Ich hätte gern mehr Sex

Ich liege gerade wach, da mein Kind mich wach gemacht hat und da dachte ich bitte jetzt endlich mal um Rat bei etwas, was mir schon lange auf der Seele brennt.

Mein Mann und ich sind nun seit sechs Jahren zusammen und alles läuft wunderbar. Wir haben vorletztes Jahr ein Haus gekauft, letztes Jahr ein Baby bekommen und erwarten nun bald schon das Geschwisterchen. Wir haben gemeinsame Interessen, aber unternehmen auch getrennt voneinander was, sodass jeder seinen Freiraum und auch mal Tage/Abende ohne Kind verbringen kann. Wir nehmen uns auch immer mal wieder Zeit für uns zwei und gehen zB etwas Essen oder ins Kino, während unser Kind in der Familie gut aufgehoben ist.
Ich kann also wirklich nicht meckern. Nur fehlt mir leider der Sex, denn den haben wir seit ca drei Jahren nur noch selten... rückblickend betrachtet nahm der ab, nachdem wir zusammengezogen sind. Die ersten 2 Jahre konnten wir kaum die Finger voneinander lassen, haben oft und abwechslungsreich miteinander geschlafen. Dann wurde es immer weniger, ohne dass es dafür einen Grund gab, denn wir haben weiterhin Spaß dran. Klar ist es normal, dass das mit der Zeit abnimmt, aber mir wird es definitiv zu wenig. Als wir uns entschieden haben, ein Kind zu bekommen, haben wir es ein paar Monate auf gut Glück versucht und einfach die Verhütung weggelassen. Aber bei 1-2x Sex im Monat hätte es da schon einen Glückstreffer gebraucht. Dann haben wir es in zwei Zyklen voll drauf angelegt und in der entscheidenden Zeit fast täglich miteinander geschlafen und siehe da ich wurde schwanger. Danach haben wir eine Sexpause von ca 3 Monaten eingelegt... dieser Sex auf Kommando war dann doch irgendwie blöd und wir brauchten davon wohl eine Pause. Dann wuchs der Babybauch und wir beschränkten uns auf Sex alle 1-2 Monate. Nach der Geburt ließen wir uns 8 Wochen Zeit bis zum „ersten Mal“, aber auch danach blieb es bei ca 1x in 2 Monaten. Dazu muss ich sagen, dass nicht unser Kind uns davon abhält, jedenfalls nicht direkt. Wir schlafen seit ein paar Monaten wieder durch und haben auch das Schlafzimmer wieder für uns. Irgendwie kommt es nur einfach nicht zum Sex.
Das zweite Kind ist ein Wunschkind (wir haben bewusst nicht verhütet), aber entstand tatsächlich durch Zufall, bei einem der an einer Hand abzählbaren Male seit der Geburt.
Mein Mann und ich haben schon oft darüber gesprochen und ich sage immer wieder, dass ich gern mehr Sex hätte. Ich finde ihn nach wie vor wahnsinnig attraktiv und mir fehlt die körperliche Nähe zu ihm. Ich befriedige mich in letzter Zeit auch immer öfter selbst, weil mir sonst einfach etwas fehlt. Aber das ist natürlich nicht das gleiche...
Mein Mann scheint mich zu verstehen und sagt immer „ja stimmt, wir sollten mehr Sex haben“ und das er das auch gerne möchte.
Wenn wir Sex haben, sagen wir hinterher immer, dass wir das jetzt wieder öfter machen sollten.
Ich habe meinen Mann natürlich auch gefragt, ob es an mir liegt oder ob er durch die Schwangerschaft, Geburt oder unser Kind gehemmt ist. Das bestreitet er und es ist ja auch so, dass wir schon vor der ersten Schwangerschaft sehr wenig Sex hatten. Ich selbst habe auch nicht zugenommen seit wir uns kennengelernt haben (außer in der Schwangerschaft natürlich, aber das war schnell wieder runter). Ich habe auch gefragt, ob er sich selbst unattraktiv findet und deshalb Hemmungen hat (denn er hat in den letzten 6 Jahren schon etwa 10kg zugenommen, was mich aber wirklich überhaupt nicht stört und was ich ihn auch wissen lasse). Aber das ist wohl auch nicht das Problem.

Als Freunde von meiner zweiten Schwangerschaft erfahren haben, haben sie meinem Mann anerkennend auf die Schulter geklopft und es kamen Sprüche wie „ihr habt wohl keine anderen hobbies ;-)“ Solche flachen Witze stören mich grundsätzlich nicht, aber leider ist da ja nix wahres dran und deshalb ärgern sie mich doch. Die Schwangerschaft war tatsächlich ein Glückstreffer.

Sorry, dass es so lang wurde, aber ich musste das alles mal runterschreiben.

Ich weiß nicht genau, was ich noch tun kann... denn wir können zwar darüber reden, aber am Ende passiert ja doch nichts. Und falls doch, dann wird der Sex immer von meiner Seite aus initiiert (und ich würde auch gern mal wieder geführt werden) und ist dann meist auch schnell vorbei, weil mein Mann nach so langen Pausen gar nicht so lange durchhalten kann ;-)

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Hallo,

den Text hätte ich schreiben können.

Leider kann ich dir nicht wirklich einen Rat geben, aber du bist definitiv nicht alleine.

Wenn ich im TV oder bei Freunden höre „Männer können und wollen immer“ könnte ich auch an die Decke gehen.

Ist bei meinem Mann definitiv nicht so 😩.

Nur im Urlaub klappt das alles problemlos. Dann ist er laut eigener Aussage entspannt, ausgeschlafen und hat halt Lust.

Mein Mann war sogar schon beim Arzt da es mich sehr belastet, leider nichts gefunden.

Dann meint mein Mann, man kann das Thema auch tot quatschen. Es gab ne Zeit da fing ich immer wieder mit dem Thema Sex an und es stimmt.. da schwindet die Lust auch dahin.

Alles Gute für euch!

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„Wenn ich im TV oder bei Freunden höre „Männer können und wollen immer“ könnte ich auch an die Decke gehen.“

Geht mir auch so!

Schön, dass ich nicht allein bin.

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Aus diesen Gründen haben wir uns Termine für Sex gesetzt. Das klingt total unromantisch oder so, ist aber für uns das beste. Sonst würden wir auch nie dazu kommen. Und da es uns sehr wichtig ist, ist das für uns die beste Lösung.

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Haben wir auch schon versucht, aber nie durchgezogen... Sex nach Termin hatten wir halt beim ersten Kinderwunsch und das war irgendwie blöd...

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Ich werde meiner Frau heute Abend direkt mal einen Termin eintragen.
Mal sehen, ob sie den Termin nutzt.

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Zunächst einmal solltest du die Rahmenbedingungen berücksichtigen: zwei Kinder (eins noch nicht geschlüpft), Hauskauf, Zusammenziehen... das ist ganz arg viel Progranm, was das Paarleben durcheinander bringen kann. Wenn ihr in der Zeit immer noch die Sexfrequenz von Frischverliebten gehabt hättet, hätte ich sehr den Hut vor euch gezogen.
Ich finde es halt normal, dass es in Beziehungen, gerade
mit Babys/Kleinkindern zu Flauten kommt, die auch mal länger dauern. Wenn man sich dessen bewusst ist, nimmt das ja schon mal viel Druck, finde ich, oder?
Bei uns war ich die, die lange keine Lust hatte, ich war vollkommen beschlagnahmt von der Mutterrolle und die Organisation des Alltags war nicht unbedingt libidofördernd. Mein Mann hat mir immer gesagt: Ist ne Phase, Hase, und hat keinen weiteren Druck aufgebaut.
Das hat mir sehr gut getan, weil er mir nie das Gefühl gegeben hat, nicht mehr zu genügen. Sex unter dem Motto “Wir müssen halt mal wieder“ ist mir bis heute ein Graus, selbst wenn der Appetit dann beim Essen oft kommt.
Was mir geholfen hat, ist die Beschäftigung mit dem Konzept “Slow Sex“ und auch mit Tantra. Mein Mann hat sich da auch voll drauf eingelassen und es gab einen riesigen Vorzeichenwechsel: Wir mussten nicht mal wieder, sondern wir haben angefangen, viel öfter einfach nur Zärtlichkeiten ausgetauscht. Ob Sex draus wurde, war völlig egal. Wichtig war nur, uns Gutes zu tun, dem anderen Liebe zu geben.
Ich glaube, dass Sex in bestimmten Lebensphasen, in der das Leben recht fremdbestimmt und durchgetaktet ist, schnell zu etwas wird, dass man auch noch erledigen muss, wo man ebenfalls eine gute Performance abgeben muss. Und vielleicht macht dein Mann da unbewusst dicht und kann und will das einfach nicht. Das würde mich gerade nach einer Zeit gezielten Herzelns nicht wundern.

Mein Rat also an dich: legt euch abends nackt ins Bett, ohne Ablenkung, massiert, streichelt, quatscht und schaut einfach mal, was passiert. Vielleicht döst ihr dabei ein, vielleicht schnurrt nur einer. Vielleicht habt ihr Sex.

Und sei bitte, bitte nicht beleidigt, wenn dein Mann mal nicht will. Da kommt man ganz schnell in einen Teufelskreis: Der Abgewiesene fühlt sich abgelehnt, unattraktiv, zieht sich zurück, macht immer seltener den Anfang, der Lustlose fühlt sich schlecht, dass er wieder Spielverderber ist, hat ein schlechtes Gewissen dem Partner gegenüber, fühlt sich sexuell ungenügend. Er fängt auch an, Situationen zu meiden, wo es zu Sex kommen könnte und so hat das Paar dann irgendwann gar keinen Sex mehr...

Bleib also offen und entspannt und im Gespräch mit deinem Mann. Das wird schon wieder.

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Danke für Deine ausführliche und hilfreiche Antwort. Der Satz „ist nur ne Phase“ ist bei uns auch schon oft gefallen. Aber diese Phase hält halt schon seit über drei Jahren an...
Im Moment stört es mich auch nicht mehr so, weil ich ja hochschwanger bin...
ich werde es mit Deinen Tipps dann entspannt versuchen, wenn ich nach der Geburt wieder soweit bin.
Nochmals danke!

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Ich bin ja grundsätzlich auch der Meinung, dass es in vielen Lebenslagen hilft, erst einmal den Ball flach zu halten, weil sich Vieles ja auch wieder von selbst einrenkt.

Jedoch ist damit auch immer das Risiko verbunden, dass Dinge eben nicht von allein besser werden, weil sie sich verhärten und nur irgendwann nur durch einen äußeren Impuls wieder aufgebrochen werden können.

Insofern sollte man es zunächst einmal locker angehen lassen, aber vielleicht mit einem Zeitlimit, an dem man sich wieder zusammensetzt und gemeinsam überlegt, was man ändern könnte.

Gerade die wiederholte Abweisung führt ja leicht zu dem von Dir beschriebenen Teufelskreis.

Problematisch ist es insbesondere, wenn der unlustigere Partner wie in diesem Fall gar nicht in der Lage, mögliche Hemmnisse zu artikulieren. Kleine Kinder, aber auch Schwangerschaft und Geburt sind m.E. schon sehr probate Verhütungsmittel, weil mann dabei zwar ganz, ganz viel mit der Frau zusammen ist, aber leider in Kontexten, die nicht sehr erotisch sind. Oder genauer: In Kontexten, die sehr leicht zu Hemmungen führen können. Sex kann zwar zu Kindern führen, aber an sich gibt es aus guten Gründen ein sehr starkes Tabu für die Kombination Sex und Kind. Diese Kombination ist zumindest für mich unerotisch, nicht die Frage, ob jemand schwanger- oder co-schwangerschaftsbedingt ein paar Kilos mehr oder weniger hat.

Es ist natürlich ein schmaler Grat dazwischen, ein Problem nicht zu sehr in den Vordergrund zu rücken oder es durch Ignorieren immer größer werden zu lassen.

Hinzu kommt ja auch, dass die TE bereits früher nicht soviel Sex mit ihrem Partner hatte, wie sie gerne wollte. Insofern kommen die von Dir beschriebenen Kontextfaktoren Kinder, Zusammenziehen, Hauskauf etc. zwar on top, aber erschweren möglicherweise nur ein Problem, dass aber wohl schon vorher da war. Insofern bin ich mir nicht sicher, dass man da mit Abwarten und Tee trinken weiter kommt. Gründe, keinen Sex zu haben, kommen irgendwann von allein immer mehr dazu.

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