Hallo in die Runde,
ich habe eine Frage an Lehrkräfte. Ich selbst arbeite in Berlin an einer Privatschule, einer Fachschule für Sozialpädagogik, mir hilft aber jede Antwort. An dieser Stelle schon mal ein Danke!
Folgendes Problem haben ja sicher alle Lehrkräfte, nicht nur die an unserer Schule: Ich habe 30 Tage Urlaubsanspruch, es sind im Jahr aber ca. 60 Tage Ferien. Also bleiben 30 Tage, die unterrichtsfrei sind. Die letzte Woche der Sommerferien haben wir Anwesenheitspflicht für die Vorbereitung des kommenden Schuljahres. Bleiben also 25 Tage, die ich bezahlt werde, aber nicht vor einer Klasse stehen kann. Und hier beginnt mein Problem...
Die Schulleitung sagt, ich muss diese Tage "herausarbeiten". Ich habe einen 100%-Vertrag, in Berlin wären das an unserer Schulform 26 UE/Woche. Dazu bin ich Bereichsleiterin unserer Fachschule (zu unserer Schule gehören außerdem eine Berufsfachschule für Sozialassistenz und eine Berufsfachschule für Altenpflege), das ist auch ein Arbeitsaufwand. Dazu habe ich die Leitung zweier Klassen. Hinzu kommt die Begleitung von Facharbeiten und die Koordination der Praxisphasen, ich führe also Infoveranstaltungen für die Anleiter*innen durch, checke die Praktikumsverträge etc.. Mit all diesen weiteren Tätigkeiten und meinem Lehrdeputat (25-26 UE, je nach Woche) hatte ich einen Workload von 60 Stunden pro Woche. Als ich das ansprach, wurde mir nur gesagt, ich müsse ja die Ferien herausarbeiten.
Ich habe nachgerechnet, seit Februar (davor war ich in Elternzeit) habe ich sieben Wochen Überstunden angesammelt. SIEBEN! Dazu meine 30 Tage Urlaub. Bei meinem Vorgesetzten stoße ich auf Unverständnis und taube Ohren. Ich wollte die Bereichsleitung ja haben, wir machen alle Überstunden, blablabla.
Ich habe mich jetzt zwei Wochen wegen Burnout krankschreiben lassen, ich kann nicht mehr. Habe auch die Gewerkschaft kontaktiert, die sind aber keine große Hilfe.
Nun meine eigentliche Frage an andere Lehrkräfte: Wie ist es in euren Verträgen geregelt, dass ihr mehr Ferien als Urlaub habt? Habt ihr "normale" 40h-Wochen und in den Ferien "frei" (ich weiß, dass da auch immer Arbeit anfällt)? Müsst ihr in der Schulwoche mehr leisten, um die Ferien frei zu haben? Habt ihr Anwesenheitspflichten, wenn ja, wie viele Tage und was passiert da? Wie sehen da eure Regelungen aus?
Ich bin dankbar für jede Antwort, mein Vorgesetzter meinte, ich solle einen Vorschlag für die Verträge machen - bin ich Vertragsanwältin?? Aber ich hoffe auf etwas Schwarmintelligenz, um eine Lösung zu finden.
(Bewerbungen an anderen Schulen laufen, falls es keine Besserung gibt. Aber eigentlich mag ich meine Schule, mein Team, meine Studierenden, und würde ungern wechseln. So geht es aber nicht mehr weiter...)
Liebe Grüße
Pitty
Lehrer*innen hier?
Grundsätzlich ist das an anderen staatlichen Schulen genauso, denke ich...
Je nach Bundesland und Schulform ist vertraglich nur die Anzahl der zu unterrichtenden Stunden festgelegt, alles darüber hinaus (Unterrichtsvorbereitungen, Elternabende, Fachkonferenzen, Korrekturen etc.) ist mit den Ferien bzw. den bezahlten Stunden, die über die reinen Unterrichtszeiten hinausgehen, abgegolten.
Da man zwar manche Arbeiten auch in den Ferien vor-/nacharbeiten kann, aber eben nicht alle (und vor allem nicht das Unterrichten) bedeutet das natürlich zwangsläufig, dass man während der Schultage wirklich viele Stunden Workload hat, dafür aber verhältnismäßig viele Tage auch frei bzw. je nach Aufteilung deutlich weniger zu tun.
Die GEW hat mal ausgerechnet, dass ein Lehrer, um die Ferien, die über 30 Tage Urlaubsanspruch hinausgehen, "auszugleichen", in der Schulzeit eine Arbeitszeit von 46 Stunden und 38 Minuten haben müsste. Die GEW hat zeitgleich in einer Studie Lehrer*innen verschiedenster Schulformen gebeten, minutiös aufzuschreiben, wieviel sie arbeiten. Das war durchschnittlich um die 48 Stunden, also auch im Vergleich zu ihrem Arbeitsvertrag zu viel, aber nicht in einem so erheblichem Umfang wie du.
Das Problem im Lehrerberuf ist ja, dass es beispielsweise bei der Unterrichtsvorbereitung sehr individuell ist, wieviel Zeit man aufwenden muss. Es kommt auf die Lehrerfahrung, die Zusammensetzung der Klasse, das persönliche Engagement bzw. den eigenen Anspruch auf den gegebenen Unterricht an. Deshalb ist es auch so schwer zu sagen, wieviel Stunden man "berechtigterweise" dafür brauchen bzw. anrechnen darf.
In deinem Fall würde ich tatsächlich auch mal 4 Wochen lang Protokoll schreiben, wieviel Zeit du für die Schule (und wofür genau!) aufwendest. Das würde ich dann als Grundlage für ein Gespräch mit dem Vorgesetzten nehmen und die protokollierte Stundenanzahl mit den 46 Stunden 38 Minuten der GEW (rechne lieber vorher selbst nochmal mit deinen konkreten Zahlen 38 oder 40 Stunden-Woche etc. durch!), die ja schon die Ferien ausgleichen, vergleichen. GGf. hast du tatsächlich so viele Zusatzanforderungen, dass eine reduzierte Anzahl der wöchentlich unterrichteten Stunden gerechtfertigt und durchsetzbar wären?!
In NRW gibt es für diverse Tätigkeiten Anrechnungsstunden, d.h. man muss weniger Unterricht machen.
Andere Sachen gehören ganz normal zum Gehalt dazu, weil das klassische Aufgaben des Lehrers sind, z.B. Klassenleitung
Hallo und danke für deine Antwort.
Hast du vielleicht eine Übersicht über diese Anrechnungsstunden oder kann man das irgendwo herausfinden?
Bei uns ist es so, dass längst nicht alle Kolleg*innen Klassenleitungen haben, entsprechend haben manche da zusätzlichen Aufwand und andere nicht. Deswegen sollte das schon irgendwie berücksichtigt werden.
Viele Grüße
Hi,
hier kommt es ganz maßgeblich auf deinen aktuellen Arbeitsvertrag an. Angestellte Lehrer des Landes NRW haben z.b. im Tarifvertrag stehen, dass zur Arbeitszeit die beamtenrechtlichen Bestimmungen gelten...also hier wäre nix mit reinarbeiten der Ferien - müssen Veamte ja auch nicht.
Ich arbeite in der Erwachsenenbildung, das ist vielleicht vergleichbar mit deiner Situation und unserer angestellten Deutschlehrer haben (weiß grade nicht genau), sagen wir eine Lehrverpflichtung von 28 UE/Woche und 30 Tage Urlaub. Nebenpflichten, also in den 28 UE enthalten sind Vor und Nachbereitung, Prüfungen und Dienstbesprechungen. Alles was darüber hinaus geht, wird erfasst, z.b. Einstufungen oder Verwaltungsarbeit und dann dem Lehrdeputat entgegengerechnet (nach einer Formel, da hier ja keine Vor und Nachbereitung berücksichtigt wird) In deinem Fall wäre das die Fachbereichsleitung und die Praxisanleitung, insofern das nicht bereits in deinem Deputat berücksichtigt wurde bei Vertragsschluss.
Wir haben allerdings auch nicht 60 Tage Ferien - dazu kann ich nichts sagen.
Mein Rat wäre, da es ja eine Privatschule ist, geh zu einer Anwältin für Arbeitsrecht und lasse dich mit Blick auf deine Verträge beraten.
Mein Empfinden würde sagen: Ja, du müsstest die 25 Tage "reinarbeiten", aber alles was nicht Unterricht ist (sowie die Vor und Nachbereitung sowie Prüfungen), muss berücksichtigt werden. Ob sich das dann ausgeht, könnte man vermuten...u
Danke für deine Antwort.
Wegen des Vertrags habe ich ja die Gewerkschaft kontaktiert, aber die scheinen da alle völlig unfähig. Dass manche Klausel nicht rechtens ist, wusste ich vorher und habe ich schon in die Nachricht geschrieben. Aber mehr als das kam leider nicht zurück... Und ich habe ja durch die Mitgliedschaft eine Arbeitsrechtschutzversicherung. Jetzt noch mal einen Anwalt zu engagieren, da bin ich wohl zu knausrig ;)
Ich denke, dass alles richtig so ist, wie es bei dir läuft, zumindest läuft es bei mir genauso. Ich bin GS-Lehrerin, Vollzeit = 27 Unterrichtsstunden...
Ich habe immer wieder Streit mit meinem Mann, weil es regelmäßig Wochen gibt, in denen ich 50-60 Stunden arbeiten muss. Gerade am Ende des Schul- und Halbjahres fällt ja viel zusammen: Konferenzen, Zeugnisse, Elterngespräche, Förderpläne, Elternabende... Das kommen schon einige Stunden zusammen - verteilt auf 7 Tage. Die Arbeit kann man ja nicht verschieben. Dafür gibt es aber auch viele "normale" 40-Stunden Wochen, also täglich ca. 2-3 Stunden Vor- und Nachbereitung des Unterrichts und anderer Kram (Dienstberatung, Elterngespräche,...).
Die Überstunden, die so entstehen, werden nirgends gezählt - was leider den Nachteil hat, dass besonders engagierte Lehrer oft mehr machen und sich andere Kollegen auch mit weniger durchmogeln können... Erfasst werden nur Unterrichtsstunden, die zusätzlich geleistet werden: Die dürfen hier "abgebummelt" werden oder werden bezahlt. Leider nimmt das aber nicht jeder Schulleiter so genau...
Zu den Ferien: Bei uns gibt es eine Anwesenheitspflicht in der letzten Sommerferienwoche. Dazu noch Telefondienste, ca. 5 Tage verteilt aufs Jahr. Und manchmal noch 2-3 Einsatztage verschiedener Art (Schulgarten, Aufräumen,...). Alles andere ist zur freien Verfügung und halt durch Urlaub abgedeckt.
Ich finde es selbstverständlich, dass ich in der Schulzeit etwas mehr mache und nutze dann bewusst die Ferien, um dies auszugleichen. Sicher geht diese Rechnung nicht immer auf und ist leider auch nicht sonderlich familienfreundlich aber letztendlich sehe ich die Zeiteinteilung trotzdem noch als Vorteil meines Jobs...
Danke für deine ausführliche Antwort.
Dass es MAL Wochen gibt, in denen ich mehr arbeite (Prüfungszeit etc.) ist mir klar und das habe ich immer ohne Murren gemacht. Aber wir haben jetzt 4 Wochen Schuljahr und ich habe 240 Stunden gearbeitet. In den Planungen der nächsten Wochen sieht es genauso aus, weil ich eben für 26 UE eingeplant bin und neben dieser Unterrichtstätigkeit noch die Leitungsfunktionen ausführe. In den "Pausen" plane ich den Unterricht der nächsten Wochen, telefoniere mit Praxiseinrichtungen, führe Gespräche mit Studierenden etc.. Wenn es nur, wie bei dir, der Unterricht wäre, wäre alles okay. Aber das ist es eben nicht.
Und ich habe ein kleines Kind zuhause. Vor seiner Geburt war das auch anders, da war es okay für mich, neun Stunden in der Schule zu sein. Aber jetzt muss ich zuhause nach der Arbeit auch 100% bringen und das kann ich gerade nicht. Ich bin keine gute Kapitalistin, ich weiß, aber meine Familie ist mir wichtiger als die Arbeit.
Weißt du denn, wie es mit der Schulleitung bei euch ist? Die hat doch sicher weniger Unterricht wegen der Leitungsaufgaben, oder?
Viele Grüße
Ich habe auch zusätzliche Aufgaben in der Schule - bei uns heißt es schlicht "Verantwortlichkeiten". Ich bin bspw. für die Vorschule zuständig, Kontakt zum Kindergarten, gemeinsame Veranstaltungen und außerdem für die Schuleingangsphase / Jahrgangsmischung (leite das Team) und ein Fach verantwortlich. "Nur" Unterricht ist es bei mir also auch nicht. Ich erhalte für diese Tätigkeiten 1 Abminderungsstunde, d.h. ich muss 1 Stunde weniger unterrichten und kann mich in der Zeit den Aufgaben widmen, was natürlich nicht im geringsten ausreicht. Wir machen ja schon allein wöchentlich eine 1-3 stündige Teamsitzung, die ich vorbereite / leite.
Dennoch ist es in manchen Wochen mehr, in manchen weniger zu tun.
Das die Belastung bei dir so extrem ist, solltest du mit deiner Schulleitung besprechen. Das kann natürlich nicht Sinn der Sache sein. Wobei andererseits der Schuljahresanfang bis zu den Herbstferien generell immer eine heftige und arbeitsintensive Zeit ist - bei uns auch, wenn die neuen Erstklässler kommen.
Darf ich mal fragen, ob du Berufseinsteiger bist? Hast du erst in diesem Jahr so viele Aufgaben dazu bekommen? Wie lief es denn vor dem Kind?
Mir hat zum Beispiel die Umstellung aufs Arbeiten mit Kind die ersten 3-4 Monate extrem zu schaffen gemacht, dann habe ich meinen Rhythmus gefunden, zumindest für normale Tage: Arbeit in der Schule von 7.30-15 Uhr und dann abends von ca. 21-23 Uhr... Wie gesagt, oft mehr, mal auch weniger.
Von meiner Chefin will ich nicht anfangen, die arbeitet von 6 - 20 Uhr in der Schule und hat kein Privatleben - sie will das aber so... Generell ist es so, dass sie als SL einige Stunden unterrichtet und der Rest für die Schulleitungsaufgaben zur Verfügung hat. Wie das genau vergütet und verrechnet wird, weiß ich allerdings nicht...