Unterschiedliche Erziehungsvorstellungen

Hallo,

ich habe mich hier angemeldet, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß. Ich habe keine Ahnung, ob ich gelassener werden muss oder ob meine Aufregung berechtigt ist. Deshalb würde es mich freuen, wenn ihr eure Einschätzungen mit mir teilt.

Als unser Sohn zwei Monate alt war, haben mein Ex-Freund und ich uns getrennt. Mein Ex hat unseren Sohn von Anfang an regelmäßig besucht, wollte aber nicht mit ihm alleine sein, nicht mal für einen Spaziergang, weil er Angst davor hatte, dass unser Sohn schreien könnte und er es nicht schafft, ihn zu beruhigen.
Erst innerhalb der letzten beiden Monate ist mein Ex sicherer im Umgang mit unserem Kind geworden. Zuerst hat er mal eine halbe Stunde nach ihm geguckt, während ich einkaufen gegangen bin, dann habe ich den Kleinen mal für wenige Stunden zu ihm gebracht. Seit zwei Wochen haben wir die feste Regelung, dass unser Sohn an zwei Tagen pro Woche für drei Stunden zu seinem Papa geht.

Einerseits freut mich das sehr. Unser Sohn ist immer glücklich, wenn ich ihn bei seinem Papa abgebe. Und mein Ex geht sehr liebevoll mit ihm um. Ich will auf jeden Fall, dass die beiden eine gute Beziehung zueinander haben und Zeit miteinander verbringen.

Leider bin ich mit dem Verhalten von meinem Ex oft überhaupt nicht einverstanden.
Unser Sohn ist elf Monate alt und ich gebe ihm immer Snacks mit, die er in den drei Stunden bei seinem Papa essen kann. Neulich hatte unser Sohn Schokolade auf dem Oberteil, als ich ihn abgeholt habe. Als ich meinen Ex darauf angesprochen habe, meinte er, unser Sohn hätte nur mal an einem Schokoriegel "gelutscht" und ich solle mich nicht so aufregen, dann habe ich mitbekommen, dass er bei seinem Papa einen Donut gegessen hat und beim letzten Mal gab es gesüßten Tee, weil unser Kind den angeblich so gerne mag. Ich habe versucht, mit meinem Ex über das Thema Ernährung zu sprechen, woraufhin er mir vorgeworfen hat, alles kontrollieren zu wollen. "Er ist nicht nur dein Kind", ist sein Lieblingsargument.
Dann schaut unser Sohn bei meinem Ex immer Cartoons. Jedes mal, wenn ich ihn abhole, läuft der Fernseher und meistens sitzt unser Sohn davor in seinem Hochstuhl. Ich finde nicht, dass ein elf Monate altes Baby überhaupt Zeit vor dem Bildschirm verbringen sollte. Als ich meinen Ex gefragt habe, ob er eine Krabbeldecke hat oder ob ich mal eine mitbringen soll, meinte er, dass das nicht nötig sei, da unser Kind sowieso nicht so gerne auf der Decke liege.
Jetzt hat er ihm so ein Gestell mit Rädern gekauft, in das man das Baby reinsetzt und dann kann es laufen. Wir haben vorher darüber gesprochen und ich habe meinem Ex erklärt, dass das ganz schlecht für den Rücken ist und ich auf keinen Fall möchte, dass unser Kind das benutzt. Diese Bedenken wurden leider ignoriert, denn mein Ex hatte so ein Gestell auch als Kind und er hat nicht das Gefühl, dass es ihm geschadet hätte.

Manchmal bin ich wirklich verzweifelt, weil ich Angst habe, dass mein Ex unserem Kind schadet. Aber dann denke ich wieder dass es nur sechs Stunden pro Wochen sind, in denen sich unser Kind ungesund ernährt, Cartoons schaut (hoffentlich nicht durchgehend) und in einem Gestell "läuft", obwohl es noch zu früh dafür ist.

Was denkt ihr? Mache ich mir zu viele Sorgen? Wie würdet ihr mit der Situation umgehen?
Über Antworten freue ich mich sehr

Viele Grüße,
Micah

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Ich geb Dir jetzt einen weisen Rat für die nächsten 18 Jahre. Kümmere dich um deinen Sohn in deiner Zeit so gut und wie Du es für richtig hältst und lass ihm seine Zeit und in seiner Zeit machen, was er für richtig hält. Du wirst, darf, kannst ihn eh nicht ändern. Das Kindeswohl ist nicht gefährdet und das Jugendamt würde da nichts tun. Außerdem haben sie sowieso nicht dieselbe Zeit miteinander wie Du mit ihm und er ist eben einer dieser Vater, die meinen das Kind dann die ganze Zeit "verwöhnen" zu müssen und gleichzeitig ruhig zu stellen ohne Reibung die durch das Gewöhnen an Regeln beinhaltet. Die Quittung wird irgendwann kommen, aber nicht bei Dich, sondern für ihn. Glaub mir. Wenn er nie Grenzen setzt und Regeln für sein Zuhause etabliert, wird dein Sohn das irgendwann so richtig schön ausnutzen und er wird eines Tages abkotzen ;). Deshalb wird dein Sohn trotzdem nicht verkommen. Mein Ex hat meine Tochter auch mit einem Film nach dem anderen ruhig gestellt, den Nuckel bis zur Grundschule erlaubt und wenn sie ihm eine geknallt hat, dann waren das in seinen Augen "Zärtlichkeiten". Für nix gab's Regeln.

Resultat: Sie ist überall lieb und fleißig, denn ich achte sehr auf sowas und sie hat das verinnerlicht, aber diesen richtigen Respekt vor ihrem Vater hat sie verloren ;). Das führt jetzt unter anderem dazu, dass er immer weniger Zeit mit ihr verbringt, weil immer irgendwas wichtiger ist. Seine Nase juckt, es regnet. Als sie ein Baby war wollte er noch ganz viel Zeit.....ja, aber er hat die Sache eben nicht ernst genommen. Und das Kind ist ihm einfach entwachsen und weil er sich das nicht eingestehen will, zieht er sich zurück. Schade. Ich hab ihn oft genug gewarnt. Kinder wollen einen Rahmen.

Ich würde chillen und ihn seine Fehler machen lassen. Er wird es merken und entweder er lernt dann was draus oder nicht.

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Ich verstehe deine Bedenken vollkommen, weiß aber nicht, ob du da was machen kannst. Jugendamt könntest du nur einschalten, wenn das Kindeswohl sichtlich gefährdet wäre. Und du schreibst ja selbst, dass du eigentlich möchtest ,dass dein Kind Zeit mit seinem Vater verbringt. Vielleicht noch mal in einem ruhigen Moment das Gespräch suchen? Vielleicht auch schriftlich ein paar Regeln festhalten?

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Danke für deine Antwort. Leider ist es unmöglich, mit ihm zu reden. Nicht grundlos ist unsere Beziehung kaputt gegangen.

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Das wären tatsächlich auch alles Punkte, die mich ebenfalls stören würden.

Es hilft wohl nur, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen und vor Auftreten einer eventuellen Situation einen gemeinsamen Weg für euer Kind zu finden. Also zum Beispiel bevor der Kleine feste Nahrung bekommt: was darf er essen und was noch nicht. Stimmt das gemeinsam ab. Dann ist der Vater mit im Boot und fühlt sich nicht bevormundet und du hast die Chance, dass er deine Bedenken eventuell versteht (durch vorlegen von Studien, Reportagen etc.).

Das einzige, was ich tatsächlich verbieten würde, ist der Gehfrei. Es ist nicht nur die von dir angesprochene Schädigung der Wirbelsäule und der Hüftknochen, die Kinder haben auch keinerlei Kontrolle über und Gespür für ihre Geschwindigkeit. Mein kleiner Halbbruder ist mit so einem Teil mal die Treppe runtergescheppert. Und es muss noch nicht mal die Treppe sein, der Vollcrash gegen die Wand oder Tischkante kann auch schon böse Folgen haben.

eventuell nimmst du den Vater mal mit zum Kinderarzt und sprichst den zufällig auf diese Themen an. Wie sieht es aus mit Zucker in Form von Süßigkeiten? Was ist deine Meinung zum Gehfrei? Wieviele Minuten TV am Tag sind in dem Alter in Ordnung? Der Arzt wird seine Meinung dazu schon äußern. Klar bist du dann in erster Linie der Buhmann, aber das kannst du dem Arzt ja wann anders mal erklären. Aber das Wort eines Arztes hat meist mehr Gewicht bei den Männern als die der Mutter.

Viel Glück 🍀

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Danke für deine ausführliche Antwort. Leider ist es unmöglich, mit meinem Ex zu reden, was mit dazu beigetragen hat, dass wir nicht mehr zusammen sind. Auch Studien, Reportagen bringen wenig bis gar nichts. Wenn ich ihm etwas zuschicke behauptet er immer, wenn man nach Belegen für seine Meinung sucht, findet man die auch. Er hat mich auch schon mehrmals blockiert.
"Verbieten" kann ich ihm leider gar nichts. Es ist schön, dass du auch meiner Meinung bist. Das bestärkt mich etwas. Wenn ich mit meinem Ex darüber spreche, bin ich "hysterisch" oder "die einzige Mutter, die nicht will, dass ihr Kind laufen lernt".
Die Idee mit dem Arzt gefällt mir. Ich werde tatsächlich versuchen, ihn zur nächsten Vorsorgeuntersuchung mitzunehmen. Vielleicht behaupte ich einfach, es wäre üblich, dass zu dieser Vorsorgeuntersuchung beide Elternteile mitkommen, denn auf eine einfache Bitte, mich zu begleiten, reagiert mein Ex sicher nicht. Einem Arzt schenkt er bestimmt mehr Vertrauen als mir.

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Vielleicht sehe ich das zu Eng oder anders weil ich nicht in der Situation bin, bin zwar auch alleinerziehend, ich würde es nicht allzu Eng sehen da er ja nicht die Hauptzeit dort ist, vielleicht nimmt er es so negativ auf weil du es etwas ungeschickt sagst? Mein Ex hat mir auch mal versucht seine Ansichten aufzudrücken, da ging es aber nicht um Ernährung oder Tv sondern wo unser Kind zu schlafen hätte, und ich war da auch eher auf negativ weil es eben von Ihm kam.....

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Da ich meinen Ex kenne, bemühe ich mich immer, sehr bedacht mit ihm zu sprechen, hilft aber trotzdem nicht.

Dass es nur sechs Stunden wöchentlich sind, sage ich mir auch immer wieder. Das gibt mir zumindest ein bisschen Gelassenheit.

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Ich denke man muss sehen wo die Kraft sich lohnt zu kämpfen wo dann nicht. Und bei 6 Stunden denke ich ist es überschaubar.

Und die Nerven kann man woanders Investieren, alles gute

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Hallo meine Liebe,

ich verstehe zwar dass dich das ärgert. Du willst, dass er es so macht wie du es für richtig hältst. Aber dein Ex hat Recht, es ist auch sein Kind. Und jeder hat andere Methoden. Mein Mann und ich sind seit über 20 Jahren, wir sind verheiratet und haben bald 5 Kinder zusammen. Und TROTZDEM tut er oft Dinge wo ich nur den Kopf schütteln kann. Ja, er macht Dinge anders als ich. Aber es ist sein Weg, er sieht manche Dinge anders und ich kann ihn nicht zwingen Dinge so zu handhaben wie ich. Das einzige wo ich eingreifen würde wäre Kindeswohlgefährdung, aber das sehe ich bei euch nicht. Warte mal ab bis dein Kind größer wird, da kommen noch ganz andere Dinge. Da geht es dann um Fernsehen, wie lange, wie oft, wann geht das Kind ins Bett, wird es einschlafbeleitet oder schläft es alleine usw. Es entstehen immer Konflikte. Du musst dich von dem Gedanken lösen, dass es so laufen muss wie bei dir. Wenn er beim Papa ist, dann läuft es so, wenn er bei dir ist läuft es so. Je eher du es akzeptierst, desto einfacher wird es für dich. Dein Kind wird nicht davon sterben dass er mal Schokolade isst. Es wird auch noch Großeltern geben, die machen Dinge wieder ganz anders. Für mich ist das okay. Es braucht ein ganzes Dorf und ein Kind großzuziehen. Bei uns gibt es auch jetzt nach 20 Jahren noch Diskussionen, als ich vor Corona Abends weg war und er unsere Jüngste ins Bett bringen sollte, kam ich um 22 Uhr heim und sie war immernoch wach. Oder er erlaubt dem mittleren 3 Stunden zu zocken, obwohl ich sage nur eine Stunde am Stück. Oder oder oder. Menschen sind unterschiedlich und es gibt nicht nur einen Weg. Und die Beziehung zu Papa ist eine ganz besondere. Ich würde das unterstützen und nicht kaputt machen durch Kontrollzwang.
Liebe Grüße
Juliane

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Liebe Juliane,

vielen Dank für deine Antwort. Ich bemühe mich, gelassener zu sein, aber es fällt mir schwer. Natürlich freue ich mich darüber, dass er Zeit mit unserem Kind verbringt. Vielleicht muss ich lernen, zu akzeptieren, dass es SEINE Zeit mit dem Kind ist und ich nicht kontrollieren kann, was in dieser Zeit geschieht. Dennoch werde ich mal versuchen, ihn mit zum Kinderarzt zu nehmen, damit er einmal von jemand anderem als mir hört, dass Zucker ungesund ist und Babys nicht fernsehen sollten.

Viele Grüße,
Micah

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Hi,
das sind Punkte, die mich auch stark stören würden. Ich sehe das Problem, dass er so beratungsresistent ist. Heute ist es der Gehfrei und die Glotze, morgen sind es andere Dinge, die man nach heutigem Stand halt nicht tun sollte. Schwierig und da brauchst du sicherlich viel Feingefühl, damit du ihn nicht total verprellst und er noch mehr in eine Trotzhaltung verfällt. Habt ihr Mediatoren für euren Umgang? Ihr werdet ja immer mal wieder an Punkte kommen, an denen ihr Kompromisse für eure unterschiedliche Meinung, zum Wohle eures Kindes, finden solltet.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass dein Kind keinen wirklichen Schaden von dem was dein Mann macht davonträgt. Von daher würde ich diesen Ring auch nicht betreten. Spar dir deine Energie.

vlg tina

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Puh das würd mich auch alles richtig ankotzen, vor allem in dem Alter....erst dachte ich "ja mein gott,ist ja nicht schlimm", dann laß ich das alter, mit 3,4 würd ichs wohl entspannter sehen.

Aber letzlich kannst du wirklich garnichts tun, es ist seine Zeit mit dem Kind und die kann er gestalten wie er meint.

Essen kannst du vllt etwas regulieren indem dein Kind gut gesättigt hingeht, der Rest, wirst du wohl oder übel leider so akzeptieren müssen.

Ich würde wohl glaube nur noch anmerken das ichs schade finde das er seinem Kind wissentlich schadet auch wenn es kein sichtbarer schaden ist, aber es ja seine Zeit ist.

Schade das er diese Zeit nicht aktiv mit dem Kind nutzt und es lieber in so nem Teil und vorm TV parkt.

LG

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Ein Baby mit 11 Monaten - soll auf eine Krabbeldecke ?!?wozu genau dient diese denn dann ? Bewegt sich dein Kind dann nur darauf ?!?