Unerfüllte Kindheit

Ich schreibe heute lieber einmal in schwarz.

Angefangen hat alles mit einer angeblichen „Lernverzögerung“. Diese wurde von einer Frau festgestellt (soweit ich weiß, wurde meiner Mutter und mir das mündlich mitgeteilt - ich war damals 6 ½ und kann mich an die Abläufe kaum mehr erinnern), die mich auf eine Volksschule für sprachbeeinträchtigte und hörgeschädigte Kinder schickte.
Dort in der Volksschule gab es 8 normale Klassen (1.-4. Klasse, jeweils unterteilt in Klasse 1a, 1b, 2a, 2b usw.). Ich kam in die Klasse 1c. Mit mir in der Klasse waren 11 sprachbeeinträchtigte und/oder hörgeschädigte Kinder. Ich war also der einzig Hörende.
Hänseleien, wie Schlamm in die Schultasche geben, meine Jause weg zu essen (natürlich ohne vorher zu fragen), Tisch und Stuhl in der Schule mit Klebstoff beschmieren, Schultasche mit Malkastenfarbe „verzieren“, waren Alltag für mich.
Meine Eltern interessierten sich für meine „Probleme“ wenig. „Bei Kindern sei ein derartiges Verhalten völlig okay.“ Sie werden nicht mit der Lehrerin über das Vorgefallene sprechen, da ja nichts Tragisches vorgefallen sei.
In die normale Klasse durfte ich nicht wechseln, versuchte jedoch dort Freundschaften zu knüpfen – vergebens. Jeder dachte, dass ich in irgendeiner Weise behindert sein muss, da ich ja sonst nicht in diese Sonderklasse geschickt worden wäre.
Warum ich überhaupt in diese Sonderklasse geschickt wurde, da ich weder hörgeschädigt noch sprachbeeinträchtigt war, weiß ich nicht.
Auch heute höre und spreche ich ganz normal – ohne jegliche Beeinträchtigung.
Nachdem es nach diesen 4 Jahren Volksschule kaum eine Schule in meiner Heimatstadt gab, die hörgeschädigte/sprachbeeinträchtigte Kinder aufnahm, schickte uns die Sonderklassen-Lehrerin (die sowohl die Gebärdensprache als auch normal-sprechen beherrschte) in die gleiche Hauptschule.
Gegenüber meinen Eltern konnte ich mich damals mit knapp 11 Jahren (ich habe mit 7 Jahren zum Schule gehen angefangen) leider noch nicht durchsetzen.

In dieser Hauptschule gab es ebenfalls einen ausgebildeten Gebärdensprachlehrer. Dieser meinte zu mir, dass es doch sicherlich einen Grund dafür geben müsste, weshalb ich in diese Sonderklasse in der Volksschule geschickt worden bin. Innerhalb dieser 4 Jahre (bis knapp 15) wurde ich zwischen dem kleinen (etwas abseits der normalen Klasse gelegenen) Raum, wo die gehörlosen und/oder geistig behinderten Kinder unterrichtet wurden, und der normalen Klasse hin- und hergeschickt und durfte ca. die Hälfte der Schulstunden in der normalen Klasse und die andere Hälfte in diesem kleinen Raum mit den Gehörlosen lernend verbringen.
Dadurch fand ich auch in der normalen Klasse keinerlei Anschluss bzw. Freundschaften zerbrachen innerhalb weniger Tage wieder.
Über mich zu lästern, mich teilweise mit Kabelbindern an Stühlen festbinden (mit leichteren Verletzungen) – zählten noch zu den harmlosesten Streichen.
Kommentiert wurde das, als ich den Gehörlosen-Lehrer und den Klassenvorstand der normalen Klasse darauf ansprach, alles nur mit: „Du musst dich halt auch einmal wehren. Wenn du dich nicht wehrst, bist du selber schuld.“
Sowohl während der Volksschul- als auch Mittelschul-Zeit verbrachte ich die Nachmittage nach der Schule alleine ziemlich oft weinend zu Hause.
In der dritten Klasse Hauptschule (mit knapp 14) wurde mir dann mitgeteilt, dass ich enormes Glück habe, wenn ich die Hauptschule abschließe. Ein Gymnasium/eine weiterführende Schule würde ich eh nie schaffen.

Obwohl mir alle von einer weiterführenden Schule abrieten, meldete ich mich doch bei einer an.
Durch das bereits Erlebte, wurde ich immer vorsichtiger, was Freundschaften angeht. Auch, dass sich schon innerhalb der ersten zwei Tage diverse Gruppen gegen andere Gruppen (innerhalb der eigenen Klasse) verschworen haben, wiederfuhr mir.

Schlussendlich brach ich dann in der Schule mehrmals zusammen. Laut Facharzt für körperliche Gesundheit den ich aufgrund des Rats meines Schularztes aufgesucht habe, habe ich eine Vorstufe von Burn-out (und das damals mit 17 Jahren)

Die vom Arzt vorgeschlagene Stelle, wies mich mit der Begründung ab, dass man mir in meinem derzeitigen Zustand nicht mehr helfen könne.

Mich wollte daraufhin auch keine andere soziale Einrichtung/Stelle (habe alle Stellen im Umkreis von 50 km bereits besucht) behandeln, da ich ja „nur“ eine „Vorstufe“ habe und kein richtiges Burn-out. Das ist jetzt seit gut 3 Jahren so. In Therapie/Erholung schickt mich dieser Arzt nicht.

Auch Vereine oder ähnliche Veranstaltungen, wo man Gleichaltrige kennenlernt, haben mir meine Eltern verboten.
Nun lebe ich einfach Tag für Tag vor mich hin; habe kaum noch Freude am Leben. Jobs sind aussichtslos – da ich die Schule aufgrund von Mobbing/Zusammenbrüchen abgebrochen habe (habe zwar eine Büroausbildung  in Deutschland heißt das Kaufmann für Bürokommunikation oder so ähnlich). Damit ist aber nicht viel zu machen.

An ein(e) Abitur/Matura ist in den nächsten Jahren in meinem derzeitigen Zustand nicht zu denken.

Wenn ich auf dem Nachhauseweg Kinder/Jugendliche mit ihren Freunden nach Hause gehen gesehen habe oder Kinder, die mit ihren Freunden spielen, sich unterhalten – da zerbrach es mir immer das Herz. Auch heute noch bin ich unendlich traurig, und denke mir einfach: „wieso habe ich das nicht erleben dürfen?“
Ich hätte alles dafür gegeben, eine schöne und sorgenfreie Kindheit zu haben.

Was ich von Euch hören möchte, weiß ich selbst nicht so genau...

Liebe Grüße
traumdeslebens

1

Hey,

such dir bitte therapeutische Hilfe. Das kannst auch du in die Hand nehmen. Ich habe mich damals auch selbst bei Therapeuten vorgestellt, mit ihnen gesprochen und dann selbst alles an die Krankenkasse weitergeleitet. Und das bis ich eine Genehmigung hatte. Mach es nicht auf der Grundlage von Burn-Out, sondern von psychischer Belastung und Depression durch traumatische Kindheitserlebnisse. Das Burn-Out dürfte dann im Laufe der Therapie mit behandelt werden.
Ansonsten - wenn ich mich nicht verrechnet habe, bist du 20? - such dir Unterstützung und versuch dir eine eigene Wohnung zu suchen. Such dir einen Job, damit du mal auf eigene Beine kommst, eigene Entscheidungen treffen kannst du nicht permanent von Zuhause ausgebremst wirst. Und dann kannst du auch das Thema Schule und Ausbildung angehen. Brauchst du denn unbedingt Abi? Magst du denn überhaupt deinen Beruf? Wenn nein, dann mach was anderes. Sprich mit dem Arbeitsamt und frag nach einer Umschulung. Ansonsten gibt es Abend- und Fernschulen, an denen du dein Abi nachholen kannst.

Das größte Problem an dieser ganzen Sache ist: DU musst etwas tun. Niemand anderes wird deine Probleme lösen und dein Leben lebenswerter machen. DU bist dafür verantwortlich - also aufraffen und sich Hilfe suchen! Kleine Schritte, kleine Ziele, die dich nicht direkt überfordern und dann langsam aber stetig auf dein großes Ziel hinarbeiten. Nur da musst du dir erst einmal klar werden, was das sein soll.

Liebe Grüße

2

Hallo,


So wie dir ergeht es vielen Kindern. Mein Sohn sollte auch auf eine Sonderschule. Wir haben uns dagegen gewehrt und er hat die normale Schule besucht. Deine Eltern haben dem geglaubt was andere sagen.

Unser persönlicher Wert hängt nicht vom Schulabschluss ab. Das was Du erlebt hast ist schrecklich. Aber auch in den normalen Schulen gibt es viel Mobbing. Meine Kinder wurden beide gemobbt und das hinterlässt Spuren.

Deine Kindheit kannst Du nicht nachholen. Du kannst aber dein jetziges Leben und deine Zukunft gestalten. Dafür bist alleine du zuständig.

Ich empfehle dir die Vorträge von joyce Meyer. Eine mutige und starke Frau. Sie wurde ihre ganze Kindheit missbraucht und hat es überwunden. Schau es dir auf YouTube an.

Liebe Grüße

Carola