Zweiter Kinderwunsch nach Abtreibung - wie damit umgehen?

Hallo zusammen,
Ich würde gerne eure offenen und ehrlichen Meinungen und Erfahrungen zu einer für mich sehr schwierigen Situation lesen.
Zum Hintergrund: wir sind seit 11 Jahren zusammen, seit 2 Jahren verheiratet und haben einen sechsjährigen Sohn. Vorletztes Jahr wurde meine Frau schwanger ohne dass wir konkrete Pläne dazu gehabt hätten. Kurz nach der eigentlich frohen Botschaft eröffnete sie mir dann, dass es Zwillinge seien. Dieser Umstand kam auch nicht unbedingt überraschend da ihre Tanten auch Zwillinge sind. Sie hat dann nach einem langen und intensiven Prozess entschieden dass sie sich dem nicht gewachsen fühlen würde und eine Abtreibung in einer frühem Phase vornehmen lassen. Ich habe sie dabei auch nach Kräften unterstützt und die Entscheidung mitgetragen. Nach intensiver und ehrlicher Reflexion hatten wir große Sorgen, das schaffen zu können und auch unseren Sohn vernachlässigen zu müssen wenn erstmal Zwillinge da wären. Die ganze Erfahrung hat irgendwie trotzdem einen Knacks bei uns hinterlassen der sich schleichend festgesetzt hat. Auch die Coronakrise hat das nicht auflösen können so daß wir immer wieder auch Momente hatten, in denen gerade meine Frau unsere Beziehung in Frage gestellt hat.

Umso überraschender kam für mich dann vor ca. drei Wochen der Moment, in dem meine Frau mich darauf ansprach, ob wir nicht einen neuen Versuch in Sachen Baby starten wollen. Sie würde sich das wünschen, für sich und auch für unseren Sohn damit die Familie "komplett" sei. Ich war davon ehrlich überrascht und überrumpelt, denn die Erlebnisse sind für mich nicht aus der Welt und ich hätte große Angst daß wir noch einmal in diese Extremsituation kommen und uns dann fragen müssten, ob wir noch einmal genauso entscheiden würden oder nicht. Das wäre für mich ein fast unlösbarer Konflikt, denn wie man es macht, macht man es falsch: pro Zwillinge würde bedeuten daß man die Abtreibung nicht hätte vornehmen müssen (und sich das im Nachhinein vorwerfen) und kontra würde einen wieder in eine noch extremere Situation stürzen. Natürlich kann man argumentieren dass eine erneute Zwillingsschwangerschaft unwahrscheinlich sei, aber eben auch nicht unmöglich. Ich will mir das nicht ausmalen wenn wir noch einmal mit so etwas konfrontiert wären und habe daher die ganze Zeit ein schlechtes Gefühl aufgrund dieser Ängste und kann mich aktuell nicht für so einen Wunsch entscheiden. Das Bauchgefühl stimmt gerade einfach dagegen, und ich frage mich wie ich meiner Frau das verständlich machen kann ohne dass sie sich vor Enttäuschung abwendet und schlimmstenfalls sogar eine Trennung erwägt. Es geht hier ja um eine ganz entscheidende Frage für die Zukunft, da ist es nicht völlig undenkbar dass sich jemand mit einem Kinderwunsch trotz der Vorgeschichte nach einem anderen Partner umsieht der diesen Wunsch erfüllt. Ich selbst könnte es mir nicht vorstellen, meine Familie deswegen auseinander zu reißen weil ich andere Prioritäten habe aber so ganz kann ich das für meine Frau nicht ausschließen- und das macht mir Angst.
Mich würde interessieren ob es hier User mit ähnlichen Erfahrungen gibt und mich dazu gerne austauschen. Bin aber auch für jede ehrliche und konstruktive Meinung dankbar, manchmal hilft das ja um auch andere Perspektiven zu sehen und durchzuspielen.

Vielen Dank schon mal für eure Beiträge!

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Tut mir leid, dass ich da jetzt nichts Positiveres sagen kann, aber ich würde es lassen.

In diesem Forum sind Paare, die versuchen 1, 2, 3 Jahre, das längste was ich mitbekommen habe waren 10 Jahre lang, ein Kind zu bekommen. Die sitzen mit Sicherheit kopfschüttelnd vor Handy/PC und fragen sich wieso ihr den 6er im Lotto in die Tonne gekloppt habt.

Auch, wenn mir bewusst ist, wie viel Stress Zwillinge wirklich bedeuten können, ist das für mich kein schlagfertiger Grund für eure Entscheidung, zwei wahrscheinlich gesunde Leben zu beenden.

Ich will da auch gar nicht weiter drauf rum reiten, denn das alles ist bereits geschehen und kann nicht mehr geändert werden.

Aber ich bin ganz auf deiner Seite, es sein zu lassen und zwar dauerhaft. Euch aber vor allem den „Kindern“ zuliebe. Das ist dann in meinen Augen verantwortungsvolles Handeln, auch wenn es bedeutet auf die eigenen Wünsche zu verzichten.

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Aber die Leute die es versuchen, fühlen sich dem gewachsen. Es gibt Menschen die fühlen sich dem zu einem gewissen Zeitpunkt nicht gewachsen. Es gibt auch Leute mit gesunder Lunge die Rauchen obwohl andere ein Lungentransplantant brauchen. Niemand schuldet anderen Menschen etwas jeder muss in seiner eigenen Situation schauen, was er sich zutraut und dann auch verantwortungsvoll handeln. Alles andere wäre auch dem Kind gegenüber nicht fair.

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Das ist mir sehr wohl bewusst.
Ich lese aber aus dem Beitrag, dass die abgebrochene SS gewollt und gewünscht war - die Zwillinge aber eben nicht. Und auch wenn man mit Sicherheit Zeit braucht, um das sacken zu lassen und mental damit klar zu kommen, fehlt mir doch jegliches Verständnis dafür.

Damit wären dann auch Abbrüche gerechtfertigt, weil es nicht das Wunschgeschlecht wurde...

Wie gesagt, dass man ein Brett vor dem Kopf hat und nicht gleich Freudensprünge macht okay, aber das ist nicht nachvollziehbar.

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Hey.
Ich hatte nach meiner Abtreibung plötzlich auch einen Kinderwunsch. Ich war aber auch schon sehr weit als ich abgetrieben habe. Musste sogar im Ausland abtreiben lassen. Als die Hormone aber wieder abgebaut waren ging es nach ungefähr zwei Wochen wieder weg. Dann zwei Jahre später kam der Kinderwunsch mit meinem neuen Partner und es hat auch sofort geklappt. Trotzdem habe ich mir vorher gedacht, dass wegen einer zwei Jahresdifferenz ein gesundes Baby, dessen Geschlecht ich sogar schon wusste sterben musste. Aber man kann es einfach nicht vergleichen. Ich war zu dem Zeitpunkt ein ganz anderer Mensch und in einer ganz anderen Situation. Ich war unter den damaligen Umständen einfach nicht in der Lage. Menschen, Umstände und Leben entwickeln und ändern sich. Rede mit deiner Frau darüber was sie tun würde, wenn es wieder Zwillinge werden würden. Ich habe mich bevor wir es angegangen sind auch gefragt, was ich tun würde, wenn das gleiche passieren würde wie damals. Aber diesmal wäre ich finanziell, beruflich und psychisch dazu in der Lage gewesen das Kind zu behalten. Und erst dann habe ich mein Go für den ersten Versuch gegeben und wir haben auf die Verhütung verzichtet. Alles in Allem ist es genau richtig gelaufen. Aber das weiß man immer erst hinterher. Redet und erzähle ihr auch von deinen Ängsten.
Alles Gute

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Ich würde an eurer Stelle eine Beratung aufsuchen, bevor ihr euch entscheidet. Denn offenbar ist das Thema ja noch nicht verarbeitet, und das sollte passieren, egal, welchen Weg ihr dann einschlagt.

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Zuerst müsst ihr die Abtreibung verarbeiten, ggf. mit Hilfe.

Danach müsst ihr Euch folgende Fragen stellen und sie getrennt ehrlich beantworten:
1. Möchte ich ein weiteres Kind?
2. Möchte ich Zwillinge?
3. Möchte ich Drillinge?
4. Das Baby ist kein Ersatz für die Zwillinge! Ist das Gefühl falsch?

Wenn eine der Fragen mit "nein, schaffe ich nicht "beantwortet wird, dann würde ich auf ein weiteres Kind verzichten.
Eine erneute Abtreibung darf so nicht mehr vorkommen. Schließlich gibt es Verhütung.

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Mein Mann und ich haben uns immer ein zweites Kind gewünscht. Im Dezember 2015 wurde bei unserem Sohn Leukämie festgestellt und im August 2016 erhielt er eine stammzelltransplantation. Da lief vieles nicht nach Plan, sodass er statt der 30 Tage im Dezember 2016 noch immer im Krankenhaus lag. Mein Mann und ich hatten in der Zeit keinen Sex, weil ich mit unserem Kind mehr im Krankenhaus als zu Hause war. Und wenn ich zu Hause war, hatten wir beide keinen Kopf dafür. Im Dezember 2016 hatten wir genau 1 mal miteinander geschlafen und 2 Wochen später hielt ich einen positiven test in der Hand. Wir haben die ganze Nacht hin und her überlegt und geredet was wir tun sollen. Unser Herz sagte ja, unser Kopf nein. Über 3 Stunden lang war ich bei pro Familia und beschloss dann, das Baby nicht zu bekommen. Unser Sohn brauchte mich. Als schwangere hätte ich nicht mehr zu ihm gedurft. Keiner wusste wie es mit ihm weitergeht, ob der Krebs wirklich weg ist... im September 2017 war dann alles überstanden. Da wäre der Termin für das Baby gewesen. Ich frage mich nicht was wäre wenn. Es war zu dem Zeitpunkt die richtige und vernünftige Entscheidung. Im Dezember 2017 wurde ich, gewollt, wieder schwanger und unsere Tochter kam im September 2018 zur Welt.

Manchmal reichen ein paar Monate aus, um so eine Entscheidung oder das Gefühl zu ändern. Man kann nicht immer alles planen. Ich bereue meine Entscheidung nicht und unsere Tochter ist kein Ersatz. Sie war gewünscht, so wie das ungeplante Baby auch willkommen gewesen wäre, wenn die Umstände nicht so außergewöhnlich gewesen wären.

Deine Frau war nicht bereit, dass heißt nicht, dass sie es jetzt immer noch nicht ist. Und es heißt auch nicht, dass sie zwillinge wieder abtreiben würde

Redet in ruhe miteinander und macht euch klar was genau ihr wollt und warum

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Es ist nicht ungewöhnlich dass kinderwunsch nach einem Schwangerschaftsabbruch entsteht. Ist erstmal der ganze Druck von einem genommen, sieht man plötzlich die Dinge klarer oder anders. Weiterhin bleibt doch irgendwo eine gewisse Leere dass ein kleines Herz nicht mehr in einem schlägt. Das kann für manche eine schlimme Verlusterfahrung sein, die man versucht mit einer erneuten Schwangerschaft zu kompensieren, auch wenn man die Zeit nicht zurück drehen kann.
Weiterhin kann ich nachvollziehen dass die Vorstellung sich gleich um zwei neugeborene kümmern zu müssen einem Angst macht wenn man durch diese Zeit schon mal gegangen ist. Ich weiß nicht wie pflegeleicht euer Sohn als Baby war, unsere Tochter hat die ersten Wochen nur geschrien, auch im Schlaf, auch beim Trinken und nicht selten habe ich sie total verheult morgens um 1 meinem Mann übergeben und habe hinter mir die Tür zugezogen weil ich einfach nicht mehr konnte. Wenn wir Tag und Nacht nicht zu zweit gewesen wären, weiß ich nicht wie wir es geschafft hätten. In diesen Momenten habe ich mich gefragt, wie Zwillingseltern diese Belastung aushalten.

Ich weiß es ist schwer, aber ich glaube dass du dich ein Stück von der Vergangenheit lösen musst und versuchen musst, Dinge nicht vorwegzugreifen. Eine erneute Schwangerschaft würde in einem ganz anderen Bewusstsein geschehen. Unter dieser Annahme, muss sie euch nicht wieder in eine extremsituation bringen. Manchmal muss man sich frei von Dingen machen und sich selbst und auch dem anderen versprechen, es anzunehmen, wie es eben kommt. Könnt ihr beide das, dann steht einer erneuten Schwangerschaft nichts im Wege. Möchtest du einfach keine Kinder mehr, dann ist das natürlich was ganz anderes. Ich habe aber den Eindruck, dass dich die ganze Geschichte ziemlich blockiert und solange das so ist, kannst du ihrem Wunsch natürlich nicht nachkommen.

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Ehrliche Meinung??!!

Ich würde kein weiteren Versuch unternehmen
Was.wenns wieder Zwillinge werden?
Wieder einfach weg machen weil's nicht passt?
Das finde ich nicht richtig
Meine Schwägerin ist ungeplant schwanger geworden. Sie hatte schon drei Mädchen im Alter von 10 ,8 und 1 Jahr. Als sie ein Test machte hat sie überlegt ob sie es bekommt oder nicht. Hat sich aber dann dafür entschieden und danach kam heraus es sind zwei. Es war ein Schock für sie weil sie dann plötzlich fünf hätte aber niemals deswegen sich doch für ein Abbruch entschieden

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Hallo,
Anders als einige hier kann ich eure Entscheidung zur Abtreibung verstehen. Vielleicht weil ich weiß wie allumfassend die Nachricht "Es werden zwei" einem den Boden unter den Füßen wegziehen und von jetzt auf gleich sämtliche Pläne für das weitere Leben über den Haufen werfen kann. Wenn man in der Situation nicht war, ist es immer leicht zu urteilen und zu sagen was man tun würde. Wir haben uns anders entschieden, aber eure Gründe kann ich nachvollziehen.

Bevor ich allerdings an eine weitere Schwangerschaft denken würde, würde ich an dem Knacks arbeiten, den die Abtreibung an eurer Beziehung hinterlassen hat. Auch wenn ihr "nur" ein weiteres Kind bekommt, ist es eine Belastung für eure Beziehung, da sollte das Fundament so stabil wie möglich sein. Ein Kind löst bestehende Probleme ja nicht, ganz im Gegenteil. Wie beurteilt deine Frau die Situation? Wünscht sie sich ein zweites Kind um des Kindes willen oder hofft sie, so die Abtreibung vergessen und die Folgen für eure Beziehung bereinigen zu können?
Schließt du ein zweites Kind für dich kategorisch aus oder passt für dich die Situation nicht, aber unter anderen Umständen wäre es denkbar? Die Frage, was ihr tut, wenn es noch einmal Zwillinge werden, bliebe dabei natürlich, aber war für dich mit der Entscheidung zur Abtreibung klar, dass es auch eine Entscheidung gegen weitere Kinder ist? Falls ja, sah deine Frau das genauso?

Was deine Frau tun wird, wenn du ihr deine Gedanken mitteilst, kann niemand sagen, aber das Gespräch deshalb nicht zu führen, ist keine Alternative, das verschiebt den Konflikt nur. Vielleicht schafft ihr es, es als Chance zu sehen, um euch wieder näher zu kommen, die Abtreibung zu verarbeiten und daran als Paar zu wachsen, und dabei die Frage nach einem zweiten Kind noch nicht endgültig zu beantworten, denn wer weiß wie ihr fühlt, wenn ihr den Knacks angegangen seid.

Alles Gute!!

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