Viel Drama um nichts - positives Geburtserlebnis

Hallo :)

Bevor hier nun der erste kleine Geburtstag gefeiert wird, wollte ich mich bei allen, die mir in den letzten Monaten bei den kleinen und großen Sorgen mit Rat zur Seite gestanden sind, bedanken und meinen, entgegen meiner Erwartungen positiven Geburtsbericht zum Mut machen hinterlegen.

Ich bin ein Schisser. Ich habe mich in dieser Schwangerschaft von Beginn an gesorgt, dass etwas nicht in Ordnung ist und, dass es spätestens bei der Geburt ein schlechtes Ende nimmt. Die Geburt des ersten Kindes liegt 14 Monate zurück und war zwar nicht unbedingt traumatisierend, aber ich hatte einige Monate schwer daran zu knabbern und hätte daher nicht gedacht, dass eine zweite Geburt besser als "OK" werden könnte.

Alles fing damit an, dass ich eine VWP hatte und das Kind recht lange in BEL lag. Ich haderte im fünften Monat also schon mit dem Gedanken an einen Kaiserschnitt. Danach wurde Diabetes diagnostiziert und ich stellte mich erneut auf ein 4+kg Baby, sowie eine Einleitung ein. Zusätzlich hatte ich immer das Gefühl, dass etwas mit dem Kind nicht in Ordnung sein könnte oder anders als es mir Ärzte gesagt haben. Die Wahl des Krankenhauses fiel mir schwer: Entweder ich entbinde dort, wo ich beim ersten Kind war (Level 1) oder in der Klinik, von der ich sehr viel schlechtes gehört und bei zwei Aufenthalten dort selbst auch nur schlechtes erlebt habe, die dafür fußläufig von meinem Zuhause entfernt lag.

Kurz gesagt: Ich hatte keine großen Erwartungen, habe die Geburt als notwendiges medizinisches Übel eingeschätzt und wäre froh gewesen, wenn ich sie im Nachhinein nur als „in Ordnung“ hätte bezeichnen können.

Letztendlich aber muss ich sagen, dass sie toll war. Das Kind hatte sich in SL gedreht, war relativ durchschnittlich groß geschätzt und der Diabetes gut eingestellt. Daher hätte ich einer Einleitung am ET (wie sie mir aufgrund der Größe des ersten Kindes empfohlen wurde) abgelehnt. Aber soweit ist es nicht gekommen:
An 39+1 hatte ich seit Mittags leichte Wehen, von Beginn an im Abstand von 20 Minuten. Ich habe mir dabei nichts gedacht, hatte es aber eilig meine Kliniktasche zu packen. Zum Abend hin wurden die Wehen etwas stärker und ich kontaktierte meine Fahrgelegenheit zum Krankenhaus. Bis diese um 19 Uhr eintraf hatte ich im Abstand von etwa 15 Minuten doch recht starke Wehen, die ich nur mit Hüftkreisen lindern konnte. Wir warteten noch eine halbe Stunde, auch weil ich das bestellte Sushi noch essen wollte, und dann ließ ich mich in das Krankenhaus fahren. Hier entschied ich mich übrigens für das Krankenhaus, über das ich so viel negatives gehört hatte. Dort angekommen, wurde ich aufgenommen (sehr unkompliziert!), durfte gleich ans CTG und begrüßte die Hebamme mit der Vorwarnung, dass ich sehr wehleidig bin und sie bitte trotzdem nett zu mir sein sollte. Sie war zuvor am Telefon noch gestresst und recht harsch gewesen und lachte dann plötzlich und meinte ich dürfte jammern so viel ich wollte und alles würde gut werden. Das CTG wurde geschrieben, es fiel immer ab, sodass sie alle 2 Minuten den Alarm ausstellen musste. Ich fragte, ob ich es nicht einfach machen könne, sie erlaubte es mir, bat mich aber, dass wenn die Herztöne niedrig sind, sie zu rufen. Ich durfte das CTG quasi im Vierfüßlerstand verbringen, was, wie ich gelesen hatte, auch nicht bei jeder Hebamme gut ankommt. Nach dem CTG sollte noch ein Ultraschall gemacht werden, aber als ich ihr mitteilte, dass ich leichten Druck verspürte, stellte sie fest, dass der Muttermund auf 3 cm war und schickte mich um 20.30 Uhr direkt in den Kreißsaal.
Im Kreißsaal hatte ich, dank Schichtwechsel, eine andere Hebamme. Sie verkabelte mich, und fragte mich, ob ich etwas bräuchte. Ich bat um meine Flasche Wasser, an der ich mich die nächsten Stunden festhalten sollte. Ich fragte sie, was sie schätzt, wie lange es dauerte und ob wir es vor 24 Uhr schaffen. Sie versicherte mir, dass wir vor 24 Uhr durch sein werden.
Ich lag nun also dort im Kreißsaal, horchte dem Wummern des CTG, kuschelte mit meiner Wasserflasche und harrte der Dinge die kamen. Die Wehen wurden zwar intensiver, aber der Abstand blieb bei etwa 10 bis 15 Minuten. Ab und zu verirrten sich Menschen in den Raum, was mich in der Situation gar nicht gestört hat, sondern die kurzen Gespräche mit ihnen eine nette Abwechslung zum Warten darstellte. Alles in allem lag ich wie ein Stein auf der Seite, scherzte also mit den Menschen und konnte mich, wahrscheinlich auch dank des riesigen zeitlichen Abstandes, sehr gut auf die Wehen konzentrieren, sodass ich sie kaum merkte. Bei den Untersuchungen am Muttermund war die Hebamme jedes mal überrascht, dass sich überhaupt etwas tut. Ihrer Meinung nach merkte man es mir äußerlich nicht an, dass ich Wehen hatte. Das hat mir ziemlich viel Mut gegeben, denn ich bin ehrlich sehr wehleidig. ;-) Der Muttermund öffnete sich im Liegen nicht so wie gewünscht, aber ich fühlte mich nicht in der Lage öfter aufzustehen. Nach jedem Toilettengang war der Muttermund etwas weiter geöffnet, aber ich dachte, dass es auch so gehen muss, denn mir tat die Hüfte und das Becken verdammt weh (wohl doch eine Symphysenlockerung. Das Becken hat während der Geburt auch zweimal eindrucksvoll gekracht).
Als es auf 12 Uhr zuging wurde ich unruhig und die Hebamme riet mir zu einer manuellen Öffnung der Fruchtblase, damit das Kind noch mehr Druck auf den Muttermund ausüben konnte. Die lehnte ich aufgrund immenser Angst vor einem Wehensturm ab, auch wenn es das hübschere Geburtsdatum gegeben hätte. Auch konnte sie manuell den letzten Saum des Muttermundes nicht zur Seite schieben. Ich blieb also weitere 2 Stunden wie ein Stein auf dem Bett liegen, lauschte dem CTG und konzentrierte mich bei jeder Wehe auf das rhythmische Pochen. Veratmet habe ich über die ganze Geburt nicht einmal korrekt. Der Schmerz fühlte sich sofort unheimlich stark an, sobald ich aus meiner Konzentration herausgefallen bin, um etwa zur Uhr zu sehen oder auch nur die Augen zu öffnen. Um 2 Uhr klingelte ich nach der Hebamme, fragte sie, ob sie Zeit hätte, ich fühlte mich nun bereit, dass sie die Fruchtblase öffnen könne. Wie es nun so kommt öffnete sich beim Versuch die Fruchtblase zu öffnen, diese von alleine und es plätscherte etwas raus. Sie ging wieder raus und bat mich sofort zu schreien, sollten die Presswehen einsetzen. Und was soll ich sagen? Nach 10 Minuten ging es los. Ich hasste mich dafür mich für ein zweites Kind entschieden zu haben, hatte das Gefühl zu zerreißen und zählte die Wehen ab, die ich zu pressen hatte. Wie es so kommen muss, kam irgendwann das Kind. Nicht mit einem Platsch, wie ich es von meiner ersten Geburt kannte, sondern viel langsamer und Stück für Stück. Als der Kopf schließlich bereits geboren war, begann das Kind bereits mit dem Mund nach der Brustwarze zu suchen (dass es orientierungslos ist, wusste ich bereits, als es so lange in BEL lag...) und zu quaken. Das fanden die anwesende Hebamme und die Gynäkologin recht witzig und ich habe bestimmt 3x gefragt, ob die Geräusche wirklich vom Kind kommen, oder sie mich veräppeln wollen. Naja, zwei Wehen später kam dann der Rest nach und wahrscheinlich dank dieser Aktion haben wir die Spitzen Apgar-Werte von 9/10/10..
Die Nachgeburt hätten wir uns schenken können. Sie wurde nur teilweise geboren, was aber erst festgestellt wurde, als es mir komisch vorkam, dass immer mehr Blut aus mir herausschwappte. Dies wurde zunächst auf meine Geburtsverletzungen zurück geführt (Dammriss Grad I), die ich zunächst ablehnte genäht zu bekommen. Bei der späteren Untersuchung stellte die Ärztin auch fest, dass die Blutung nicht vom Dammriss kam und dieser gar nicht mehr blutete, sondern aus der Gebärmutter. Dabei fischte sie noch einen Teil Plazenta raus und die Blutungen ebbten langsam ab.

Obwohl ich gerne ambulant entbinden wollte, wollte ich mitten in der Nacht nun doch nicht nach Hause und entschied mich auch das Neugeborenen-Screening noch in der Klinik zu machen. Für die Terminfindung beim Kinderarzt war mir das Zeitfenster zu klein. Und ich muss sagen, dass ich die zwei Tage im Krankenhaus als sehr angenehm empfunden habe. Mein Freund war am nächsten Tag kurz da, um seine Tochter zu begrüßen und es war für uns beide eine ziemlich abgefahrene Situation: Aufgrund der Betreuungssituation unserer ersten Tochter konnte er bei der Geburt nicht dabei sein und erfuhr erst drei Stunden später, dass sein Kind geboren wurde und sah es am ersten Tag auch nur für kurze Zeit, weil das Geschwisterkind nicht mit in die Klinik durfte. Das alles klingt so aufgeschrieben wenig toll und ich bin, wie ich erfragt habe, als Gebärende ohne Begleitung, auch die absolute Ausnahme gewesen (es taten sich Probleme auf, wie, dass die Hebamme nicht wusste, wo sie das Kind ablegen konnte, als sie mir hinterher auf die Toilette half) – aber es war richtig gut so!
Bei der ersten Geburt war mein Partner fast durchgängig da und es hat mich mehr gestört, als dass es mir mental eine Hilfe war. Ich hätte mich nie so auf das CTG konzentrieren können und so den Schmerz der Wehen vergessen können, wenn er dabei gewesen wäre. Für ihn war es auch kein großer Verlust, da er keinen gesteigerten Wert auf eine zweite Geburt gelegt hat (er wäre aber, hätte ich darauf bestanden, dabei gewesen). Ich kann die Geburt ohne Partner für Frauen, die gerne Sachen alleine machen und für die Anwesende eher hindernd sind, uneingeschränkt empfehlen. Würde ich noch ein Kind bekommen, würde ich die Geburt garantiert alleine angehen wollen! :-)

So, was lerne ich aus der Sache? Ich habe viel Drama um nichts gemacht. Dem Kind geht es gut, die Geburt war viel mehr als nur in Ordnung, Wehenschmerzen können sich je nach Vorgeschichte deutlich anders anfühlen, das, was man über Krankenhäuser hört, stimmt nicht immer. Für einige Frauen wäre es wohl störend gewesen, dass Schwestern(?) spontan Dinge aus dem Kreißsaal geholt haben. Für mich war die Abwechslung aber sehr angenehm.
Auch die Sorge um einen zu kleinen Kopf war sehr unbegründet: Der Kopfumfang liegt auf der 71. Perzentile, die Körperlänge ebenfalls und das Gewicht irgendwo auf der 81.

Ich würde nun glatt gerne noch ein drittes Kind bekommen, aber da wir keine Kapazitäten für ein drittes Kind haben, bin ich froh nach der ersten Geburt, die ich negativ empfunden habe, doch noch ein uneingeschränkt positives Geburtserlebnis zu haben. #verliebt

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Awwww - wie schön 🥰. Das freut mich sehr für Dich und Euch. Wunderbare Kennenlerntage und alles Liebe.

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Herzlichen Glückwunsch!!! 😊🍀🎂🥳

Wie schön das deine ganzen Sorgen unbegründet waren. 😊