Theorie oder Erfahrung

Hi

Seid ihr in der Erziehung eher Typen die nach Lehrbuch gehen oder eher nach Erfahrung und Bauchgefühl?

Mir ist aufgefallen, dass meine Schwägerin alles extrem nach Theorien macht. Sie ist selber eher die Theoretikerin. Ich informiere mich und lese viel, aber dann mache ich es eher nach meinem Gefühl (oder tipps von meiner Mutter ). Ich empfinde die Theorien oft zu einseitig... weil jedes Kind anders ist.
Soll nicht heissen, dass meine Schwägerin es falsch macht. Es geht nicht um sie. Manchmal hinterfrage ich meine Vorgehensweise...,

Wie macht ihr das? Egal ob im Babyalter oder später!

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Ich habe kein einziges Lehrbuch gelesen. Meine Schwester hatte 6 Kinder, wo ich in fast jeder freien Minute war - und die Tagesmutter meiner Kinder hatte 5 eigene und 5 Pflegekinder, da konnte ich aus der Praxis abgucken, soviel ich wollte.
Da es wirklich Riesen(!)-Unterschiede bei den Lehrbüchern gibt, gebe ich da recht wenig drauf.
Als ich bei einem Sohn Erziehungsberatung brauchte in den 80ern, erzählte mir jeder was anderes, es war nur gruselig - bis ich es machte, wie ich es für richtig hielt.
Eine erfahrene Erzieherin der Kita, in der später meine Enkelin war, sah es genauso. Sie setzte auf (wörtlich) "Erziehung mit Herz und Verstand" - ein kluger Grundsatz.
Meine Tochter hatte übrigens auch kein Lehrbuch gelesen.....sie rief einfach ihre Mutter an 🤣🤣 - und heute kommt ihre Pubi-Tochter höchst persönlich vorbei, wenn sie die Eltern stressig findet und ich vermittle dann, so gut es geht.
Fehler machen wir alle, in jeder Generation - aber, wer legt fest, was unbedingt falsch und unbedingt richtig ist? (vom Normalfall ausgehend !!!) Da sind sich ja die Autoren von Erziehungsbüchern selber nicht grün, denn es ist ja wirklich so: Was für "Theo" passt muss für "Patrick" noch lange nicht passen.
"Herz und Verstand" ist eine sehr gute Regel, auch ohne Bücher. #herzlich
LG Moni

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Ich halte nicht soviel von den Erfahrungen anderer. Z. B. Honig. Die Erfahrung gerade der älteren Generation ist "euch hat es auch nicht geschadet" tatsächlich sagt aber die Wissenschaft dass Honig für Babys potentiell tödlich sein kann.

Oder Sicherheit im Auto "wir haben es früher auch ohne kindersitz überlebt".... Jaaa, wir schon, aber die die gestorben sind kannst jetzt auch nicht mehr fragen.

"ein Baby muss schreien um die Lungen zu stärken."
"das Baby muss von Anfang an im eigenen Zimmer schlafen, sonst schläft es noch mit 18 Jahren in eurem Bett"

... ich könnte ewig so weiter machen. In manchen Dingen ist die Erfahrung bestimmt auch nützlich. Gerade fällt mir dazu aber kein Beispiel ein. Wichtig ist seinen eigenen Kopf einzusetzen. Man macht alles nur so gut wie man es weiß, wenn man es aber besser weiß, sollte man es besser machen.

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Uiii da hab ich mich wohl sehr falsch ausgedrückt!! Sorry! Natürlich würde ich solche Tipps nie befolgen 😅

Meine Mutter hat aber zum Glück keine solchen Ansichten.

Hätte vielleicht sagen sollen: theorie oder Bauchgefühl?

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In welcher Beziehung sagt denn die Theorie etwas anderes als das bauchgefühl? Hast du ein Beispiel? Gerade die aktuellen Empfehlungen sind doch völlig Bedürfnisorientiert.

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Ich habe einiges gelesen und mir rausgepickt, womit ich etwas anfangen konnte, dabei ging es mehr um Entwicklung von Kindern als um Erziehungstipps.
Einiges meiner Haltung ist auch daraus entstanden, wie ich selbst erzogen wurde, wie sich meine Erziehung auf mich und mein Handeln ausgewirkt hat, und was ich ähnlich machen wollte und was ganz anders.

Nur Bauchgefühl finde ich schwierig, wenn die eigene Kindheit nicht optimal gelaufen ist, da kann ein wenig Theorie beim Reflektieren unterstützen. Dass jemand richtig nach Lehrbuchanleitung erzieht, kann ich mir nur schwer vorstellen.

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"Ich habe einiges gelesen und mir rausgepickt, womit ich etwas anfangen konnte, dabei ging es mehr um Entwicklung von Kindern als um Erziehungstipps."

Was denn so wenn ich fragen darf? Vielleicht hast Du 1-2 Beispiele. Ich habe nichts gelesen und frage aus Interesse. Vielen Dank.

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Oje, ich glaube, bei Quellenangaben wäre ich die Vollversagerin.
Ich weiß das gar nicht mehr so, viel war auch im Internet oder in Zeitschriften oder ich habe manche Bücher nur quer gelesen und viele Ratgeber vergessen, weil ich sie nicht mochte, aber man zieht ja auch was raus, wenn man weiß, wie man es nicht machen will...

Mittlerweile sind meine Kinder schon ziemlich groß (zwischen 12 und 21).
Was ich in den letzten Jahren gelesen habe (z.B. im Internet das gewünschteste Wunschkind, Renz-Polster (sehr spannend fand ich "Erziehung prägt Gesinnung", da fand ich mich bestärkt, warum ich autoritäre Erziehung so ablehne) oder Alfie Kohn) hat mir das Gefühl gegeben, so falsch sind wir wohl nicht gelegen.

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Ein wenig Theorie gibt interessante Denkanstösse und zeigt auch unbekannte Ansichten.
Schlussendlich setze ich aber längst nicht alles um. Gerade diese „Bedürfnis orientiert“ Geschichte passt teilweise nicht in unseren Alltag, bzw. lässt sich nur bei Einzelkindern wirklich umsetzen und berücksichtigt nicht meine eigenen Bedürfnisse.
Es muss schon auch zu meiner Persönlichkeit passen, sonst wirkt das alles total künstlich und wird dann unecht. Ich finde auch Mütter die immer voll nach Theorie agieren irgendwie unnatürlich und dadurch anstrengend.

Ich glaube ein Kind aus einer temperamentvollen Familie wo gelebt und auch mal geschrien wird, lernt damit umzugehen und kann sehr glücklich sein auch wenn nicht alles nach Lehrbuch läuft.

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Ich glaube auch, dass man in einer Familie mit Erziehung genau nach Lehrbuch nicht glücklich sein könnte. Ich glaube aber auch irgendwie nicht, dass es die gibt.

Wenn bei einer bedürfnisorientierten Erziehung deine Bedürfnisse nicht berücksichtigt werden, ist es, wie das Wort schon sagt, keine bedürfnisorientierte Erziehung.
Ich denke, die meisten Eltern sperren sich schon gegen den Gedanken, weil sie ihn so interpretieren, dass dabei jede Idee des Kindes durchgesetzt werden müsste. Darum geht es aber nicht.

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Naja, einer meiner Studienabschlüsse heißt "Master of Education", ich denke daher ich bin eher der Theoretiker oder besser gesagt: Einige Theorien stimmen gut mit meinem Bauchgefühl überein. Allen voran bin ich von Banduras Modelllernen sehr überzeugt (https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialkognitive_Lerntheorie), was zusammen gefasst darauf reduziert werden kann, Kindern ein zuverlässiges, gutes Vorbild zu sein. Das deckt sich dann mit diversen Erziehungsstilen (z.B. Bindungsorientiert), die ich aber nie zugeben würde verfolgen zu wollen. ;-)

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"was zusammen gefasst darauf reduziert werden kann, Kindern ein zuverlässiges, gutes Vorbild zu sein."

Genau das hat mir 1973 schon die Tagesmutti meines Sohnes erklärt #pro
Ganz ohne Fachausdrücke, nur aus ihrer Erfahrung heraus.
Also auch nicht sooo neu #cool
War für mich wichtig, als ich wenige Jahre später meinen Mann zu meinem Ex machte.
LG Moni

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Bandura ist ja auch nicht mehr neu, der ist war von 1925 und ist mittlerweile auch schon tot.

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Ich bin der Typ der aus dem Bauch heraus handelt.
Schon bei dem Versuch mein Kind ans Bett zu gewöhnen und immer weiter schreien zu lassen hat mich an meine Grenzen gebracht und es nicht lange durch gezogen.

Ich denke um so älter die Kinder sind um so mehr verstehen sie und um so mehr erlaube ich mir mehr und mehr Freiheiten.

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Hast du das bei Johanna Haarer gelesen? Sowas empfiehlt ja nicht mal das unerträgliche JKKSL.
Kein halbwegs moderner Ratgeber empfiehlt sowas. Dagegen gibt es sicher noch einige Bäuche, die das gut fänden...

Ich glaube, die, deren Bäuche gut funktionieren brauchen keine Ratgeber. Leider sind halt einige Bäuche früher ziemlich verkorkst worden.

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"Leider sind halt einige Bäuche früher ziemlich verkorkst worden."
Sehr guter Einwand. Wenn die eigene Kindheit nicht schön war, dann wird man mit dem Bauchgefühl vermutlich so seine Probleme haben. Einfach weil man nie erfahren hat, wie sich eine sichere Bindung anfühlt.

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Hallo!

Bei uns ist es ein Mix aus allem.

Ich wurde sehr autoritär erzogen. Mir hat es aber gut getan, und habe eine tolle Beziehung zu meinen Eltern.

Für meine Kinder versuche ich so zu Handeln wie ich es für richtig halte. Nur so kann ich auch konsequent gleich (besser gesagt ähnlich) reagieren.
Ich versuche schon Bedürfnisorientiert zu sein. Aber dabei vergesse ich meine Bedürfnisse zum Glück nicht. Eine falsch verstandene Bedürfnisorientierte Erziehung bringt mich regelmäßig zur inneren Weißglut.

Bei einigen Dingen bin ich auch mal die Rasenmäher Mutti, wenn mein Kind nur mit Kindern spielt, die um einiges Durchsetzungsstärker sind. Aber da versuche ich selbst an mir zu arbeiten.

In der Nähe von Wasser bin ich aufgrund einen Unfalls eher eine Helikopter Mutter.

Mir ist es wichtig das ich in der Erziehung einfach mir selbst treu bin. Oft aus dem Bauch heraus. Mal Handel ich überlegter, möchte aber auch nichts zu verkopft angehen.

Bei vielen heute modernen Ansätzen finde ich mich nicht wieder, und mache es anders. Z.B. Ja-Umgebungen um möglichst vielen Trotzanfällen aus dem Weg zu gehen, oder dieses ständige Ablenken von irgendwas.

Ich glaube aber auch (und das merke ich jetzt bei Kind 2) dass jedes Kind auch eine an sich angepasste Erziehung braucht. Daher gibt es meiner Meinung nach niemals ein richtig oder falsch.

LG

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Ich lese keine Erziehungsratgeber, dafür hab ich Urbia 😁
Ich suche hier gern Erfahrungen und Meinungen, auch die von Freunden und Verwandten - entscheide dann aber nach Bauchgefühl.

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Ich lese viel! Ohne fundiertes Wissen, kann ich mir keine Meinung bilden.

Ich setze nicht 1:1 Konzepte aus Ratgebern um, aber es interessiert mich, wie Kinder sich entwickeln, wann man was erwarten kann, was die gesunde Entwicklung unterstützt, was sie behindert...

Und ja, Erziehung muss immer individuell sein: zum Elternteil und zum Kind passen. Erziehung passiert immer in Beziehung. Und individueller als eine zwischenmenschliche Beziehung geht es ja nunmal nicht! 🤷