Wutanfälle bei autistischem Kind werden immer schlimmer...bin am Ende

Hallo,

vielleicht kann mir einer von euch einen Rat geben. Mein Sohn (11) wurde vor über einem Jahr eine ASS diagnostiziert. Er hat schon immer extreme Wutanfälle gehabt, hat mit 7 Jahren dann Risperdal verordnet bekommen. Ich war unglücklich darüber, aber nach so 2 Wochen war er wie verwandelt. Jetzt ist er allerdings von der Dosierung am Ende des Erlaubten...die Wutanfälle wurden jedoch immer wieder schlimmer. Wurde die Dosis erhöht, ging es eine Zeit lang. Seit ca. 3-4 Monaten werden die aggressiven Ausbrüche immer heftiger - Sachen fliegen, werden kaputt gerissen usw. Seine kleine Schwester (9) hat Angst, mit ihm alleine zu sein.

Auch die Schimpfwörter, mit denen er auch uns tituliert werden immer heftiger. Ich bin echt am Ende. Mein Mann sagt immer nur "ignorieren", das geht aber doch auch nicht.

Abends bin ich fix und fertig von dem ganzen Gezeter und Geschrei, dann könnte ich heulen.

Jetzt haben wir seit 3 Monaten einen Therapieplatz im Autismuszentrum - und das JA lässt uns total hängen mit der Kostenzusage. Beim Hausbesuch wurde mir unterstellt, dass Lukas ja nur keine Konsequenzen kennt, die Diagnose alleine wäre ja nicht aussagekräftig. Dabei geht`s hier manchmal schlimmer zu wie auf dem Kaserenhof. D. h. ich weiß auch nicht, ob es irgendwann mal die nötige Unterstützung gibt.

Hat jemand einen Tipp für mich?

Danke,
Carmen

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Warum gebt ihr ihm so ein Medikament? Gegen Autismus selbst gibt es kein Medikament. Das Mittel hilft ja auch nicht, wie du selbst siehst. Nur leider schadet es seinem Körper sehr. Nicht umsonst ist dieses Mittel für dieses Alter in Deutschland nicht zugelassen. Eine Ausnahme besteht nur für eine Behandlung für die Dauer von 6 Monaten bei einer deutlichen geistigen Behinderung zusätzlich zur psychischen Erkrankung. Diese Mittel helfen anfangs immer. Der Körper muss sich erst daran gewöhnen. Das ist wie bei Drogen.
Die wichtigste Hilfe wäre also eine Zweitmeinung und möglichst das Absetzen des Medikaments. Man muss seinen Körper nicht noch vergiften, auch wenn man behindert ist.
Ist das Jugendamt denn zuständig? Ist die Zuständigkeit bei euch eindeutig geklärt?

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Das Medikament ist ja nicht gegen Autismus...das es da nichts gibt weiß ich. Das ist gegen
die Wutanfälle und natürlich zugelassen. Ich gebe ja keine illegalen Mittel. Und wir sind auch permanent unter Beobachtung der Klinik.

Ich weiß halt nicht, wie schlimm es ohne wäre...hier fliegen Sachen, auch die Fäuste und es wird getreten...seine Schwester hat Angst vor ihm. Das war auch schon mal besser - mit Medikament.
Hier ist das Jugendamt zuständig...und wir versuchen seit Monaten die Kostenzusage für den Therapieplatz zu bekommen und bekommen einfach keine Antwort. Hier werden wir jetzt einen Anwalt einschalten.

Im übrigen haben wir eine zweite Meinung aus der Klinik in Bonn - die uns dieses Medikament zum Abfangen der Wutspitzen auch empfohlen hat.

Ich sehe ihn auch nicht als behindert...auch wenn er Autist ist.

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Ich will keine Diskussion starten, ob und wann jemand behindert ist. Mich nervt sowas. Das dürfen Politiker machen von mir aus?
Das Medikament ist zugelassen für Kinder ab 16. Das wirst du nicht ändern können. Das ist eine Tatsache. Eine Ausnahmeregelung gilt für geistig behinderte Kinder. Dort ist es ab 5 zugelassen, bei einer maximalen Therapiedauer von 6 Monaten. Ich empfehle dir wirklich nochmal einen Beipackzettel zu lesen. Dein Kind hat dieses Medikament definitiv NICHT wegen Autismus. Und für nur "Wutanfälle" ist es auch nicht geeignet. Das ist ein sehr starkes Medikament gegen eine ganze Latte psychischer Erkrankungen.

Da bei deinem Sohn offenbar eine ganz extreme Verhaltensauffälligkeit zu Tage tritt und er Menschen doch verletzt (das ist im Ausgangspost nicht so rübergekommen), solltet ihr das Autismuszentrum doch eher in den Hintergrund schieben und euren Sohn einen Platz in der stationären KJP oder in der Tagesklinik besorgen. Ganz akut und dringend wegen Gefährdung der restlichen Familienmitglieder also ab sofort. Das ATZ kann helfen, aber die Erfolge werden dort eher mittelfristig erzielt. Das dauert Monate bis man dort Fortschritte sieht. Ihr jedoch braucht eine sofortige Lösung.

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Kann er zur Überbrückung vollstationär in die Kinderpsychiatrie? Da brauchst du nur eine Einweisung vom Kinderpsychiatrie, das zahlt die Krankenkasse.

Wegen dem Jugendamt würde ich zum Anwalt gehen und Untätigkeitsklage erheben (70 VwGO), sie müssen innerhalb 3 Monaten entscheiden.

Ich hoffe, du hast ein ordentliches Gutachten, dann klappt das schon.

Alles Gute!

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Bis wir einen Platz in der KJP haben vergehen erfahrungsgemäß mehrere Monate...dort war er ja auch schon, ist im April erst heim gekommen.

Gutachten habe ich, sowie die Bestätigung einer anderen Klinik, dass das Gutachten aussagekräftig genug ist (es wurden ADI und ADOS durchgeführt.

Wir werden jetzt einen Anwalt einschalten, die von uns gesetzte Frist (wurde uns vom Anwalt empfohlen) läuft heute ab.

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Ja, mach das mit der Klage. Einen Tipp habe ich noch: eine Freundin hat gesagt, ich soll nicht immer bei ihr heulen, sondern beim Jugendamt. Da habe ich dann tatsächlich mal heulend angerufen, eine Woche später hatten wir einen Platz. Das Bewilligungsverfahren war allerdings schon durch. Viel Erfolg!

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Hallo!

Kennst du forum Reha Kids? ich würde dort mal schreiben und nach Fragen. Da sind viele Familien die sich richtig gut mit dem Thema Autismus auskennen!
Ich bin dort selber angemeldet, meine Tochter hat Epilesie.
Alles Gute!

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Nein, kannte ich noch nicht...guck ich gleich mal. Vielen Dank!!

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Ich glaube, da hilft nur eins: Den Auslöser finden. Und die nichts persönlich nehmen.

Diesen Rotz mit "Grenzen setzen" bla bla bla und "Das Kind kennt keine Konsequenzen." kannst du getrost vergessen. Oft ist das mit dem "Kasernenhof" genau das, was die Gegenwehr auslöst. Ich sage dir genau das Gegenteil: Loslassen, das Kind im gewissen Rahmen so sein lassen, wie es ist. Setze die Grenzen da, wo dir andere Leute in deine Erziehung reinsabbeln wollen und erinnere dich wieder an dein Bauchgefühl. Wie würdest du handeln, wenn du mit deinem Kind ganz alleine auf der Welt wärest, ganz ohne den sozialen Druck?

Wenn dein Kind wütend ist, ist es verzweifelt. Und nichts anderes zählt. Dein Kind ist hilflos. Wenn du einen Säugling hast, der hilflos ist und schreit, dann würdest du auch keine erstmal keine Wut empfinden, auch wenn es an den Nerven zehrt (und ich weiß, wovon ich rede, eins meiner Kinder war ein Schreikind, und das bestimmt über die ersten 8 Monate).

Versuche, da wieder hinzukommen. Verabschiede dich von dem Gedanken, dein Kind müsste seine Probleme selbst in den Griff bekommen.

Wenn dein Mann sagt, irgnorieren, dann ist es gar nicht so verkehrt, wie es sich für dich anhört. Je mehr du versuchst, deinen Sohn runterzubringen, desto mehr verhärten sich die Fronten, denn der Junge findet alleine den Ausweg nicht. Gib der Wut Raum, gib dem Kind ein Ventil an die Hand. Muss man individuell herausfinden, was hilft. Bei uns hilft es, wenn ich mich in den Türrahmen stelle, aber nicht das Zimmer betrete, und ich immer wieder sage:"Ja, ich weiß. Du hast recht." Ich mache das, um ihre Ordnung wieder herzustellen. Es dauert etwas, aber es hilft.

Ich habe die Diagnose auch erst seit dem Sommer, aber ich weiß im Grunde seit kurz nach der Geburt, dass meine Tochter nicht normal ist. Nur haben wir jetzt einen Namen dafür.

Meine Große hat mit 4 Jahren in einem Wutfanfall ihre Zimmertür kaputtgeschlagen. Gut, es war keine Massivholztür, sondern nur so Sperrholz. Aber sie war definitiv kaputt. Es war ein riesiges Loch drin, zu groß um das Zuzuspachteln.

Und eine Bekannte sagte zu mir: "Sowas würds bei mir nicht geben...!" #klatsch

Ist mir schon klar, normale Kinder sind normalerweise nicht so wütend.

Jetzt wächst die Kleine nach. Sie ist jetzt 5 und hat wegen der Trennung eine Anpassungsstörung, aber ich glaube, da ist auch noch irgendwas anderes dabei. Die Kinderpsychologin meinte, sie ist auf jeden Fall hochintelligent/hochbegabt, geistig ganz wach, aber wahnsinnig ungeduldig. Vielleicht ADHS, aber das haben wir bei der Großen ja auch mal vermutet und es hat sich nicht bestätigt. Die Kleine zerstört auch ganz mutwillig Gegenstände und ist noch darauf bedacht, möglichst großen Schaden anzurichten (z. B. wirft sie harte Gegenstände bewusst auf eine Glastür usw. oder hat meine Laptop am Kabel runtergerissen, weil sie nicht warten wollte).

Jemand sagte mal zu mir: Warum bestrafst du sie nicht dafür? Hey, sorry, welche Strafe ist denn dafür angemessen? Soll ich ihr beide Hände abhacken oder sie eine Woche lang im Keller einsperren?

Ich glaube, die Kinder nehmen JEDE Konsequenz auf sich, weil sie nicht anders können. Es hält sie auf keinen Fall davon ab. Das funktioniert nicht.

So war es ja auch in der Schulberatung: Es wurde festgestellt, dass meine Tochter überhaupt nicht auf Strafarbeiten oder aufs Belohnungssystem anspricht.

Und die Kinder gewöhnen sich an den Singsang, dass sie ständig mehr oder weniger heftig angeschnauzt werden. Ich kenne jemanden, der hat gar nichts mehr gesagt. Der hatte so eine Pfeife und hat immer dann gepfiffen, wenn Sohnemann eine Grenze überschritten hat. Wie ein Schiedsrichter. Man kann sich den ganzen Text erstmal sparen. Das Kind muss erstmal nur wissen: Stopp, aufhören, Grenze! Ob es ein Verständnis für diese Grenze hat, steht auf einem ganz anderen Blatt. Das kann man dann klären, wenn das Kind aufnahmefähig ist.

Was ganz traurig ist: Ich kenne auch eine Familie mit einem Asperger-Kind, da hat alles Verständnis nicht geholfen. Da haben die Eltern die Nerven verloren und das Kind schlussendlich misshandelt. Und dann wurde das Kind vom Jugendamt herausgeholt und in einer Einrichtung untergebracht. Das ist echt tragisch. Der kleine Bruder ist nie geschlagen worden und der hat meiner Meinung auch einen seelischen Schaden davongetragen, denn er hat das voll mitgekriegt.

Deswegen kann ich dir nur raten: Holt euch begleitend für das Geschwisterkind auch eine Beratung. Auch, um sicherzustellen, dass das "gesunde" Kind nicht übersehen wird.

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Hallo,

vielen Dank erst mal für die lange Antwort und die Zeit, die du dir dafür genommen hast. Die Unterstützung für die Schwester haben wir Gott sei Dank über eine ganz liebe Psychologin der Caritas. Hier gehe ich in regelmäßigen Abständen auch selbst hin.

Die Wutanfälle waren schon immer da, sie werden nur immer schlimmer. Das geht so weit, dass die Schwester Angst vor ihm und seinen körperlichen Attacken hat. Das ist der Punkt, an dem ich nichts mehr ignorieren kann. Er akzeptiert dann auch in dem Moment keine Grenze mehr - wie ein umgelegter Schalter, kein Durchkommen.

Damit es eben nicht soweit kommt, dass wir hier ausflippen und Schlimmeres passiert, versuche ich ja die Hilfe zu bekommen. Aber unser Therapieplatz im Autismuszentrum ist jetzt erst mal weg - weil das Jugendamt trotz Anwalt immer noch keine Kostenzusage erteilt hat :-[. Die KJP von der Vitos kann uns auch nicht helfen, die sind nicht auf autistische Kinder spezialisiert. Man wird halt im Regen stehen gelassen.

Und es ist ja auch nicht ein Tag wie der andere - manche sind besser, andere super anstrengend. Man ist ja auch nicht jeden Tag gleich drauf, manchmal ist es schwer zu ertragen. Aber wir machen irgendwie immer weiter - und hoffen, dass wir irgendwann mit der Therapie mal starten können.

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Ja, ich bin auch manchmal nur froh, dass ich mich mit jemandem austauschen kann, der sich damit auskennt, der weiß, wie schwierig es ist, damit im Alltag fertig zu werden. :-)

Und wie so oft kann man ja nicht sagen, was der richtige Weg ist. Aber das kann auch mal eine Erleichterung sein, dass man es gar nicht wirklich richtig machen kann, weil es eben ja auch unter den Autismuskindern enorme Unterschiede gibt. Meine Tochter hat zum Beispiel noch Emphathie, aber sie hat wirklich krasse Rückzugstendenzen. Wenn ihr alles zuviel wird, dann muss sie sich abschotten. Und wenn man es dann noch wagt, ihr in die Quere zu kommen, dann kann man sich gar nicht vorstellen, was in diesem zarten Wesen für Kräfte schlummern. #schwitz

Ja, man kann es nicht wirklich ignorieren, aber so wirklich ändern kann man es dann auch nicht. Man kann nur noch Schadensbegrenzug betreiben.

Ich habe auch eine sehr liebe Frau, mit der mache ich im Moment einen Kurs "Stressbewältigung im Alltag". Da ist außer mir zur Zeit nur noch eine andere Frau, allein erziehend, aber mit neuem Partner und der eine Sohn hat ADHS. Es tut sehr gut, dass man mal aussprechen darf, dass man schon morgens nach dem Frühstück, wenn man die Kinder pünktlich zur Schule und zum Kindergarten bekommen muss, schon völlig fix und fertig sein kann. Sie muss sich auch immer rechtfertigen, wieso sie nicht arbeiten geht. Aber sie sagte auch: Der Vormittag ist die einzige Phase des Tages, wo ich ungestört was schaffen kann. Wenn ich jetzt noch arbeiten gehen müsste, bricht mir hier alles zusammen.

Und mir gehts genauso. Die Große ist morgens übelst grantig, u.a. auch, weil sie ja nicht in die Schule will und weiß, dass sie trotzdem gezwungen ist. Die Kleine fängt schon morgens an zu reden, bevor sie die Augen auf hat. Und die redet auch beim Frühstück die ganze Zeit. #bla Dann schreit die Große rum, dass die Kleine ruhig sein soll und die Kleine hackt weiter drauf rum.

Ich war heute wieder mit der Kleinen bei der Kinderpsychologin und die meinte heute wieder: Die ist auf jeden Fall ordentlich hyperaktiv und sehr impulsiv. Die muss mit sehr viel Kraftanstrengung eingegrenzt werden.

Die Kombination ist wirklich anstrengend... :-[ Die eine mit Null Toleranz und die andere total grenzenlos. #schwitz

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Hallo,

Ich betreue beruflich Kinder in der Schule mit Defiziten. Eines dieser Kinder ist ein Autist mit ADHS. Kennzeichnend bei ihm sind auch die extremen Wutanfälle, die fast aus dem nichts kommen, die dazu mit ausgestossene Fäkalsprache allerübelster Sorte und Suizidandrohungen. Ich bin an manchen Tagen davon auch total ausgelaugt, zumal es zur Zeit wieder sätrker wird (Medis wurden in den Sommerferien erhöht), aber ich habe nach der Schulzeit wieder meinen normalen Alltag, im Gegensatz zur Mutter, die auch völlig am Ende manches mal zu sein scheint.

Er ist, wenn es ganz schlimm wird, eine zeitlang stationär. Versuche alles mitzunehmen, was du bekommen kannst, nimm dir Unterstützung vom Kinderarzt, der bei uns ganz toll ist und mitkämpft. Bei Ablehnungen (wird oft als erstes versucht um die Kosten gerng zu halten) Widerspruch einlegen! Du hast mit ihm auch Anspruch auf Kuren, auch getrennt.
Informiere dich über alle Möglichkeiten.
Alles Gute
Conny

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Hallo Conny,

wir versuchen uns das mitzunehmen was geht, allerdings wird hier vom JA extremst blockiert. Wir haben jetzt eine Anwältin eingeschaltet - allerdings ist die Dame vom JA überhaupt nicht beeindruckt.
In der Schule läuft es momentan relativ gut, hier ist er fast unauffällig. Er spart sich alles für daheim auf :-[
Wo geht denn dieser Junge stationär hin? Ich bin noch nicht fündig geworden, wo eine stationäre Behandlung in Bezug auf Autisten stattfinden kann. Allerdings habe ich auch manchmal das Gefühl, bei uns ist ein weißer Fleck auf der Landkarte - ohne zig KM zu fahren geht gar nichts.

LG,
Carmen

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Hi
Mein Schüler ist in einer psychatrischen Klinik dann untergebracht und ist dort auch zur weiteren Medikation und Gesprächen zwischen den Aufenthalten. Welche Schulform besucht dein Sohn?
Lg conny

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