Ich mache mir Sorgen um meinen Neffen

Hallo zusammen,

ich bin die Lydia :-)

Ich habe selbst keine Kinder, aber einen Neffen von 3 Jahren. Er lebt bei der Mama (meine Pflegeschwester), zum leiblichen Vater besteht kein Kontakt (wollte das Kind nicht, die beiden waren nicht zusammen). Meine Schwester liebt das Kind sehr, auch wenn es nicht immer leicht war bzw. ist, da sie ihre ersten 11 Lebensjahre in nicht sehr tollen Familienverhältnissen verbracht hat und solche Dinge wie gemeinsam spielen, vorlesen etc. aus ihrer eigenen Kinderzeit nicht kannte. Sie fand in meinen Eltern liebevolle neue Eltern, aber der Spuk von damals hat sie nie ganz verlassen.

So kurz zu ihrer Vorgeschichte, um es vlt. besser verstehen zu können.

Wie gesagt, gab es schon manchmal Situationen, in denen sie überfordert war, aber nie hatte man das Gefühl, sie würde nicht an dem Kleinen hängen. Die beiden haben sich sehr lieb.

Seit etwa einem halben Jahr ist die Situation jedoch eine völlig andere. Meine Schwester hat über einen Web-Chat einen Partner kennengelernt, der nach 4 Wochen bei ihr eingezogen ist. Er ist sehr häufig genervt von dem Kleinen, wenn das Kind nur mal am Tisch singt, wird es angebrüllt (als Beispiel). Er sitzt den g Großteil des Tages vor dem PC, am Smartphoe oder schläft. Er selbst ist arbeitslos, meine Schwester geht arbeiten. Er gibt an, Depressionen zu haben, was ich ehrlich gesagt auch glaube. Trotzdem tut es mir in der Seele weh, wie ich sehe, dass er zum einen Krümel den ganzen Tag sich selbst überlässt, die Wohnung absolut verkommen lässt - er macht NICHTS im Haushalt und aber ausflippt, wenn Krümel mal Schokoladenpapier o. ä. liegen gelassen hat.

Jetzt durch Corona hat der KiGA zu - Krümel ist dementsprechend nicht ausgelastet - er beschäftigt sich nicht mit ihm, Krümel fordert Aufmerksamkeit und was folgt, ist die Aussage "Dass Krümel rotzfrech ist und durch Krümel seine Depressionen noch schlimmer werden".Zum Arzt geht er übrigens nicht mehr, weil er da so viel erzählen muss, was ihn belastet, da er so eine schwere Kindheit hatte, vergewaltigt wurde etc. etc. Hat er mir mal erzählt. Ich glaube ihm das, allerdings widerspricht er sich gerne mal - Mal war seine Kindheit toll, mal kann er sich angeblich an vieles nicht erinnern durch Traumata, mal war es erst seit seiner Jugend schlimm, mal erst seit der Scheidung der Eltern etc. etc. Er hat aber extremen Redebedarf, spricht auch nur mit mir darüber, nicht mit meiner Schwester, was ich problematisch finde. Er hängt auch trotz der schlimmen Zeit sehr an seinen Eltern, die beide schwerkrank sind (beide waren Alkoholiker, seine Mama ist ein kompletter Pflegefall samt Korsakow-Syndrom (falls das so heißt). Bei seinem Papa ist es nich ganz so schlimm, aber auch er ist auf Pflege angewiesen (leben beide gemeinsam in einer Pflegeeinrichtung).

Dazu kommt, dass meine Schwester sich verändert hat, selbst oft mit Krümel schimpft, sich wesentlich weniger mit ihm
beschäftigt . Die beiden Erwachsenen streiten sehr, sehr viel, Krümel bekommt alles mit. Wenn man sie darauf anspricht, behaupten sie, nie vor Krümel zu streiten.

Ich bin jedes Wochenende da und beschäftigte mich dann eigentlich den ganzen Tag mit Krümel, der dann völlig aufblüht. Meistens ist mein Freund auch dabei und auch der bestätigt es.

Familienhilfe hat meine Schwester kurz vor Corona erhalten, auf ihren eigenen Wunsch, da ich wirklich Tacheles mit ihr geredet habe. Jetzt soll das wohl wieder anlaufen. Es waren nur zwei Termine bisher, da war die Wohnung dann piko-bello und ihr Freund sehr angenehm.

Was ich noch vergessen habe - es gibt Momente, da ist ihr Freund völlig liebevoll mit dem Kind. Krümel kommt zwar zum Kuscheln eher zur Mama, aber manchmal auch zu ihm und wenn er dann "einen guten Moment" hat, nimmt er ihn auch in den Arm, letztens ist er mit ihm auf einem Bauernhof in der Nähe gewesen... Eine Stunde später ist er wieder mies gelaunt und NUR genervt vom Kind. Letztens, ich war zu Besuch, ohne meinen Freund, hat er nach einem Streit mit Krümel am Abend Rotz und Wasser geheult, ich habe ihn fast aus Reflex in den Arm genommen und er hat sich erst nach etwa einer Stunde beruhigt. Er hat mehrfach unter Tränen geschluchzt, wie sehr er den Kleinen liebhat, dass er für ihn wie ein Sohn ist, dass er meine Schwester so sehr liebt, mit ihr alt werden möchte. Ich habe ihn versucht zu trösten und ihm versucht klarzumachen, dass er sich helfen lassen muss. Er meinte dann "Ja", aber bisher macht er nichts. Er nimmt nur komische Tabletten, irgendwelche Antidepressiva, aber die haben extreme Nebenwirkungen (mal auf die Packung geguckt).
Durch das Weinen ist Krümel aufgewacht, meine Schwester, ihr Freund und Krümel haben sich in den Arm genommen, miteinander geredet, mehrfach Krümel erklärt, wie lieb sie ihn haben. Da hat Krümel dann angefangen, hemmungslos zu weinen. Haben ihn dann ins Bett gebracht, ich bin währenddessen ins Bad, weil ich einfach nur noch heulen musste - Das war so herzzereißend. Er hat zum ersten Mal seit langem richtige Aufmerksamkeit bekommen.

Geschlagen wird Krümel übrigens definitiv nicht, das noch zum Abschluss. Das weiß ich. Aber es wird sooo viel mit ihm herumgebrüllt, mir tut es weh. Ich habe es schon mehrfach angeboten, Krümel eine Zeitlang zu uns zu nehmen, damit die beiden mit sich ins Reine kommen ,aber das will meine Schwester nicht.

Ich überlege, doch das Jugendamt zu informieren. Das Problem ist, dass Krümel an der Mama total hängt, aber irgendwie auch am Freund. Sein Ein und Alles ist vor allem eben die Mama und sie macht sich auch große Gedanken - auch wenn sie nicht darüber redet, sie kann nicht über Gefühle und Ängste sprechen, was wahrscheinlich an ihrer Vergangenheit liegt. Ich merke es aber. Ich weiß aber, dass sie unseren Kontakt abbrechen würde, wenn sie erfährt, dass das Jugendamt von mir angesprochen wurde, und ich würde Krümel nicht mehr sehen - selbst wenn sich bzgl. Krümel nichts ändert. Dann hätten wir beide uns verloren und das für nichts.

Was ratet ihr mir? Ich hadere Tag für Tag mit mir. Meine Eltern können übrigens nicht helfen, da sie sehr weit entfernt wohnen. Sie wissen bisher von nichts, auch nicht vom Freund, da meine Mama gesundheitlich angeschlagen ist und ich sie nicht auch noch damit belasten möchte. Für sie wäre es ganz schlimm, zu wissen, wie sich ihre Pflegetochter, die für sie eine zweite Tochter ist, und ihr Ziehenkelkind entwickeln.

Ich danke für eure HIlfe. Wie gesagt, sehr wirr, aber ich habe einfach nach Gefühl geschrieben und es ist wirklich eine verzwickte Situation. Nach der Situation mit dem Tränenausbruch bin ich auch überzeugt, dass er grds. kein schlechter Mensch ist.

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Hallo Lydia,
Das klingt schon ziemlich schlimm und zerfahren. Da haben sich zwei Menschen getroffen, die zwar das beste fürs Kind wollen, es aber alleine nicht schaffen.
Ich würde ganz ehrlich mit deiner Schwester reden. Sag ihr deine Bedenken.
Kann er nicht woanders wohnen?
Kannst du unter der Woche den Kleinen mal nehmen?
Das ist wirklich kein Zustand für das arme Kind!
Hat sie keinen Anspruch auf Notbetreuung inzwischen (als Alleinerziehende)?
Sag ihr, sie muss eine Lösung finden, nur mit gutem Willen klappt das nicht!!!! Auch wenn sie sich lieb haben und es "herzzerreißend" ist. Dafür haben die Erwachsenen einfach selbst zu wenig Stabilität und Erfahrung wie man ein Kind auch bei Stress liebevoll behandelt. Das fällt ja selbst Müttern aus gutem Hause manchmal schwer. Das wird der neue Partner nicht hinbekommen und seine Probleme werden dann auch zu ihren.

Ich würde sie vor die Wahl stellen:
- Er zieht aus. Macht eine Therapie.
- Familienhelferin, die regelmäßig kommt
- Du oder die Notbetreuung betreut das Kind solange, bis sie von der Arbeit kommt.

Hilf ihr dabei, aber mach ihr klar, dass es so nicht weitergehen darf!!!

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Puh das ist wirklich schwer....aber der kleine ist 3, jetzt werden die Grundbausteine gelegt für sein ganzes Leben geprägt.

Der Seelische Schmerz und Psychoterror könnte ihm da sehr schaden und ich finde das doch sehr fragwürdig das ein 3 Jährigens Kind schon so sehr mit depressionen konfrontiert wird bzw werden muss.
Ich bin immer dafür offen mit Kindern zu sprechen, ihrem Stand und Alter entsprechend...aber ein 3 jähriges Kind sollte nicht SO mit rein gezogen werden.

Der Freund muss sich helfen und täte er es nicht wäre es bei mir vorbei, das Wohl des Kindes steht an erster Stelle.

Allerdings ist die beim Jugendamt ja quasi schon gemeldet wenn sie eine Familienhilfe hat/bekommt, vllt wartest du nochmal ab wenn diese jetzt wieder kommt ob sich was tut, wenn nicht...die Entscheidung musst du selbst treffen.
Rede vorher mit deiner Schwester nochmal darüber und darüber was es für Spuren beim kleinen hinterlassen wird, grade sie müsste es ja dann verstehen.


menschen die sich Dinge ausdenken verändern ihre Geschichte übrigens immer wieder....also für mich klingt der Freund nicht ehrlich

LG

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Danke für eure Tipps :-)

Am Wochenende wird ein Gespräch stattfinden, zunächst nur mit meiner Schwester. Wir haben die Tage bereits lange per Email geschrieben und so wie ich es rauslese und meine Schwester es schon lange andeutet, ist von ihrer Seite wohl nicht die große Liebe vorhanden. Meine Schwester darf keinen Führerschein machen, da sie eine Augenerkrankung hat und das Fahren zu gefährlich ist. Die Augenerkrankung schreitet nicht voran, wird aber so bleiben und man kann nichts machen (wollte schon klagen, wurde ihr aber abgeraten, da es nichts bringt). Er selbst hat Führerschein und Auto und sie ist auf ihn angewiesen. Von der Familienhilfe wurde damals so eine krude "Familie" als Hilfe angeboten, die den Krümel mal am Wochenende nehmen könnte. Da war er dann auch mal, es hat ihm auch gefallen, aber leider hatten die Leute verschwiegen, dass sie selbst Eheprobleme haben und auch Finanzprobleme. Sie haben sich getrennt und die Frau hat meiner Schwester angeboten, mit ihr und Krümel aufs Land zu ziehen - die beiden hatten sich sogar angefreundet. Dann war meine Schwester auf dem Land, alleine - die Frau hat einen Rückzieher gemacht und nun hockte sie in einem 1000-Seelen-Dorf ohne anständige öffentliche Verkehrsanbindung, die krude "Freundin" mit Auto weit weg, sie meldet sich auch nicht mehr.

Kurz darauf hat meine Schwester dann ihn kennengelernt. Sie hatte sich auch wirklich verliebt, aber irgendwann war es eben so, dass sie gemerkt hat, dass er außer dem "Chauffieren" nichts beiträgt. Den Sprit zahlt auch meistens meine Schwester. Er ist der Meinung, dass es ja reicht, wenn er sie rumkutschiert, das ist genug von seiner Seite.

Im nächsten Moment ist er wieder wahnsinig zärtlich mit ihr... Es ist wirklich, als wäre da ein Mensch mit zwei kompletten Charaktern.

Meine Schwester hat dann auch angedeutet, dass sie wohl noch in ihren "Ex" verliebt ist - also nicht der Vater von Krümel, sondern jemanden, mit dem sie zuvor einige Monate - nicht so ganz richtig - zusammen war. Ist halt ein komplett anderer Typ als ihr jetziger. Ich kenne ihn auch und er ist zuverlässig, hat einen Job, steht auf zwei Beinen, ist sympathisch - aber es war hauptsächlich ein Onlinekontakt, die beiden haben sich nur an zwei Tagen gesehen, er wohnt quasi auf der anderen Seite Deutschlands und möchte keine Fernbeziehung. Interesse hatte er an ihr und hat es wohl auch weiterhin, verstand sich auch auf Anhieb gut mit Krümel. Aber leider ist meine Schwester extrem unflexibel und für ihn ist ein Umzug beruflich nicht möglich - für meine Schwester ja.

Ich habe meiner Schwester klargemacht, dass eine Beziehung nur aufgrund "materieller Dinge" (in dem Fall die Mobillität) nicht funktionieren kann. Dummerweise haben die beiden ihr ganzes Geld in diese Wohnung gesteckt und ein Umzug in die Stadt - alleine mit Krümel - geht nicht.