Spontan aus Beckenendlage (positiv, lang)

Eigentlich wollte ich mein zweites Kind, ebenso wie schon mein erstes, im Geburtshaus entbinden. Doch meine Tochter entschied sich dagegen und blieb bis zuletzt in Beckenendlage. Das ist ein Ausschlusskriterium für die ausserklinische Geburt. Dadurch musste ich erstmal schauen, wie es weiter gehen sollte.

Äussere Wendung? Kaiserschnitt oder doch natürliche Geburt? Zwei Krankenhäuser lehnten mich schon am Telefon ab und wollten nur den KS. Ein drittes im Nachbarort konnte sich die vaginale Entbindung vorstellen und lud mich in die Sprechstunde.

Das Problem, spontane Geburt aus BEL wird nicht mehr regelmäßig an allen Häusern gemacht. Das spezifische Wissen um diese Entbindung geht verloren. Laut meiner Ärztin gibt es andere Risiken, ja, aber nicht grundsätzlich mehr als bei anderen Geburtslagen.

So wurde mein Kind sorgfältig vermessen und beschlossen, dass ich es versuchen könne. Das Kind war schlank und das Proportionsverhältnis von Rumpf zu Bauch passte. Ein Aber blieb: nur ca 50% der Geburtshelfer im Krankenhaus kannten sich mit der BEL aus. Sollte von diesen keiner Dienst haben wenn ich unter Wehen käme, müsste man aus Sicherheitsgründen doch einen Kaiserschnitt machen. Darauf konnte ich mich einlassen.

Eine Woche vor ET ging ich zur Kontrolle ins Krankenhaus. Die Ärztin untersuchte mein Kind, alles weiterhin möglich. Da ich schon länger gute Senkwehen hatte, fragte ich nach einer Untersuchung des Muttermunds. Weich aber verschlossen und recht weit oben, also unreif. Ich sollte noch ans CTG und dann wieder nachhause.

Nach 30 Minuten CTG begannen drei Senkwehen, die für mich im Liegen recht unangenehm waren. Ich klingelte also und bat darum vom CTG abgemacht zu werden.
Bei der letzten Senkwehen gab es ein komisches Geräusch, als würde man eine Kaugummiblase platzen lassen. Ich setzte mich auf und hatte die Hose nass. Welch ein Zufall, dass ausgerechnet bei der Kontrolle eine Woche vor Termin die Fruchtblase platzt und die Ärztin Dienst hat, die sich mit BEL auskennt. Es war 10:35.

Also allen Bescheid gesagt, mein Mann brachte unseren Grossen unter und bei mir begannen schon bald regelmäßige stärkere Wehen.

Schon meinen ersten Sohn hatte ich 3,5h nach der ersten echten Wehe geboren.
Das war dem Krankenhauspersonal aber nicht wirklich bewusst. Ich wehte vor mich hin und klingelte, um nach dem Kreißsaal zu fragen. Klar, sei frei, dort sollte ich erneut ans CTG. Ich bestand darauf stehen zu bleiben. Kein Problem, angeschlossen und wieder war ich allein. Nach weiteren zwei Wehen spürte ich Pressdrang und klingelte wieder. Die Hebamme war überrascht und wollte mich untersuchen. Gesagt getan, 6cm. Ich sollte meinen Mann anrufen, denn der müsste ja auch noch einen Coronatest machen, der 30 Minuten dauern würde.

Es war 13:30. Ich wusste das würde knapp werden.

Die Hebamme blieb nun, denn mit jeder Wehe wurde der Pressdrang stärker. Ich wollte loslegen, sie sagte nein, der Mumu sei noch nicht vollständig eröffnet.

Was mich tatsächlich gestört hat, war das ständige rum fummeln an mir. Mumu, CTG, alles sei unbedingt nötig, obwohl es mir zusätzlich weh tat und ich immer wieder sagte, dass es mich stört. Gut, ich wollte ja eigentlich gar nicht ins Krankenhaus, aber die Alternative wäre der Kaiserschnitt gewesen aus Beckenendlage. Also habe ich mich unter der Geburt einigermaßen damit abgefunden, dass ich mit den Gegebenheiten nun auskommen muss :-)

Als der Muttermund vollständig eröffnet war, hörte ich, wie sich Ärztin und Hebamme darüber verständigen, dass mein Mann vor der Tür wartete. Glücklicherweise ließen sie ihn rein, obwohl der Test noch nicht ausgewertet war. Ich hatte schon reichlich produktive Wehen im Vorfeld gehabt, und konnte so mein kleines Mädchen nach fünf Presswehen um 14:25 zur Welt bringen. Ärztin und Hebamme waren völlig aus dem Häuschen, auch von denen fiel eine enorme Anspannung ab. Vor der letzten Wehe hörte ich die Ärztin sagen, nun muss es aber auch passieren! Es ist eben schon eine Besonderheit aus Beckenendlage und anscheinend war auch das professionelle Personal recht nervös.
Unter der letzten Wehe nahm ich alle meine Kraft zusammen presste, atmete, presste atmete, presste und dann war meine Tochter auch schon da. Ich hing schnaufend über den Kreißsaal Bett und wusste dass sie auf der Welt war wollte aber erstmal gar nicht gucken sondern mich erholen.

Um mich herum Aufregung "Schau doch mal! Schau doch mal zwischen deine Beine da ist sie!!!" Und da lag sie zwischen meinen Beinen (ich war im vierfüßlerstand auf dem Bett) ziemlich blutig und lautstark protestieren. Bei einer Entbindung aus Beckenendlage warten schon einige Kinderärzte vor der Tür. Die wurden unverrichteter Dinge weggeschickt, denn meine Tochter war super fit und schrie aus vollem Hals.

Im Nachhinein betrachtet war auch dies eine flotte Geburt und kein bisschen anders oder anstrengender als meine erste aus Schädellage. Die Umstände im Krankenhaus waren natürlich völlig andere als im Geburtshaus, aber eben den besonderen Umständen angepasst. Ich bin sehr froh über die vielen Zufälle, dass eben die erfahrene Ärztin Dienst hatte, und ich keinen Kaiserschnitt brauchte und dass der Blasensprung passenderweise bei der Kontrolle passiert ist. Jede Entbindung ist anders, ich schreibe dies ja auch um anderen Mut zu machen, daß Beckenendlage bei der richtigen Voraussetzungen und mit dem richtigen Personal auch vaginal entbunden werden kann und eine schöne geburtserfahrung ist.

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Herzlichen Glückwunsch zur Geburt eurer Tochter !
Danke für den schönen Bericht, meine Kleine liegt auch noch Beckenendlage und ich weiß noch nicht was ich mache.

LG jodi