Könnt ihr mir helfen? Was ist mit meiner kleinen Nichte los?

Hallo,

ich schreibe zum ersten Mal hier, ich bin eigentlich in einem anderen Forum hier bei urbia täglich unterwegs, aber jetzt benötige ich mal Eure Meinungen.

Meine Nichte ist 12 Jahre und hat sich bis zur Einschulung zeitgerecht entwickelt. Seitdem hatte sie stetig Probleme und findet sich heute in ihrem Leben absolut nicht mehr zurecht. Meine Schwester/ Ihre Eltern sind meines Erachtens (durchaus verständlich) überfordert mit der Situation und rennen von einer Therapie zur nächsten. Unsere ganze Familie macht sich grosse Sorgen, aber niemand kennt sich wirklich aus und weiss, wie man helfen kann (ausser meine Schwester organisatorisch zu entlasten).

Es gibt so viele Krankheitsbilder und es ist auch bereits so viel untersucht worden, so dass ich einfach mal Eure Erfahrunge brauche....

Wie gesagt, sie ist 12 Jahre, am auffälligsten ist ihr Sprachfehler, der sich auch trotz jahrelanger Logopädie nicht korrigieren lässt. Es wurde bereits eine Entwicklungsverzögernug festgestellt, mehrere Intelligenztests (ich nenn das mal so), dessen Ergebnisse ich nicht kenne, da meine Schwester mir sagte, sie wären zu schlecht um sie zu zeigen. Sie ist unheimlich lieb, sucht immer körperliche Nähe (auch nicht alterentsprechend viel, Küsse auf den Mund bei entfertn Verwandten etc.) und fühlt Emotionen extrem mit.

Sie hat nie Angst (sehr auffällig) und kennt vor Allem beim Essen keine Grenzen, man muss sie bremsen (sieht man ihr aber nicht an). Ich habe es noch nie erwähnt, aber ich finde, dass sie auch im Gesicht verändert aussieht, sie hat so grobe Falten unter den Augen, die auffällig aufliegen (obwohl sie sonst ein hübsches Mädel ist). Nachdem sie auf der Grundschule gar nicht mehr klar gekommen ist, ist sie zur Förderschule gegangen, nach einem Jahr durfte sie ein Praktikum an einer Hauptschule machen - hier ist sie gerade wieder gescheitert und wird wahrscheinlich zurück zur FS gehen.

Schlimm ist es dazu, dass sie irgendwie in einer anderen Welt lebt und einfach nichts wirklich mitbekommt, versteht. Gespräche sind nur auf Kleinkindniveau möglich, so gern ich auch mit ihr quatsche. Im Alltag vergisst sie einfach alles, trödelt, Sie lässt täglich ihre Jacken, Taschen, Buskarten irgendwo liegen - Termine kann sie allein nicht einhalten.

Bitte versteht mich nicht falsch, ich will meine Schwester nicht hintergehen, indem ich hier schreibe, aber ich mache mir einfach grosse Sorgen und hätte gern einfach Hilfe für meine Schwester, vor Allem aber Hilfe für meine Nichte. Sie merkt schon irgendwie, dass sie nicht "normal" ist und leidet meines Erachtens auch darunter. Sie hat schon mehrere Jahre mit Tests, Untersuchunge, Therapiene (zuletzt Tomatis) hinter sich und ich finde das für sie einfach schlimm. Ich würde mir so wünschen, dass man findet, was mit ihr nicht stimmt und sie so einfach passgenau unterstützen kann.

Kennt jemand von Euch ein Krankheitsbild, eine Behinderung mit den von mir genannten Symptomen?

Sorry, dass es nun so viel geworden ist....

Liebe Grüsse,

Minelino

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Mmh. Da fällt mir spontan eigentlich nur auf die Ferne (ich hasse Ferndiagnosen) ADS ein. War sie denn mal in einer KJP und wurde getestet?

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Aber eine Erkrankung oder ein besonderes Ereignis war damals nicht gewesen bei der Einschulung, oder? Wurde denn schon mal der Kopf untersucht?

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Danke für Deine Antwort!!!

Also ADS wurde abgeklärt, das scheint es nicht zu sein. Da sie mal böse gestürzt ist mit dem Rad wurde der Kopf intensiv untersucht. Demnach ist da auch nichts festzustellen. Allerdings hat sie auch ein Hörgerät (hatte ich vergessen zu erwähnen).

Der Sturz ist zwar immer irgendwie präsent, aber ärztlich konnte hier keine Zusammenhang bestätigt werden.

Hat denn ADS auch so enorme Auswirkungen auf das Kognitive...?

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Vielleicht hat sie noch ein Trauma von dem Sturz. Mein Jüngster ist uns mal für 3 Tage ins Koma gefallen und hat sich danach quasi zurückentwickelt für ein halbes Jahr im sprachlichen Bereich und dann gar nicht mehr gesprochen und danach hat er wieder bei Null angefangen. Es muss wohl der Schock gewesen sein, dass er kaum noch Luft bekommen hat. Bei ihm nennt man es eine "imponierende encephalopathische Wesensveränderung". Gibt es also wirklich.
Es gibt natürlich auch einige andere unschöne Krankheiten, die eine ruecklaeufige Entwicklung des Kindes dann als Effekt haben.

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Hallo Minelino

Ich glaube, da helfen nur offene Gespräche, Toleranz und Akzeptanz weiter. Dass Deine Nichte nicht altersgemäss entwickelt ist, scheint ja absolut klar zu sein. Wenn man der ganzen Sache keinen Namen geben kann, ist das sehr belastend, aber oft kann man einfach kein Syndrom oder keine Krankheit finden, die sich benennen lässt, obwohl für jeden klar ist, dass dort "etwas" ist.

Vielleicht sollte sich Deine Schwester ein-zwei Ansprechpartner auf der professionellen Seite suchen, mit denen sie sich wirklich regelmässig austauscht. Für die Tochter ist es bestimmt wichtig, dass sie sich einfach akzeptiert fühlt. Behandelt sie doch einfach, wie ein gesundes Kind! Legt die Messlatte halt bei ihren Möglichkeiten fest und seid nicht enttäuscht, wenn sie z.B. keinen regulären Schulabschluss erreichen kann. Natürlich muss man sich rechtzeitig Gedanken machen, wie es im Leben weitergeht, aber ich denke, da gibt es in einem Land wie Deutschland genug Möglichkeiten und dafür sind ja noch einige Jahre Zeit.
Als Beispiel noch: eine befreundete Familie von hat zwei grosse, gesunde Kinder und ein schwer behindertes kleineres Kind (wo es höchste Intervention seitens der Eltern gefordert hat, bis der Krankheit ein Name gegeben werden konnte). Und weisst Du, was sie machen? Sie leben ihr Leben mehr oder weniger wie bisher! Natürlich haben sie Sorgen, aber sie lassen sich nicht von ihnen bestimmen. Das ist soooo bewundernswert!

Alles Gute!
Paula

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Ich danke Dir für die liebe, aufbauenden und für mich auch bestätigenden Worte. Zum Glück habe ich etwas Abstand dazu und habe aus "dem Bauch raus"auch immer ähnlich gehandelt, schliesslich ist sie ja auch so ein ganz lieber Mensch. Aber meine Schwester ist oft sehr frustriert und einfach überfordert. Ich denke auch, dass das wichtigste ist, dass sich die Eltern abfinden und sie akzeptieren wie sie ist. Ich hoffe, ich kann da unterstützen und evtl. meinen Teil dazu beitragen....

Vielen lieben Dank!!!!

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Hallo,

hat der Sprachfehler schon immer bestanden oder ist er irgendwann später aufgetreten?

Mir ist Aphasie (oder auch Dysphasie) eingefallen.

Und dann gibt es das Rett-Syndrom.

Möglicherweise gibt es bei den Rehakids jemanden, der Dir da weiterhelfen könnte.

GLG #klee

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Vielen Dank für Deine Antwort! Ich werde mich gleich mal in die Krankheitsbilder einlesen. Auf der Seite rehakids bin ich beim googeln auch schon öfter gelandet, da werde ich mich mal reinfuchsen....

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Hallo,

was mir zu schaffen machen würde, ist die Tatsache, dass deine Nichte bis zum Schulalter unauffällig war. Das ist schon komisch. Die Symtome sind auch eher untypisch. Vielleicht ist es ja auch eine seltene Erkrankung. Da muss man wohl an den richtigen Experten geraten, der dann eine Diagnose stellen kann.

Die meisten Erkrankungen stellen sich früher ein und nicht erst im Schulalter. Vielleicht ist es durch die Schule aber auch erst auffällig geworden.

Ich weiß, ich konnte Dir leider nicht weiterhelfen. Hoffentlich findet jemand heraus, was deine Nicht hat! Ich wünsche Euch alles Gute!

LG

Carola

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Ich freu mich total, dass ihr Euch alle Zeit nehmt und mir so viel Feedback gebt. Das ist total lieb. ICh war gerade richtig überrascht, als ich ins Forum sah. Ja, ich denke auch, dass es vorher einfach nicht aufgefallen ist. Meine Schwester hat immer schon viel mit ihr gemacht, sie früh und liebevoll gefördert, aber die Dinge, die jetzt auffällig sind, werden wahrscheinlich erst im Schulalter deutlich... Ich hoffe so sehr, dass wir bald einen Weg finden, wie wir die Familie unterstützen können, damit endlich wieder etwas Ruhe einkehrt, die meine Nichte so nötig hat...

Danke nochmal!

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Es gibt manchmal auch "Behinderungen" die sich nicht mit Namen benennen lassen. Eine Sache hat Deine Schwester Dir doch beantwortet, auch wenn Dir die Antwort nicht zu reichen scheint....

Wenn Intelligenztests liefen und diese grottenschlecht ausfielen, dann hat Deine Nichte eine kognitive Behinderung.

Ich weiß, bei Euch ist es jetzt kein Down-Syndrom, aber nur mal als Beispiel.... Down-Menschen sind auch kognitiv behindert, dass bedeutet, sie haben in den allermeisten Fällen nicht die Fähigkeit, einen normalen Alltag mit allem was dazu gehört, zu bestreiten.

Sie sind aber häufig auf sehr viel körperliche Nähe aus, umsorgen sich und andere....

Ein Mensch ist nie in jeglichen Fähigkeiten, ich nenn's jetzt mal krass, verblödet.

Eine Fähigkeit ist auch die soziale Intelligenz. Und die scheint das Mädel ja zu besitzen.

Deine Nichte hat eine kognitive Behinderung unbekannter Ursache....

ABER: Diese Falten unter den Augen, wie Du es beschreibst und auch die ungewöhnlichen Essgewohnheiten.... Es passt auch viel zum Downsyndrom... Ist so.

Ich habe von Deiner Nichte nie ein Foto gesehen, aber ein Downkind erkennt man an den Augen und Downys sind auch häufig übergewichtig durch maßloses Essverhalten.

Ist absolut ins Blaue geschossen.....

Vielleicht kennt Deine Schwester auch die richtige Diagnose und schämt sich dieser. So was gibt es auch!!!!! Das sich Eltern besonderer Kinder für diese und sei es nur die Diagnose schämen, da sie denken, sie hätten was verkehrt gemacht, ziehen sich selbst die Schuhe an....

Ich wünsche Euch alles nur erdenklich Gute!

Janette

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Huhu,
es gibt eine ganze Menge "Syndrome", die durch Chromosomenabweichungen verursacht werden und zum Teil sehr, sehr selten sind.
Eine weitläufig Bekannte von uns hat z.B. eine Tochter mit Williams-Beuren-Syndrom, sie ist sehr distanzlos, also quatscht alle Leute zu, ist dabei aber auch extrem lieb und anhänglich, und hat auch kognitiv Schwierigkeiten... das Ganze wurde erst mit 8 Jahren entdeckt, als sie extreme Probleme in der Schule hatte. Die Diagnose war ein Glückstreffer, das ganze Umfeld versuchte der Mutter einzureden, die Kleine sei einfach nur ein bisschen doof und faul!!!
Aber: selbst wenn das Problem irgendwann einen Namen hat, hilft das dann nicht unbedingt weiter, und man kann nur an den Symptomen kurieren.

LG Isa

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Hallo
was mir spontan einfällt macht eine genetische Untersuchung, das hat auch uns die Diagnose gebracht nach der wir jahrelang gesucht haben
Alles Gute
LG
Moni