedliche Fälle, sehr tragische Fälle, Fälle, in denen alles super läuft und dann das Mittelfeld (zu dem zähle ich unsere Familie). Eine komplikationsfreie Zeit im Krankenhaus ist natürlich von Vorteil, doch auch danach können noch Themen auftauchen. Mir hilft es zu wissen, dass wir inzwischen in gutes Netzwerk haben, ich unser Kind gut kenne und weiß, wann wir Hilfe brauchen. Und ich habe auch keine Erwartungshaltung, dass wir das Thema Frühgeburt mit XY Jahren hinter uns gelassen haben. Es ist eine "Wundertüte", mit positiven und negativen Überraschungen - und so wird es auch in den nächsten Jahren sein.