Kind der Freundin Autistin - und schlägt unseren Sohn...

Hallo,

ich hoffe, ihr könnt/wollt mir Antworten geben, auch wenn mein eigenes Kind kein "handicap" hat...

Wir haben folgendes Problem: Vor fünf Jahren lernte ich in einer Krabbelgruppe eine Mama mit Tochter kennen, die so alt war wie meine eigene. Wir freundeten uns an. Mit zwei Jahren wurde klar, dass das Kind der Freundin irgendwie anders war als Gleichaltrige, und ein paar Monate vor dem dritten Geburtstag kam dann die Diagnose frühkindlicher Autismus. Ich hatte inzwischen noch einen Sohn bekommen, meine Freundin auch. Das autistische Mädchen liebt unseren zwei Jahre jüngeren Sohn abgöttisch, d.h., sie will immer mit ihm spielen, ihn zu sich einladen, und als er jetzt in dieselbe Kindergartengruppe kam wie sie, spielten sie anfangs auch wirklich schön miteinander. Wir fanden das super, auch die Kindergartenerzieherinnen waren begeistert - weil das autistische Mädchen dadurch auch große Fortschritte im kommunikativen Bereich machte. Dann wandte sich unser Sohn auch anderen Kindern im Kindergarten zu, fand Freunde in seinem Alter. Ab diesem Zeitpunkt änderte sich das Verhalten des autistischen Mädchens unserem Sohn gegenüber. Sie schlägt ihn, schubst ihn, zwingt ihn auf den Boden, setzt sich auf ihn und drückt ihn nieder.... und das sehr, sehr oft. Für unseren Sohn ist das immer ganz schlimm - es tut ihm körperlich weh, aber auch psychisch ("Die A. tut mir immer weh.... die will nicht mehr meine Freundin sein..."). Leider macht sie das sowohl im Kindergarten, als auch dann, wenn wir uns privat treffen und mein Sohn mit ihrem Bruder spielt. Natürlich greift die Mutter immer ein, und auch die Erzieherinnen im Kindergarten schimpfen mit ihr, aber es hilft halt leider nichts. Und unsere gemeinsamen Unternehmungen nachmittags leiden extrem darunter, weil mein Sohn dauernd angegriffen wird und weint....

Ich mag die Mutter und das Kind wirklich sehr gerne, aber auf der anderen Seite möchte ich meinen Sohn auch schützen. Vor zwei Tagen zum Beispiel blutete er an zwei Stellen... und er möchte auch gar nicht mehr mit ihr spielen, bzw. weicht schon aus, wenn sie nur in seine Nähe kommt.

Was habt Ihr denn für Ideen, wie wir da vorgehen können? Die Mutter ist auch am Ende ihres Lateins, und das Autismus-Zentrum hat auch nicht wirklich hilfreiche Tipps. Die Freundschaft beenden kommt nicht in Frage, aber auf die Dauer ist das wirklich zermürbend.

Vielen Dank für Eure Antworten schon mal im Voraus
Mavie

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Hallo!

Erstmal finde ich es super, dass Eure Freundschaft nicht darunter leidet!! Sobald ein Kind ein "Problem" hat, gehen leider zum Teil auch Freundschaften (wenn man das dann so nennen kann) in die Brüche.
Das habe ich schon bei meinem Sohn erlebt, weil eine andere Mutter Angst hatte, dass ihre Kinder sich durch unseren Sohn sprachlich zurückentwickeln, weil er eine Sprachentwicklungsverzögerung hatte.

Mein Patenkind (8 Jahre) hat auch eine Form des Autismus. Er zeigte teilweise Verhaltensweisen, wie Du sie beschreibst. Das war wirklich sehr anstrengend und belastend für die Eltern. Bei ihm war es aber nur phasenweise so, v.a. wenn er mit einer Situation überfordert war. Das konnte eine kurzfristige Situation sein (z.B. weil draußen ein Krankenwagen vorbei gefahren ist) oder eben auch eine längerfristig belastende Situation, z.B. eine neue Erzieherin im KiGa.
Die Eltern hatten ihr Kind in solchen Phasen nicht aus den Augen gelassen, wenn es mit anderen gespielt haben. Sie haben dann nicht nur aus dem Nebenzimmer mal reingeschaut sondern waren immer bei ihm und konnten sofort intervenieren, wenn er auch nur ansatzweise einem anderen Kind wehtun oder sich draufsetzen wollte usw.
Die Eltern des Jungen sind Freunde von uns. An manchen Tagen spielen unsere Kinder bei Treffen sehr gut miteinander, an anderen Tagen spielen sie eher nebeneinander her. Unser großer Sohn passt sich da eigentlich dem Verhalten meines Patenkindes an, auch wenn er diese unterschiedlichen Verhaltensweisen nicht richtig nachvollziehen kann und es leider oft auf sich bezieht. Wenn wir uns treffen, machen wir das eher für uns Erwachsene bzw. auch, um den Kontakt zum Patenkind aufrecht zu erhalten (meine Freundin ist Patin unseres kleinen Sohnes). Aber wir haben nicht das Ziel, dass die Kinder miteinander spielen.

Sind Eure Kinder in einem Regelkindergarten oder ist das eine integrative Gruppe?
Mein Patenkind wäre in einem Regelkindergarten aufgrund der Gruppengröße und eher kleinem Betreuungsschlüssel vollkommen überfordert gewesen. Darunter hätte er gelitten und die anderen Kinder hätten es leider zu spüren bekommen.
Er war daher in einem Förderkindergarten, anfangs in einer ganz kleinen Gruppe, in der alle Kinder irgendeine Einschränkung hatten. Später ist er in eine intergrative Gruppe gewechselt mit dem Ziel, dass er die Regelschule (mit Integrationsfachkraft) besuchen kann. Für ihn war das der richtige Weg.

Vielleicht war Dein Sohn für das Mädchen eine ganz wichtige Stütze und sie kann nicht damit umgehen, dass er aus ihrer Sicht nicht mehr so zuverlässig für sie da ist. Schwierig...

Zuhause würde ich die beiden nicht alleine spielen lassen und viel mehr lenkend dabei sein. Aber für den KiGa habe ich keine Idee.

LG Silvia

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Silvia, ich finde toll dass Du Dich hier informieren willst.

Aber sonst sehr traurig wie hier über autistische Kinder geredet wird...

schämt Euch mal!

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Hallo!

Nein, ich habe keinen Grund, mich schämen zu müssen.

Ich will mich doch gar nicht hier informieren sondern habe einzelne Sequenzen beschrieben, die ich mit meinem Patenkind erlebt habe. Ich mag den Jungen sehr und er ist mir nicht weniger wichtig als meine beiden anderen Patenkinder.
Sich im "normalen Alltag" einzufinden und alle Eindrücke zu verarbeiten, ist für ihn schwer. Er reagiert dann phasenweise sehr heftig und für andere Kinder unberechenbar. Und da mein Patenkind für sein Alter recht groß ist und enorme Kräfte entwickeln kann, muss man aus meiner Sicht eingreifen, wenn ein jüngeres und kleineres Kind umklammert oder auf den Boden gestoßen wird. Das hat nichts mit "schlecht reden" über das Kind zu tun sondern beschreibt Situationen, die stattgefunden haben.
Ich habe mich in meinem Text auf schwierige Situationen bezogen, was nicht heißt, dass es nicht noch viel mehr schöne gemeinsame Situationen gibt.

LG Silvia

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Hallo,
auch ich habe eine Freundin, von der ein Kind Autist ist, mittlerweile neun Jahre alt.
Mein Sohn hat etwas "Angst/Respekt" vor dem Kind, da er unberechenbar ist und ihm auch schon öfters das Zimmer zerlegt hat bzw. einfach mal gegen das Schienbein getreten hat oder spuckt, dann wiederum mitspielen möchte und keine Grenzen akzeptiert.
Es belastet unsere Freundschaft auch, aber wir haben uns in den letzten Jahren arrangiert.
Mein Sohn darf NEIN sagen, dann muss das autistische Kind eben alleine spielen in einem anderen Zimmer.
Wir versuchen, uns ein mal im Monat abends ohne Kinder zu sehen oder mal ein Frauen-Wellness-WE zu machen ohne Kinder.
Wenn wir uns alle gemeinsam sehen, geht es nur, wenn ich vorher mit meinem Großen(fast 10) rede und ihn nochmal sensibilisiere für das Thema, meine Kleine(2) nicht aus den Augen lasse und meine Freundin und ich noch mehr auf ihren Sohn achten.
Meist sitzt er bei uns mit im Zimmer und liest/ sortiert Bilder/schreit und wedelt mit den Armen...manchmal tanzt er auch durchs Zimmer....
Du wirst sehen, um so größer die Tochter Deiner Freundin wird, um so mehr "verschiebt" sich das- es wird ihr dann mehr selbst auffallen, dass sie anders ist und sie wird sich arrangieren und alleine beschäftigen.
Wichtig ist es, konsequent zu bleiben gegen Gewalt! Auch ein behindertes Kind hat andere Kinder nicht anzugreifen und muss die Konsequenzen lernen!
Lieben Gruß und viel Glück, marti

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Mein Sohn hat ein ähnliches Problem mit einem "normalen" Klassenkameraden, der sich sehr an ihn klammert. Der Junge wäre mit einem Freund zufrieden, mein Sohn aber hat gern viele Freund um sich geschart!
Autisten brauchen meist eine sehr strukturierte Umgebung, sowohl zeitlich, als auch räumlich und feste Bezugspersonen.

Vielleicht würde euch auch helfen, so wie wir es versuchen (ob es klappt, kann ich erst in einigen Wochen/Monaten sagen...#gruebel): Es werden feste Zeiten zum Spielen/für gemeinsame Unternehmungen vereinbart und so konsequent wie möglich eingehalten, möglichst ohne Störungen und Änderungen! Dieses muss für alle Beteiligten nachvollziehbar und wichtig sein!
In den übrigen Zeiten muss akzeptiert werden, dass jeder sein eigenes Leben mit seiner Familie oder anderen Freunden hat. Diese Zeit ist auch die, die man flexibler gestalten kann

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Hallo Mavie,
das Problem, was du hier beschreibst, ist ein grundsätzliches Problem von Autisten. Soziale Beziehungen können sie nicht eingehen, haben sie doch mal Freunde, dann zerstören sie Freundschaften sehr schnell. Ein Autist nimmt immer alles wortwörtlich. Mit Gefühlen kann er nichts anfangen. Schimpfen & Co. sind bei behinderten Menschen sowieso fehl am Platz. Zwar muß dein Sohn in dieser Situation sofort geschützt werden, aber das Mädchen ist ja gar nicht in der Lage ihren Fehler zu erkennen. Also muß das erst einmal laaaaaangsam erläutert werden.
Ich habe 2 Autisten (Frühkindliche Autisten). Mein Großer (HFA) erdrückt meinen Kleinen förmlich (Distanzlosigkeit). Der Kleine (Autismus mit geistiger Behinderung) kann Nähe zu anderen Menschen überhaupt nicht ausstehen. Ich muß zwangsweise jeden morgen vor beiden wach sein, damit die nicht aufeinanderstoßen. Tagsüber geht das und die Beiden kommen gut miteinander klar. Aber früh ist es grausam. Ich trenne dann beide Kinder immer sofort und versuche meinem Großen in einer sanften, kindgerechten und nicht allzu schmerzhaften Weise zu erklären, dass der Kleine nicht kuscheln möchte. Und außerdem erkläre ich ihm auch noch gleich mit, dass man nur Mama, Papa, Oma und Opa kuscheln und küssen darf.
Aber mal etwas anderes...das Mädchen muß doch eine I-Kraft haben im Kiga. Wieso geht die denn da nicht dazwischen? Ein autistisches Kind kann doch nicht in einen Regelkiga ohne Integration gehen. Meine Söhne hatten/haben beide eine I-Kraft im Kiga. Der Große geht nun mittlerweile in eine Sonderschule mit sehr kleinen Klassen. Da braucht er keine mehr.
Also ich würde hier mal fragen, ob das Mädchen eine I-Kraft hat und wenn ja, was die eigentlich den ganzen Tag macht. Es ist ihr Job, deinem Sohn auch mal eine "Auszeit" zu verschaffen und den Kontakt zu anderen Kindern herzustellen und das Mädchen auch einzeln zu fördern.

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Hallo,

das Mädchen hat eine Ingegrationshilfe, die ist aber nur für 8 Stunden pro Woche da - mehr zahlt das Jugendamt nicht. Das Mädchen ist aber 8 Stunden pro TAG im Kindergarten, der übrigens ein ganz normaler Regelkindergarten ist.

Klar versuchen auch die "normalen" Erzieherinnen, solche Übergriffe zu verhindern, aber sie können natürlich nicht den ganzen Tag neben dem Kind stehen und sie daran hindern, sich auf meinen Sohn zu stürzen. Dummerweise ist seit kurzem auch noch die bisherige Bezugserzieherin des Mädchens in Rente gegangen, und seitdem fühlt sich auch niemand mehr so richtig verantwortlich für sie.

Meine Freundin hat den Ehrgeiz, ihre Tochter soziales Miteinander unbedingt "trainieren" zu lassen - wenn wir bei ihr zu Besuch sind, schafft sie es nicht, das Mädchen zu separieren, sie möchte unbedingt, dass sie mit dabei ist. Meistens geht das aber halt schief, weil sie irgendwann ausflippt....

Mavie

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Wieso ist denn bei euch das JA im Kiga zuständig bei Autismus? Da das JA überhaupt zuständig ist, nehme ich an, sie hat Autismus auf hohem Niveau - sonst würde das eh über die Eingliederungshilfe beim Sozialamt laufen. Aber bei uns ist das JA erst ab Schule zuständig.

Also meine Söhne hatten jeweils 15 Stunden. Wie lange der Kiga die kinder dann nimmt, ist die Entscheidung des Kiga. Mein Jüngster wurde nur innerhalb einer 1:1 Betreuung genommen - also 3 Stunden täglich und der Große hatte einen Ganztagsplatz. Ist in der Gruppe noch ein anderes I-Kind, welches von der selben I-Kraft betreut wird, wie das Mädchen? Es wäre sonst sicher sinnvoll, das Kind nur halbtags im Kiga zu lassen und parallel beim JA bzw. bei der Eingliederungshilfe um mehr Stunden nachzufragen.

Das "soziale Miteinander" muß sie dem Mädchen auch antrainieren. Was soll sie sonst machen? Nur das erfordert eine 1:1 Betreuung des Mädchens - Quatschen und Kaffeekränzchen sind da nicht drin ;-)

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