Sehr lebhafter 4 Jähriger. Vorboten von ADHS?

Hallo,
ich war schon ewig nicht mehr aktiv. Nun beschäftigen mich meine Gedanken aber seit einiger Zeit so sehr das ich mir gerne Meinungen und Anregungen anhören würde.
Zuerst kurz zu unserer Vorgeschichte. Mein Sohn wird nächsten Monat 4 Jahre alt und war schon immer sehr lebendig. Die Babyzeit bestand eigentlich nur aus Schlafen oder Schreien. Er war auch schon damals immer in Bewegung. Heute ist er ein sehr sehr aufgewecktes Kind. Er brauch immer Aktion und Bewegung (die er auch bekommt). Der Kindergarten sprach mich nun auch bei einem Elterngespräch an. Sie sagten sie hätten das Gefühl er wäre immer auf der Flucht und hätte für nichts Ruhe und Zeit. Keiner der Erzieher nahm das Wort ADHS konkret in den Mund aber daraufhin wollten Sie mich aufmerksam machen. Zu Hause fängt es schon morgens an. Er macht die Augen auf und gibt 200 % ( da gibt es kein nochmal kuscheln oder ähnliches). Mittags wenn ich Ihn um halb 1 aus der Kita hole schläft er 2 Stunden (Schlafen ist hier übrigens gar kein Problem und das war es auch noch nie). Am Nachmittag dann wieder Vollgas. Er ist sehr laut, redet sehr sehr sehr viel und hat einen starken Kopf. Soll heißen: Dinge die nicht so laufen wie er möchte werden mit viel weinen, schreien und bocken quitiert. Seine Toleranzschwelle ist sehr gering genau wie seine Geduld. Er muss immer im Mittelpunkt stehen. Gespräche zwischen mir und meinem Mann sind in seiner Gegenwart echt eine Herausforderung. Es fällt extrem im Spiel mit gleichaltrigen auf. Mein Sohn möchte immer in Bewegung sein. Mit einem Freund im sitzen etwas länger als 10 Minuten zu spielen ist völlig unmöglich. Trotzdem ist er sehr beliebt bei anderen Kindern. Er ist einfühlsam und kümmert sich rührend um kleinere. Auch nach einer Auseinandersetzung mit uns Eltern ist er hinterher sehr anhänglich und gelobt dies oder das nicht mehr zu sagen oder zu tun doch es gelingt ihm nicht. Oft werden Dinge einfach in die Ecke geworfen aus Frust und dann habe ich zum Teil selbst das Gefühl er erschrickt sich darüber weil er vorher nicht nachdenkt und es erst begreift wenn es schon passiert ist.
Ist er erstmal völlig "drüber" so nennen ich und mein Mann es, ist es sehr schwer an ihn ranzukommen. Er versteht nicht wann Schluss ist. Er lacht dann und macht einfach weiter. Nicht weil er es provozieren will, vielmehr habe ich das Gefühl er kommt dann aus dem Strudel nicht raus und versteht den Ernst nicht.
Ich hatte all dies schonmal beim Kinderarzt angesprochen. Dieser sagte ich solle es noch ein bisschen beobachten und wir sprechen nochmal bei der nächsten U. Nun habe ich aber das Gefühl das es immer ausgeprägter wird und erneut einen Termin in 2 Wochen vereinbart.
Ich weiß nicht wie oft ich am Tag sage "sei bitte nicht so laut", "bitte mach nicht so doll" usw. Aber ich hab das Gefühl er kann einfach nicht anders.
Ich würde ihm gerne seine Rast und Ruhelosigkeit nehmen. Ich bin zur Zeit sehr verunsichert und lese viel über Hyperaktivität und ADHS. Viele Viele Punkte die dort genannt werden treffen tatsächlich auf meinen Sohn zu und das beunruhigt mich. Aber möchte ihm auch einfach keinen Stempel aufdrücken.
Habt ihr ähnliche Erfahrungen und was macht ihr? Denkt ihr auch in die Richtung ADHS? Wie kann ich ihn begleiten und welches sind die nächsten und sinnvollen Schritte? Ich habe so viele Fragen. Eigentlich würde ich mich einfach über Erfahrungen und Meinungen freuen da ich niemandem im Umfeld habe dem es ähnlich geht. Hier gibt es gefühlt nur "Musterkinder".

Danke schon einmal im vorraus.

1

ICH persönlich bin der Meinung, das manche Kinder einfach so sind. Ich kenne auch jemanden der als Kind so unglaublich anstrengend, wild, laut und zappelig war. ABER dieser Junge ist mittlerweile ein Mann, studiert, guter Job und geregeltes Leben - er hat nie Tabletten bekommen, aber er brauchte 2 Stunden Kraftsport am Tag und das heute noch. Ansonsten hat er einfach zu viel Energie, aber als ich deinen Text gelesen habe, habe ich sofort an diesen Jungen gedacht. Er durfte einmal am Tag 30 Minuten seine Lieblingssendung schauen und was machte er in der Werbepause, flitzte raus und sprang Trampolin, damit er die nächsten 10 Minuten ruhig sitzen konnte.
In unserer heutigen Gesellschaft ist kein Platz für solche Kinder - sie müssen ruhig und fügsam sein, still sitzen können und konzentriert zuhören.
Schwachsinn!!!! Es sind Kinder!
Ich habe zwei Jungs, die noch vor dem Frühstück draußen bei den Pferden helfen, danach sind sich bereit ruhig am Tisch zu sitzen. Nach der Schule sind sie draußen, laufen, rennen, reiten, Stallarbeit, Tier versorgen .... die fallen Abends todmüde ins Bett.
Ich würde mich nicht in eine Ecke drängen lassen - was übrigens auch immer ganz viel bei unruhigen nervösen Kindern hilft, ist reiten. Das Pferd toleriert keine Anspannung, und die Kinder werden nach einiger Zeit ruhiger, es ist wirklich eine tolle positive Veränderung.

LG

3

Super Antwort. Und reiten/voltigieren etc geben den Kindern wirklich unglaublich viel.
Generell kann der Umgang mit Tieren einem Kind sehr viel geben.
Die (sehr) aktive Tochter einer Freundin geht seitdem sie Vier ist zum Volti. Sie ist jetzt 11 und beim Volti hoch konzentriert und gelassen.

2

Vorab: ich kenne mich mit ADHS nicht aus. Wenn er es wirklich hat, ist Hilfe natürlich angebracht. Wenn du starke Zweifel hast, Sprech noch mal mit dem Kinderarzt...

ABER:
Du beschreibst da quasi meinem Bruder als Kind. Damals gab es auch stimmen die meinten er wäre hyperaktiv etc. In der Schule kam er "normal " durch, aber er war immer mehr als aktiv, immer auf Achse.
Und heute (Anfang 30) ist er ein richtig ruhiger, relaxter Typ.

Ich kenne viele solcher Beispiele im Bekanntenkreis.

Wie gesagt, ich bin kein Experte.
Aber manche Kinder sind aktiver als andere und bestimmt nicht einfach. Wieder andere Kinder sind schüchterner als andere, etc. Jeder ist anders.


Vielleicht hilft es, die Erwartungshaltung etwas runter zu schrauben. Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber du klingst ein bisschen so, als ob du immer damit rechnest, dass er anders, oder extremer reagiert. Kinder haben feine Antennen und es kann sein, dass du durch deine Zurechtweisungen und deiner unbewussten Erwartungshaltung zusätzlichen Druck auf ihn ausübst.
Vielleicht hilft es, sich in einem gewissen Rahmen, oder in bestimmten Situationen auf seine Art einzulassen und ihn nicht verbiegen zu wollen. Das kann ihm ein Stück weit innere Ruhe zurückbringen.....
Nur so als Gedanken-Anstoß. Ich habe da mal einen mega interessanten Artikel gelesen, aber leider fällt mir der Titel mir nicht mehr ein.


Aber das sind nur meine Ideen. Ich bin voll dafür bei Zweifel den Kinderarzt anzusprechen. Jedoch glaube ich, dass nicht hinter allen Verhaltensweise eine "Erkrankung " steckt. Manche Kinder sind auch einfach so "schwieriger" oder "anders" und da gilt es, einen individuellen Zugang zu ihnen zu finden, und sie in ihrem Charakter zu stärken, ihnen den Weg zu weisen und dabei das Gefühl zu geben, dass sie ok sind so wie sie sind. Natürlich alles mit gewissen Grenzen.

Alles Gute für euch!

6

Hallo frica,

du hast definitiv Recht. Meine Erwartungshaltung ist mit Sicherheit auch ein großes Problem an dem ich wirklich schon mit Hochdruck arbeite. Wenn man ein so lebendiges Kind hat, welches immer und überall aus der Haut und der Norm fallen kann geht man schon mit einer gewissen Grundanspannung in den Tag. Ich versuche selbst sehr gelassen zu bleiben und ihn nicht noch unnötig unter Druck zu setzen. Oft gelingt mir das auch super, aber es gibt halt auch andere Tage.

4

HI,

erst mal: ich habe NULL Ahnung von ADHS.

Aber deine Beschreibung passt eins zu der Tochter meiner besten Freundin. Mit einem kleinen unterschied: Ihre Erzieher aus dem KiGa haben zu meiner Freundin gesagt, dass die Kleine ADHS hat. Sie waren dann beim KiA, sogar bei mehreren um verschiedene Meinungen einzuholen. Meine Freundin war ehe schon besorgt, weil sie oft mit so viel Energie überfordert war. Alle Ärtze haben sich immer schwammig ausgedrückt und gesagt, die Maus ist noch zu jung um sie mit einem Etikett zu versehen.

Was meine Freundin dann gemacht hat: Einfach diese Energie umgelenkt. Sie sind zu allen möglichen Kursen gegangen. Erst mal zu Sportkursen um sie körperlich auszulasten, dann auch mal zum Malen&Basteln damit sie lernt, sich länger zu konzentrieren. Das fiel ihr natürlich sehr schwer, wurde aber nach und nach besser.

Leicht war es nie. Wir haben viel darüber gesprochen. Wie anstrengend das ist, Job, Haushalt, Zeit für die Eltern, Zeit für die ganzen Kurse,... Sie war oft fix und fertig.

Heute geht die Maus in die 1.Klasse.
Sie ist immer noch quirlig und "lebendig". Aber nicht mehr so, dass es als anstrengend empfunden wird.

Meine Freundin meint jetzt im Nachhinein, dass es zwar unheimlich anstrengend war, sich aber gelohnt hat. Ihre Tochter kann ihre Energie "umlenken" - und zwar ins Körperliche. Sie ist sehr sportlich. Macht Karate und spielt Fußball. Gleich zwei Hobbys in dem Alter unter ein Hut zu bringen, jetzt neben der Schule ist nicht ohne. Malen&basteln ist doch nichts für sie. Sie will auf einmal ein Instrument spielen. Sie sind dabei zu entscheiden welches und ob das dann doch nicht zu viel wird. Aber sie will es. mal sehen wie's kommt...

Von ADHS war schon lange keine Rede mehr.

Nur so als Anregung. Vielleicht ist dein Sohn eben so, dass er mehr Beschäftigung braucht?

5

Hallo!

Auch ich habe keine Ahnung von ADHS. Aber ich habe in letzter Zeit öfter mal gelesen, dass es diese "Krankheit" gar nicht gibt. Manche Kinder sind einfach so.
Egal, ob es das nun gibt oder nicht, wichtig ist, dass Dein Sohn etwas findet, an dem er seine Energie auslassen kann. Da hast Du ja schon sehr gute Tipps bekommen. Denn Du wirst ihm die Rast- und Ruhelosigkeit nicht nehmen können, Du kannst ihm nur helfen, damit umzugehen, sich auszupowern und zu spüren!
Dann ist es noch wichtig, was Du tun kannst und da fiel mir eins ein:
Wenn Du zu ihm sagst: sei nicht so laut, sei nicht so wild, dann weiß Dein Sohn immer noch nicht, was er machen soll, denn die Energie ist doch da und er braucht Hilfe im Umlenken. Ein paar Ideen: Ich mag nicht, wenn Du hier so laut bist, bitte geh doch in dein Zimmer/in den Garten/in den Keller, da kannst Du richtig laut sein! Ich möchte nicht, dass Du im Wohnzimmer tobst, aber Du darfst das gerne im Garten/auf dem Spielplatz machen - wollen wir rausgehen?
Bei meiner Tochter funktioniert das inzwischen richtig gut.
Ich wünsche Euch alles Gute!
Leni

7

Hallo leninutella,

ich biete ihm die Möglichkeit sich auszupowern. Nur leider ist das in gewissen Situationen nicht möglich (z.B. beim Einkaufen, Essen gehen etc.).Einmal die Woche geht er zum Sport und einmal zum Fußball. Ansonsten sind wir wirklich, wirklich viel draußen im Garten und auf Spielplätzen oder bei Freunden zum spielen. Trotz allem ist er nicht kaputt zu bekommen. Selbst wenn er gerade vom Sport kommt, wir dann auf dem Rückweg noch auf dem Spielplatz halt machen und er danach noch im Garten ist, hat er immer noch Energie für 3. Er kommt selbst schlecht zu Ruhe. Wenn wir ins Bett gehen denke ich immer der ist noch so Fit der schläft noch nicht aber sobald er liegt sind die Augen schon zu. Von allein würde er sich aber niemals eine Pause gönnen. Er würde immer weiter "unterwegs" sein bis er umfällt ;)

11

Mir kommt es auch nicht so vor als hätte er ADHS. Viele Kinder haben diese unglaubliche Energie, aber können nirgendwo hin damit, bei all den Situationen wo erwartet wird dass Kinder still und ruhig sein sollen.

Wie verhält er sich denn wenn ihr Essen geht, was macht er konkret?
Zappelt er dann rum und redet laut etc.?
Ich denke mal das ist dir dann unangenehm? Wenn er aber mit solchen Situationen nicht gut zurecht kommt (aus deiner Sicht), dann würde ich diese Situationen vermeiden. Dann geht ihr eben nicht essen. Was nützt es essen zu gehen wenn du die ganze Zeit denkst und sagst “Sei bitte ruhig“, das stresst euch doch beide total und bringt überhaupt nichts.

weitere Kommentare laden
8

Mein Sohn ist erst 1 1/2 Jahre alt und ich habe keine Ahnung, wie sich das entwickeln wird. Aber er ist auch so lebhaft und kann nicht still sitzen und ist nur in Bewegung, den ganzen Tag. Und ich bin ehrlich, es wäre wahnsinnig anstrengend, wenn wir nicht den riesigen Garten hätten, mit Spielplatz und Bäumen und großer Scheune zum erkunden. Man kriegt die Krise, wenn man mit ihm Zeit drin verbringen muss...
Bei uns hat gut geholfen, mit ihm von Anfang an Bücher anzuschauen, am liebsten Wimmelbücher. Da saß er immer auf dem schoß und konnte immer was entdecken, was sein unruhiges Gemüt befriedigt hat. Und die Momente kann man bei ihm nutzen. Immer gleiches Ritual. Einer von uns setzt sich auf den Boden an die Heizung, Kind parkt rückwärts ein und dann kann er sich für sehr wenige Minuten 5 Bücher anschauen. Bevor es wieder weiter geht. Das sind unsere 3 Minuten zum durchatmen.
Und was bei ihm unheimlich hilft, wenn er so aufreht und "drüber" ist, einmal kurz schimpfen und dann ganz leise werden. Ganz ruhig mit ihm reden. Schon noch sehr deutlich machen, was man von ihm will und das sehr konsequent einfordern, aber selbst dabei ruhig werden. Ist manchmal schwierig, weil man einfach explodieren möchte, aber dann wird es nur noch schlimmer und alle sind genervt. Also nur ein kurzer Knall und dann Ruhe.
Wie wohnt ihr? Wohnung? Garten? Ländlich in der Stadt?

9

Wir wohnen in einem Haus mit relativ großem Garten den wir ähnlich wie ihr voll und ganz nutzen. Konsequent bin ich würde ich behaupten nur bringt "Strenge und Ärger" in akuten Situationen nichts. Ich handhabe es zu Zeit so das ich ihn entweder zu mir nehme wenn er es möchte und warte bis er sich beruhigt um dann mit ihm zu sprechen oder aber er muss für einige Minuten in sein Zimmer wenn er gar nichts zulässt. Da beruhigt er sich sehr, sehr schnell und kommt dann von allein wieder und ist vor allem wieder etwas runter gefahren.

10

Das spricht eigentlich gegen ADHS, dass er von allein runter fährt. Ich habe einige ADHS Kinder kennengelernt und davon konnte sich keins von allein beruhigen.
Ich meine mit Konsequenz auch nicht unbedingt Strenge, sondern einfach dabei zu bleiben, was man gerade gesagt hat und ihn daran zu hindern, dass er was anderes macht. Das kann auch mal festhalten sein oder es kann auch humorvoll "umgelenkt" werden. Schwierig zu beschreiben.
Wenn er zum Beispiel wieder anfängt so irre laut zu sein, dann erst einmal schimpfen und dann immer wieder mit dem Finger auf den Mund und pscht sagen, das findet er irre lustig und es dauert eine Weile bis er nicht mehr ansetzt laut zu sein, aber am Ende ist er eben leise. In der Art und Weise hat es auch beim großen meines Mannes funktioniert, aber bei "Erfolgserlebnissen" bei anderen Kindern bin ich immer etwas vorsichtig. Denn die habe ich nicht permanent um mich und dann reagieren die auch immer noch mal anders.