Hebammenkreißsaal

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Mehr Mut zur natürlichen Geburt: Das Konzept „Hebammenkreißsaal“
„Ärztefreier“ Kreißsaal unter Hebammen-Führung: Mehr natürliche Geburten – weniger Kaiserschnitte

Eine ganz und gar natürliche Geburt, ohne Medikamente, ohne Kaiserschnitt – das erleben in Deutschland nur acht von hundert gesunden Schwangeren. Diese Zahl könnte deutlich steigen, wenn in den Kreißsälen ausschließlich die Hebammen das Sagen hätten, meint Dr. Nicola Bauer, die an der Bochumer Hochschule für Gesundheit als Professorin für Hebammenwissenschaft tätig ist.

In ihrer Dissertation hat sie das Konzept des Hebammenkreißsaales untersucht – mit eindeutigen Ergebnissen: „Die Hälfte der Schwangeren, die im Hebammenkreißsaal betreut wurden, erlebten eine interventionsfreie Geburt, umgangssprachlich auch als normale Geburt bezeichnet. In der Vergleichsgruppe im ärztlich geleiteten Kreißsaal waren es weniger als ein Viertel“, erläutert Professorin Bauer ein Resultat der Studie, die im Verbund Hebammenforschung an der Hochschule Osnabrück durchgeführt wurde. Beim Gesundheitszustand der Neugeborenen waren keine signifikanten Unterschiede festzustellen.
Zwölf Hebammenkreißsäle gibt es nach Auskunft der Expertin in Deutschland. Weitere sind in Planung. Gesunde Schwangere, bei denen eine normale Entbindung zu erwarten ist, lernen bei diesem Konzept „ihr“ Hebammen-Team bereits in der Schwangerschaft kennen. Bei der Geburt werden sie durchgängig von einer Hebamme betreut. In einigen Krankenhäusern wird sie bei einem Schichtwechsel abgelöst, in anderen steht sie der Gebärenden bei, bis das Baby auf der Welt ist. Läuft alles „nach Plan“, bleiben Ärzte komplett außen vor.
Betreuung und Zuwendung statt Schmerzmittel

Warum es unter Hebammen-Führung mehr spontane Geburten und weniger Kaiserschnitte gibt, darüber kann Nicola Bauer nur spekulieren: Vermutlich entscheiden sich besonders Frauen, denen eine möglichst natürliche Geburt wichtig ist, für dieses Konzept. Sie sind deshalb vielleicht auch eher bereit, Schmerzen zu ertragen und ohne Schmerzmittel auszukommen, mutmaßt Professorin Bauer. Hinzu kommt, dass die Hebamme sich viel Zeit für die Betreuung nehmen und die Gebärende unterstützen kann. Und schließlich, so meint die Bochumer Expertin, sähen Hebammen eine Geburt viel mehr als normalen, natürlichen Vorgang als Mediziner, die ihren Fokus eher auf die Gefahren dieser besonderen Situation richteten.
Medizinisches Eingreifen bei gesunden Schwangeren meist unnötig

„Ärzte raus aus dem Kreißsaal“ – das fordert die Expertin nicht. Sie hält es aber für sinnvoll, in Kliniken die Organisation zu überdenken und Hebammen mehr Freiraum zu lassen. „Die meisten Frauen benötigen bei der Geburt kein medizinisches Eingreifen. Nach den Kriterien der World Health Organisation sind etwa 70 bis 80 Prozent aller Schwangeren bei Geburtsbeginn als gesund einzustufen. Dennoch steigt die Zahl der geburtshilflichen Interventionen und Kaiserschnitte in Deutschland sowie weltweit an“, sagt Nicola Bauer. Sie setzt sich dafür ein, dass die normale Geburt in Deutschland wieder eine größere gesellschaftliche Anerkennung und Bedeutung erfährt.
Nur wenige „Wunsch-Kaiserschnitte“

Von vornherein gewünscht wird ein Kaiserschnitt nach Angaben der Expertin nur von rund fünf Prozent der Schwangeren. Entgegen landläufiger Meinung spielt Bequemlichkeit keine Rolle: Viele dieser Frauen sind durch eine schwierige vorhergehende Entbindung traumatisiert. Andere wurden in Kindheit oder Jugend sexuell missbraucht und fühlen sich mit dem „Kraftakt“ einer Geburt überfordert. Erfahrungen in Schweden zeigen, dass sich nach intensiver Beratung dennoch rund zwei Drittel solcher Schwangeren für eine normale Geburt entscheiden konnten.

Ein Kaiserschnitt ist in Geburtskliniken Alltag und oft auch Rettung für Mutter und Kind. Gründe, ihn nicht vorschnell in Erwägung zu ziehen, gibt es aber dennoch: Mehr mütterliche Todesfälle, Probleme bei weiteren Schwangerschaften – wenn beides auch nur in geringem Ausmaß, Wundschmerzen und ein etwas erschwerter Start beim Stillen und der Mutter-Kind-Bindung. Nicht erleben können Kaiserschnitt-Mütter auch den Stolz, ein Kind „aus eigener Kraft“ auf die Welt gebracht zu haben.
Mehr Erfolg und Durchhaltevermögen beim Stillen

Neben deutlich mehr natürlichen Geburten steigert das Konzept des Hebammenkreißsaals auch die Stillquote, wie Nicola Bauer herausfand: Fast drei Viertel der von Hebammen betreuten Frauen stillten acht Wochen nach der Geburt ihr Kind ausschließlich. In der Kontrollgruppe war es noch nicht einmal die Hälfte. Grund könnte die fehlende Beratung und Unterstützung sein, so die Professorin. Denn wenn die Säuglinge Mitte bis Ende des zweiten Lebensmonates einen Wachstumsschub durchmachen, glauben die Mütter, ihr Baby nicht mehr ausreichend mit Muttermilch ernähren zu können. Sie stellen auf Fläschchennahrung um, statt ihrem Körper zu vertrauen und zum Beispiel häufiger anzulegen. Stillberaterinnen oder Hebammen könnten hier Aufklärungsarbeit leisten.

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Sehr interessanter Artikel, vielen Dank.

Nach meiner Empfindung wäre es am besten, wenn ein solcher Hebammenkreißsaal die Möglichkeit zum ärztlichen Eingriff bietet (zB wenn er direkt in einem Krankenhaus eingegliedert wäre), damit man im Notfall schnell auf die ärztliche Versorgung zurückgreifen kann.

Lg
mel

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ja so ist es ja eigtl. es ist nichtein "extra" Raum, sondern wenn wirklich was ist dann wird der Arzt hinzugerufen. Wenn estwas pathologisches ist, denn alles was normal verläuft gehört in Hebammenhände.

3

also ich finds ja generell nicht schlecht, ich muß aber selbst sagen, dass ich heilfroh war, dass ich bei der Geburt in einem KH war, mit Ärzten, Anästhesisten und OP. Klar läuft es meistens alles problemlos, aber eben nicht immer.

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