1. Geburt nach Einleitung mit cytotec (lang)

Hallo Ihr Lieben,
den Geburtsbericht habe ich primär für mich selbst geschrieben, um mich auch nach Jahren daran erinnern zu können. Da ich aber auch immer gerne die Berichte von anderen frischgebackenen Mamis hier gelesen habe hoffe ich, dass mein Bericht auch der ein oder anderen von Euch gefällt oder weiterhilft. Der Bericht ist lang - und durchaus positiv!

Am 2.6.2020, an 36+6, ein Dienstag, hatte ich einen regulären Termin bei meiner Gyn. Mir ging es prima, der Kleinen laut CTG ebenfalls. Leider hatte ich in der SSW35 ordentlich Wasser eingelagert und ca. 4-5kg zugenommen. Nun sagte mir meine Gyn, dass ich zu viel Protein im Urin hätte und gemeinsam mit den plötzlich auftretenden Ödemen dies auf eine Präeklampsie ("Schwangerschafts-vergiftung") deuten würde, und das könne, sollte es zu Krampfanfällen kommen, sowohl für mich als auch für das Baby lebensgefährlich sein. Den Termin zur Geburtsplanung am Tag drauf möchte sie nicht mehr abwarten, ich solle bitte heute noch ins Krankenhaus gehen. Auf meine Nachfrage hin, ob ich nach einer Untersuchung wieder nach Hause könnte, meinte sie, dass das Baby quasi "fertig" sei und sie nicht glaube, dass ich ohne Baby nochmals das Krankenhaus verlassen würde - und sie sollte Recht behalten.
Für Präeklampsie gibt es neben Protein im Urin und Ödemen noch Bluthochdruck als Merkmal. Im Krankenhaus wurde ich aufgenommen, erstmal Corona-Test gemacht, und als erste Massnahmen CTG und Ultraschall. Die Kleine sei fit und wurde auf 3000g geschätzt, Muttermund noch nicht ertastbar, noch zu weit hinten, also alles geburtsunreif. Nun 24h Urin sammeln und 24h Blutdruckmessung.
Donnerstags dann das Feedback: Protein deutlich zu hoch, Blutdruck mittlerweile auch zu hoch (war während der ganzen Schwangerschaft perfekt und eher zu niedrig!). Damit sich meine Werte nicht noch verschlechtern würden sie gerne einleiten, aber noch bis Sonntag abwarten, in der Hoffnung, dass mein Muttermund hervorkommt und sich leicht öffnet. Ich konnte zwischen Gel und Cytotec entscheiden und habe mich für die Tabletten entschieden, da diese besser zu dosieren sind, das Gel sehr brennen kann und sie sanft einleiten (4 Tabletten pro Tag, 25mg - 50mg - ab dann 100mg).
Sonntags nochmals Untersuchung, am Muttermund hatte sich nichts getan. Einleitung beginnt. Vor jeder Tablette 20min CTG, danach 45min CTG - und sobald einmal die Herztöne abfallen gibt es 2 Stunden "Strafzeit", d.h. das CTG muss zwei Stunden am Stück okay sein bevor man wieder auf Station darf. Ergebnis war, dass ich am Sonntag 11h am CTG hing, mit tat alles weh, vor allem die Hüfte, da man sich ja nicht bewegen darf. Sonntag abend um halb elf durfte ich wieder auf Station in mein Bett und hab nur noch geheult.
Dienstag früh wieder Untersuchung - Muttermund ist hervorgekommen und sei 2 Finger durchlässig - das gab mir Motivation für den dritten Tag der Einleitung. Leichte Wehen in Form von Stechen in der Blase kamen dazu, der Schleimpfropf ging ab.
Mittwoch während CTG fallen plötzlich die Herztöne ab. 4 Hebammen stürzen ins Zimmer, spritzen mir was, suchen hektisch nach den Herztönen und ziehen mich aus, um mich zu untersuchen. Fazit: Der Kleinen geht es gut, wahrscheinlich hatte sie nur ganz kurz die Nabelschnur zusammengedrückt. Mir fällt ein Stein vom Herzen... und wieder 2 "Strafstunden" CTG.. leider sagte die Hebamme, Muttermund nur noch 1 Finger weit offen, er sei wieder etwas zusammengegangen.
Donnerstag früh hab ich so die Nase voll, dass ich mich mit der Assistenzärztin streite. Ich sage, ich will ein Kaiserschnitt, mir reicht es. Sie sagt, nach jeder Tablette kann es quasi losgehen, ich solle geduldig sein. Es ist Fronleichnam, heute wird sowieso nicht operiert (ausser natürlich Notfälle), wir verschieben die Entscheidung auf Freitag. Dazu sollte es aber nicht mehr kommen.
Nach der 2. Tablette lege ich mich frustriert für einen Mittagsschlaf ins Bett. Dabei merke ich, dass mir die Fruchtblase geplatzt ist, circa 15h. Die herbeigerufene Schwester schickt mich runter in den Kreissaal, um einen ph-Test machen zu lassen, ob es sich wirklich um Fruchtwasser handelt.
Im CTG-Raum soll ich mich auf die Liege legen. Nachdem sich um mich herum eine Pfütze bildet (Kopf ist seit 2 Wochen bereits fest im Becken - von wegen, da kommen nur ein paar Tropfen!) spart man sich den Test... Es ist ca. 15.30 - ich darf zurück auf Station, solle aber gegen 18h zum CTG wieder in den Kreissaal kommen.
Oben entschliesse ich mich erst einmal duschen zu gehen. Die zu Hause bereits runtergeladene App zum Wehen mitschreiben sagt mir: 5 Wehen bereits, zwischen den ersten beiden 9min Abstand, zwischen der 4. und 5. 6 Minuten. In der Dusche muss ich 3 Wehen schon ziemlich deutlich veratmen. Im Zimmer angekommen ziehe ich mich an, eine Schwester kommt und meinte, sie haben mich gehört und bitten mich JETZT SOFORT runter in den Kreissaal zu gehen - circa 16.15h.
Dort angekommen darf ich in ein CTG-Zimmer, Kreissäle wären alle belegt. Die Hebamme geht, ich schnappe mir einen Pezziball, mache Musik an, wippe auf und ab. Habe ziemlich Wehen, die ich sehr laut veratme, und fühle mich gerade ziemlich alleine. Irgendwann kommt endlich die Hebamme, und wohl aufgrund meines Geräuschpegels werde ich in den Kreissaal geführt (was haben sie eigentlich mit der Frau gemacht, die davor drin war?). Ich rufe meine Mutter an, die meine Begleitperson ist, und bin ziemlich kurz angebunden ("Fahr los - Sofort!"). Es ist 17h.
Die Wehen kommen bereits alle 4 Minuten, Muttermund ist bei 2cm. ca. 17.45h ist meine Mutter da. Die Eröffnungswehen sind ziemlich heftig, und ich fühle mich irgendwie um den Beginn der Geburt (Wehen alle 10min) betrogen. 18.30h ist der Muttermund bei 8cm und ich erkläre der Ärztin und der Hebamme, dass es mir jetzt reicht und ich eine Pause will. Beide schmunzeln bloss und meinen, Pause gibts nicht mehr, ich kriege jetzt mein Kind!
Das CTG zeichnet immer noch nur leichte Wehen auf, ich hingehen hab das Gefühl, mir bricht gleich der Rücken durch. Da man die Herztöne von der Kleinen nicht sauber aufzeichnen kann muss ich mich aufs Kreissaalbett legen, mit Fussstützen dran, und es wird ein Draht mit einem Sensor durch den Muttermund gelegt, um ihre Herztöne aufzeichnen zu können. Auch Blut wird von der Kleinen genommen, Ergebnis: Ihr geht es gut! Ich dagegen versuche mich von den Wehen - oder Wellen, wie wir es im Hypnobirthing gelernt haben - treiben zu lassen und diese bewusst mitzunehmen, vom Beginn bis zum Höhepunkt und wieder die Welle hinab. Das Atmen funktioniert erstaunlich gut, Tönen entspannt mich irgendwie, und die Augen habe ich geschlossen, um mich besser auf mich zu konzentrieren. Bewegen kann ich mich hingegen nicht mehr und beschliesse, genau so liegen zu bleiben, zumal es den unteren Rücken sehr entlastet. Auch wenn es wohl die blödeste Position ist, um ein Kind zu gebären! Meine Mutter übrigens, sonst echt sehr taff, ist leichenblass im Gesicht und reicht mir immer das Wasser und legt mir einen kalten Waschlappen immer auf die Stirn - ich glühe anscheinend.
Muttermund bei 10cm, circa 19h. Blöd ist, dass zum einen meine Blase voll ist und sie mir einen Katheter legen und auf dem Bauch rumdrücken, um diese leer zu bekommen. Katheter während einer Wehe fand ich extrem unangenehm! Zum anderen blieb vom Muttermund wohl ein Saum über, an dem der Kopf nicht vorbeikommt. Während zwei Wehen schiebt die Hebamme diesen Saum weg, so dass endlich die Presswehen anfangen können.
Im Gegensatz zu den Eröffnungswehen, die man gefühlt "aushalten" muss sind die Presswehen gefühlt ein Spaziergang. Man kann mitarbeiten, mitschieben, es geht voran. Die Stimme der Hebamme (pressen - atmen) gibt den Takt vor. Nach einer Weile werden die Herztöne der Kleinen schlechter; die Ärztin (Jeanette - während der Eröffnungswehen habe ich das DU angeboten - wenn man nackt da liegt hat es sich extrem komisch angefühlt, dabei gesiezt zu werden) machte mir eine Ansage, noch 2 Presswehen, dann muss die Kleine da sein, und klettert mit aufs Bett über mein Kopf, um sie mit raus zu schieben. Parallel wurde noch ein Wehentropf angehängt und ein Dammschnitt gemacht (den man übrigens in dem Moment nicht bemerkt!). Und es funktioniert - um 20.24h ist die Kleine da. Sie schreit sofort, wird mir auf die Brust gelegt und schaut mich mit großen Augen an.
Leider habe ich wohl extrem geblutet. Es wurde ziemlich Stress gemacht, dass die Plazenta schnell rauskommt (eine ordentliche Presswehe, dann war sie da), damit sie mich nähen können. Da meine Kleine leider die Hand mit am Kopf hatte hat das Nähen eine Stunde gedauert und ich fand es unangenehm - nach einer Geburt will man "da unten" einfach in Ruhe gelassen werden.
Nähen fertig, ich stehe direkt auf, begrüße den Kinderarzt, gehe auf Toilette, und darf um 23h zurück auf Station. Die Kleine schläft direkt neben mir und verschläft auch die nächsten 24 Stunden. Ich hingegen fühle mich fit. Den Freitag und Samstag sind wir alleine im Krankenhaus. Aufgrund Corona ist keinerlei Besuch erlaubt - und ich geniesse es, die Kleine ganz für mich allein zu haben! Sonntag vormittag noch U2, das Entlassungsgespräch und ich darf 3 Tage nach der Geburt nach 12 Tagen Krankenhaus endlich nach Hause!
Fazit: Ohne Präeklampsie wäre die Schwangerschaft quasi perfekt gewesen (von SS Diabetes abgesehen). Einleitung mit Cyctotec würde ich wieder machen, solange sie sanft dosiert ist und die Geburt war mit 3,5h im Kreissaal rasant und fast perfekt.

Mathilda Klara, geboren am 11.06.2020 an 38+1, 50cm, 3055g, 34cm KU - plus eine Hand.

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Sehr schöner geburtsbericht💕

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Danke für den Bericht! Sehr ausführlich und beantwortet viele Fragen. Gratuliere und alles Gute!

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Danke! 😘