Trennung oder bekommen wir endlich die Kurve?

Da ich mich mit meinen Gedanken seit 1 Woche im Kreis drehe, viel weine und gerne noch die eine oder andere unabhängige Meinung hören möchte, schreibe ich hier.

Mein Mann und ich sind seit 9 Jahren verheiratet und haben einen 6 jährigen Sohn. Seit der Schwangerschaft haben wir immer wieder Probleme, streiten viel, im Grunde war es nie wirklich gut. Vor etwa vier Jahren haben wir eine Paarberatung gemacht, danach wurde es besser, aber wir gelangen immer wieder an den Punkt, an dem wir uns so heftig streiten, dass eine Trennung im Raum steht.

Im Grunde sind es oft Kleinigkeiten, über die wir uns streiten (er regt sich auf, dass nicht aufgeräumt ist, dass ich Dinge nicht oder anders erledige, ich setze angeblich die falschen Prioritäten, ich packe unser Kind in Watte...)
Allerdings merke ich inzwischen, dass wir in vielen Dingen ganz unterschiedliche Werte und Ansichten zu haben scheinen.
Mein Mann möchte diese Trennung nicht und glaubt, dass alles wieder gut wird, wenn wir uns bemühen, ich denke aber ernsthaft darüber nach, schaffe es aber nicht. Einerseits denke ich, dass wir uns im Kreis drehen, dass es ein Ende haben muss. Andererseits fällt es mir wahnsinnig schwer, alles aufzugeben und mich von dem Gedanken, eine Familie, Haus und Hund zu haben, zu verabschieden.
Ich weiß nicht, ob ich ihn noch liebe, ich schätze ihn als Mensch sehr, auch wenn er mich schon sehr verletzt hat. Ich habe auch Angst davor, wie unser Kind auf die Trennung reagiert...
Was mich auch aktuell ein wenig davon abhält, mich zu trennen und was mir vielleicht noch ein wenig Hoffnung macht: er möchte sich Hilfe holen, weil er an die Ursachen seiner Art herankommen möchte. Beispiel: er ist ständig unzufrieden, stresst sich und setzt sich unter Druck mit der Arbeit und gibt diesen Druck dann an mich und unser Kind weiter. Er reagiert häufig auch verbal aggressiv. Auch einer erneuten Paartherapie würde er nun zustimmen, die hat er bisher immer abgelehnt. Ich weiß aber einfach nicht, ob ich noch die Kraft habe, es noch einmal zu versuchen.

Ich freue mich auf eure Antworten und Meinungen.

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Ich kann dein Abwägen und deine Angst vor einem Neuanfang gut verstehen.

Dass dein Mann bereit ist, sich Hilfe zu holen, um an sich zu arbeiten, ist löblich, denn immerhin scheint er zu erkennen, dass es ein Paarproblem gibt und dass er etwas zur Lösung beitragen kann.

Allerdings möchte er dich natürlich nicht verlieren, da ist das schnell gesagt - wie ernst es ihm tatsächlich ist damit, weißt du nicht. Und selbst, wenn er zu einer Therapie ginge: KANN er sich überhaupt genug ändern, dass es für dich einen Unterschied macht?

Geh mal davon aus, dass solche Veränderungen, selbst wenn sie kommen, viel Zeit brauchen und aus ihm keinen komplett anderen Menschen machen.

Du schreibst, dass die Probleme schon seit mind. 7 Jahre bestehen, und ihr schon einmal eine PT versucht habt. Du hast also schon sehr viel investiert und versucht.
Dass du nach all den Jahren mit Verletzungen und Aggressionen keine Kraft mehr hast, kann dir niemand verdenken.

Und Angst zu haben davor, wie das Kind reagieren wird, ist völlig normal - das darf deine Entscheidung aber nicht beeinflussen. Schließlich leidet er sicher auch unter seinem aufbrausenden und aggressiven Vater.

Die alles entscheidende Frage für dich sollte sein: Kann ich noch einmal fünf Jahre so weiterleben? Und will ich das? Ist es gut für mich und mein Kind?

Wenn du dir das ehrlich beantwortest, bist du einen Schritt weiter.

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Du schreibst, dass es nie wirklich gut lief?
Wie läuft es denn zwischen euren Streitereien?

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Es läuft normal würde ich sagen. Der Alltag einer kleinen Familie. Wir haben auch noch schöne Momente, in denen wir gemeinsam lachen oder über das Eine oder Andere Thema reden. Es gibt allerdings auch häufig Situationen, in denen wir nicht streiten, aber rumgemeckert wird, wir uns missverstehen und ich mich ständig unter Druck sehe, ihm alles Recht machen zu müssen. Oft mache ich auch einfach das was ihm wichtig ist, um Konflikte (vor allem mit bzw. vor dem Kind) zu vermeiden.

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Solange mir die positiven Momente Kraft geben würden, würde ich ihm noch eine Chance geben.
Ich kenne dieses gegenseitige Hochfahren gut von meiner Ehe. Wie du sagst, oft sind es Kleinigkeiten. Eigentlich zum Lachen hinterher. Ich denke mir dann immer, dass es doch gut ist, wenn diese Nichtigkeiten unsere Probleme sind. Wir sind auch sehr unterschiedliche Typen, aber irgendwie hat gerade das für mich seinen Reiz. Sonst wäre es ja auch fad, oder? An guten Tagen nehme ich unsere Sticheleien mit Humor und an schlechten mach ich einfach mein Ding und er seins. Was meinem Mann nicht passt darf er gerne selber machen. Dafür ist er aber zu faul, wenn es drauf ankommt. Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich damit zu arrangieren 😂
Ich würde sagen, dass deiner die Dinge, die ihm nicht passen einfach selber macht. Denn meckern kann jeder, aber tun ist halt doch was ganz anderes.

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Ich würde die Paartherapie versuchen. Sowas kann auch zu einer begleitenden Trennungstherapie werden, wenn sich dabei dann zeigen sollte, dass deinerseits nicht mehr genug Luft nach oben ist für eine weitere Zukunft.

Bei Euch waren eigentlich nur die ersten 2 Jahre schön, ich weiß ehrlich nicht, ob das eine gute Basis ist. Die aufgezählten Gründe, die dich halten, sind materiell und sozialer Status - keine Basis zum Glücklichsein. Dein Kind kann in einer unglücklichen Ehe auch keine glückliche Kindheit erleben, manchmal ist es besser, glücklich getrennt zu sein als unglücklich vereint. Wie unsere Kinder eine Trennung verpacken hängt auch viel davon ab, wie WIR sie verpacken. Wenn das Kind merkt, dass es Dir besser geht danach, wird es ihm auch besser gehen. Ich spreche da aus Erfahrung.

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Vielen Dank für eure tollen und ehrlichen Antworten!
Ich tendiere gerade zur Paartherapie, muss aber ehrlich zugeben, dass mir der Gedanke schon kam, dass sich dann vielleicht schnell herausstellt, dass es eher eine Trennungsbegleitung wird. Vielleicht möchte ich wirklich lieber die Trennung, bringe es aber einfach nicht übers Herz?
Meine Gefühle sind leider auch nicht mehr so stark wenn ich ganz ehrlich zu mir selbst bin. :-(

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lieber-so, du sagst, du sprichst aus Erfahrung. Wie hast du es geschafft? Oder hattet ihr eine andere Situation, die zur Trennung geführt hat?

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