Stille Geburt unseres Sternenkindes (Vorsicht lang)

Robin Alexander *+30.05.2013; ET: 15.10.2013

Dienstag: 28.05.2013

Heute soll nach endlos langen vier Wochen die neue VU sein. Um viertel vor acht klingelt das Telefon und der Termin wird auf den nächsten Tag verschoben.

Mittwoch: 29.05.2013

Heute ist endlich die VU. Ich freue mich. Nehme Larissa mit zur Praxis. Bei der Untersuchung heißt es, Muttermund zu, Gebärmutterhals geschlossen. Dann wieder auf den Stuhl zum Ultraschall. Ich freue mich, unseren Krümel wieder zu sehen. Sage zu Larissa, schau da ist das Baby. Der Arzt schallt und schallt. Gute fünf Minuten. Ich bekomme ein komisches Gefühl. Er sagt, er sieht kein Herzschlag. Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Er ruckelt am Bauch, ob sich das Baby bewegt. Nix. Es lebt nicht mehr. Es war der schlimmste Augenblick in meinem Leben. Ich sitze da und weiß nicht was ich tun soll. Larissa bekommt das zum Glück nicht so mit. Ich ziehe mich wieder an. Es wird besprochen, daß ich am nächsten Tag nach Lübeck ins Krankenhaus soll, wo die Geburt eingeleitet werden soll. Ich verlasse das Arztzimmer, um dann Ralf anzurufen, um ihm zu sagen, was passiert ist, da kommen mir die Tränen und ich kann es ihm nicht sagen. Die Arzthelferin übernimmt das. Ich sitze einfach nur da und weine. Nach endlosen Minuten soll ich noch mal zum Arzt rein, der mich für den nächsten Tag um 8:30 Uhr in der Uni angemeldet hat. Ich glaube immer noch ich bin im falschen Film, aber irgendwie hab ich es auch geahnt gehabt. Ich hatte das Baby seit drei Wochen nicht gemerkt. Ich gehe mit Larissa zum Auto und wir fahren nach Hause. Unterwegs laufen mir auch immer wieder die Tränen übers Gesicht. Daß ich überhaupt Auto fahren konnte, wunderte mich. Als ich zu Hause ankam, ging es wieder los. Ich war nur am weinen. Habe es den Kids gesagt, die schon da waren. Michelle und Kimberly haben es gleich verstanden. Die anderen noch nicht so. Katharina hat es per whatsapp erfahren, da ich nicht mehr beim Arzt war. Ich warte voller Ungeduld auf Ralf, es dauert ewig, bis er endlich da ist. Seine Mutter ist auch gleich mitgekommen. Ich frage mich, wie ich das alles überstehen soll. Bin fix und alle und nur am weinen. Gegen Abend habe ich mich soweit gefangen gehabt. An Schlaf ist in dieser Nacht nicht zu denken. Jeder schläft nur ich liege wach im Bett und frage mich warum.

Donnerstag: 30.05.2013

5:45 Uhr, da hätte ich schlafen können. Ralf hat mich bis 7 Uhr schlafen lassen. Katharina, Kimberly und Michelle bleiben für den Rest der Woche daheim. Ich fange schon wieder an zu weinen. Wo kommen nur all diese Tränen her? Um 7:45 Uhr machen wir uns auf den Weg nach Lübeck. Es kommt mir vor, als wenn ich in die Hölle fahre. Alles so unwirklich. Dort angekommen, mußten wir erst einmal den Eingang suchen. Man hat uns in den Keller geschickt. Dort ist die Poliklinik. Ich hab die leise Hoffnung, daß sie vielleicht einen Kaiserschnitt machen und ich es dann schnell hinter mir habe. Aber der Arzt nimmt mir die Hoffnung. Es wird ein langes Gespräch mit dem Arzt geführt. Er erklärt den Vorgang etc. Er sagt, daß ich nach der Geburt noch eine Ausschabung bekomme. Werde noch mal untersucht und er sieht auch, daß kein Herzschlag mehr da ist. Er veranlasst noch, daß ich einen US bekomme, damit man evtl sehen kann, woran es lag. Aber auf dem US war nix zu erkennen. Noch immer wissen wir nicht, was es wird. Mein Gefühl sagt mir ein Junge.

Ich komme auf Station. Soll warten, bis das Einzelzimmer fertig ist, damit mit den Tabletten angefangen werden kann. Es zieht sich alles heraus. Ich muß ca. 2 Stunden warten, bis ich endlich die erste Tablette bekomme. Da ist es 13:30 Uhr. Wehen habe ich schon. Der Muttermund ist weich, aber noch nicht geöffnet. Um 14:30 Uhr kommen wir aufs Zimmer. Es ist ein schönes Zimmer. Essen darf ich nix, da ich ja noch operiert werden soll. Die Ärztin sagt, daß ich was essen soll, wegen dem Blutzucker. Aber Hunger habe ich keinen. Es kommt mir immer noch alles wie ein Traum vor. Die Zeit vergeht gar nicht. Die Wehen sind zwar da, aber nicht aussage kräftig. Ich muß oft auf Klo und hab Angst, daß da das Baby rauskommen würde. Ralf fährt zwischendrin noch Kik, weil ich an Wechselwäsche gar nicht gedacht habe. Um 17:3o Uhr muß meine nächsten Tabletten nehmen und denke, man die wirken doch eh nicht. Es wird ja noch nicht mal nachgeschaut. Ich sage noch zu Ralf, sag Du dem Baby, daß es kommen darf und er tut es. Ich sage auch die ganze Zeit, daß es kommen darf.

Gegen 19:30 Uhr kommt die Schwester ins Zimmer und sagt, daß ich Entzündungswerte im Blut habe. Ich erzähle ihr dann, daß ich wie Gallenschmerzen habe und daß ich gerne eine Buscopan hätte. Sie sagt, das gibt es im Krankenhaus als Tablette nicht mehr. Nur als Zäpfchen. Oh sehr witzig. Von diesen blöden Tabletten hab ich die ganze Zeit schon Durchfall. Wie soll ich da ein Zäpfchen nehmen. Sie hängt mir erst mal ein Antibiotikumm an. Tja und das läuft nicht. Auch kein Wunder, denn die Kanüle ist verstopft. Sie wird gespült und dann fängt das AB an zu laufen. Kaum ist das fertig, kommt die nächste Infusion (das Buscopan) und dann die letzte Flasche mit dem AB. Ich frage die Schwester, was sie denkt, wie lange das wohl dauert, sie sagt, das weiß sie nicht. Bei denen einen geht es schneller, bei den anderen dauert es lange. Da ich aber schon selber Wehen hätte, würde es nicht lange dauern. Zu dem Zeitpunkt denke ich, da lasse ich mich mal überraschen.

21:30 Uhr. Ich nehme die nächste Ladung Tabletten und denke, ich könnte nur schlafen. Ich döse auch ein. Ebenso Ralf. In dem Dösen erinnere ich mich an Neeles Geburt, da fing das auch so an. Bums auf einmal bin ich doch eingeschlafen. Um 22:45 Uhr werde ich von stärkeren Wehen geweckt. Ich versuche zu zählen, wann sie kommen, aber ich kann keine klare Gedanken fassen. Es tut einfach nur weh. Ralf fragt mich, was los ist. Ich sage, daß ich Wehen habe und versuche es zu veratmen. Wir klingeln nach der Schwester. Ich sage ihr, ich glaube das Baby kommt gleich. Ich soll mich dann mal umziehen. Sie gibt mir ein Krankenhausnachthemd und diese hochmodischen Netzschlüpper. Sie schaut nach und sagt, ne da ist noch nix zu sehen. Was für mich befremdlich ist, sie hält mir ein Topf unter, da soll ich reingebären. Sie schaut nach und sagt, ne das dauert noch. Sie gehe dann mal zwischenzeitlich den Schmerztropf holen, damit ich nicht so dolle Schmerzen habe. Um 23 Uhr hat sie den Tropf angehängt. Ich sage noch zu Ralf, was passiert, wenn das Baby mit der kompletten Fruchtblase geboren wird, was ist dann? Wer hätte zu dem Zeitpunkt gedacht, daß es wirklich so ist. Ich sage noch zur Schwester, wenn sich das Baby sich an die Tradition hält, dann kommt es noch vor Mitternacht. Die Schwester sagt, ne das glaubt sie nicht. 23:30 Uhr. Ich hab das mega Gefühl zu pressen. Wir klingeln wieder nach der Schwester. Sie schaut wieder nach und sagt, ne da kommt nix. Ich doch, ich muß pressen. Sie hält diesen Topf unter und ich presse. Etwas flutscht heraus. Die Schwester sagt, es wäre die Plazenta, und ob ich noch mal pressen müsse, ich ne, das wars. Sie schaut genauer nach und sagt, daß das Baby komplet mit der Fruchtblase geboren sei. Das sei in ihrer Laufbahn von 22 Jahren noch nie vorgekommen. Sie fragte, ob wir auf die Uhr geschaut hätten, wann das wäre. Ich sagte, es war 23:35 Uhr.

Ich frage nach, ob sie schauen, was es ist. Sie sagt, sie müsse das erst dem Arzt bringen, der würde die Fruchtblase öffnen und uns dann Bescheid geben.

Kurz vor Mitternacht kommt der Arzt und sagt, ich müsse nun in den OP. Noch weiß ich nicht, ob es nun ein Junge oder ein Mädchen ist. Ich muß meine Prothese rausnehmen. Tja und da zu reden ist mega schwierig. Ich sage, sie müssen noch den Blutzucker messen, da ich das letzte mal um 19 Uhr gemessen habe.

Freitag: 31.05.2013

Im Op muß ich auf diesen Stuhl krabbeln. Ich werde verkabelt. Muß den Sauerstoff tief einatmen. Der Arzt sagt noch zu mir, gleich kommt ein Kribbeln in den Arm. So war es auch. Erst im rechten Arm, dann im linken und dann in den Beinen. Dann bin ich weg.

Als ich wach werde, bin ich nur am Husten. Ich bin oben auf meinem Zimmer und Ralf sitzt neben mir. Er fragt mich, wie es mir geht. Die Schwester gibt mir einen kleinen Schluck zu trinken und ich kann endlich meine Prothese wieder einsetzen und deutlicher reden. Husten muß ich immer noch. Als die Ärztin rein kommt, fragen wir sie, ob Junge oder Mädchen. Sie sagt, es sei ein Junge. Ob wir ihn auch sehen wollen. Ich sage, wie sieht er aus. Sie, er hat die Augen und den Mund offen. Mir schießen sofort wirre Bilder durch den Kopf. Will ich das sehen? Ich schaue Ralf an und sage, Du schaust zuerst. Die Ärztin kommt 10 Minuten später mit unserem Robin rein. Ich mußte schlucken. Ralf schaut ihn an und sagt, Du kannst ruhig schauen, so schlimm sieht er nicht aus. Ich blicke in den kleinen Korb und da liegt er. Ein kleiner perfekter Mensch. Er hat die Arme um sich geschlungen, als wenn er versuchte sich warm zu halten. Ich muß komischerweise nicht weinen. Wir betrachten unseren kleinen Sohn und müssen aber schlucken. Ich berühre ihn ganz leicht. Er fühlt sich schön an. Mir schießen Gedanken durch den Kopf, warum er von uns gegangen ist. Wir haben viele Bilder von unserem Robin gemacht. Ich liebe dieses kleine Wesen. Er wird immer in meinem Herzen bleiben. Wir haben uns ca. ne Stunde lang von Robin verabschiedet.

Eigentlich wollte ich bis zum morgen in der Klinik bleiben, aber als die Ärztin ihn abhole, da sagte ich, ne ich möchte nach Hause, ich würde das nicht verkraften, ich allein in der Klinik. Ich bin auf eigene Verantwortung gegangen. Ich hätte erst um halb fünf heim dürfen.

Es war und ist ein komisches Gefühl, daß Robin da nun in der Klinik ist und auf die Obduktion wartet. Ich bin gespannt, was rauskommt, warum er von uns gegangen ist.

Ich habe also mein Engel im 6. Monat gehen lassen müssen.

Ich muß sagen, es war ein großer Schock, daß unser Engel nicht mehr bei uns ist. Wir werden ihn sehr vermissen.

Es ist echt das schlimmste, was einer Mutter passieren kann.

Hier die Daten von unserem Sternenkind:

Robin Alexander
*+ 30. Mai 2013
23,5 cm
180 g

2

Ich umarme Dich
Mir fehlen die Worte #kerze

1

Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft für die nächsten Tage Wochen und Monate.

Ich hatte selbst eine stille Geburt und finde es schön das du schon jetzt so gut darüber sprechen kannst.

Lass einfach alles raus was du fühlst denn jede Träne und jedes gesprochene Wort wird helfen euer Erlebnis Stück für Stück zu verarbeiten.

Lg

3

Worte werden dir jetzt wohl nicht helfen können. Trotzdem möchte ich dir sagen, dass du eine wahnsinnig starke Frau sein musst #liebdrueck

Eine #kerze für euren kleinen Robin

4

Mir kommen selber die Tränen. #schmoll

Fühl dich ganz feste gedrückt. Mir fehlen die Worte... #kerze

5

Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du dich fühlen musst, denn mir sind schon vom Lesen die Tränen gelaufen.
Fühle dich unbekannterweise lieb gedrückt, ich schicke dir und deiner Familie unendlich viel Kraft für die nächste Zeit!

6

Liebe Angie,
das tut mir unendlich leid. Ich bin fassungslos und stehe ohne Worte da.

Ich wünsche Dir und Deinen Lieben viel Kraft für die kommende Zeit!

Fühl Dich umarmt!!!

7

das ist ja so schrecklich..

ich kann mir vorstellen was du jetzt durchmachst.. mir geht es ähnlich.. am freitag ist die beerdigung der zwillinge meiner schwägerin (sie sind lebend geboren in der 26.ssw, der eine hat nur einen tag überlebt und der andere hat 7 tage gekämpft)..

es ist echt so schlimm babys zu verlieren..

aber ich glaube wie in deinem fall ein kind tot gebären zu müssen ist noch viel schrecklicher..

diese welt ist echt so unfair..

ich wünsche euch viel kraft.

lg krümel

8

Ich denke an Dich.

Leider habe ich letztes Jahr selbst eine stille Geburt erlebt und weiß, wie groß der seelische Schmerz ist.

Ich wünsche Dir viel Kraft!

9

Es gibt keine Worte, die hierfür passend sind.

Trotzdem:

Alles Gute, viel Kraft und eine #kerze für Robin Alexander!