Wie seht ihr den Abbruch heute

Hallo,
Ich bin neu hier angemeldet, da ich durch Internet Recherche auf das ungeplant schwanger Forum gestoßen bin.
Ich bin 42 und habe drei Kinder, hatte aber auch zwei Abbrüche und zwei Fehlgeburten.
Der erste Abbruch war mit 23.
Ich war Studentin und hatte alles andere im Kopf, aber sicher kein Kind.
Die Entscheidung stand sofort fest und es gsb auch nie Reue oder Bedauern.
Der zweite Abbruch ist erst 5 Jahre her, damit komme ich etwas weniger gut zurecht.
Klar war mir, dass ich ein weiteres Kind nicht packe, mein Mann war gerade mit einer schlimmen Diagnose konfrontiert worden und das Leben mit drei Kindern war einfach so anstrengend und ich am Ende durch meinen Job, Familie und kranken Mann.
Ich weiß dass es richtig war und mit einem weiteren Kind unglücklich gewesen wäre.
Es ist trotzdem ein " Fleck" in meiner Vergangenheit, eine Wunde, die vernarbt ist.
Wie habt ihr das verarbeitet?

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Unerwartet gut. Der Abbruch ist jetzt drei Jahre her und ich bereue ihn nicht. Ich weiß, dass es für uns und das Kind die beste Entscheidung war.

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Hallo

ich bin quasi beim letzten Sex mit meinem (Ex)Mann schwanger geworden. Der war kurz bevor ich herausfand, dass er ein Verhältnis mit einer 15jährigen hatte, die er ein paar Jahre später auch geheiratet hat.
Wir hatten 3 gemeinsame kleine Kinder (damals 5, 2 und 1), ich hab ihn aus der gemeinsamen Wohnung geschmissen und sofort die Scheidung eingereicht, die als Härtefallscheidung fünf Monate später ausgesprochen wurde.
Drei Wochen nach dem Rauswurf habe ich gemerkt, dass ich schwanger bin. Für mich stand sofort fest, dass ich dieses Kind nicht bekommen werde und die Abtreibung war in der 9. Woche.

Das ganze ist nun schon 25 Jahre her und ich habe die Entscheidung nie bereut.

LG
dunkelgrau

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Ich musste nichts groß verarbeiten. Es war damals die einzig richtige Entscheidung, alles andere hätte zum Familienzusammenbruch geführt..
Vielleicht ein leises Bedauern, dass es passiert ist, aber ich habe mir nie Vorwürfe gemacht.

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Ich habe ebenfalls mehr als einen Abbruch hinter mir. Der erste war vor nun fast 20 Jahren. Ich war knapp 16, von meinem damaligen Freund schwanger und wurde von meiner Mutter und meinem Stiefvater mehr oder weniger zum Abbruch gezwungen. Ja, ich habe freiwillig mitgemacht. Niemand musste mich schreiend und tretend in die Praxis zerren. Aber ich hatte keine Wahl. Mir wurden die schlimmsten Vorwürfe gemacht, meine Mutter war hysterisch und versagte mir jede Hilfe. Und ich war nicht stark genug, dem zu wiederstehen. Mein Freund war nicht greifbar, ich hatte niemanden.

Tragisch waren vor allem die Umstände. Ich war bereits in der 19. Woche, und musste das Kind (ein Mädchen) normal entbinden. In einer Privatpraxis in Ffm, der Arzt machte das dort gegen ein entsprechendes Honorar illegal. Ich wusste gar nicht, das sowas in D geht. Tja, geht alles. Wenn man dafür zahlt. Im Moment der Geburt war ich alleine, auf der Toilette. Der Arzt sagte später er habe in 20 Jahren so etwas nicht erlebt.

Danach durfte ich nicht trauern. Mir wurde gesagt, ich habe froh zu sein das man mir das ermöglicht hat. Ich hätte mein Leben versaut, sei selbst schuld, usw. Ich habe erst viele Jahre später, in einer Psychotherapie, gesagt bekommen das ich keine Schuld habe und man mir sehr wohl das Recht hätte geben müssen selbst zu entscheiden. Von der Trauer hinterher ganz zu schweigen. Meine Tochter wäre heute 19 Jahre alt. Ich wäre vielleicht nicht da wo ich jetzt bin- abgeschlossenes Studium etc. aber ich wäre auch irgendwo, und ich kann mir nicht vorstellen das mein Leben versaut gewesen wäre. Meine Mutter hat sich, nachdem ich massiv das Gespräch gesucht habe und sie zunächst immer abgeblockt hat, bei mir entschuldigt. Ehrlich entschuldigt. Sie lebt nicht mehr, und hätte zumindest dieses erste Enkelkind kennen lernen können wenn sie anders reagiert hätte. Das hat sie am Ende ihres Lebens sehr, sehr bereut. Man weiss eben nie welche Wendungen sich noch ergeben.

Den zweiten Abbruch, vor 4 Jahren, habe ich so lange bereut bis unser Sohn zur Welt kam.

Ich hatte damals noch kein Kind, war knapp über 30 und habe mich mehr oder weniger von meiner damaligen Affäre (heute Mann und Vater meines Sohnes) überzeugen lassen. Ja, wir kannten uns erst kurz und führten keine Beziehung. Er studierte noch neben dem Beruf, war arbeitslos geworden (aber nur 1 Monat bis zum nächsten, sehr lukrativen Job) und wollte partout nicht. Ich wiederum wollte ihm kein Kind aufdrängen, und stand ganz alleine da- keine Familie hier, wenige Freunde die helfen konnten. Es war ne reine Kopfentscheidung. Und ich habe lange dran geknabbert, vor allem als die nächste (geplante) SS in einer frühen Fehlgeburt endete. Ich dachte, was ist wenn ich nie Kinder haben werde? Wenn das damals meine letzte chance war? Nun ist unser Sohn da, und ich denke nicht mehr daran.

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Hallo,
ich möchte Dir mein tiefes Mitgefühl aussprechen. Es ist wirklich entsetzlich, was Dir damals angetan wurde.....unvorstellbar, was manche Ärzte in der Lage sind zu tun :-(.
Hast Du jemals daran gedacht, den betreffenden Arzt anzuzeigen? Ich meine, Du warst damals minderjährig und was er getan hat, ist sicher ein Straftatbestand. Zumindest die Ärztekammer sollte das wissen, Du warst sicher nicht die einzige Betroffene.
Ich kann aber auch gut verstehen, wenn Du Dich einem solchen Schritt nicht gewachsen fühlst (bzw. gefühlt hast).
Alles Liebe, tatzel #blume

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Danke dir.

Ja, es war furchtbar. Alles daran. Der Abbruch, die Tatsache das ich danach nicht mehr drüber reden konnte/ durfte (ich hatte sogar Milcheinschuss, es war echt eine dunkle Zeit), das ich mein Kind nicht sehen durfte und es wahrscheinlich wie Müll entsorgt wurde- und das sich meine Mama (zu der ich eigentlich eine sehr gute und enge Beziehung hatte) als Opfer und Hauptleidtragende gefühlt hat. Hätte ich eine Tochter, ich würde zuerst fragen was SIE denn will.

Ich habe Jahre gebraucht um von der Vorstellung weg zu kommen das ich schuld bin, und deshalb kein Recht auf Trauer und Vorwürfe habe. Schließlich wollte meine Familie eh nicht das ich mit diesem Mann (damals 25, und amerikanischer Soldat) zusammen bin, und dann auch noch schwanger werden! Sowas blödes gehört doch bestraft. Das war mein Gefühl.

Der Arzt ist bald danach in Rente gegangen. Wahrscheinlich lebt er heute gar nicht mehr. Und ich weiss noch nichtmal mehr seinen Namen oder wo sich die Praxis befunden hat. Es war eine sehr schöne, exklusive Privatpraxis. Und er machte das regelmäßig. Ich bin sicher das es heute noch genug Praxen in D gibt die ähnliches anbieten. Wir kamen damals durch den Tip eines Freundes zu ihm- dessen Partnerin hatte dort auch einen Spätabbruch. Unfassbar, eigentlich.

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Ich habe es bis heute absolut nicht verarbeitet. Es ist zwar erst wenige Monate her, aber es ist der größte Fehler meines Lebens gewesen und ich würde alles tun, um es rückgängig machen zu können. Leider geht das nicht...

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Ich hatte vor vier Monaten einen Abbruch und bereue es nach wie vor nicht. Ich habe mich aus freien Stücken und guten Gründen dafür entschieden und bin froh kein Kind mehr bekommen zu müssen.

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Hallo liebe julianche,

ich habe dieses Jahr im Februar mein Baby abgetrieben, in der 13. SSW... :-( es war mehr auf drängen meines Mannes hin, denn er wollte partu kein Kind mehr... ich muss dazu sagen jeder von uns hat 2 Kinder von unterschiedlichen Partnern, kein gemeinsames... Mein 2. Kind wurde mir auf ganz entsetzliche dreckige Masche von meinem Ex entzogen und ich habe schon seit 4 Jahren überhaut nichts mehr gesehen und gehört.. das schmerzt sehr. umso schwerer war die Entscheidung, das gemeinsame Kind abzutreiben - aber ich wollte eben meinen Mann auch nicht verlieren #zitter

Im Nachhinein würde ich es nie wieder machen - ich wünsche mir nach wie vor ein Kind mit ihm, obwohl es jetzt wahrscheinlich für mich(39) eh schon zu spät dafür ist... er lehnt ab... es schmerzt sehr, daran zu denken, das dieses Baby - unser Baby - jetzt schon unser Leben hätte bereichern können.

ich würde jedem von abraten, obwohl ich natürlich auch verstehen kann wenn es jemand macht. Jede Frau sollte das für sich persönlich entscheiden - bitte NIEMALS von irgendwen dazu zwingen lassen...

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Hallo zusammen,

für einen TV-Beitrag zum Thema Schwangerschaftsabbruch für das junge Format PULS (Bayerischer Rundfunk) bin ich auf der Suche nach Menschen, die bereit sind, ihre Geschichte zu erzählen, gern natürlich auch anonymisiert.

In den Gesprächen soll es vor allem darum gehen, wie es euch in der Zeit der Entscheidungsfindung ergangen ist und wie ihr die Zeit nach dem Abbruch erlebt haben. Wer hat euch in der Zeit unterstützt? Konntet ihr mit Freunden und der Familie über eure Gedanken und Gefühle reden – oder war das schwierig? Habt ihr den Eindruck, dass das Thema in unserer heutigen Zeit immer noch ein Tabu-Thema ist?

Die Beiträge sollen nicht moralisieren, sondern ich möchte einfach Menschen den Raum geben, ihre Geschichte zu erzählen.

Um einen Eindruck von unserer Reporterin Ariane Alter und der Art, wie wir Themen behandeln, zu bekommen, hier ein PULS Beispiel zum Thema Body Positivity: https://www.youtube.com/watch?v=9acfHUUE6U0&list=PLBKJiSqm23i1yDh5Wd3P1z_F0BA6VM4Xj&index=40

Bei Interesse oder wenn ihr jemanden kennt, auf den die Beschreibung zutrifft, meldet euch bitte bei mir: Marie.Ahlers@br.de
Gerne beantworte ich euch auch alle offenen Fragen.

Lieben Dank im Voraus,

eure Marie